"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Samstag, 27. September 2014

Strandgut der Woche


Dienstag, 23. September 2014

"There are demons, and they are more terrible than we can imagine"

Ich glaube, ich bin zum ersten Mal durch den Blogeintrag "Solstice shenanigans" auf Helen Grant aufmerksam geworden. Wenn ich mich recht entsinne, hatte Jim Moon via Twitter auf ihn verlinkt. In ihm erzählt die Schriftstellerin von einer mysteriösen Entdeckung, die sie vor Jahren an einem 22. Juni (dem Tag nach der Sommersonnenwende) in den Wäldern nahe der Alten Burg bei Bad Münstereifel gemacht hatte. Was mich daran faszinierte war allerdings weniger die besagte Entdeckung, auch wenn die Vorstellung, stundenlang durch die Wälder zu streifen und dabei über alte Ruinen und geheimnisvolle Steinkreise zu stolpern, sehr glückliche Erinnerungen aus meiner Jugendzeit in mir weckte. Der entscheidende Punkt war vielmehr, dass Helen Grant in diesem Zusammenhang erwähnt, ihr erster Roman The Vanishing of Katharina Linden sei von den Volkssagen der Eifelregion inspiriert worden.
The book is about a series of disappearances that occur in this beautiful but seemingly sleepy little town; the heroine, Pia Kolvenbach, and her friend Stefan are inspired to investigate by the legends of the town, which suggest to them that there is some supernatural explanation behind what is going on. The legends are woven into the narrative and are all genuine local Eifel legends, retold by me.
Ich mag es, wenn Bücher oder Filme Folklore und Fiktion miteinander vermischen, erst recht, wenn die dabei verwendeten Sagen, Überlieferungen oder Bräuche eine spezifisch regionale Verankerung besitzen. Wenn gut recherchiert und gut umgesetzt, kann einer Geschichte damit ein ganz eigener Charakter verliehen werden. Hat es etwas mit Authentizität zu tun? Ich bin mir nicht ganz sicher. Wichtig ist auf jedenfall, dass derartige Sagen unauflöslich mit den jeweiligen Orten verbunden sind. Selbst wenn sie weiter verbreitete Motive aufgreifen {Grant erwähnt z.B., dass die Ruinen der Alten Burg in der Überlieferung mit der Gestalt des Wilden Jägers in Zusammenhang gebracht werden}, verdanken sie ihre konkrete Ausformung doch der Geschichte und Geographie der Landschaft. Diesen Eindruck des organisch Gewachsenen in neu erfundenen "Sagen" nachzuahmen, dürfte äußerst schwer fallen.

Ich bin nicht sofort aufgesprungen, um mir The Vanishing of Katharina Linden zu besorgen, aber mein Interesse war geweckt.

