"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Samstag, 31. August 2013

Strandgut der Woche

Freitag, 30. August 2013

I hate it when he does that!

Ich habe über die Jahre wahrhaftig schon so manch grottigen Flick und manch grausige TV-Serie gesehen, aber es war doch noch einmal ein ganz eigenes Erlebnis, sich durch die zwei Filme zu quälen, die man 2005 aus den fünfundzwanzig Episoden der Animationsserie The Clone Wars zusammengekleistert hat. {Wie es die geschafft hat, auf IMDB eine Wertung von 7,4/10 zu bekommen, gehört für mich zu den unlösbaren Rätseln unseres Universums.}
Warum ich mich dem überhaupt ausgesetzt habe? Schließlich hatte ich mir geschworen, für immer die Finger von diesem wenig verführerischen Machwerk zu lassen. Wahrscheinlich befinden sich meine masochistischen Neigungen gerade mal wieder im Auftrieb. Ob es keine besseren Methoden gäbe, um selbige auszuleben, als vor dem Bildschirm? Hmm . Ja ... Äh ... Bleiben wir doch lieber bei den Clone Wars

Wie war das damals eigentlich genau? 2002 hatte George Lucas dem Kinopublikum Attack of the Clones serviert. Eine Mixtur aus sterilen Bluescreen-Szenarien, unterirdischen Dialogen, einem hingeschluderten Plot, breit ausgewalzten Actionsequenzen und der vielleicht bizarrsten, leidenschaftslosesten und gruseligsten "Romanze" der gesamten Filmgeschichte. In den nächsten zweieinhalb Jahren schleuderte er den Kindern desselben Publikums diesen mies gezeichneten, mies geschriebenen und zum Teil wie eine bewusste Verhöhnung von Star Wars wirkenden Bockmist ins Gesicht. Warum war 2005 überhaupt noch irgendwer bereit, Geld für eine Kinokarte für Revenge of the Sith zu löhnen?

Ich gebe zu, wenn's den bärtigen Mogul von der Skywalker Ranch nicht gäbe, mir würde wirklich etwas fehlen. Und das nicht nur wegen der alten Star Wars - Filme und Indiana Jones {bei letzterem bin ich mir gar nicht einmal so sicher, wie ich den heute einschätzen würde ... da ist wohl mal ein Rewatch angesagt}. George Lucas ist und bleibt für mich ein ewiges Mysterium des amerikanischen Kinos, und das macht ihn ungemein faszinierend. Der Rebell, der zum Schöpfer des Blockbusters wurde. Der gefeierte Filmemacher, der jahrzehntelang keine Filme drehte. Der Gott eines Fankults, der zur Hassfigur seiner eigenen Fans wurde.

Manchmal denke ich, dass Lucas eines der besten Beispiele dafür ist, dass Erfolg ein echter Fluch sein kann.

Selbst zu seinen besten Zeiten war er keiner der ganz Großen. Man braucht sich nur noch einmal zu vergegenwärtigen, dass sein kometenhafter Aufstieg parallel zu dem seines Freundes Steven Spielberg verlief. Und neben dem äußerst talentierten Spielberg musste sich Lucas eigentlich immer schon wie eine eher mittelmäßige Figur ausnehmen. Einiges spricht dafür, dass er sich seiner Schwächen sehr wohl bewusst ist. So hat Lucas mehrfach erklärt, er wisse, dass er kein besonders guter Drehbuchschreiber ist. Seine große Bewunderung für Akira Kurosawa, dessen Verborgene Festung (1958) eines der wichtigsten Vorbilder für Star Wars war und dessen Kagemusha (1980) ohne Lucas' Eingreifen vielleicht nie fertiggestellt worden wäre, ist nicht nur ein Beleg dafür, dass der Mann einen guten Geschmack hat.  Es zeigt vor allem, welche Art Filmemacher Lucas gerne wäre. Aber auch wenn er sich inzwischen vielleicht eingeredet hat, mit den Star Wars - Prequels etwas ähnlich "Episches" geschaffen zu haben wie Kagemusha oder Ran, glaube ich, dass er tief im Inneren weiß, dass er dazu gar nicht fähig ist.
In den 80ern und 90ern soll Lucas Bekannten und Freunden immer wieder von den zahllosen Projekten erzählt haben, die er gerne anpacken würde, wenn ihn seine Geschäftsverpflichtungen und das Erbe der Star Wars - Trilogie nicht daran hindern würden. Keine dieser angeblichen Herzensangelegenheiten ist je auch nur in die Nähe ihrer Verwirklichung gelangt. Um genau zu sein, wissen wir nicht einmal, wie ihr Inhalt ausgesehen hätte. Sie bleiben die geheimnisvollen "nichtgemachten Filme".
George Lucas entwickelte schon früh in seiner Karriere die Neigung, Mythen um seine eigene Person zu spinnen. Man ist deshalb versucht, sich zu fragen, ob diese ominösen "Projekte" je wirklich existiert haben. Doch selbst wenn es sie nicht gegeben haben sollte, symbolisieren sie doch Lucas' Wunsch, etwas "ganz anderes" zu schaffen, als die Filme, denen er seinen Ruhm und Reichtum verdankt. Es steckt etwas tief tragisches in dieser ganzen Geschichte.

Viele Regisseure fangen irgendwann an, Mythen über sich selbst zu kreieren. So erzählt Filmhistoriker Joseph McBride z.B. von Frank Capra und Steven Spielberg:
[W]hen you deal with these kinds of legendary figures, they’ve often created a mythical persona that you then have to sort out. Some of these myths really die hard. Directors are prone to this, because that’s their job, after all, creating imaginative stories. Most directors have a creation myth about their origins as filmmakers.
Frank Capra, for example, claimed that he was offered a job making a film in San Francisco in 1921 by an entrepreneur, and that he had never made a film and knew nothing about filmmaking. He was such a genius, the story goes, that he was able to master the craft without any training, which is complete poppycock. I found out, in fact, that he had been working in films for about six years by then, in all different capacities.
In Steven Spielberg’s case, the story is that he walked into an empty office at Universal Studios, set up an office for himself, and crashed the gate every day. [...]
In reality, Spielberg’s father knew the guy in charge of computers at Universal and asked him to help Steven get some kind of entrée there. This individual put Steven’s father in touch with Chuck Silvers, the head of the film library―a wonderful man, he became Steven’s true mentor―who was smart enough to recognize immediately that this was a talented young kid with a great passion for film.
Spielberg, contrary to myth, didn’t have his own office, he had a chair in Silvers’s office, working with a lady named Julie Raymond, for whom Steven worked as an assistant.
Was Lucas sehr deutlich von Leuten wie Capra oder Spielberg unterscheidet, ist, dass seine selbstgesponnenen Mythen sich größtenteils nicht um seinen Weg ins Filmgeschäft drehen. In ihrem Zentrum steht vielmehr Star Wars.
Ich habe keine Ahnung, wann genau George Lucas zum ersten Mal die Mär in Umlauf gebracht hat, dass er schon vor Drehbeginn des ersten Star Wars - Films die gesamte Saga in ihren Grundzügen ausgearbeitet gehabt hätte. Irgendwann jedoch wurde sie zu einem der Kernstücke des Lucas-Mythos. Auch wenn ich es ehrlich gesagt seltsam finde, dass sie ihm je abgekauft wurde. Es braucht wahrlich keinen magischen Jedi-Blick, um zu erkennen, dass der ursprünglichen Trilogie kein im Voraus vorhandenes Story-Konzept zugrundelag.* Die tatsächliche Entwicklung der Saga in Form von Skizzen, Scripts und Drehbüchern ist äußerst komplex,** und Onkel Georges Lügengeschichten machen sie nur noch verwirrender. Doch ist das für mich nicht das wirkliche Interessante an der Sache. Vielmehr frage ich mich, warum Lucas überhaupt je begonnen hat, in diesem Zusammenhang den Baron Münchhausen zu spielen.

In mehr als einer Hinsicht hat Star Wars Lucas zu dem gemacht, was er heute ist. Und damit meine ich nicht nur die Tatsache, dass ein Gutteil seines Reichtums auf der cleveren {manche würden sagen perfiden} Ausbeutung des Erfolgs der ersten Trilogie beruht. Star Wars katapultierte den leicht rebellischen und semiunabhängigen Filmemacher quasi über Nacht ins Establishment von Hollywood. Dabei zeigte sich sehr schnell, dass sein verschwommener "Nonkonformismus" keine substanzielle Basis besaß. Was ihm am "alten Hollywood" gestunken hatte, war in erster Linie gewesen, dass er – George Lucas – sich anderen Leuten in der Studio-Hierarchie hatte unterordnen müssen. Viel weiter war seine "Revolte" nie gegangen.
Interessanterweise findet sich eine Widerspiegelung dessen in der Star Wars - Saga selbst. Ursprünglich sollte das Imperium von einer Allianz aus monopolistischen Wirtschaftsverbänden und der staatlichen Bürokratie geschaffen worden sein.*** Spuren davon finden sich noch in der Seperatistenbewegung der Prequel-Filme. Natürlich schwang da auch der allgemeine Zeitgeist der Sixties mit, aber letztlich ist es nicht schwer, in dieser "Koalition des Bösen" Lucas' persönlichen Buhmann zu erkennen: Die großen Studios. Denn was auf den ersten Blick demokratisch, vielleicht sogar irgendwie "antikapitalistisch" erscheinen könnte, wird auf der anderen Seite durch die extrem elitäre Idee der Jedi ergänzt. Wenn man all die offensichtlichen Samurai- und Zen-Bezüge einmal beiseite lässt, repräsentieren diese ganz einfach "außergewöhnliche Individuen", die von Natur aus den "Normalos" weit überlegen sind. Und so lässt sich der zentrale Konflikt von Star Wars als eine Allegorie auf Lucas eigenen Konflikt mit den Studios lesen. Hier die anonyme, bürokratische Machtmaschine, dort das "begnadete" Individuum.
Okay, das ist nun wirklich sehr spekulativ, und ich will auch gar nicht behaupten, dies sei der Hauptgrund dafür, dass Star Wars im Zentrum von Lucas' persönlicher Mythenspinnerei steht. Ebensowenig denke ich, dass es notwendig ist, zur Erklärung  Lucas' quasireligiöse, dem ollen Campbell entlehnte Überzeugungen heranzuziehen,.auch wenn sich diese zweifelsohne in der Saga ausgedrückt finden. Alles entscheidend in meinen Augen ist vielmehr, dass Lucas' öffentliche Persönlichkeit sehr schnell mit "der Schöpfer von Star Wars" gleichgesetzt wurde. Sein Ruhm, sein Ansehen, seine privilegierte Stellung in Hollywood – alles basierte so gut wie ausschließlich auf dem Jedi-Epos. Natürlich gab es daneben noch Indiana Jones, aber zum einen war das eine Koproduktion mit Steven Spielberg gewesen, zum anderen erreichten Indys Abenteuer nie einen vergleichbaren Kultstatus. {Man braucht ja bloß an die letztjährige Übernahme von Lucasfilm durch Disney zurückzudenken, bei der sehr viel vom Star Wars - Franchise, aber kein einziges Mal von dem peitscheschwingenden Grabräuber [sorry, "Archäologen"] die Rede war.} George Lucas ist Star Wars. Und mit seiner meisterlichen finanziellen Ausbeutung des Kultes hat er selbst massiv dazu beigetragen, dieses Bild zu verfestigen.
Die traurige Ironie besteht darin, dass spätestens nach Return of the Jedi Lucas selbst im Grunde die Nase voll von Star Wars hatte. In den Worten von Michael Kaminski, dem Autor von The Secret History of Star Wars:
While Lucas continued to talk about Star Wars sequels and prequels throughout the 1980s, in reality he was burned out from the series. While he had remarked on occasion to being done with the series for good – for example to Dale Pollock –  he never did publically follow through with this (he added to Pollock that it would be very hard to actually leave the series, for example), and instead remedied the situation by settling down and taking a breather. He concentrated on his business and raising his family, while occasionally producing movies and continuing to state that more Star Wars films would one day be made. Lucas had gone through a costly divorce in 1983 not long after Jedi was released, and for this reason alone did not have the resources to make more films, which may have also been a contributing factor to the quiet period in the mid and late 1980s.
Star Wars wurde mehr und mehr zu einem Gefängnis für Lucas. Prinzipiell wäre es natürlich möglich gewesen, aus diesem auszubrechen, doch standen dem vor allem zwei Dinge im Weg. Zuerst einmal kann kein Zweifel daran bestehen, dass Lucas sich ganz ausgezeichnet in die Welt des Blockbuster-Hollywoods der 80er Jahre eingefügt hatte. Sein Talent als Geschäftsmann war ohne Frage größer als sein Talent als Filmemacher. Star Wars den Rücken zu kehren, hätte bedeutet, sein profitabelstes Franchise aufzugeben, und Lucas ist nicht der Mann, der aus künstlerischen Beweggründen den dukatenscheißenden Esel schlachten würde. Was jedoch noch sehr viel wichtiger ist: Er hätte vermutlich überhaupt nicht gewusst, in welche Richtung er hätte ausbrechen sollen. Nichts spricht dafür, dass er je in der Lage gewesen wäre, etwas substanzielleres als seine Blockbuster zu schaffen. Dazu mangelt es ihm nicht nur an Talent, sondern auch an Ideen. An dem Willen oder der Fähigkeit, sich ernsthaft mit der Welt auseinanderzusetzen. Der beste Beweis dafür ist Red Tails (2012). Wenn es einen Film gibt, der einen ungefähren Eindruck davon vermittelt, wie Lucas' "andere" Filme wohl ausgesehen hätten, so ist es dieser. Und es ist kein erfreulicher Anblick.****
George Lucas blieb also Gefangener von Star Wars. Aber sein Traum, ein "großer Künstler" zu sein, starb deswegen noch lange nicht. Und so musste über die Jahre die Sternensaga allmählich den Platz einnehmen, der ursprünglich den "anderen", nie gedrehten Filmen zugedacht war. Lucas' Selbstverständnis verschmolz mit seiner "öffentlichen Persönlichkeit". Star Wars wurde zu seinem "Lebenswerk". Eine Entwicklung, die schließlich in der Prequel-Katastrophe kulminierte.

