Nnedi Okorafor gewann im letzten Jahr mit Who Fears Death den World Fantasy Award in der Kategorie ‘Bester Roman’. Eigentlich ein Grund zum Feiern, ist sie doch die erste farbige Schriftstellerin, die diese seit 1975 vergebene Auszeichnung erhalten hat. Doch leider besitzt der Preis die Gestalt einer Lovecraft-Büste, und nachdem ein Freund ihr Lovecrafts widerliche Reimerei On the Creation of Niggers gezeigt hatte, wusste die amerikanisch-nigerianische Autorin nicht mehr so recht, wie sie mit der Auszeichnung umgehen sollte. Im Verlauf der Diskussion, die sich daraufhin sowohl auf ihrer eigenen Website als auch im World SF Blog und auf Facebook entfaltete, meldeten sich eine ganze Reihe SF&F - Schriftstellerinnen & Schriftsteller zu Worte, u.a. Nalo Hopkinson, Will Shetterly, Emma Bull, Jeff VanderMeer, Athena Andreadis und Darrell Schweitzer. China Miéville, der den Preis 2010 mit The City & The City gewonnen hatte, ließ seine Gedanken Nnedi Okorafor persönlich zukommen, und Silvia Moreno-Garcia, Herausgeberin der Anthologien The Historical Lovecraft & The Future Lovecraft, postete einen entsprechenden Artikel in ihrem Blog. Unter den deutschsprachigen Phantastik-Bloggern äußerte sich ‘Anubis’ von Lake Hermanstadt (als einziger?) zu dem Thema.
Dass Lovecraft ein wirklich bösartiger Rassist und Antisemit gewesen ist, dürfte kein Geheimnis sein. Manche entschuldigen dies mit den Verhältnissen seiner Zeit oder mit der eigentümlichen Persönlichkeit des Schriftstellers. Tatsächlich ist dieser zwar nie der weltfremde Eremit gewesen, den die Legende aus ihm gemacht hat, aber man muss in ihm zweifellos einen Exzentriker mit nicht geringen psychischen Problemen sehen, der sich schwer damit tat, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Doch solche Argumente – selbst wenn sie stichhaltig wären – helfen wenig angesichts der Tatsache, dass Lovecrafts Rassismus in beinahe seinem ganzen literarischen Werk deutlich sichtbare Spuren hinterlassen hat. Die extremsten Beispiele dürften The Horror at Red Hook und Medusa’s Coil sein, aber im Grunde stößt man in jeder zweiten Story – von Herbert West bis Haunter of the Dark – auf entsprechende Passagen. China Miéville schreibt in seiner Antwort an Nnedi Okorafor: "Yes, indeed, the depth and viciousness of Lovecraft’s racism is known to me …It goes further, in my opinion, than ‘merely’ *being* a racist - I follow Michel Houellebecq (in this and in no other arena!) in thinking that Lovecraft’s oeuvre, his work itself, is inspired by and deeply structured with race hatred. As Houellebecq said, it is racism itself that raises in Lovecraft a ‘poetic trance’."
Ich frage mich allerdings, ob nicht auch eine Gefahr darin besteht, wenn man sich gar zu sehr auf das rassistische Element konzentriert und es dabei aus dem Gesamtzusammenhang von Lovecrafts Weltsicht löst. Dabei droht der Rassismus zu einer Art Mischung aus persönlicher Marotte und überhistorischem Phänomen zu werden. Bei einer solchen Herangehensweise kann es leicht passieren, dass man seine gesellschaftlichen Wurzeln aus den Augen verliert. So gibt ‘Anubis’ (völlig zurecht) zu bedenken, dass über dem abstoßend offenen Rassenhass Lovecrafts oft vergessen werde, wie weit verbreitet rassistische Einstellungen in der frühen Fantasy waren, und schreibt: "Lange vor der US-amerikanischen Pulp-Fantasy bejubelten Rudyard Kipling, Arthur Conan Doyle und H. Rider Haggard in ihren Lost-Race-Geschichten den europäischen Kolonialismus und Imperialismus." Das ist zwar völlig richtig, dennoch finde es etwas irreführend, wenn man diese Art von Rassismus mit der Lovecrafts gleichsetzt. Nicht weil sie weniger schlimm gewesen wäre, sondern weil sie sich in wichtigen Teilen aus einer ganz anderen Quelle speiste. Conan Doyles und H. Rider Haggards Abenteuergeschichten spiegeln sehr deutlich die Ideologie des britischen Imperialismus wider, und Kipling gilt ja nicht umsonst als der ‘Barde des Kolonialismus’. Dasselbe lässt sich kaum über Lovecraft sagen, auch wenn er insbesondere während des 1. Weltkriegs einige Lobeshymnen auf das Empire verfasste. Sein Rassismus hatte nur sehr wenig mit Kolonialismus, mit ‘Außenpolitik’, dafür jedoch um so mehr mit den Entwicklungen in der US-amerikanischen Gesellschaft, mit ‘Innenpolitik’, zu tun.