Das nächste Mal bin ich Helen Grants Namen dann in Episode 8 von A Podcast to the Curious begegnet, in der sich Will & Mike mit The Treasure of Abbot Thomas beschäftigen. Wie sich dabei herausstellte, ist die Autorin nicht nur eine große Liebhaberin der unheimlichen Geschichten von M.R. James {stets ein gutes Zeichen!}, sondern verfasst auch in unregelmäßigen Abständen Beiträge für Ghosts & Scholars, als da wären:
Der letzte Eintrag in dieser {möglicherweise unvollständigen} Liste sollte sich als besonders wichtig erweisen. Wie in "Solstice shenanigans" bereits angedeutet, hat Helen Grant eine Zeit lang {um genau zu sein: sieben Jahre} in Bad Münstereifel gelebt. Und von dort ist es nicht gar zu weit bis zu der ehemaligen Prämonstratenserabtei Steinfeld bei Kall, dem Schauplatz von The Treasure of Abbot Thomas. Als echter Monty-Fan unternahm die Schriftstellerin natürlich eine entsprechende Pilgerfahrt {von der sie in besagtem Artikel berichtet}, doch zugleich begann sie sich intensiver mit der faszinierenden Entstehungsgeschichte der Story zu beschäftigen. Im Jahr 1904 hatte M.R. James im Auftrag von Lord Brownlow die mittelalterlichen Buntglasfenster in dessen Herrensitz Ashridge Park katalogisiert und dabei entdeckt, dass es sich bei etlichen von ihnen um die lange verloren geglaubten, von Gerhard Remsich im 16. Jahrhundert geschaffenen Fenster aus dem Kreuzgang von Steinfeld handelte, die im Zuge der Säkularisation 1802 nach England verkauft worden waren. Diese Entdeckung inspirierte ihn zu seiner Geistergeschichte, führte vier Jahre später aber auch zu einer kurzen Korrespondenz mit dem Priester und Lokalhistoriker Nikolas Reinartz. Eine interessante kleine Episode, von der Helen Grant in einem weiteren Artikel – 'Lingering memories of the treasure': How the lost stained glass of Steinfeld was discovered – erzählt. Für die Autorin selbst wurde die Beschäftigung mit den Fenstern von Steinfeld zur Initialzündung für ihren zweiten Roman The Glass Demon:
The story fascinated me for several reasons. I was amazed that something as fragile as stained glass could be removed from the cloister windows without being smashed to smithereens. And I couldn't help thinking that if a second series of windows by the same craftsman were to be discovered nowadays, they would be almost priceless.           
Ich muss gestehen, dass ich selbst dann noch nicht in den nächsten Buchladen gespurtet bin, obwohl die Ingredienzen, die Helen Grant für ihre Bücher verwendet, von Mal zu Mal immer verlockender klangen: Authentische Volkssagen, M.R. James, mittelalterliche Buntglasfenster ... Das musste doch eigentlich ganz nach meinem Geschmack sein. Doch erst nachdem mir Grants Gastauftritt in Episode 34 von A Podcast to the Curious das bereits Gelesene wieder in Erinnerung gerufen hatte, besorgte ich mir endlich eines ihrer Bücher. Und natürlich handelte es sich dabei um The Glass Demon.



Die siebzehnjährige Lin hatte sich diesen Sommer wahrlich anders vorgestellt. Schulabschluss, Abhängen mit Freunden usw. Doch als ihr Vater – der extrem ehrgeizige Mediävist Oliver Fox – den angestrebten prestigeträchtigen Posten an seiner Universität nicht erhält, versteift er sich darauf, dem vagen Hinweis eines Lokalhistorikers aus Deutschland zu folgen und sich auf die Suche nach den legendären Buntglasfenstern der Abtei Allerheiligen zu begeben – Gerhard Remsichs Meisterwerk, das seit langem als verschollen gilt. Und so findet sich die Familie – zu der neben Lin und ihrem Vater Mutter Tuesday, Schwester Polly und das kleine Brüderchen Ru gehören – schon bald in einer halb verfallenen Burg in den Wäldern nahe des {fiktiven} Eifeldorfs Baumgarten wieder. Aber es wird noch schlimmer. Kaum sind die englischen Schatzsucher in dem Provinznest angekommen, da kommt es auch schon zu einer Reihe mysteriöser Todesfälle und anderer beunruhigender und makabrer Ereignisse. Und stets finden sich dabei mysteriöse Glassplitter am Ort des Geschehens. Versucht irgend jemand mit allen Mitteln zu verhindern, dass die Allerheiligen-Fenster wiedergefunden werden, oder ist doch etwas dran an der alten Legende von dem Dämon Bonschariant, der auf magische Weise an das Buntglas gebunden sein soll?