Zu Beginn der 90er Jahre erlebte das Star Wars - Franchise durch die von Dark Horse produzierten Comics und Timothy Zahns Thrawn - Trilogie einen erneuten Aufschwung. Parallel dazu begann 1993 mit Jurassic Park die Ära der CGIs. Beides zusammen überzeugte Lucas davon, dass nunmehr die Zeit gekommen sei, um die Saga auch filmisch fortzusetzen. Ende 1994 begann er mit der Arbeit an dem Drehbuch für "Episode I". Daneben wurden die ersten drei Filme digital überarbeitet und 1997 als Special Edition herausgegeben. Auf diese Weise konnte man nicht nur die neue Technik austesten, sondern auch ein Gutteil des Geldes aufbringen, das man für die Produktion von The Phantom Menace benötigte. Was folgte war ein Trauerspiel, das schon bald die Züge einer bizarren Groteske annehmen sollte.

Wenn das, was ich oben über Lucas' inneren Werdegang geschrieben habe, zumindest teilweise der Wahrheit entspricht, dann erscheint manches, was sich im Zusammenhang mit den Prequels abgespielt hat, vielleicht etwas verständlicher.
In Episode 17 von Half in the Bag diskutieren Mike Stoklasa & Jay Bauman mit Alexandre O. Philippe, dem Regisseur von The People vs. George Lucas, u.a. die Frage, warum Lucas unbedingt bei allen drei Prequels die Drehbücher schreiben und die Regie führen wollte*****, obwohl er in der Vergangenheit doch mehrfach zugegeben hatte, nicht der brillanteste Autor zu sein. Mir erscheint das nicht so geheimnisvoll. Bei den alten Filmen war Lucas ohne weiteres bereit gewesen, die Regie an Irvin Kershner bzw. Richard Marquand abzugeben, und hätte möglicherweise sogar Leigh Bracketts Drehbuch für The Empire Strikes Back ohne größere Veränderungen zur Verfilmung freigegeben, wenn die großartige Autorin nicht vor Abschluss ihrer Arbeit gestorben wäre. Doch zu dieser Zeit hatte Star Wars auch noch einen gänzlich anderen Platz im Selbstverständnis des Filmemachers innegehabt. Die Trilogie hatte den Startpunkt seiner Karriere bilden sollen. Aber selbige hatte sich nicht auf die von ihm erträumte Weise entwickelt, und Mitte der 90er Jahre war aus dem "Startpunkt" der verfrühte Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn geworden. Die Prequels waren sozusagen die letzte Chance, um sich selbst und der Welt zu beweisen, dass er ein bedeutender Künstler ist. Aus verständlichen Gründen, hätte er um nichts in der Welt bei diesem Projekt die Zügel aus der Hand gegeben! George Lucas wird oft vorgeworfen, ein leidenschaftsloser und manipulativer Geschäftemacher zu sein, dem es nur darum gehe, eine Shitzillionen Dollars mit seinen Filmen und dem dazugehörigen Merchandising zu verdienen. Das ist ohne Zweifel ein Aspekt seiner Persönlichkeit, aber wenn da nicht noch mehr wäre, dann bliebe es in der Tat völlig unverständlich, warum er die Leitung der Prequels nicht an irgendwelche verdienten Blockbuster-Schöpfer delegierte.
Jetzt wird vielleicht auch etwas verständlicher, warum den Prequels jene verspielte Leichtigkeit abgeht, die einen Gutteil des Charmes der alten Trilogie ausmacht. Lucas wollte nicht als Schöpfer eines neckischen Rückgriffs auf die Sci-Fi-Serials der 40er Jahre in die Filmgeschichte eingehen, sondern als "echter Künstler". Und "echte Kunst" – so scheint er zu glauben – ist "ernste" Kunst. Und so mussten die Prequels die "Tragödie von Anakin Skywalker" erzählen, statt wie einst beabsichtigt die "Abenteuer von Obi-Wan Kenobi" {was sicher sehr viel interessanter gewesen wäre, zumal Lucas keine Ahnung hatte, wie er einen "tragischen" Handlungsbogen kreieren sollte.}
Tatsächlich zeigte die neue Trilogie nur, dass George Lucas weder ein großer "Künstler" noch auch nur ein kompetenter Geschichtenerzähler ist. Aber unter den gegebenen Umständen wäre es völlig undenkbar gewesen, hätte er sich das eingestanden. Und dies nicht nur, weil sein Ego eine solche Verletzung nicht ertragen hätte. Was über die Produktion der Prequels bekannt ist, macht sehr deutlich, dass Lucas von Menschen umgeben ist, die ihm nicht zu widersprechen wagen. Wie Gary Kurtz, der Produzent von A New Hope und Empire Strikes Back, der vor Jedi das Star Wars - Schiff verließ, um Jim Hensons Dark Crystal zu produzieren {kluger Mann}, in einem Interview aus dem Jahr 2000 gesagt hat: "I think one of the problems that Lucas has now, in the Lucas Film empire, is the fact that he doesn’t have more people around him who really challenge him." Seine Lage gleicht schon seit längerem der eines Königs, umgeben von einer Gesellschaft aus Höflingen. Kein Milieu, das der Entwicklung einer selbstkritischen Einstellung förderlich wäre.
Vor diesem Hintergrund wirkt auch Lucas' gestörtes Verhältnis zu seinen Fans etwas weniger unverständlich.
Grob gesprochen gibt es drei Arten, wie man auf Kritik reagieren kann: Man kann sich ernsthaft mit ihr auseinandersetzen und dabei das eigene Werk einer erneuten kritischen Prüfung unterziehen. Man kann sie ignorieren. Oder man kann sie als persönlichen Angriff auffassen und zurückbeißen.
Nun ist es nicht so, als wäre man bei Lucasfilm überhaupt nicht auf die Kritik eingegangen. Bei Attack of the Clones versuchte man vielmehr ganz bewusst, alles zu vermeiden, was zu der vernichtenden Reaktion auf The Phantom Menace geführt hatte. Da agierte Onkel George als gewiefter Geschäftsmann. Doch seine ganz persönliche Reaktion war offenbar eine völlig andere. Wie nie zuvor in seiner Karriere hatte er bei den Prequels die uneingeschränkte Kontrolle über die Produktion besessen. Diese Filme waren seine ureigensten Schöpfungen. Und daneben sah er in ihnen wahrscheinlich so etwas wie sein künstlerisches Vermächtnis. Ich finde es nicht so schwer, mir auszumalen, wie er sich gefühlt haben muss, als ihm eine derartig massive Welle an Ablehnung und offenem Hass entgegenschlug. Vergessen wir nicht: Das Tohuwabohu um The Pantom Menace war das erste großflächige Beispiel für ein heute beinah alltäglich gewordenes Phänomen: Nerd Rage. Für eine abgeklärte Reaktion mangelte es Lucas wahrscheinlich an der nötigen Selbstsicherheit. So zumindest meine Theorie. Offene Aggressionsausbrüche freilich sind auch nicht seine Art. Stattdessen verkrampfte er sich erst recht in der Haltung des "künstlerischen Genies", das in der Verfolgung seiner Vision nicht auf das Gemaule des Pöbels achtet. Und so ist es in den letzten zehn Jahren zu zunehmend exzentrisch anmutenden Aktionen gekommen. Jede weitere Überarbeitung der alten Filme enthält neue, immer sinnlosere Abänderungen, deren einziger Zweck es inzwischen zu sein scheint, die Fans zu provozieren, derweil Onkel George in aller Öffentlichkeit mit einem "Han Shot First" - T-Shirt durch die Gegend läuft.
Lucas wird oft als einer der Erfinder des Blockbusterschemas dämonisiert, und natürlich ist etwas wahres an diesem Vorwurf. Doch daneben scheint er mir mindestens ebensosehr das Opfer des Star Wars - Kultes zu sein. Ein mittelmäßiger Filmemacher, der gerne mehr gewesen wäre, findet sich plötzlich in der Position eines cineastischen Gottes wieder, nur um zwanzig Jahre später erleben zu müssen, wie die, die ihn gestern noch anbeteten, heute am liebsten mit einem Schlachtermesser über ihn herfallen würden.