Ich frage mich allerdings, ob nicht auch eine Gefahr darin besteht, wenn man sich gar zu sehr auf das rassistische Element konzentriert und es dabei aus dem Gesamtzusammenhang von Lovecrafts Weltsicht löst. Dabei droht der Rassismus zu einer Art Mischung aus persönlicher Marotte und überhistorischem Phänomen zu werden. Bei einer solchen Herangehensweise kann es leicht passieren, dass man seine gesellschaftlichen Wurzeln aus den Augen verliert. So gibt ‘Anubis’ (völlig zurecht) zu bedenken, dass über dem abstoßend offenen Rassenhass Lovecrafts oft vergessen werde, wie weit verbreitet rassistische Einstellungen in der frühen Fantasy waren, und schreibt: "Lange vor der US-amerikanischen Pulp-Fantasy bejubelten Rudyard Kipling, Arthur Conan Doyle und H. Rider Haggard in ihren Lost-Race-Geschichten den europäischen Kolonialismus und Imperialismus." Das ist zwar völlig richtig, dennoch finde es etwas irreführend, wenn man diese Art von Rassismus mit der Lovecrafts gleichsetzt. Nicht weil sie weniger schlimm gewesen wäre, sondern weil sie sich in wichtigen Teilen aus einer ganz anderen Quelle speiste. Conan Doyles und H. Rider Haggards Abenteuergeschichten spiegeln sehr deutlich die Ideologie des britischen Imperialismus wider, und Kipling gilt ja nicht umsonst als der ‘Barde des Kolonialismus’. Dasselbe lässt sich kaum über Lovecraft sagen, auch wenn er insbesondere während des 1. Weltkriegs einige Lobeshymnen auf das Empire verfasste. Sein Rassismus hatte nur sehr wenig mit Kolonialismus, mit ‘Außenpolitik’, dafür jedoch um so mehr mit den Entwicklungen in der US-amerikanischen Gesellschaft, mit ‘Innenpolitik’, zu tun.
Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) entstammte einer wohlhabenden und alteingesessenen Familie aus Providence, Rhode Island, die jedoch nach dem Tod des Großvaters Whipple van Buren Philipps im Jahre 1904 einen plötzlichen wirtschaftlichen Niedergang erlebte. Die ‘Vertreibung’ aus dem palastartigen Familiensitz und der Verlust der sozialen Stellung waren für den vierzehnjährigen Jungen offenbar traumatische Erlebnisse, die er in seinem Unterbewusstsein mit dem Ende der unbeschwerten Kindheit verband. Hierin mögen die psychologischen Wurzeln seines extremen Konservatismus zu suchen sein. Jedenfalls sah er sich Zeit seines Lebens als Vertreter einer kultivierten Aristokratie, die von der ‘rohen Masse’ und den bourgeoisen Geschäftemachern aus ihrer angestammten Stellung an der Spitze der Gesellschaft verdrängt worden war. Als Gegenentwurf zu dieser ‘bösen’ Moderne diente ihm ein idealisiertes Bild des kolonialen Neuenglands vor der Amerikanischen Revolution. Im Zentrum seines Denkens stand der Begriff der Zivilsation, dem er eine ausgesprochen elitäre Bedeutung verlieh: „All I care about is the civilisation – the state of development and organisation which is capable of gratifying the complex mental-emotional-aesthetic needs of highly evolved and acutely sensitive men." (1) Unter ‘Zivilisation’ verstand er also eine Gesellschaftsordnung, die es einer kleinen Gruppe besonders ‘hochentwickelter’ Menschen erlaubt, ein komfortables und von allen materiellen Sorgen befreites Leben zu führen, damit sie sich ganz den Künsten und Wissenschaften widmen können. Diese kultivierte Elite braucht selbstverständlich eine folgsame Arbeitermasse, die ihr alle primitiven und körperlichen Arbeiten abnimmt und die materiellen Grundlagen für ihr ästhetisches Dasein schafft. Diese ohnehin stets zerbrechliche Ordnung sah er von zwei Seiten bedroht. Auf der einen standen die Kapitalisten – an nichts anderem interessiert als an ihrem Profit –, die die Kultur zu einem Geschäft und die Kunst zu einem Vergnügungsartikel gemacht hatten. Auf der anderen der Pöbel, der unter der roten Fahne des Sozialismus aufzubegehren und die Welt in das blutige Chaos der Anarchie zu stürzen drohte.
Ganz sicher teilte Lovecraft von Beginn an die rassistischen Vorurteile der ‘angelsächsischen’, protestantischen Elite Neuenglands, und sein Selbstbild als ‘misshandelter’ Gentleman führte außerdem dazu, dass er sich mit der alten Sklavenhalteraristokratie des Südens identifizierte. So verfasste er u.a. ein Gedicht über die ‘Verbrechen’ des Abolitionismus (De Triumpho Naturae) und einen panegyrischen Heldengesang auf General Lee, den Oberkommandierenden der Konföderierten im Bürgerkrieg. (2) Doch so wichtig diese Elemente auch sein mögen, der wirklich entscheidende Faktor, der die zentrale Bedeutung des Rassismus in Lovecrafts Weltsicht und Kunst erklärt, erschließt sich uns meiner Meinung nach erst, wenn wir uns seinen zahllosen hysterischen Ausfällen gegen die Immigranten zuwenden. Betrachten wir etwa die folgenden Zeilen aus seinem 1916 verfassten Gedicht An American to Mother England:
What man that springs from thy untainted line
But sees Columbia’s virtues all as thine?
Whilst nameless multitudes upon our shore
From the dim corners of creation pour,
Whilst mongrel slaves crawl hither to partake
Of Saxon liberty they could not make,
From such an alien crew in grief I turn,
And for the mother’s voice of Britain burn.