The Glass Demon setzt sich aus drei Story-Komponenten zusammen.
Ein Gutteil des Romans dreht sich um die ziemlich gestörten Verhältnisse in Lins Familie: Vater Oliver und seine verbissene Jagd nach Ruhm, der er alles andere zu opfern bereit ist. Die narzissistische Tuesday. Die willensschwache Polly, die stets tut, was man von ihr verlangt, nie wagt, ihre eigenen Interessen offensiv durchzusetzen oder auch nur klar auszusprechen, und die unter dem dadurch entstandenen psychischen Druck schließlich selbstzerstörerische Tendenzen (Magersucht) entwickelt. Lin selbst, die lernen muss, ihren Vater als das zu sehen, was er ist: ein schwacher, getriebener, selbstsüchtiger Mensch, und nicht das idealisierte Heldenbild aus ihrer Kindheit.
Hinzu kommt als zweiter Hauptbestandteil die Krimi/Mystery - Handlung um die Morde etc.
Und als {mögliche} dritte Komponente wäre da außerdem noch das mit der Legende von Bonschariant verbundene phantastische Element.
Alle drei Facetten finden ihre Vereinigung in der Figur des Dämons. Er steht nicht allein für die höllische Kreatur aus der mittelalterlichen Überlieferung, sondern ebenso für die Obsessionen und zerstörerischen Impulse, von denen so viele der beteiligten Personen beherrscht werden. "There are demons, and they are more terrible than we can imagine." Der Satz, der relativ früh in Lins Erzählung fällt, ließe sich sehr gut als Motto für die gesamte Geschichte begreifen.

Helen Grants Bücher werden unter dem Label "Jugendliteratur" (YA) verkauft. Ich kann mit solchen Kategorisierungen ehrlich gesagt nur wenig anfangen, zumal es mir an fest umrissenen Kriterien zu mangeln scheint, mit deren Hilfe sich bestimmen ließe, ob ein Buch der YA-Literatur zuzuordnen ist oder nicht. Das jugendliche Alter der Protagonistin und Erzählerin allein kann dafür doch wohl kaum ausreichen. Die Schriftstellerin selbst hat sich ursprünglich wohl auch nicht wirklich als "Jugendbuchautorin" verstanden, dieses Label inzwischen aber offenbar akzeptiert.

Und warum auch nicht? – Solange sich erwachsene Leser und Leserinnen dadurch nicht abgeschreckt fühlen, ihre Bücher zur Hand zu nehmen! Denn das wäre in der Tat höchst bedauernswert. Ich jedenfalls habe den ca. 400 Seiten starken Roman in knapp vier Tagen verschlungen. Und das ist angesichts der Tatsache, dass ich zur Zeit eigentlich kein wirklich schneller Leser bin, erstaunlich.
The Glass Demon ist eine straff gebündelte, spannend erzählte Geschichte ohne Längen oder Absacker mit einer sehr lebendigen und sympathischen Protagonistin, der es ausgesprochen gut gelingt, die Schilderung zwischenmenschlicher {familiärer} Probleme und Auseinandersetzungen mit einer abenteuerlichen Handlung zu verknüpfen, die durch die historisch-legendenhaften Elemente und deren sehr authentisch wirkende regionale Verankerung einen ganz eigenen, für mich sehr ansprechenden Charakter erhält.
Ganz sicher wird dies nicht das einzige Buch von Helen Grant bleiben, das einen Platz in meiner Bibliothek findet. Erst recht nicht, wenn die anderen Romane {inzwischen sind es insgesamt fünf} halten, was die Autorin in einem kürzlich veröffentlichten Interview versprochen hat: "[A] strong sense of place (I love my foreign locations!), thrills, and a sprinkling of gruesome and sometimes grotesque deaths!" Yeah!

PS: Eines der Allerheiligen-Fenster {der "Engelssturz"} wurde übrigens direkt von einem der Steinfeld-Fenster inspiriert, wie man hier nachlesen kann.
PPS: Auch der Dämon Bonschariant besitzt sein Vorbild in einer authentischen Sage: "[T]here really is a local Eifel legend about the demon Bonschariant. It's connected with Steinfeld Abbey. Count Sigebodo (love that name!), who built the abbey, is supposed to have had a mysterious servant named Bonschariant ("the good servant") who was actually a demon. The count turned a blind eye to Bonschariant's demonic aspects for a long time because he was such a useful person to have around - he once flew into the air during a battle carrying the count with him to save him from being killed. But eventually the count's wife became frightened and encouraged the count to get rid of Bonschariant. The count built the abbey and fixed a cross to the highest point - when Bonschariant saw the cross he flew away snarling and was never seen again."
PPPS: The Vanishing of Katharina Linden und The Glass Demon sind inzwischen auch in deutscher Übersetzung als Die Mädchen des Todes bzw. Blutige Scherben erhältlich.