Huiii, da bin ich wohl etwas ins Schwafeln gekommen. Besser, ich beende jetzt meine spekulative Schwätzerei über den guten Onkel George, und versuche, mir abschließend noch ein paar kurze Bemerkungen über The Clone Wars aus den Fingern zu saugen.
Besonders viel will mir da freilich nicht einfallen. Vielleicht zuerst einmal ein kleiner Trailer:


All jene, die das Glück hatten, dieser Monstrosität bisher noch nicht begegnet zu sein, und mich jetzt dafür verfluchen, ihnen diesen Clip vorgesetzt zu haben, möchte ich antworten: Ich habe mich durch mehr als zwei Stunden von diesem Müll gequält, da werdet ihr wohl zweieinhalb Minuten aushalten. Außerdem solltet ihr mir dankbar dafür sein, dass ich den Trailer für Volume 2 genommen habe. Der erste Teil der Clone Wars ist nämlich noch um ein vielfaches schlimmer. Nicht nur, dass er zeichnerisch noch mieser daherkommt {ich weiß, schwer vorstellbar}, inhaltlich besteht er fast nur aus einer völlig willkürlich anmutenden Aneinanderreihung ebenso absurder wie stinklangweiliger Kampfsequenzen, denen mit der nicht wirklich packenderen Geschichte von Anakins Konfrontation mit Asajj Ventress nur mühsam eine Art Rahmen verpasst wurde. Teil 2 verfügt wenigstens in der zweiten Hälfte über eine einigermaßen kohärente Handlung, wenn der Film sich daran macht, die unmittelbare Vorgeschichte zu Revenge of the Sith (Grievous' Überfall auf Coruscant und die Entführung Palpatines) zu erzählen.
Das einzig interessante an diesen erbärmlichen Kreationen ist, dass sich in ihnen beinahe alles wiederfindet, was Attack of the Clones und Revenge of the Sith so unerträglich macht. Was deshalb erstaunlich ist, weil der Ton der Filme doch sehr anders ist. {Die Animationsserie wurde eben tatsächlich für Kinder gemacht.} Auf ironische Weise verdeutlicht The Clone Wars damit noch einmal, wie Lucas' "künstlerische Handschrift" aussieht.
Da wären zuerst einmal die unzähligen Kampfszenen, denen alle Dramatik und Spannung abgeht, wofür es vor allem zwei Gründe gibt. Zum einen besitzen wir zu keinem der Beteiligten – Obi-Wan & Anakin vielleicht ausgenommen – eine emotionale Beziehung. Ob er oder sie triumphiert oder unterliegt, überlebt oder stirbt, vermag uns deshalb nicht wirklich zu berühren. Zum anderen sind die Gegner in den allermeisten Fällen einfach gnadenlos unfähig. Wir wissen von vornherein, dass keiner der Jedi auch nur einen Kratzer abbekommen wird, ganz gleich, wieviele Kampfdroiden gegen ihn antreten. Und was bereits in den Prequels öde und lächerlich wirkt, nimmt in den Clone Wars endgültig offen groteske Formen an, so etwa wenn in Vol. 1 Mace Windu im Alleingang eine ganze Armee der Blechkameraden zerlegt. Der einzige Gegner, von dem uns der Eindruck vermittelt werden soll, er sei den Jedi gewachsen, ist General Grievous. Doch leider wirkt dieser ganz wie in Revenge of the Sith auch hier eher lächerlich denn bedrohlich. Ich frage mich bis heute, mit welcher Zielsetzung genau sein Erscheinungsbild eigentlich kreiert worden ist.
Die Kämpfe füllen zwar einen Großteil der beiden Filme aus, aber es sind vor allem andere Details, die immer wieder an die Prequels denken lassen. Da wären z.B. die nicht nur völlig unlustigen, sondern auch gänzlich fehlplazierten Versuche in Humor, für die in erster Linie C-3PO verwendet wird. Oder jene bizarren Szenen, bei denen es völlig unklar bleibt, welche Art von Reaktion sie beim Publikum hervorrufen sollen. Wenn wir Anakin Käfer und Würmer verspeisen sehen, sollen wir darüber lachen oder uns ekeln? Die Romanze zwischen Padmé und Anakin spielt dankenswerterweise so gut wie keine Rolle, aber die einzige richtige "Liebesszene" besitzt exakt den gleichen "creepy vibe" wie Attack of the Clones. Die deutlichste Parallele aber besteht im sinnlosen Anzitieren der ursprünglichen Filme. Nicht nur bekommen wir mehr als einmal "I have a bad feeling about this" zu hören, in einer Szene wiederholt Obi-Wan auch noch Han Solos Spruch "What an incredible smell you've discovered" aus der Müllschluckerszene in A New Hope! Und eine {mir zumindest} völlig unverständliche Flashback-Sequenz mit Qui-Gon Jinn kopiert außerdem die berühmte Höhlenszene aus Lukes Training auf Dagobah in The Empire Strikes Back!
Wenn all dies etwas beweist, so, dass The Clone Wars echte Lucas-Filme sind, was inzwischen ja leider nicht mehr als Empfehlung gelten kann.


* Am deutlichsten ist dies meiner Ansicht nach an der Figur Darth Vader zu erkennen. Als der erste Film gedreht wurde, war der Typ im schwarzen Robot-Anzug nicht mehr als einer der Bösewichte, der als Chefhandlanger von Grand Moff Tarkin nicht einmal zum imperialen Führungszirkel gehörte. Die Idee, dass es sich bei ihm um Lukes Vater handelt, existierte zu dieser Zeit noch nicht. All dies verändert sich auf dramatische Weise in The Empire Strikes Back. Vader wird auf einmal eine allseits gefürchtete Person, die in schöner Regelmäßigkeit imperiale Führungsoffiziere ermordet. Die Szene aus dem ersten Film, in der einer der Generäle sich über seinen Mystizismus lustig macht, erscheint im Rückblick nun völlig absurd. Mit der Verwandlung des Imperators in einen echten Dark Lord ist Vader nicht länger ein Relikt aus einer vergangenen Ära, der letzte Anhänger einer von den meisten bloß noch belächelten Religion, sondern der Meisterschüler und die rechte Hand des dämonischen Diktators. Damit rückt die Beziehung Luke-Vader mehr und mehr ins Zentrum der Geschichte, noch bevor der berüchtigte Satz "I am your father" fällt. Was jedoch noch lange nicht bedeutet, dass Vaders erneute Bekehrung zum Guten am Ende des dritten Filmes bereits geplant gewesen wäre. Nichts in Empire bereitet diese finale Wende vor, was entscheidend dazu beiträgt, dass sie in Return of the Jedi ehrlich gesagt ziemlich unrealistisch {weil aus heitrem Himmel kommend} wirkt.
** Ich habe mich nie eingehender mit ihr beschäftigt, aber auf der Website von Michael Kaminski finden sich dazu einige recht interessante Artikel, und bei Starkiller kann man sich eine ganze Reihe der frühen Script-Entwürfe runterladen.
*** Im zweiten und dritten Drehbuchentwurf für Star Wars beginnt der einleitende Text mit dem Satz: "Ruthless trader barons, driven by greed and the lust for power, have replaced enlightenment with oppression, and 'rule by the people' with the FIRST GALACTIC EMPIRE." Im zweiten Entwurf bekommen wir über den Untergang der Republik folgendes zu hören: "As the Republic spread throughout the galaxy, encompassing over a million worlds, the GREAT SENATE grew to such overwhelming proportions that it no longer responded to the needs of its citizens. After a series of assassinations and elaborately rigged elections, the Great Senate became secretly controlled by the Power and Transport guilds. When the Jedi discovered the conspiracy and attempted to purge the Senate, they were denounced as traitors. Several Jedi allowed themselves to be tried and executed, but most of them fled into the Outland systems and tried to tell people of the conspiracy. But the elders chose to remain behind, and the Great Senate diverted them by creating civil disorder. The Senate secretly instigated race wars, and aided anti-government terrorists. They slowed down the system of justice, which caused the crime rate to rise to the point where a totally controlled and oppressive police state was welcomed by the systems. The Empire was born. The systems were exploited by a new economic policy which raised the cost of power and transport to unbelievable heights." Noch etwas ausführlichere Angaben finden sich in einem Interview mit Lucas aus dem Jahr 1979. 
**** Wer ein Gefühl dafür bekommen will, um was für ein grausiges Debakel  es sich dabei handelt – die Jungs von RedLetterMedia haben alles nötige dazu in Episode 24 von Half in the Bag gesagt. Das Erfreulichste an Red Tails ist, dass der Flick Leuten wie Spike Lee die Möglichkeit gegeben hat, sich einmal so richtig schön lächerlich zu machen.
***** Was genaugenommen nicht ganz stimmt. Das Drehbuch zu Attack of the Clones wurde am Ende noch einmal von Jonathan Hales überarbeitet, mit dem Lucas zuvor bereits bei den Young Indiana Jones Chronicles zusammengearbeitet hatte.

Donnerstag, 29. August 2013

Sir Ridley macht auf biblisch

Ich habe eine geheime Schwäche für die klassischen Bibelschinken der 40er-60er Jahre, für Filme wie Cecil B. De Milles Samson and Delilah (1948) und The Ten Commandments (1956), Nicholas Rays King of Kings (1961) und George Stevens' The Greatest Story Ever Told (1965), denen ich außerdem noch christliche Sandalenfilme à la Mervyn Le Roys Quo Vadis? (1951), Henry Kosters The Robe (1953) und William Wylers Ben Hur (1959) hinzuzählen würde. 
Sicher, sie alle sind nicht frei von eher lächerlichen Zügen, und als filmische Auseinandersetzung mit einem biblischen Stoff reicht keiner von ihnen auch nur annäherungsweise an Pier Paolo Pasolinis Il Vangelo secondo Matteo (Das Evangelium nach Matthäus [1964) heran. Doch sie alle sind nicht nur pächtige Technicolor-Epen, die meisten von ihnen besitzen außerdem ein naiv-humanes Element, das mich mitunter wirklich zu rühren vermag. Die "Mächte des Bösen" erscheinen in diesen Filmen als die Vertreter einer reichen, dekadenten und despotischen Elite oder einer erbarmungslosen Militärmaschinerie. Und auch wenn dies wohl eher nicht den historischen Tatsachen entspricht, treten die frühen Christen als sanfte Vorkämpfer gegen Unterdrückung und Sklaverei auf. Auch De Milles' Samson und sein Moses sind in gewisser Weise "Freiheitskämpfer". Es gibt wahrlich schlimmeres in den Annalen der Filmkunst.

Wie ich heute erfahren habe, bereitet sich Ridley Scott gerade darauf vor, in diesem Jahr mit den Dreharbeiten an seinem eigenen Bibelepos zu beginnen: Exodus. Im Grunde habe ich nichts gegen eine erneute filmische Adaption eines biblischen Stoffes. Das Alte Testament enthält haufenweise interessanter mythischer, sagenhafter und heldenepischer Erzählungen, aus denen man ganz ausgezeichnete Filme machen könnte. {Wie wär's z.B.mal mit einem Flick über die Richterin Debora?} Doch leider hat Sir Ridley mit Robin Hood (2010) bereits bewiesen, auf wie miserable Weise er mit einem klassischen Stoff umzugehen vermag, während er mit Prometheus (2012) gezeigt hat, was dabei herauskommt, wenn er sich seinen "philosophischen" Neigungen hingibt und einen "tiefgründigen" Film zu drehen versucht. Vielleicht wäre es das Beste, wenn er sich bei Exodus an seinem Gladiator (2000) orientieren würde. Der war zwar wahrlich kein Meisterwerk, aber immerhin ein recht erträglicher, mitunter sogar ganz amüsanter Blockbuster.   

Freitag, 23. August 2013

Lovecrafts menschlichster Moment?

Vor kurzem habe ich mir Julie Hoversons Hörspiel-Adaption von H.P. Lovecrafts Erzählung The Rats in the Walls angehört, die man zusammen mit vielen anderen Hörspielen und Lesungen {nicht nur von Werken des alten Gentlemans} auf der famosen Website 19 Nocturne Boulevard finden kann.
Ich muss allerdings zugeben, dass sie mir nicht 100%ig zugesagt hat. Schon eher nach meinem Geschmack ist da Hoversons Adaption von The Dunwich Horror {mit Drunken Zombies Lord Blood-Rah als der "Stimme des Necronomicon"!}.Bei den Ratten erschien mir vieles zu überzogen gespielt, und auch wenn ich absolut nichts gegen eine parodistische Herangehensweise an Lovecraft habe, finde ich eine Vermischung von "ernsthaft" und "ironisch" doch nicht wirklich klug. Jedenfalls nicht, wenn sie sich bis in das grausige Finale in den Gewölben unter Exham Priory erstreckt. Keinerlei Probleme hingegen habe ich damit, dass die Hauptfigur zu Mrs. De la Poer {gesprochen von Julie Hoverson selbst} geworden ist. Frauen sind in Lovecrafts Oeuvre mehr als bloß "unterrepräsentiert", und eine kleine Korrektur kann da absolut nichts schaden. Was mir außerdem besonders gut gefallen hat, ist, dass die Autorin das Motiv von De la Poers Sohn, der an den Folgen einer Weltkriegsverletzung gestorben ist, gegenüber ihrer Vorlage deutlich stärker betont, in dem sie die Erzählung immer wieder durch Auszüge aus Briefen des jungen Soldaten unterbricht. Denn es ist dieses Motiv, welches Rats in the Walls in meinen Augen sehr deutlich von beinahe allen anderen Lovecraft-Stories unterscheidet und der Erzählung einen Hauch echter Menschlichkeit verleiht, wie wir ihn vom alten Gentleman sonst eher nicht gewohnt sind.