Die angelsächsische ‘Rasse’ bildete für Lovecraft die Basis der traditionellen amerikanischen Gesellschaft, und im Umkehrschluss wurden die ‘fremdstämmigen’ Einwanderer für ihn zur Verkörperung all jener Kräfte, die diese Ordnung zu untergraben und zu vernichten drohten. Und das nicht ohne Grund. Die mehrheitlich aus Ost- und Südeuropa stammenden Immigranten, von denen zwischen 1900 und 1914 jährlich durchschnittlich 890.000 in die Vereinigten Staaten strömten, bildeten einen hohen Prozentsatz der in der immer rasanter wachsenden Industrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen. Nicht zufällig steht in Upton Sinclairs Klassiker The Jungle die litauische Einwandererfamilie Rudkus stellvertretend für die amerikanische Arbeiterklasse.
Im selben Jahr 1912, in dem Lovecraft erstmals eines seiner Gedichte veröffentlicht bekam (3), erschütterte ein Ereignis Neuengland, das ausgezeichnet dazu geeignet ist, Licht auf die Bedeutung des lovecraftschen Rassismus zu werfen: Der große Textilarbeiterstreik von Lawrence. Die Männer und Frauen, die für einen Hungerlohn in den Textilfabriken von Massachusetts schufteten und im Januar in den Ausstand traten, waren praktisch alle Immigranten – ein buntes Gemisch aus Italienern, Armeniern, Syrern, osteuropäischen Juden, Frankokanadiern, Polen, Letten, Belgiern usw. Bei der Organisation des Arbeitskampfes, der mehrere Monate dauerte und zu dessen Niederschlagung sogar die Miliz des Bundesstaates mobilisiert wurde, spielten die revolutionär-syndikalistischen Industrial Workers of the World (IWW) eine führende Rolle. Mit ‘Big Bill’ Haywood, einem der bekanntesten militanten Arbeiterführer der Zeit, und Elizabeth Gurley Flynn, der führenden Frauenorganisatorin der ’Wobblies’ an der Ostküste, standen zwei ihrer bedeutendsten Vertreter in Lawrence an vorderster Front. Der erfolgreiche Streik war ein großartiges Beispiel für Arbeitersolidarität über alle nationalen, sprachlichen und religiösen Schranken hinweg. Die bürgerliche Öffentlichkeit sah das freilich etwas anders. Sie erblickte in ihm die Revolte eines ungebildeten, ausländischen Pöbels, der von skrupellosen Demagogen aufgehetzt worden war. John Bruce McPherson schrieb in seiner Darstellung der Ereignisse, die im Bulletin of the National Association of Wool Manufacturers – dem Presseorgan der Textilfabrikanten – veröffentlicht wurde: "Unable to read or to speak the English language, these people are nevertheless great consumers of European revolutionary literature. Unacquainted with our customs; possessing ideals and views of life radically different from ours; of a highly excitable temperament; natives of countries where no representative government exists, and where revolutionary intrigue is a daily occupation, they furnished a fine field for operations by a bold, able, and commanding set of revolutionary leaders."
Wenn Lovecraft über die ‘nameless multitudes’ der Immigranten herzog, meinte er damit immer auch den ‘Mob’, die Arbeiterklasse, im allgemeinen.
Die Russische Revolution von 1917 und der Widerhall, den sie weltweit fand, trieben seine Ängste schließlich bis zur Hysterie. 1919 war ein ausgesprochen stürmisches Jahr in der Geschichte Nordamerikas. Eine gewaltige Welle von Streiks erschütterte den Kontinent von Küste zu Küste, nicht selten initiiert von einfachen Gewerkschaftsmitgliedern gegen den Willen der konservativen Führung der AFL (American Federation of Labor), die während des Krieges einen Burgfrieden mit der Regierung geschlossen hatte. Im Februar und Juni/Juli kam es zu Generalstreiks in Seattle und im kanadischen Winnipeg. Im letzteren Fall übernahm das zentrale Streikkomitee für über einen Monat faktisch die uneingeschränkte Kontrolle über die Stadt. Der Gegenangriff ließ nicht lange auf sich warten. Kaum war der Krieg in Europa zu Ende, da holte die US-Regierung zum vermeintlichen Vernichtungsschlag gegen die radikale Linke aus, dabei auf die patriotische Stimmung im Lande vertrauend und auch die Unterstützung des Lynchmobs nicht verachtend. ‘Wobblies’, Linkssozialisten und Kommunisten wanderten in großer Zahl in die Gefängnisse. Im Verlauf der berüchtigten Palmer Raids wurden zwischen 1919 und 1921 insgesamt ungefähr 10.000 ‘Rote’ verhaftet. Radikale ausländischer Herkunft schob man kurzerhand als ‘unerwünschte Fremde’ ab. Gleichzeitig entsandte Präsident Wilson Interventionstruppen nach Sibirien, um den weißgardistischen Diktator Aleksandr Koltschak in seinem Kampf gegen die Bolschewiki zu unterstützen. Die Kommunistischen Parteien der USA sahen sich direkt nach ihrer Gründung 1919 gezwungen, in den Untergrund zu gehen. Dasselbe Jahr erlebte einen Ausbruch von blutigen Rassenunruhen überall im Land. Der 1915 wiedergegründete Ku Klux Klan und andere rassistische Terrororganisationen leisteten ganze Arbeit. Was die Verteidiger der Jim Crow - Ordnung besonders in Rage versetzte war die Tatsache, dass die Schwarzen sich immer selbstbewusster gegen Übergriffe ihrer Unterdrücker zur Wehr setzten und nicht länger davor zurückschreckten, dabei auch selbst zur Waffe zu greifen. Als man ihre Führer daraufhin als ‘Bolschewisten’ beschimpfte, veranlasste das die radikale Zeitung Crusader zu der Erwiederung: "Wenn jeder, der für seine Rechte kämpft, ein Bolschewist ist, dann sind wir Bolschewisten, und sie können es damit halten, wie sie wollen." (4)