Im Kern freilich ist The Rats in the Walls einmal mehr eine Geschichte über Degeneration und Atavismus, und spiegelt insofern die von mir schon öfters angesprochene Angst Lovecrafts vor einem Zusammenbruch der Zivilisation {wohl aber auch vor den "triebhaften" Elementen seiner eigenen Persönlichkeit} wider:
Der reiche Amerikaner De la Poer zieht nach England und kauft den ehemaligen Familiensitz Exham Priory, den er restaurieren lässt, um dort seinen Lebensabend zu verbringen, nachdem sein einziger Sohn den Verletzungen erlegen ist, die ihm im Weltkrieg zugefüt wurden. 
Schon bald erfährt er, dass seine Familie in der alten Heimat selbst noch nach Jahrhunderten einen denkbar schlechten Ruf genießt. Man erzählt sich wüste Schauergeschichten über die blutigen Untaten und perversen Ausschweifungen der alten De la Poers. Walther, der Vorfahr unseres Helden, ermordete schließlich im 17. Jahrhunderts seine ganze Sippschaft und floh nach Virginia. Drei Monate nach diesem Ereignis soll ein riesiges Heer von Ratten aus dem verlassenen Schloss hervorgequollen und über das Umland hergefallen sein. Und dann gibt es da auch noch düstere Legenden über einen Tempel der Muttergöttin Kybele, der in antiken Zeiten an der Stelle von Exham Priory gestanden haben soll. Man munkelt von bizarren Ritualen, die auch Jahrhunderte nach dem offiziellen Untergang des Kultes von heimlichen Anhängern der Magna Mater zelebriert worden seien.
Kaum ist De la Poer in die wiederaufgebaute Burg eingezogen, da geschehen merkwürdige Dinge. Des nachts quälen ihn Alpträume von einem furchtbaren Schweinehirten und seiner pilzüberwucherten Herde. Außerdem glaubt er, das Getrappel unzähliger Ratten hinter den Wänden seines Schlafzimmers zu hören, obwohl es eigentlich keine Nager in dem Gebäude geben dürfte. Die Tiere scheinen durch das Gemäuer nach unten zu laufen – in den Keller und noch tiefer hinab. Man entdeckt einen geheimen Eingang und zusammen mit sechs anderen Männern, zu denen auch sein Nachbar Norrys und ein Spiritist namens Thornton gehören, beginnt De la Poer den Abstieg in das Reich des Grauens:
Through a nearly square opening in the tiled floor, sprawling on a flight of stone steps so prodigiously worn that it was little more than an inclined plane at the centre, was a ghastly array of human or semi-human bones. Those which retained their collocation as skeletons showed attitudes of panic fear, and over all were the marks of rodent gnawing. The skulls denoted nothing short of utter idiocy, cretinism, or primitive semi-apedom. [...]
I must be very deliberate now, and choose my words. After ploughing down a few steps amidst the gnawled bones we saw that there was light ahead; not any mystic phosphorescence, but a filtered daylight which could not come except from unknown fissures in the cliff that over-looked the waste valley. [...]
It was a twilit grotto of enormous height, stretching away farther than any eye could see; a subterraneous world of limitless mystery and horrible suggestion. There were buildings and other architectural remains in one terrified glance I saw a weird pattern of tumuli, a savage circle of monoliths, a low-domed Roman ruin, a sprawling Saxon pile, and an early English edifice of wood but all these were dwarfed by the ghoulish spectacle presented by the general surface of the ground. For yards about the steps extended an insane tangle of human bones, or bones at least as human as those on the steps. Like a foamy sea they stretched, some fallen apart, but others wholly or partly articulated as skeletons; these latter invariably in postures of daemoniac frenzy, either fighting off some menace or clutching other forms with cannibal intent. When Dr Trask, the anthropologist, stopped to classify the skulls, he found a degraded mixture which utterly baffled him. They were mostly lower than the Piltdown man in the scale of evolution, but in every case definitely human. Many were of higher grade, and a very few were the skulls of supremely and sensitively developed types. All the bones were gnawed, mostly by rats, but somewhat by others of the half-human drove. Mixed with them were many tiny bones of rats -- fallen members of the lethal army which closed the ancient epic.
De la Poer wird schlagartig bewusst, worin das grausige Geheimnis seiner Sippe besteht. Seine Vorfahren waren Kannibalen und diese Höhle hatte einst die Funktion eines riesigen "Viehstalls". Während er durch die grauenvolle Szenerie taumelt, beginnen sich seine Gedanken allmählich immer mehr zu verwirren. Er verliert seine Begleiter aus den Augen, nur Captain Norrys ist noch in seiner Nähe. Und dann ... 
My searchlight expired, but still I ran. I heard voices, and yowls, and echoes, but above all there gently rose that impious, insidious scurrying; gently rising, rising, as a stiff bloated corpse gently rises above an oily river that flows under the endless onyx bridges to a black, putrid sea. Something bumped into me - something soft and plump. It must have been the rats; the viscous, gelatinous, ravenous army that feast on the dead and the living ... Why shouldn't rats eat a de la Poer as a de la Poer eats forbidden things? ... The war ate my boy, damn them all ... and the Yanks ate Carfax with flames and burnt Grandsire Delapore and the secret ... No, no, I tell you, I am not that daemon swineherd in the twilit grotto! It was not Edward Norrys' fat face on that flabby fungous thing! Who says I am a de la Poer? He lived, but my boy died! ... Shall a Norrys hold the land of a de la Poer? ... It's voodoo, I tell you ... that spotted snake ... Curse you, Thornton, I'll teach you to faint at what my family do! ... 'Sblood, thou stinkard, I'll learn ye how to gust ... wolde ye swynke me thilke wys?... Magna Mater! Magna Mater!... Atys... Dia ad aghaidh's ad aodaun... agus bas dunarch ort! Dhonas 's dholas ort, agus leat-sa!... Ungl unl... rrlh ... chchch... This is what they say I said when they found me in the blackness after three hours; found me crouching in the blackness over the plump, half-eaten body of Capt. Norrys.
Rats in the Walls gehört ohne Zweifel zu Lovecrafts eindrucksvollsten Geschichten. Ihr symbolischer Charakter ist unschwer zu erkennen, aber nicht eindeutig aufzuschlüsseln.
Der Abstieg ins Innere der Erde ist offensichtlich ein Abstieg "zu den Wurzeln", in die Vergangenheit sowohl der Familie De la Poer als auch der Menschheit. Zugleich lässt sie sich als eine Reise ins Unterbewusste interpretieren. Und möglicherweise spielt auch noch das klassische Motiv der Unterweltfahrt mit hinein, ist die Höhle doch so etwas wie ein Totenreich.
Dass es dabei um mehr als nur eine Art Familienfluch geht, machen die eigenartigen Bauwerke deutlich, die sich in der gewaltigen Grotte befinden, und für deren Vorhandensein es keinen vernünftigen Grund gibt. Offensichtlich sollen sie unterschiedliche Entwicklungsstufen der Zivilisation repräsentieren, so wie die verschiedenartigen Skelettformen die biologische Evolution des Menschen verkörpern. In De la Poers wahnsinnigem Gestammel vollzieht sich gleichfalls eine Art "kulturelle" Rückentwicklung von Neuenglisch über Angelsächsisch zu Kymrisch (Walisisch). Es wird hier also gleich auf mehreren Ebenen ein atavistischer Rückfall in die Barbarei beschrieben.
Interpretieren wir den Abstieg in die Höhle als Vordringen ins Unterbewusste, so würde das bedeuten, dass sich unter der dünnen, über Jahrhunderte gewachsenen Schicht aus Kultur und Zivilisation immer noch die primtive, menschenfressende Bestie verbirgt, die jeden Augenblick wieder hervorbrechen kann. Ein typisch lovecraftianisches Motiv.
Und was die mögliche Parallel zu einer Unterweltfahrt angeht: Warum suchen Helden wie Odysseus oder Aeneas den Hades auf? Um etwas über die Zukunft zu erfahren ...

So weit ist das alles zwar recht beeindruckend umgesetzt, aber eben doch typisch Lovecraft. Doch wenn der dem Wahnsinn verfallende De la Poer "The war ate my boy, damn them all ..." hervorstößt, dann wird damit plötzlich eine Note angeschlagen, die in einer Erzählung des Gentlemans von Providence eher fremd wirkt. Zumindest andeutungsweise zeigt sich hier eine ganz andere Idee als die von der allgemeinen Degeneration: Wenn die gesellschaftliche Wirklichkeit so grausam ist, wenn Hundertausende junger Menschen auf den Schlachtfeldern des Weltkriegs einen sinnlosen Tod sterben mussten, was ist dann an offenem Kannibalismus noch so schrecklich?
Ich kann natürlich nicht wirklich beweisen, dass dies tatsächlich Lovecrafts Gedanke gewesen ist. Doch was mich darin bestärkt, zu glauben, dass meine Interpretation nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, ist die sich direkt anschließende Schlusspassage der Erzählung. Wie sonst fast nie in seinen Geschichten zeigt der alte Gentleman hier nämlich so etwas wie ehrliches Mitgefühl für seinen Protagonisten:
Now they have blown up Exham Priory, taken my Nigger-Man [seine über alles geliebte Katze]* away from me, and shut me into this barred room at Hanwell with fearful whispers about my heredity and experiences. Thornton is in the next room, but they prevent me from talking to him. They are trying, too, to suppress most of the facts concerning the priory. When I speak of poor Norrys they accuse me of a hideous thing, but they must know that I did not do it. They must know it was the rats; the slithering, scurrying rats whose scampering will never let me sleep; the daemon rats that race behind the padding in this room and beckon me down to greater horrors than I have ever known; the rats they can never hear; the rats, the rats in the walls.
 Oder sehe ich das alles völlig falsch?


* Ja, ich würde meine Katze auch nicht so nennen, und finde es völlig in Ordnung, dass Julie Hoverson ihr einen anderen Namen verpasst hat. Es ist jedoch vielleicht ganz interessant, zu erfahren, dass Lovecraft selbst als Kind eine Katze namens Nigger-Man besessen hatte, die fortlief, kurz nachdem die Familie das Haus des alten Whipple van Buren Philipps hatte verlassen müssen, d.h. zu genau dem Zeitpunkt, als der für den Autor offenbar traumatische soziale Absturz der Familie stattgefunden hatte.

Donnerstag, 22. August 2013

Der Lovecraft-Film, den wir nicht sehen durften

Sergei Eisensteins von der stalinistischen Bürokratie gestoppte Beshinwiese und der dritte Teil seines Iwan der Schreckliche; die zahlreichen unvollendeten Projekte des großen Orson Welles wie The Other Side of the Wind, Don Quixote oder The Merchant of Venice; Stanley Kubricks Napoleon ... Filme die begonnen, dann aber abgebrochen, die geplant, jedoch nie gedreht wurden ... Eine traurige, irgendwie aber auch faszinierende Liste. Man beginnt sich zu fragen, was wohl hätte sein können, verfällt ins Träumen und Spekulieren ... Zu dieser Gesellschaft gehört seit bald anderthalb Jahren auch Guillermo del Toros At the Mountains of Madness
Es gibt nur sehr wenige wirklich gelungene Verfilmungen von Lovecrafts Werken, unter denen vor allem die 2004 von Andrew Leman & Sean Branney geschaffene Stummfilmversion von Call of Cthulhu herausragt. Und so wäre es doppelt spannend gewesen, zu sehen, was der mexikanische Meister des Phantastischen aus dem Stoff gemacht hätte. Wir werden es wohl nie erfahren. Doch dank der Lovecraft eZine bin ich jetzt auf zwei Netzfundstücke gestoßen, die einen das Schmerzhafte dieses Verlustes noch einmal besonders deutlich spüren lassen: Da wären zuerst einmal einige wunderschöne Seiten aus Del Toros Skizzenheft, und dann das komplette Drehbuch für At the Mountains of Madness.