Derweil sich die amerikanische Presse tagtäglich in neuen Schreckensmeldungen über die allgegenwärtige ‘rote Gefahr’ überschlug, schrieb Lovecraft die kurze Erzählung The Street , in der er seine Sicht der amerikanischen – vorzugsweise neuenglischen – Geschichte und Gegenwart anhand des allegorischen Schicksals einer Straße darlegt. Die Erbauer sind natürlich die Angelsachsen, "men of strength and honour ... good valiant men of our blood who had come from the Blessed Isles across the sea.". Zu Beginn ist alles hübsch, reinlich und kultiviert, aber der Zerfall dieses Idylls lässt nicht lange auf sich warten. Die Amerikanische Revolution – Emersons "shoot heard round the world" – wird mit wenigen Worten als eine kaum erwähnenswerte Unterbrechung im gemächlichen Fluss der Zeit abgetan: "Though men talked of great changes, the Street felt them not". Bald darauf beginnt der Niedergang. Die Menschen fangen an, den edlen Geist der alten Straße zu vergessen. Die schönen Bäume sterben nach und nach ab, die hübschen Rosengärten verwildern. Von der Zweiten Revolution – dem Bürgerkrieg – erfahren wir lediglich, dass junge Männer in blauer Uniform aus der Stadt marschieren, um in den Kampf zu ziehen. Wofür sie kämpfen, ist offenbar uninteressant. Lovecrafts Sympathien gehörten halt nicht Lincoln und den Yankees, sondern General Lee und den Sklavenhaltern. Derweil setzt sich der Verfall immer weiter fort: "With the years, worse fortune came to the Street. Its trees were all gone now, and its rose-gardens were deplaced by the backs of cheap, ugly new buildings on parallel streets." Und schließlich tauchen die Immigranten auf: "New kinds of faces appeared in the Street, swarthy, sinister faces with furtive eyes and odd features, whose owners spoke unfamiliar words and placed signs in known and unknown characters upon most of the musty houses. Push-carts crowded the gutters. A sordid, undefinable stench settled over the place, and the ancient spirit slept." Der Weltkrieg verspricht, noch einmal den alten Geist wiederzubeleben, als die amerikanischen Jungs sich aufmachen, dem "Motherland" in seinem "titanic struggle for civilization" jenseits des Meeres beizustehen. Doch die finsteren Ausländer planen bereits Übles und haben inzwischen auch einige ‘echte’ Amerikaner zur Mitarbeit bei ihrem infernalischen Vorhaben verführt:
"Swarthy and sinister were most of the strangers, yet among them one might find a few faces like those who fashioned the Street and moulded its spirit. Like and yet unlike, for there was in the eyes of all a weird, unhealthy glitter as of greed, ambition, vindictiveness, or misguided zeal. Unrest and treason were abroad amongst an evil few who plotted to strike the Western Lands its death blow, that they might mound to power over its ruins, even as assassins had mounted in that unhappy, frozen land from which most of them had come."
Da haben wir sie also, die fürchterliche bolschewistische Revolution! Die geheimen Versammlungsorte der subversiven Schurken tragen so klangvolle Namen wie „Rifkin’s School of Modern Economics" (5), „Circle Social Club", „Liberty Cafe" oder „Petrovich’s Bakery". Dort hocken sie nun im dunklen Kämmerchen, die Terroristenführer, und planen das große Gemetzel und „the extermination of America and of all the fine old traditions": "Handbills and papers flittered about filthy gutters; handbills and papers printed in many tongues and in many characters, yet all bearing messages of crime and rebellion. In these writings the people were urged to tear down the laws and virtues that our fathers had exalted, to stamp out the soul of the old America – the soul that was bequeathed through a thousand and a half years of Anglo-Saxon freedom, justice and moderation. It was said that the swart men who dwelt in the Street and congregated in its rotting edifices were the brains of a hideous revolution, that at their word of command many millions of brainless, besotted beasts would stretch forth their noisome talons from the slums of a thousand cities, burning, slaying and destroying till the land of our fathers should be no more."
Als zu allem Überfluss auch noch die Polizisten das Interesse an „law and order" verlieren und nicht mehr zum Dienst antreten, scheint die Katastrophe unausweichlich. Doch kurz bevor die Revolution ausbricht geschieht ein Wunder: Die Häuser stürzen plötzlich in sich zusammen und begraben das ganze revolutionäre Lumpenpack unter sich. Die Straße selbst hat ihre Feinde zerschmettert. Amerika und die westliche Zivilisation sind gerettet. Amen.