Dienstag, 20. August 2013

Und noch ein Geburtstag

Über H.P. Lovecraft wird man ewig diskutieren können: War er der Edgar Allan Poe des 20. Jahrhunderts oder bloß ein elitäres, faschistisches, rassistisches Arschloch, dessen Spezialität darin bestand, seine Leser & Leserinnen mit dem endlosen Anhäufen archaisch anmutender Adjektive und Adverbien zu quälen? 
Doch neben dem Gentleman von Providence konnte am 20. August noch ein ganz anderer Held des Phantastischen seinen Geburtstag feiern. Kein Schriftsteller, sondern ein Schauspieler: André Morel! – {wie ich dank der guten Beth soeben erfahren durfte.} Und die Größe dieses Mannes kann meiner Ansicht nach nicht zur Debatte stehen. Er begann seine Karriere am Old Vic, wo er u.a. den Horatio gegebenüber Alec Guiness' Hamlet und den Alonso in John Gielguds Inszenierung von The Tempest spielte. Danach brillierte er als O'Brien in Nigel Kneales & Rudolph Cartiers Verfilmung von George Orwells Nineteen Eighty-Four, verlieh in Quatermass and the Pit dem Professor seine definitive Gestalt und gab in Hammers Version von The Hound of the Baskervilles den ersten Dr.Watson in Farbe. In späteren Jahren trat er u.a. in Hammer-Filmen wie She, The Plague of the Zombies und The Mummy's Shroud sowie in Klassikern des phantastischen Fernsehens wie The Avengers und Dr. Who auf.

Zu H.P. Lovecrafts Geburtstag

Da wir heute den 123. Geburtstag von Howard Phillips Lovecraft feiern können, dachte ich mir, dies sei vielleicht ein guter Anlass, um ein paar kurze Bemerkungen über meine Beziehung zum Gentleman von Providence loszuwerden.
In der Vergangenheit habe ich mich auf diesem Blog bereits mehrmals etwas ausführlicher zu einigen Aspekten seines Oeuvres geäußert, vor allem in
Was ich dort geschrieben habe, klingt alles in allem vermutlich nicht sehr freundlich. In der Tat stehe ich seinem Werk in vielen Punkten sehr kritisch gegenüber, und halte den in manchen Kreisen um ihn betriebenen Kult für etwas bedenklich. Der Grund hierfür sind weniger Lovecrafts rassistische Ansichten, von denen zumindest im englischsprachigen phantastischen Netz inzwischen recht häufig die Rede ist, sondern sehr viel allgemeiner der misanthrope und nihilistische Geist, von dem die allermeisten seiner Geschichten erfüllt sind. Dass ein Autor, dessen ganzes Werk von der Überzeugung getragen wird, der Mensch sei eine erbärmliche Kreatur, das Leben eigentlich widerwärtig und die Geschichte eine sinnlose Groteske, ein solches Maß an Begeisterung hervorrufen kann,  finde ich ziemlich beunruhigend. Beunruhigend, aber nicht unverständlich. Die Empfindung, einer von bedrohlichen und undurchschaubaren Mächten kontrollierten Wirklichkeit hilflos ausgeliefert zu sein, welche im Cthulhu-Mythos ihren phantastischen Ausdruck gefunden hat, ist heutzutage aus nachvollziehbaren Gründen sicher sehr weit verbreitet.  Doch gegen eben dieses Gefühl mit aller Macht anzukämpfen, ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit. Die Menschen müssen endlich wieder an ihre eigene Kraft glauben, an ihre Fähigkeit, den Lauf der Geschichte selbst bestimmen zu können. Sie sind nicht hilflos und ohnmächtig, wenn sie sich nicht länger dazu machen lassen. Und in diesem Ringen um ein neues menschliches Selbstbewusstsein gehört Lovecraft leider zum Lager des Feindes.
Doch bedeutet das nicht, dass ich den alten Gentleman nicht zugleich auch zu schätzen wüsste. Es gab einmal eine Zeit, da hätte ich wenig Gutes über ihn zu sagen gehabt. Doch selbst damals wäre ich nicht so weit gegangen wie Michael Moorcock, der ihn in Wizardry and Wild Romance als den Verfasser "of the most powerful infantile pathological imagery and some of the most astonishingly awful prose ever to gain popularity" abkanzelt. Zugegeben, auch heute noch bin ich mir angesichts seines berüchtigen Prosastils und des oft eher ungeschickt wirkenden Aufbaus vieler seiner Geschichten nicht sicher, ob ich ihn als einen wirklich "guten" Schriftsteller bezeichnen würde. Doch was für mich trotzdem völlig außer Frage steht ist, dass die phantastische Kunst ohne ihn unendlich viel ärmer wäre. Auch bin ich mir vollauf bewusst, das mir persönlich etwas sehr wertvolles fehlen würde, hätte ich niemals Bekanntschaft mit Lovecrafts bizarren Welten geschlossen. Mit aller nötigen Bescheidenheit möchte ich mich Clark Ashton Smith anschließen, der einmal geschrieben hat: "Leng and Lomar and witch-ridden Arkham and sea-cursed Innsmouth are part of my mental geography; and dreadful, cyclopean R'lyeh slumbers somewhere in time depths." Und auch wenn der gute Éch-Pi-El in so vielem mir genau entgegengesetzte Ansichten vertreten hat, glaube ich doch, dass er ein intelligenter, sensibler, ernsthafter und nicht unsympathischer Mensch gewesen ist, mit dem ich sehr gerne einmal einen Abend im Gespräch verbracht oder ein paar Briefe gewechselt hätte.
Leider fehlt mir im Moment die Zeit, um eine angemessene Würdigung über ihn zu schreiben. Und so möchte ich stattdessen lieber die Verse zitieren, die Clark Ashton Smith  sechzehn Tage nach dem Tod seines Freundes im März 1937 über ihn geschrieben hat::
Lover of hills and fields and towns antique,
How hast thou wandered hence
On ways not found before,
Beyond the dawnward spires of Providence?
Hast thou gone forth to seek#
Some older bourn than these—
Some Arkham of the prime and central wizardries?
Or, with familiar felidae,
Dost now some new and secret wood explore,
A little past the senses' farther wall—
Where spring and sunset charm the eternal path
From Earth to ether in dimensions nemoral?
Or has the Silver Key
Opened perchance for thee
Wonders and dreams and worlds ulterior?
Hast thou gone home to Ulthar or to Pnath?
Has the high king who reigns in dim Kadath
Called back his courtly, sage ambassador?
Or darkling Cthulhu sent
The sign which makes thee now a councilor
Within that foundered fortress of the deep
Where the Old Ones stir in sleep
Till mighty temblors shake their slumbering continent?

Lo! in this little interim of days
How far thy feet are sped
Upon the fabulous and mooted ways
Where walk the mythic dead!
For us the grief, for us the mystery. . . .
And yet thou art not gone
Nor given wholly unto dream and dust:
For, even upon
This lonely western hill of Averoigne
Thy flesh had never visited,
I meet some wise and sentient wraith of thee,
Some undeparting presence, gracious and august.
More luminous for thee the vernal grass,
More magically dark the Druid stone,
And in the mind thou art forever shown
As in a magic glass;
And from the spirit's page thy runes can never pass.
Auch möchte ich zum Abschluss noch eine meiner Lieblingsgeschichten aus Lovecrafts Oeuvre präsentieren: The Cats of Ulthar. Vorgetragen von der wundervollen Julia Morgan, auf deren Youtube-Seite man neben vielen weiteren Werken des Gentlemans von Providence auch solche von M.R. James, E.F. Benson, Edgar Allan Poe und anderen Meistern des Unheimlichen und Phantastischen finden kann:

Montag, 19. August 2013

J.R.R. Tolkien und das Erbe der Englischen Romantik (2)

Teil 1 * Teil 3

{Teile dieses Textes habe ich hier schon mal vor anderthalb Jahren oder so gepostet, was hoffentlich niemanden stört.}