Wenn die Story nicht in den USA, sondern in Deutschland spielen würde, Adolf Hitler hätte sie sicher gefallen. Nur die Judennasen fehlen bei der Beschreibung der dunkelhäutigen, übelriechenden und Revolutionen ausheckenden Bande. Freilich war es in bürgerlichen Kreisen seit jeher üblich gewesen, den Sozialismus als eine ‘unamerikanische’ Idee zu betrachten, die von ausländischen Agitatoren in die gesegneten Gefilde der USA eingeschleppt wurde. Lovecrafts Geschichte unterschied sich in dieser Hinsicht nicht wesentlich von der allgemeinen antikommunistischen Hetze des Jahres 1919. (6)
The Street wurde inspiriert vom Streik der Bostoner Polizisten im September/Oktober 1919, die für höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, bessere Arbeitsbedingungen, vor allem aber für das Recht kämpften, sich gewerkschaftlich organisieren zu dürfen. (7) Nachdem Police Comissioner Curtis sich geweigert hatte, irgendwelche Vorkehrungen für den sich abzeichnenden Streik zu treffen, war es am ersten Tag der Arbeitsniederlegung zu Unruhen und Plünderungen gekommen. Dass Gouverneur Coolidge und sein Untergebener Curtis es ganz bewusst zu Chaos und Gewalt hatten kommen lassen, lässt sich zwar nicht beweisen, doch in der Autobiographie des späteren US-Präsidenten findet sich dazu eine vielsagende Passage. Coolidge schreibt dort, dass die rechtzeitige Mobilisierung der Garde „probably would have saved some property, but would have decided no issue. In fact it would have made it more difficult to maintain the position Mr. Curtis had taken, and which I was supporting, because the issue was not understood, and the disorder focused public attention on it, and showed just what it meant to have a police force that did not obey orders." Die amerikanische Bevölkerung sollte offenbar eine Lektion in Sachen ‘Anarchie’ erteilt bekommen. In Seattle und Winnipeg hatte der Generalstreik nicht zum prophezeiten Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung geführt. Vielmehr hatten die Arbeiterorganisationen bewiesen, dass sie ein Gemeinwesen leiten und organisieren konnten. In Boston nun endlich zeigte die ‘Revolution’ ihre blutige Fratze. Und Politiker wie Presse wussten dies trefflichst auszuschlachten. Senator Henry L. Myers verkündete zwei Tage nach Ausbruch des Streiks, "that a Soviet government will be established in the United States before the next presidential elections unless firm action is taken. He called upon Congress to defeat all attempts to unionize the police force of the national capital, declaring that if such unionization is permitted, the police forces in every city and town of more than 2000 population will be unionized within sixty days, that such unionization will be followed by the unionization of the Army and Navy, and that immediately thereafter the Soviet government will be established ... The police strike in Boston will be followed by other strikes ... He intimated that some powerful force was behind the attempts of police in fifty cities to affiliate with labor unions."
Die Presse stieß ins selbe Horn und veröffentlichte einen hysterischen Leitartikel nach dem anderen. Die Los Angeles Times schrieb: „No man's house, no man's wife, no man's children, will be safe if the police force is unionized and made subject to the orders of the Red Unionite bosses." Der Philadelphia Public-Ledger legte nach: „Bolshevism in the United States is no longer a specter. Boston in chaos reveals its sinister substance." Präsident Wilson schließlich erklärte den Streik in dem ihm eigenen predigerhaften Tonfall zu einem „crime against civilization."
Lovecraft teilte voll und ganz diese apokalyptische Sicht der Dinge. Der Tag, an dem der Schutzmann an der Ecke plötzlich nicht mehr da war, schien ihm der Vorabend des Weltuntergangs zu sein. In einem Brief an den jungen Dichter Frank Belknap Long schrieb er später: "Last fall it was grimly impressive to see Boston without bluecoats, and to watch the musket-bearing State Guardsmen [die als Ersatz für die streikenden Polizisten dienten] patrolling the streets as though military occupation were in force. They went in pairs, determined-looking and khaki-clad, as if symbols of the strife that lies ahead in civilisation's struggle with the monster of unrest and bolshevism."
Lovecrafts giftige Mischung aus Rassismus und Antikommunismus war in den Vereinigten Staaten der Nachkriegszeit keineswegs besonders exzentrisch. Vielmehr war er damit Teil einer breiten rechtsradikalen Strömung unter amerikanischen Intellektuellen, deren wohl bekanntester Vertreter der Eugeniker und Rassentheoretiker Lothrop Stoddard war – kein obskurer Außenseiter, sondern ein anerkannter Harvard-Akademiker, zu dessen Bewunderern u.a. zwei Präsidenten (Warren Harding & Herbert Hoover) gehörten. Sein 1920 erschienenes Buch The Rising Tide of Colour ist eines der Standardwerke des weißen Rassismus. In Bezug auf Lovecraft von weit größerem Interesse ist allerdings sein zwei Jahre später veröffentlichtes Werk The Revolt Against Civilzation: The Menace of the Under-Man.
Stoddard ging es in erster Linie um eine ‘wissenschaftliche’ Legitimation der Klassenunterschiede in der kapitalistischen Gesellschaft, die er auf biologische, genetisch vererbte Grundlagen zurückführte. Die herrschende Elite einer Gesellschaft bestehe stets aus den biologisch am weitesten entwickelten Vertretern einer Rasse, die von Natur aus klüger, fleißiger, energischer seien als die breite Masse der ‘durchschnittlich begabten’. Wichtigstes Ziel einer Gesellschaft und Voraussetzung für ihren Erhalt sei es deshalb, das Erbgut der Elite rein zu halten und möglichst mit eugenischen Mitteln noch zu verbessern. In diesem Zusammenhang attackierte Stoddard einige der grundlegenden Ideen der Aufklärung, so vor allem die Vorstellung, das soziale Umfeld übe einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Individuums aus, wobei er mit seinen Angriffen bis auf John Locke zurückging. Den Hauptfeind aber erblickte er in der infernalischen Idee der Gleichheit.
„We hold these truths to be self-evident, that all men are ceated equal; that they are endowed by their Creator with certain unalienable rights; that among these, are life, liberty, and the pursuit of happiness." Die berühmten Sätze der Unabhängigkeitserklärung von 1776 hatten am Anfang der Geschichte der Vereinigten Staaten gestanden. Stoddard trat dafür ein, dieses Erbe nun endgültig und offiziell über Bord zu werfen. Die Idee der Gleichheit widerspreche nicht nur den Erkenntnissen der modernen Biologie, sie sei vor allem die Parole der ‘Untermenschen’, deren Revolte den Untergang der westlichen Zivilisation herbeizuführen drohe. Begonnen habe dieser Aufstand mit der bolschewistischen Revolution in Russland, und er werde von den Kommunisten nun im Rahmen der Dritten Internationale weltweit vorbereitet.
Die ‘Untermenschen’ bilden den Bodensatz der Gesellschaft. Aufgrund ihres niedrigen biologischen Entwicklungsstandes unfähig, sich in die komplexen Strukturen der Zivilisation einzufügen, und beherrscht von ihren animalischen Trieben, lechzen sie danach, die ihnen verhasste Ordnung zu zerstören und die Welt in das Chaos der Anarchie zu stürzen: „We must realize clearly that the basic attitude of the Under-Man is an instinctive and natural revolt against civilization. [...] Every society engenders within itself hordes of savages and barbarians, ripe for revolt and ever ready to pour forth and destroy." Der Schlachtruf der ‘Untermenschen’ lautet stets ‘Gleichheit’. Alle großen Revolutionen der Vergangenheit – vor allem die Französische zur Zeit der Jakobinerherrschaft – waren solche Revolten der geistig und genetisch Minderbemittelten. Ihr Charakter ist stets derselbe:
"Such upheavals are profoundly terrible. I have described them as ‘atavistic.’ And that is just what they are – ‘throw backs’ to a far lower social plane. The complex fabric of society, slowly and painfully woven, is torn to tatters; the social controls vanish, and civilization is left naked to the assaults of anarchy. In truth, disruption goes deeper still. Not only is society in the grip of its barbarians, but every individual falls more or less under the sway of his own lower instincts. For, in this respect, the individual is like society. Each of us has within him an ‘Under-Man,’ that primitive animality which is the heritage of our human, and even our prehuman, past."
Die Revolution ist nicht nur der Aufstand der Barbaren, der genetisch Wertlosen und Geisteskranken – Stoddard beschreibt die bolschewistischen Führer als einen Haufen von „degenerates, of more or less unsound mind [...] most of them alcoholics, a majority syphilitic, while many [are] drug fiends" –, sie ist zugleich ein atavistischer Rückfall auf eine niedrigere Stufe der kulturellen Entwicklung und eine Entfesselung der primitiven Triebe im Individuum.
Wie Lovecraft kombinierte auch Stoddard seine Tiraden gegen die bolschewistischen Terroristen und ‘Gleichmacher’ mit einem ausgeprägten Rassismus. Bereits im Einleitungskapitel seines Buches teilt er die Menschheit in drei Gruppen ein, dabei das bekannte historische Schema Lewis H. Morgans ‘Wildheit-Barbarei-Zivilisation’ rassistisch umdeutend. An unterster Stelle stehen die „survivals of low-type savage man, such as the Bush-men of South Africa and the Australian ‘Black-fellows,’ [which] have vegetated for countless ages in primeval squalor and seem incapable of rising even to the level of barbarism, much less to that of civilization." Deren schrittweise Ausrottung durch den europäischen Kolonialismus betrachtet der Eugeniker mit unverhohlener Genugtuung: „It is fortunate for the future of mankind that most of these survivals from the remote past are to-day on the verge of extinction. Their persistence and possible incorporation into higher stocks would produce the most depressive and retrogressive results." Ein größeres Problem stellen all jene Rassen dar, die auf der Entwicklungsstufe der Barbarei stehen geblieben sind, denn sie bilden eine ständige Bedrohung für die Zivilisation „To such barbarian stocks belong many of the peoples of Asia, the American Indians, and the African negroes." Wie nicht anders zu erwarten bilden die weißen Europäer – die ‘Arier’ – die Spitze der Evolutionspyramide, auch wenn Stoddard die Errungenschafen vergangener nichteuropäischer Hochkulturen wie Mesopotamien, Ägypten, Indien oder China durchaus anerkennt. Doch deren herrschende Rassen seien längst stagniert oder in fortschreitender Degeneration begriffen. An anderer Stelle nimmt der Autor eine Einteilung der US-amerikanischen Bevölkerung in vier Klassen vor, die mehr oder weniger den Vorstellungen Lovecrafts entsprochen haben dürfte. Es sei wissenschaftlich bewiesen,
"(1) That the old ‘Native American’ stock, favorably selected as it was from the races of northern Europe, is the most superior element in the American population; (2) that subsequent immigrants from northern Europe, though coming from substantially the same racial stocks, were less favorably selected and average somewhat less superior (8); (3) that the more recent immigrants from southern and eastern Europe average decidedly inferior to the north European elements; (4) that the negroes are inferior to all other elements."