In Thomas Carlyles (1795-1881) Werk verbinden sich revolutionäre und reaktionäre Elemente zu einer widersprüchlichen und doch unauflöslichen Einheit, was den Autor zu einem typischen Kind seiner Zeit macht. Die Französische Revolution und mehr noch die Industrielle Revolution, die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts das Antlitz Englands und das Leben seiner Bewohner von Grund auf umwälzte, hatten die überkommenen politischen Parteiungen aufgelöst. Tory-Radikale wie Richard Oastler waren ebenso erklärte Gegner der aktuellen Entwicklungen wie die Anhänger des utopischen Sozialisten Robert Owen. Carlyle  gehörte eher zur ersteren Fraktion, doch zählte er zu seinen Freunden auch Linke wie den radikalen Publizisten und Dichter Leigh Hunt, der mit Shelley, Keats und Byron befreundet gewesen war, den liberalen Philosophen John Stuart Mill und den amerikanischen Transzendentalisten Ralph Waldo Emerson. Was ihn von den meisten englischen Romantikern unterschied war nicht nur sein inniges Verhältnis zum deutschen Idealismus und zur deutschen Literatur (Goethe, Jean Paul, Tieck, Novalis), sondern auch seine intensive Beschäftigung mit historischen Fragen, was sich u.a. in seiner monumentalen Arbeit über die Französische Revolution (1837), der Veröffentlichung der Letters and Speeches of Oliver Cromwell (1845) und der berühmt-berüchtigten Schrift On Heroes and Hero-Worship and the Heroic in History (1841) niederschlug. Seine vielleicht größte Leistung auf diesem Gebiet bestand in der Rehabilitierung Cromwells und der Puritanischen Revolution. (1) Was uns hier jedoch in erster Linie interessiert, ist sein 1843 erschienenes Buch Past and Present. In diesem Werk, das Friedrich Engels als das einzige englische Buch jener Jahre bezeichnete, „das menschliche Saiten anschlägt, menschliche Verhältnisse darlegt und eine Spur von menschlicher Anschauungsweise entwickelt" (2), hüllte sich Carlyle in das Gewand des Propheten und sprach den Bannfluch über das kapitalistische England aus.
Seinem Auge bot sich eine Nation dar, die auf wundersame Weise zugleich ungeheuer reich und fürchterlich arm ist. Nie zuvor wurde soviel produziert, und doch scheint es niemanden zu geben, der wirklichen Nutzen aus diesem Reichtum zu ziehen vermöchte. Die Arbeiter und ihre Familien versinken in unbeschreiblichem Elend, während die Reichen innerlich verkümmert sind. 
Many men eat finer cookery, drink dearer liquors, – with what advantage they can report, and their Doctors can: but in the heart of them, if we go out of the dyspeptic stomach, what increase of blessedness is there? Are they better, beautifuller, stronger, braver? Are they even what they call 'happier? Do they look with satisfaction on more things and human faces in this God's Earth; do more things and human faces look with satisfaction on them? Not so. Human faces gloom discordantly, disloyally on one another.
Zur Umschreibung der Situation bedient sich Carlyle mystischer und religiöser Formulierungen – die Menschen haben ihre Seele verloren, sie leben nicht mehr im Einklang mit den Gesetzen der Natur, sie haben über die oberflächlichen Erscheinungsformen die Essenz der Dinge vergessen usw. –, aber was er mit ihrer Hilfe beschreibt, ist die Mentalität des bürgerlichen Englands in seinem triumphalen Aufstieg. Was er erblickt ist eine Gesellschaft des "Mammonismus", in der „power, cash, celebrity" zum einzigen Wertmaßstab geworden sind, und die die „Enlightened Selfishness" der liberalen Ökonomen und ihrer utilitaristischen Philosophenschüler zur höchsten Weisheit erhoben hat. „Free-trade, Competition, and Devil take the hindmost, our latest Gospel yet preached!" Die vielgepriesene "Freiheit" des Engländers hat sich entpuppt als die Freiheit, „'to buy where he finds it cheapest, to sell where he finds it dearest.'" Die politische Klasse ist so korrupt geworden, dass Carlyle den sarkastischen Vorschlag macht, man möge die Parlamentswahlen doch lieber gleich durch den offenen Verkauf von Sitzen im Unterhaus nach festgelegten Preislisten ersetzen. Und trotz seiner toryistischen Sympathien macht er sich auch über die alte Aristokratie keine Illusionen. Aller ihrer einstigen gesellschaftlichen Funktionen seit langem entkleidet, besteht ihr einziger Lebensinhalt bloß noch im Verzehren dessen, was andere produziert haben – und in der Fuchsjagd. In seinen Augen ist eine solche Klasse eine noch abscheulichere Abnormität als die geldversessene Bourgeoisie.
Was Carlyle von einem simplen Moralisten unterschied, der den allgemeinen "Werteverfall" beklagt, war seine intuitive Einsicht in die realen Wurzeln der von ihm beschriebenen Situation. Der Kapitalismus hatte die alten ständischen und korporativen Verbände, in die das Leben der Menschen jahrhundertelang eingebettet gewesen war, zersetzt und schließlich ganz aufgelöst. Übriggeblieben waren isolierte Individuen in einer Welt, beherrscht von den Regeln des Marktes und des allgemeinen Wettbewerbs.
[W]e for the present, with our Mammon-Gospel, have come to strange conclusions. We call it a Society; and go about professing openly the totalest separation, isolation. Our life is not a mutual helpfulness; but rather, cloaked under due laws-of-war, named 'fair competition' and so forth, it is a mutual hostility. We have profoundly forgotten everywhere that Cash-payment is not the sole relation of human beings; we think, nothing doubting, that it absolves and liquidates all engagements of man. [...] Cash-payment never was, or could except for a few years, be the union-bond of man to man. Cash never yet paid one man fully his deserts to another; nor could it, nor can it, now or henceforth to the end of the world.
Die sozioökonomische Entwicklung, die zu einem Zustand geführt hatte, in dem das Geld zum einzigen Vermittler gesellschaftlicher Beziehungen geworden war, blieb für Carlyle ein Buch mit sieben Siegeln. Er machte die Abwendung der Menschen von Gott und seinem Gesetz – das zugleich das Gesetz der Natur, der wahren Tatsachen ("facts") sei – hierfür verantwortlich. Doch ändert dies nichts an der Pointertheit seiner Schilderung, ebensowenig an der klar formulierten Einsicht, dass dies im Gegensatz zu den Behauptungen des Liberalismus kein "natürlicher" Zustand war. In seinen Augen bedeutete es vielmehr den Untergang aller wirklichen "Gesellschaft", ihre Auflösung in einen ewigen Kriegszustand aller gegen alle. Er wird nicht müde zu betonen,
that 'enlightened Egoism,' never so luminous, is not the rule by which man's life can be led. That 'Laissez-faire,' 'Supply-and- demand,' 'Cash-payment for the sole nexus,' and so forth, were not, are not, and will never be, a practicable Law of Union for a Society of Men.
Zur Herausarbeitung seiner Position kontrastiert Carlyle im zweiten Buch von Past and Present die moderne Wirklichkeit mit dem Leben im mittelalterlichen Kloster St. Edmundsbury, wobei er ein zwar romantisch eingefärbtes, aber keineswegs völlig idealisiertes Bild des feudalen Zeitalters zeichnet. 
Auch wenn er dabei den in der Person des Abtes Samson verkörperten strengen, aber gerechten und mitfühlenden Paternalismus in den Mittelpunkt rückt, zeigt er damit doch, dass das Mittelalter als eine Art Plattform dienen konnte, von der aus man die bürgerliche Gesellschaft kritisch betrachten und beurteilen konnte, weil dieses Zeitalter nicht nur in Äußerlichkeiten völlig anders war, sondern auch in „thought, word, action, outlook and position". Ein ernsthafter Blick auf das 12. Jahrhundert konnte zeigen, dass eine Gesellschaft, in der die Bande zwischen den Menschen nicht durch "cash-payment" geknüpft werden, kein utopisches Wolkenkuckucksheim sein muss. 
Voraussetzung dafür war, dass Carlyle das mittelalterliche Europa nicht – wie etwa Novalis in Die Christenheit oder Europa – als ein märchenhaftes Christkönigreich auf Erden betrachtete, sondern als eine reale Gesellschaft von lebenden und arbeitenden Menschen. Der religiöse Charakter der Epoche war ihm ebenso wichtig wie dem deutschen Dichter, doch sah er im mittelalterlichen Katholizismus nichts mystisches. Auf den introspektiven Gottsucher und Gewissenserforscher des 19. Jahrhunderts müsse die Religiosität jener Ära vielmehr nüchtern, ritualistisch, ja "weltlich" wirken. Dies gerade sei jedoch ein Zeichen ihrer Stärke und Gesundheit. Der wahre Glaube, dessen Abhandenkommen er für die Misere seiner Zeit verantwortlich machte, bestand für ihn nicht aus Dogmen oder persönlichen Erweckungserlebnissen, sondern aus einer weitgehend unbewussten Orientierung an der "ewigen Gerechtigkeit", die das aktive und auf irdische Belange konzentrierte Leben des Gläubigen erfüllt:
'The Unconscious is the alone Complete.' Abbot Samson all along a busy working man, as all men are bound to be, his religion, his worship was like his daily bread to him; – which he did not take the trouble to talk much about; which he merely ate at stated intervals, and lived and did his work upon! 
[F]or properly speaking, all true Work is Religion: and whatsoever Religion is not Work may go and dwell among the Brahmins, Antinomians, Spinning Dervishes, or where it will; with me it shall have no harbour. Admirable was that of the old Monks, 'Laborare est Orare, Work is Worship.'
Für den Anglokatholizismus der von Edward B. Pusey und dem späteren Kardinal Newman angeführten Oxford-Bewegung hatte er deshalb nur Spott übrig. Eine derartige Wiederbelebung des Mittelalters war für ihn bloß eine peinliche Maskerade. (3)

Die Schlüsse, die Carlyle aus seiner Analyse der englischen Gesellschaft zog, waren durch und durch reaktionär. Massenbewegungen wie die Französische Revolution oder den Chartismus betrachtete er als Symptome einer aus den Fugen geratenen Welt, aber nicht als Ansatzpunkte für eine Lösung des Problems. Past and Present war als eine Art letzte Warnung an das bürgerliche England gedacht. Wie Chris R. Vanden Bossche in der Einleitung zu seiner Studie Carlyle and the Search for Authority schreibt, waren seine Schriften
an attempt to resolve dilemmas raised by what he and his contemporaries perceived as a revolutionary shift of authority in virtually all realms of discourse and institutions of power in western Europe. From his vantage, it appeared not only that authority had shifted but that the transcendental grounds for it had been undermined.
Entsprechend sah er den einzigen Ausweg aus der herrschenden Misere in einem „recourse to transcendental authority". Die herrschende Klasse hatte sich als unfähig erwiesen, die ihnen zukommenden Aufgaben zu erfüllen. An ihre Stelle müssten wahre Führer, echte "Helden" treten. Schon in Past and Present sieht Carlyle bizarrerweise ausgerechnet in den Großkapitalisten, den "Captains of Industry", das Material, aus dem diese neuen Heroen geformt werden könnten. (4) In ihrer vollen Wucht bricht sich die protofaschistische Tendenz seines Denkens allerdings erst nach der europäischen Revolution von 1848 Bahn, die ihn zutiefst verunsicherte. Ihren vollkommensten Ausdruck findet sie in den Latter-Day Pamphlets von 1850 und dem 1853 erschienenen, extrem rassistischen Discourse on the Nigger Question, der u.a. zum endgültigen Bruch mit John St. Mill führte. Wie Marx und Engels ironisch bemerkten: „Dem Kultus des Genius [...] ist [...] der Genius abhanden gekommen. Der Kultus ist geblieben." (5)

Carlyles Schicksal ist das erste große Beispiel dafür, wie sich der romantische Antikapitalismus, konfrontiert mit einer echten revolutionären Massenbewegung, in eine faschistoide Richtung zu entwickeln beginnt.
Doch entwertet dies nicht die beachtenswerten Seiten von Past and Present. Zu diesen gehört auch die beinahe religiöse Wertschätzung der Arbeit als des zentralen Inhalts jedes wahrhaft menschlichen Lebens:
[T]here is a perennial nobleness, and even sacredness, in Work. Were he never so benighted, forgetful of his high calling, there is always hope in a man that actually and earnestly works: in Idleness alone is there perpetual despair. Work, never so Mammonish, mean, is in communication with Nature; the real desire to get Work done will itself lead one more and more to truth, to Nature's appointments and regulations, which are truth. The latest Gospel in this world is, Know thy work and do it. [...] It has been written, 'an endless significance lies in Work;' a man perfects himself by working. Foul jungles are cleared away, fair seedfields rise instead, and stately cities; and withal the man himself first ceases to be a jungle and foul unwholesome desert thereby.
Damit wandte sich Carlyle vor allem gegen den müßiggängerischen Lebensstil der englischen Aristokratie, doch bot sich damit zugleich auch der Ansatzpunkt zu einem neuen Geschichtsverständnis:
It is all work and forgotten work, this peopled, clothed, articulate-speaking, high-towered, wide-acred World. The hands of forgotten brave men have made it a World for us; they, – honour to them; they, in spite of the idle and the dastard. (6)
Dachte man diesen Gedanken konseuquent weiter, so war die selbstherrliche Arroganz, mit der viele Aufklärungsphilosophen auf die "dunklen Jahrhunderte" herabgeschaut hatten, unmöglich geworden. Die Vergangenheit erhielt eine neue Würde, denn sie war identisch mit der mühseligen Arbeit unzähliger Generationen, die im Ringen mit der Natur die Grundlagen geschaffen hatten, auf denen die Gesellschaft der Gegenwart basierte. Allerdings behandelte Carlyle die Arbeit noch weitgehend als Abstraktum und fragte sich nicht, wie die sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen, unter denen Menschen arbeiten, den Charakter dieser Arbeit und ihrer Produkte beeinflussen. Diesen Schritt würde erst sein "Schüler" Ruskin tun.