Neben der bolschewistischen Revolte der ‘Untermenschen’ stellen die Immigranten die zweite große Bedrohung für die amerikanische Zivilisation und die genetische Reinheit ihrer Elite dar: "To-day, the progress of science may have freed our own civilization from the peril of armed conquest by barbarian hordes; nevertheless, these peoples still threaten us with the subtler menace of ‘pacific penetration.’ Usually highly prolific, often endowed with extraordinary physical vigor, and able to migrate easily, owing to modern facilities of transportation, the more backward peoples of the earth tend increasingly to seek the centres of civilization, attracted thither by the high wages and easier living conditions which there prevail. The influx of such lower elements into civilized societies is an unmitigated disaster. It upsets living standards, socially sterilizes the higher native stocks, and if (as usually happens in the long run) interbreeding occurs, the racial foundations of civilization are undermined, and the mongrelized population, unable to bear the burden, sinks to a lower plane."
Der moderne Rassismus hat stets in einer innigen Verbindung zur Verteidigung der sozialen Ungleichheit in der bürgerlichen Gesellschaft gestanden. Die Grundzutaten, aus denen Stoddard sein übelschmeckendes Gebräu zusammengemixt hat, sind deshalb altbekannt. Originell an seinem Machwerk ist höchstens die Heranziehung moderner ‘wissenschaftlicher’ Methoden wie des Intelligenztests, der damals gerade in Mode kam und während des Weltkriegs von dem Psychologen Robert Yerkes in großem Umfang in der US-Armee durchgeführt worden war. Außerdem stattete Stoddard sein Buch mit umfangreichem ‘Quellenmaterial’ über den Roten Terror in Russland aus. Wie dem auch sei – für das Amerika der 20er Jahre war Revolt against Civilization ohne Zweifel das klassische Manifest rechtsradikalen Denkens, und mit seiner pseudowissenschaftlichen Aufmachung kommt es Lovecrafts eigener Weltanschauung sehr nahe. Stoddard ist keine angenehme Lektüre, aber ich denke, durch ihn versteht man sehr viel besser die Ängste, die Lovecraft quälten und seinem ganzen Ouevre zugrundeliegen, insbesondere seinem berühmten Cthulhu-Mythos.
(1) H.P. Lovecraft: Selected Letters. Bd. II. S. 290. Zit. nach: S.T. Joshi: H. P. Lovecraft.
(2) Von hier führt ein direkter Weg zu der 1930 im Auftrag von Zealia Bishop ‘überarbeiteten’ (d.h. hauptsächlich von Lovecraft selbst verfassten) Story Medusa’s Coil.
(3) In dem er nebenbei bemerkt eine Bewegung italienischstämmiger Bürger von Providence verspottete.
(4) Zit. nach: John Hope Franklin & Alfred A. Moss, Jr.: Von der Sklaverei zur Freiheit. Die Geschichte der Schwarzen in den USA. S. 497.
(5) Eine Anspielung auf die sozialistische Rand School of Social Science in New York, die im Sommer 1919 einer Großrazzia durch das Lusk Comitee unterzogen worden war?
(6) Man braucht sich bloß zeitgenössische Zeitungskarrikaturen anzuschauen: (1), (2), (3), (4), (5), (6), (7), (8)
(7) Dass einer der Treffpunkte der Revolutionäre den Namen Circle Social Club trägt, könnte eine Anspielung auf den Boston Social Club sein, der im Zusammenhang mit dem Polizistenstreik eine wichtige Rolle spielte. Dieser war allerdings kein Hauptquartier ausländischer Bolschewisten, sondern eine bruderschaftliche Vereinigung, die 1906 von Police Comissioner Stephen O’Meara gegründet worden war. Die folgenden Zitate stammen aus Zachary M. Schrags Nineteen Nineteen: The Boston Police Strike in the Context of American Labor.
(8) Da Lovecrafts Vorfahren väterlicherseits nicht zu den ersten Einwanderern gehört hatten (im Unterschied zur mütterlichen Linie der Philippses, die sich beinahe bis zur Mayflower zurückverfolgen ließ), hätte er Stoddard in diesem Punkt sicher nicht zugestimmt. Eine frische Dosis urenglischen Blutes hatte die Ahnenreihe seiner Ansicht nach eher aufgewertet.
Bin bisher leider nicht dazu gekommen, den Doppelpost sorgfältig zu lesen und habe ihn nur überflogen. Dennoch eine kurze Anmerkung.
AntwortenLöschenDu schreibst, meine Aussage über den (imperialistischen) Rassismus von Kipling & Co. sei »zwar völlig richtig, dennoch finde es etwas irreführend, wenn man diese Art von Rassismus mit der Lovecrafts gleichsetzt«. Ich wollte in meinem Blogpost keine Gleichsetzung in diesem Sinne vornehmen, was vielleicht nicht deutlich genug wurde. Mir ist schon klar, dass rassistische Ideologien sich je nach Kontext aus recht unterschiedlichen Quellen speisen können. Betonen wollte ich aber, dass die Fantasy insgesamt in ihrer Geschichte und bis in die Gegenwart von Rassismus durchtränkt ist — der je nach Einzelfall sehr unterschiedlich sein kann und auch entsprechend analysiert werden muss, klar.