John Ruskin (1819-1900) war der bedeutendste Kunstkritiker des viktorianischen Englands. Berühmt geworden durch sein entschiedenes Eintreten für das Werk des Landschaftsmalers J.M.W. Turner im ersten Band seiner Modern Painters (1843), wurde er ab 1848 zum Inspirator und Förderer der Präraffaeliten und leistete mit The Seven Lamps of Architecture (1849) und The Stones of Venice (1851-53) einen wichtigen Beitrag zur neuerlichen Wertschätzung der gotischen Architektur. Zudem formulierte er in seinen Schriften Grundsätze wie den der "Materialgerechtigkeit", die die "Arts and Crafts" - Bewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts und auch noch das Bauhaus beeinflussen sollten. Mit Thomas Carlyle verband ihn eine enge Freundschaft. Bis 1848 von strenger evangelikaler Frömmigkeit, wandte Ruskin sich nach einer zehnjährigen, schmerzhaften Glaubenskrise 1858 von der Religion ab. Hatte bisher Gott im Zentrum seiner Weltanschauung und Ästhetik gestanden, so nahm diesen Platz von da ab der Mensch ein. Dies führte ihn u.a. dazu, sich verstärkt mit sozialen und ökonomischen Fragen zu beschäftigen, was ihn schließlich mit Büchern wie Unto this Last (1860), Munera Pulveris (1862/63), The Crown of Wild Olive (1866), Time and Tide (1867) und Fors Clavigera (1871-80) zum vielleicht bekanntesten radikalen Gesellschaftskritiker seiner Zeit machte. Carlyles Past and Present hatte bei dieser Entwicklung eine wichtige Rolle gespielt. Als er 1887 Alfred MacFee seine Ausgabe des Buches schenkte, schrieb er dem Freund dazu: „I now send you a book which I read no more, because it has become a part of myself – and my old marks in it are now useless because in my heart I mark it all." (7)

Im fünften Band von Modern Painters (1860) beschreibt Ruskin im Rahmen einer allegorischen Interpretation von Turners Gemälde The Goddess of Discord Choosing the Apple of Contention in the Garden of the Hesperides, worin für ihn das "große spirituelle Faktum" seiner Zeit bestand: im "Aufstieg des Drachen", des „evil spirit of wealth", der als neuer Gott Britanniens über einem schwefelfarbenen „paradise of smoke" thront. (8) Sechs Jahre später lässt er sich in Traffic ausführlicher über diese wahre Nationalreligion des viktorianischen Englands aus:
You know we are speaking always of the real, active, continual, national worship; that by which men act while they live; not that which they talk of when they die. Now, we have, indeed, a nominal religion, to which we pay tithes of property, and sevenths of time; but we have also a practical and earnest religion, to which we devote nine-tenths of our property and six-sevenths of our time. And we dispute a great deal about the nominal religion; but we are all unanimous about this practical one, of which I think you will admit that the ruling goddess may be best generally described as the ‘Goddess of Getting-on,’ or ‘Britannia of the Market'.
Diese Göttin kennt nur ein Gebot: Verdiene Geld, verdiene mehr Geld, verdiene noch mehr Geld! Ihre Tempel sind die Fabriken von Manchester, Glasgow, Leeds; ihre heiligen Obelisken die rauchenden Schlote, die die Silhouetten der Industriestädte beherrschen. Ihr zu Ehren werden klare Bäche und Flüsse in stinkende Kloaken, grünes Hügelland in öde Schutthalden verwandelt. Auf ihren Altären werden tagtäglich Menschenopfer dargebracht, während sich ihre Anhänger mit einem ebenso heuchlerischen wie trügerischen Idyll umgeben. Voller Sarkasmus wendet sich Ruskin an die Bourgeoisie:
Your ideal of human life then is, I think, that it should be passed in a pleasant undulating world, with iron and coal every-where underneath it. On each pleasant bank of this world is to be a beautiful mansion, with two wings; and stables, and coach-houses; a moderately sized park; a large garden and hot houses; and pleasant carriage drives through the shrubberies. In this mansion are to live the favoured votaries of the Goddess; the English gentleman, with his gracious wife, and his beautiful family; always able to have the boudoir and the jewels for the wife, and the beautiful ball dresses for the daughters, and hunters for the sons, and a shooting in the Highlands for himself. At the bottom of the bank, is to be the mill; not less than a quarter of a mile long, with a steam engine at each end, and two in the middle, and a chimney three hundred feet high. In this mill are to be in constant employment from eight hundred to a thousand workers, who never drink, never strike, always go to church on Sunday, and always express themselves in respectful language. Is not that, broadly, and in the main features, the kind of thing you propose to yourselves? It is very pretty indeed seen from above; not at all so pretty, seen from below. For, observe, while to one family this deity is indeed the Goddess of Getting on, to a thousand families she is the Goddess of not Getting on. (9)
Bereits in Modern Painters hatte Ruskin das "Gesetz der Hilfe" formuliert, das sich als grundlegendes Gesetz des Lebens in der Komposition eines Gemäldes ebenso ausdrücken müsse wie in der Organisation einer Gesellschaft:
Composition may best be defined as the help of everything in the picture by everything else. [...] Government and cooperation are in all things and eternally the laws of life. Anarchy and competition, eternally, and in all things, the laws of death. (10)
Die durch den Kapitalismus herbeigeführte Atomisierung der Gesellschaft – ihre Auflösung in unzählige "unabhängige" Subjekte, die in ständiger Konkurrenz zueinander stehen – war für ihn deshalb zutiefst unnatürlich – das deutliche Symptom einer schleichenden, aber letztlich tödlichen Krankheit.
Die liberale politische Ökonomie Adam Smiths und David Ricardos verwarf er in Unto this Last als pseudowissenschaftliche Rechtfertigung nackter Selbstsucht. (11) Die Wirtschaft habe nicht der blinden Akkumulation des Kapitals, sondern der Bereicherung des Lebens zu dienen:
[T]he real science of political economy, which has yet to be distinguished from the bastard science, as medicine from witchcraft, and astronomy from astrology, is that which teaches nations to desire and labour for the things that lead to life: and which teaches them to scorn and destroy the things that lead to destruction.
Der Gedankengang gipfelt in Ruskins berühmter Definition des Reichtums:
THERE IS NO WEALTH BUT LIFE. Life, including all its powers of love, of joy, and of admiration. That country is the richest which nourishes the greatest number of noble and happy human beings; that man is richest who, having perfected the functions of his own life to the utmost, has also the widest helpful influence, both personal, and by means of his possessions, over the lives of others. (12)
Doch eben diese Art Reichtum kann der Kapitalismus nicht schaffen.

Die intensive Beschäftigung mit der mittelalterlichen Kunst trug ohne Zweifel dazu bei, Ruskins kritischen Blick auf die bürgerliche Gesellschaft zu schärfen. Sie war es auch, die es ihm ermöglichte, über die Positionen seines "Lehrers" Carlyle hinauszuwachsen.  Für diesen hatte der Zugang zum Mittelalter in der Lektüre der Chronik des Mönchs Jocelyn de Brakelond bestanden, Ruskin fand ihn in der Betrachtung gotischer Kathedralen. Der Unterschied war von entscheidender Bedeutung. Stand bei dem einen die "gute Regierung" des Abtes Samson im Zentrum der Aufmerksamkeit, so bei dem anderen die schöpferische Tätigkeit anonymer Handwerker. Carlyle hatte die Arbeit an sich verherrlicht, Ruskin stellte sich angesichts der Schönheit der gotischen Architektur die Frage nach dem Charakter der Arbeit, die solche Wunder hervorgebracht hatte.
In The Nature if Gothic hebt er die "Grobheit" ("Roughness") als einen der charakteristischen Züge dieser Kunstform hervor. Gotische Bauten, Steinmetzarbeiten und Skulpturen sind nicht perfekt, aber gerade das ist Teil ihrer künstlerischen Größe. Denn diese Unvollkommenheit ist Ausdruck wahrer Menschlichkeit. Jeder Mensch besitzt ein kreatives Potential, aber kein Mensch ist perfekt. Wünscht man eine makellose Ausführung, so muss man – anders als die gotischen Baumeister – die Kreativität des einzelnen Handwerkers ersticken:
Observe, you are put to a stern choice in this matter. You must either make a tool of the creature, or a man of him. You cannot make both. Men were not intended to work with the accuracy of tools, to be precise and perfect in all their actions. If you will have that precision out of them, and make their fingers measure degrees like cog-wheels, and their arms strike curves like compasses, you must inhumanize them. All the energy of their spirits must be given to make cogs and compasses of themselves [...] On the other hand, if you will make a man of the working creature, you cannot make a tool. Let him but begin to imagine, to  think, to try to do anything worth doing; and the engine-turned precision is lost at once. Out come all his roughness, all his dulness, all his incapability [...]: but out comes the whole majesty of him also.
Das Studium der Gotik führte Ruskin so ganz wie von selbst zu einer scharfen Kritik der modernen, industriellen Produktionsweise, die den Arbeiter seiner Menschlichkeit beraubt, sein schöpferisches Potential abtötet, ihn zu einer "lebenden Maschine" macht.
[T]o feel their souls withering within them, unthanked, to find their whole being sunk into an unrecognized abyss, to be counted off into a heap of mechanism numbered with its wheels, and weighed with its hammer strokes, this nature bade not; this God blesses not; this humanity for no long time is able to endure.
Eine wichtige Rolle spielt dabei die immer weiter fortschreitende Arbeitsteilung:
We have much studied, and much perfected, of late, the great civilized invention of the division of labour; only we give it a false name. It is not, truly speaking, the labour that is divided; but the men: – Divided into mere segments of men – broken into small fragments and crumbs of life; so that all the piece of intelligence that is left in a man is not enough to make a pin, or a nail, but exhausts itself in making the point or the head of a nail.
Dazu gehört vor allem auch die strikte Trennung von körperlicher und geistiger Arbeit:
We are always in these days endeavouring to separate the two; we want one man to be always thinking, and another to be always working, and we call one a gentleman, and the other an operative; whereas the workman ought often to be thinking, and the thinker often to be working, and both should be gentlemen, in the best sense. As it is, we make both ungentle, the one envying, the other despising, his brother; and the mass of society is made up of morbid thinkers, and miserable workers. Now it is only by labour that thought can be made healthy, and only by thought that labour can be made happy, and the two cannot be separated with impunity.
Ruskin gelangte auf diese Weise zu Einsichten, wie wir sie ganz ähnlich auch bei Fourier und Marx finden. In seiner Gegenüberstellung von feudalem und bürgerlichem England zeigte sich wie nie zuvor das revolutionäre Potential der romantischen Mittelalterbegeisterung:
There might be more freedom in [medieval] England, though her feudal lords’ lightest words were worth men's lives, and though the blood of the vexed husbandman dropped in the furrows of her fields, than there is while the animation of her multitudes is sent like fuel to feed the factory smoke, and the strength of them is given daily to be wasted into the fineness of a web, or racked into the exactness of a line.
And, on the other hand, go forth again to gaze upon the old cathedral front, where you have smiled so often at the fantastic ignorance of the old sculptors; examine once more those ugly goblins, and formless monsters, and stern statues, anatomiless and rigid; but do not mock at them, for they are signs of the life and liberty of every workman who struck the stone; a freedom of thought, and rank in scale of being, such as no laws, no charters, no charities can secure; but which it must be the first aim of all Europe at this day to regain for her children.
Der widernatürliche und unmenschliche Charakter, den die Arbeit im industriellen Kapitalismus angenommen hat, bildet für Ruskin den Kern der modernen Misere. Diese kann deshalb auch nicht behoben werden, indem man die Arbeiter belehrt oder ihnen Moralpredigten hält,
for to teach them is but to show them their misery, and to preach to them, if we do nothing more than preach, is to mock at it. It can be met only by a right understanding, on the part of all classes, of what kinds of labour are good for men, raising them, and making them happy; by a determined sacrifice of such convenience, or beauty, or cheapness as is to be got only by the degradation of the workman; and by equally determined demand for the products and results of healthy and ennobling labour. (13)
Für William Morris war The Nature of Gothic, das ursprünglich ein Kapitel von The Stones of Venice bildete,
one of the most important things written by the author, and in future days will be considered as one of the very few necessary and inevitable utterances of the century. [...] [T]he lesson which Ruskin here teaches us is that art is the expression of man's pleasure in labour; that it is possible for man to rejoice in his work, for, strange as it may seem to us to-day, there have been times when he did rejoice in it; and lastly, that unless man's work once again becomes a pleasure to him, the token of which change will be that beauty is once again a natural and necessary accompaniment of productive labour, all but the worthless must toil in pain, and therefore live in pain. (14)
John Ruskin hatte erkannt, dass Menschen nur dann wirklich schönes erschaffen können, wenn die Verhältnisse, unter denen sie leben und arbeiten selbst schön sind:
Schöne Kunst kann nur von Menschen hervorgebracht werden, die schöne Dinge um sich haben und die Muße besitzen, sie zu betrachten. (15)
Auch dies ein Gedanke, der von William Morris konseuquent weiter entwickelt werden sollte.

Wie wir sehen, hatte Ruskin sich schon sehr weit von Carlyles Position entfernt, die in erster Linie auf die Suche nach einer neuen, im Transzendenten verankerten und vom "Heroen" verkörperten Autorität ausgerichtet war. Dennoch war auch sein Antikapitalismus im Kern konservativer Natur. Einmal hatte er sich selbst und seinen Vater als „violent Tories of the old school" (16) bezeichnet, und genau genommen blieb er sein Leben lang ein Tory-Radikaler, auch wenn er sich im siebten seiner unter dem Titel Fors Clavigera gesammelten "Briefe an die Arbeiter Großbritanniens" als einen "tiefroten Kommunisten" bezeichnete.
Seinen Reformbestrebungen lag trotz einiger "sozialistischer" Zutaten immer noch das paternalistische Gesellschaftsmodell von Carlyles St. Edmundsbury zugrunde. George P. Landow hat in ihnen sogar Parallelen zum Evangelikismus erkennen wollen, dem Ruskin ursprünglich angehangen hatte:
Evangelical societies for the prevention of vice and the distribution of Bibles, for the converting of the heathen and the saving of waifs and strays, grew out of the same attitudes one may perceive in Ruskin's statements about the working class. (17)
Sein Einfluss auf den Christlichen Sozialismus, die reformistische Arbeiterbewegung Englands und die Ideologie Mahatma Gandhis sagt deshalb auch mehr über den konservativen Gehalt dieser politischen Strömungen aus, als dass er als Beleg für die Fortschrittlichkeit seines Denkens dienen könnte.
Im Grunde träumte Ruskin von einer Rückkehr zum Zunfthandwerk des Mittelalters – ein Traum, den er mit der Gründung der Guild of St. George 1871 in die Praxis umzusetzen versuchte. Sein heiliger Ritter, der gegen den Drachen Mammon antreten und die "Maikönigin" des wahren Lebens aus seinen Klauen befreien sollte, trug leider nur allzu deutlich die Züge Don Quijotes.
Ruskins Größe bestand darin, in einer Zeit, in der die Bourgeoisie nach dem Zerfall der Chartistenbewegung die britische Gesellschaft so gut wie unangefochten dominierte, seine geistige Unabhängigkeit bewahrt zu haben. Dass er dabei mitunter in die Pose des selbstgerechten Predigers vefiel, lag nicht nur an seiner evangelikalen Vergangenheit, sondern mehr noch an der immer größeren Isolation, die schließlich sein tragisches Schicksal besiegeln sollte. Voller Verbitterung schrieb er 1873 im siebzehnten Brief von Fors Clavigera:
St. George’s war! Here since last May [...] have I been asking whether any one would volunteer for such a battle? Not one human creature, except a personal friend or two, for mere love of me, has answered. (18)
Es fanden sich weder die wohlmeinenden Geschäftsleute, die seine Gilde finanziert hätten, noch die respektvollen Proletarier, die wild darauf gewesen wären, sich in zünftige Handwerker verwandeln zu lassen.
Fünf Jahre später wandte Ruskin sich erneut der Religion zu und entwickelte außerdem eine Faszination für den damals äußerst populären Spiritismus, wobei seine unglückliche Liebe zu der im selben Jahr verstorbenen Rose la Touche eine wohl nicht unbeträchtliche Rolle spielte.
Die von Halluzinationen begleiteten psychischen Zusammenbrüche, die ihn ab Februar 1878 heimsuchten, mögen vielfältige Ursachen gehabt haben. So besteht kein Zweifel, dass er ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität hatte. Aber das schreckliche Gefühl der Verlorenheit und Hilflosigkeit, das ihn nächtliche Kämpfe mit dem Satan ausfechten ließ, während sich die Gegenstände in seinem Zimmer in „fantastic, malignant, and awful imps and devils and witches" (19) verwandelten, verschmolz zunehmend mit seiner Sicht auf die gesellschaftliche Entwicklung. Er sah sich mehr und mehr von einer vom Teufel beherrschten Welt umgeben, die scheinbar unaufhaltsam auf den Abgrund der Hölle zusteuerte. Blickte er aus dem Fenster seines Refugiums Brantwood im idyllischen Lake District, so sah er über dem Horizont Englands – einer apokalyptischen Warnung gleich – jene pestilenzialischen Wolken auftauchen, die er 1884 in seiner bizarren Schrift The Storm-Cloud of the Nineteenth Century beschrieben hat.

So gesehen gewiinnt der Wahnsinn, dem Ruskin schließlich zum Opfer fiel, symbolische Bedeutung. Der romantisch-konservative Antikapitalismus war an einem Scheidepunkt angelangt. Aus sich selbst heraus konnte er keine lebensfähige Alternative zur herrschenden Gesellschaftsordnung entwickeln, sondern war dazu verurteilt, zu einem bloßen Antimodernismus zu degenerieren – durchsetzt mit wirren Träumen von einer Rückkehr zum Feudalismus und erfüllt vom Geist der Hoffnungslosigkeit.
Die einzige Alternative zu dieser Entwicklung bestand darin, die Grenzen des radikalen Toryismus endgültig zu überschreiten und sich einem Sozialismus zuzuwenden, der nicht wie Ruskins "Kommunismus der alten Schule" in einer Mischung aus Thomas Mores Utopia, radikaler Agrarreform und mittelalterlichem Zunfthandwerk bestand. Der Aufstand der Pariser Kommune von 1871 – als die Arbeiterklasse zum ersten Mal in der Geschichte die Macht eroberte und für mehrere Wochen zu halten verstand, bis sie von den Truppen der bürgerlichen Regierung niedergerungen wurde, woraufhin die Sieger ein wahres Schlachtfest der Rache veranstalteten –  brachte Ruskin beinahe dazu, die Bedeutung des Klassenkampfes zu verstehen. Im siebten Brief von Fors Clavigera schrieb er: „The Real War in Europe, of which this fighting in Paris is the Inauguration, is between these [Capitalists] and the workmen, such as these have made him." (20) Aber auch wenn er die Kapitalisten für den Ausbruch der Revolution verantwortlich machte, folgte er in seiner Darstellung der Aufständischen als brandschatzender Vandalen doch ganz der bürgerlichen Propaganda. Es steht deshalb zu befürchten, dass er ähnlich wie Carlyle reagiert hätte, wenn er auf unmittelbarere Weise mit einer revolutionären Massenbewegung konfrontiert worden wäre. Im England seiner Zeit war dies jedoch nicht der Fall. Die Jahrzehnte, in denen Ruskin seine Gedanken entwickelte, waren geprägt durch einen mächtigen Wirtschaftsaufschwung, der bis 1873 – dem Beginn der sog. "Großen Depression des 19. Jahrhunderts" – anhielt. Auf dieser Grundlage entstand eine Gewerkschaftsbewegung, die ausschließlich ökonomische und sozialreformerische Ziele verfolgte, und der es tatsächlich gelang, den Lebensstandard eines Teils der britischen Arbeiterklasse anzuheben. Auf das bürgerliche Publikum mussten Ruskins Ideen fürchterlich radikal wirken, und „[m]ost contemporary readers found both [his] general attitudes and his specific proposals so outrageous that they concluded that he must have been struck mad" (21), doch in Wirklichkeit bildeten auch sie nur einen Teil dieser reformistischen Strömung.

Erst William Morris würde den alles entscheidenden Schritt tun, und damit der dem romantischen Antikapitalismus entwachsenen Tradition eine neue Entwicklungsmöglichkeit eröffnen. Wie er selbst es später beschrieb:
[T]he consciousness of revolution stirring amidst our hateful modern society prevented me, luckier than many others of artistic perceptions, from crystallizing into a mere railer against ‘progress’ (22)
Fortsetzung folgt ...


(1) Christopher Hill führt in seiner klassischen Cromwell-Biographie einige Belege dafür an, dass sich der große Oliver in der Volksüberlieferung auch nach 150 Jahren von Beschimpfungen und Verleumdungen durch die offiziellen Historiker ein positives Ansehen bewahrt hatte. So berichteten u.a. die Spitzel des Home Office 1812, dass die von ihnen beschatteten Kreise das Kommen eines "zweiten Oliver" herbeisehnten, "to cleanse the Augean stable". Doch erst mit Thomas Carlyle wurde es auch in Gelehrtenkreisen wieder möglich, sich mit der Gestalt des Revolutionsführers und Lord Protectors auf differenzierte und objektivere Weise auseinanderzusetzen.  (Vgl.: Christopher Hill: God's Englishman. Oliver Cromwell and the English Revolution. S. 273.) 
(2) Friedrich Engels: Die Lage Englands – „Past and Present". In: Marx/Engels: Werke. Bd. 1. S. 525.
(3) Thomas Carlyle: Past and Present. S. 15; 27; 28; 99; 15; 87 & 109; 29; 58f.; 72.
(4)  Fairerweise sei angemerkt, dass auch der französische utopische Sozialist Saint-Simon und seine Anhänger in den "Führern der Industrie" jene Klasse sahen, die dazu berufen sei, eine positive Umgestaltung der Gesellschaft in die Wege zu leiten. Wie Carlyle rechneten auch sie den Industriellen zur Gruppe der "Arbeiter". 
(5) Karl Marx & Friedrich Engels: Rezensionen aus der ‘Neuen Rheinischen Zeitung. Politisch-ökonomische Revue’. Viertes Heft [April 1850]. In: Marx/Engels: Werke. Bd. 7. S. 256.
(6) Thomas Carlyle: Past and Present. S. 80.
(7)  Zit. nach: George P. Landow: The Aesthetic and Critical Theories of John Ruskin. Kap. 4-4
(8) Vgl.: Ebd. Kap. 5-6
(9)  John Ruskin: The Crown of Wilde Olive. Traffic.
(10)  Zit. nach: George P. Landow: Ruskin. Kap. 3.
(11) Seine Beschäftigung mit Fragen der politischen Ökonomie zeigt, dass Ruskin versuchte, seinem Abscheu vor dem Kapitalismus eine solidere Grundlage zu verleihen. Allerdings warf er dabei zusammen mit der laissez faire - Ideologie auch gleich die wissenschaftlichen Erkenntnisse Smiths und Ricardos über Bord, für die seine eigenen Überlegungen, die statt der Produktion den Konsum ins Zentrum rückten, keinen wirklichen Ersatz zu bieten vermochten.
(12) John Ruskin: Unto This Last: Ad Valorem.
(13) John Ruskin: The Nature of Gothic. S. 17f.; 22; 22f.; 29; 19f.; 23.
(14) William Morris: Preface to The Nature of Gothic by John Ruskin.
(15) John Ruskin: Die zwei Pfade. Modernes Handwerk und moderner Entwurf. In: Gisela Hönnighausen (Hg.): Die Präraffaeliten. Dichtung, Malerei, Ästhetik, Rezeption. S. 65.
(16) Zit. nach: Paul Mitchell: The contradictory legacy of John Ruskin’s artistic and social critique.
(17) George P. Landow: The Aesthetic and Critical Theories of John Ruskin. Kap. 4-1.
(18) John Ruskin: Fors Clavigera. Bd. 1. S. 226.
(19) Zit. nach: George P. Landow: The Aesthetic and Critical Theories of John Ruskin. Kap. 4-3.
(20) John Ruskin: Fors Clavigera. Bd. 1. S. 97.
(21) George P. Landow: Ruskin. Einleitung. 
(22)  William Morris: How I Became a Socialist.