Rassismus ist gewiss kein überhistorisches Phänomen. Wenn man ihn historisch eingrenzen will, muss man m.E. aber schon einen ziemlich großen Rahmen ziehen: Ich bin der Ansicht, dass Rassismus seit ca. 500 Jahren dazu beiträgt, Verhältnisse von Ungleichheit und Ausbeutung zu organisieren. Rassismus in diesem Sinne ist epistemische Geopolitik, durch die bestimmt wird, welche Menschen an welchen Orten zu »homogenen« Gruppen zusammengeschweißt werden und ausgeplündert, versklavt oder sonstwie als Subalterne behandelt werden dürfen. Diese epistemische Geopolitik kann je nach historischem Kontext »außenpolitisch« (imperialistisch) oder »innenpolitisch« (wie du es in deinem Post beschreibst) auftreten. Zentral ist in beiden Varianten (gibt sicher auch noch andere), dass rassistische Ideologie zur Verbreitung von Wissen dient — eben Wissen darüber, welche Bevölkerungsgruppen diskriminiert, zur Sklavenarbeit gezwungen oder auf andere Art unterworfen werden dürfen. Mir ist wichtig zu betonen, dass jede Form von Rassismus (sofern man diesen nicht rein als Vorurteil analysieren will) diese Funktion hat, die letztlich ja den Zusammenhang von Rassismus und (Re-)Produktionsverhältnissen darstellt.
Das wie gesagt nur zur Erklärung meiner knappen Aussage. Bitte nicht als Plädoyer gegen solche notwendigen, detaillierten Einzelanalysen verstehen, wie du sie hier mit HPL machst.
Sei gegrüßt Anubis!
LöschenEs tut mir leid, dass ich solange nicht auf Deinen Kommentar reagiert habe.
Ich wollte Dir keineswegs unterstellen, dass Du Dir nicht im Klaren darüber bist, dass es unterschiedliche Quellen für Rassismus gibt. Gerade im Zusammenhang mit Lovecraft ist es mir jedoch wichtig, klarzustellen, dass sein Rassismus letztlich nur das Symptom einer sehr viel umfassenderen Weltanschauung ist, die mit Kolonialismus etc. nichts oder nur sehr wenig zu tun hat. Die gleiche Weltsicht könntest Du z.B. auch in seinem berühmten Kosmizismus finden, ganz ohne 'Neger' und 'Mischlinge'.
Entchuldige meine Unwissenheit, aber was soll 'epistemische Geopolotik' sein und was habe ich mir unter 'Reproduktionsverhältnissen' vorzustellen? Auf den ersten Blick habe ich das Gefühl, Du würdest Klassenausbeutung mit Rassenunterdrückung verwechseln. Es sind keineswegs nur sog. ethnische Minderheiten, die ausgebeutet werden. Andererseits gehören sehr wohl Vertreter dieer Minderheiten zur Elite. Ein Blick auf den aktuellen Chef im Weißen Haus sollte ausreichen, um das zu beweisen.
Wichtig ist mir vor allem, dass dem Rassismus eine nachgeordnete Funktion zukommt. In erster Linie geht es um die Verteidigung von Klassenunterschieden, und der Rassismus ist lediglich eine der ideologischen Waffen, die dieser Verteidigung dienen.
Das war jetzt auch etwas hastig hingekritzelt. Es ist bereits verflucht spät, aber ich wollte endlich eine (wenn auch ungenaue) Antwort geben. Auf jedenfall freue ich mich über jeden Kommentar!
Ciao, Raskolnik!
Ganz ehrlich Raskolnik das was Du hier schreibst wird sogut wie keiner kennen aber H.P. Lovecrafts Werke wird man noch in hunderten von Jahren nennen.
AntwortenLöschenWar der Reim eigentlich beabsichtigt? Putzig ... Davon abgesehen kann ich mich nicht erinnern, irgendwo geschrieben zu haben, Lovecrafts Werk werde oder solle in Vergessenheit geraten.
LöschenHallo Raskolnik,
AntwortenLöschenvielen Dank für die aufschlußreiche Analyse. Der Text hat mir sehr gut gefallen. Der Revolutionsaspekt in 'Die Berge des Wahnsinns' hat für jetzt eine weitere Bedeutungsebene hinzubekommen.
Hallo!
LöschenIch habe mich zu bedanken. Feedback ist stets äußerst willkommen, und natürlich freut es mich sehr, wenn jemand tatsächlich einen Gewinn für sich aus meinen Schreibereien zu beziehen vermag.
Über "At the Mountains of Madness" sollte ich bei Gelegenheit vielleicht auch noch mal was schreiben. Nicht nur wegen des Revolutionsmotivs, sondern auch, weil Lovecraft hier ja (ähnlich wie in "The Shadow Out Of Time") so etwas wie eine gesellschaftliche Utopie entwirft. Außerdem habe ich die "Berge des Wahnsinns" auf ihre Art eigentlich sehr gern.
Grüße!
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AntwortenLöschento write a littlle comment to support you.
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