Samstag, 20. September 2014

Strandgut der Woche

Freitag, 19. September 2014

"Find him, bind him, tie him to a pole ..."

Auch wenn es in ihm nicht wirklich um Freibeuter geht, dachte ich mir, The Mariner's Revenge Song von der amerikanischen Indie-Folk-Band The Decemberists wäre ein sehr schöner {wenn auch ziemlich finsterer} Beitrag zum heutigen "Talk Like A Pirate Day". Arrrh ... 



Dienstag, 16. September 2014

I Know What You Did in the Nineties

Letzte Woche konnte ich meinen einundvierzigsten Geburtstag feiern. Ich gehöre also nicht mehr zu den ganz jungen. Weshalb Hollywoods sich immer schneller drehendes Reboot-Karussel auf mich vermutlich noch etwas bizarrer wirkt als dies bei einem jüngeren Beobachter der Fall wäre. Ich kann mich halt noch recht gut an die Zeit erinnern, als I Know What You Did Last Summer / Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast (1997) in die Kinos kam, und die Nachricht, man wolle die olle Slasherstory mit dem Eisenhaken nun erneut auf das Publikum loslassen, erscheint mir deshalb wohl besonders grotesk. Vor ein paar Jahren hätte ich vielleicht noch mit ungläubigem Staunen reagiert, aber das hat mir Hollywood inzwischen abgewöhnt.

Ich habe die Zählebigkeit des Slashers nie so recht verstehen können. Hatten nicht bereits die 80er Jahre das wenn man so will "goldene Zeitalter" des Genres mit den nicht enden wollenden Sequels zu Halloween, Friday the 13th und Nightmare on Elm Street zur Genüge bewiesen, wie wenig ausbaufähig das magere Grundkonzept dieses Horrortyps ist? Schon das Wiederaufflackern der Mode in der zweiten Hälfte der 90er Jahre fand ich damals eher uninteressant und im Rückblick ziemlich eigenartig. Ausgelöst wurde der kurzlebige Trend durch Wes Cravens Scream (1996), und der sollte ja eine Art "Dekonstruktion" des Genres darstellen. Aber statt dieses endgültig zu Grabe zu tragen, führte der Flick zur Produktion solch generischer Werke wie I Know What You Did Last Summer (1997) und Urban Legends (1998). Mehr noch, mit Kevin Williamson zeichnete derselbe Drehbuchschreiber für Scream und I Know ... verantwortlich. Ich kapier das nicht so ganz: Wie kann ein Autor die Konventionen eines Genres erst ironisch zerpflücken und sie anschließend in ihrer alten Form wiederverwenden, so als wäre nichts geschehen? Spricht das nicht entweder für einen deutlichen Mangel an künstlerischer Integrität oder dafür, dass der vermeintlich kritische Impuls der "Dekonstruktion" in Wirklichkeit nicht mehr war als das eitle Verlangen, der Welt zu zeigen, wie clever man ist? Und schwingt da nicht sogar ein klein bisschen Publikumsverachtung mit, nach dem Motto "Ich bin so schlau, dass ich das alles durchschaue, aber denen da draußen in den Kinos kann ich das olle Rezept allemal noch mal vorsetzen, die werden's schon fressen."

Vielleicht gehe ich mit all dem etwas zu hart ins Gericht. Schon die Slasher-Filme der 80er Jahre haben halt nie zu meinen großen Favoriten in der Welt des Horrors gehört. Dennoch finde ich es ein wenig bizarr, mitzuerleben, wie mit I Know What You Did Last Summer der Vertreter einer Revival-Welle wiederbelebt werden soll, die sich selbst bereits nicht eben durch überbordende Originalität auszeichnete. Die Kopie einer Kopie  ... 

Montag, 15. September 2014

Spät auf der Party

Wie so oft bin ich natürlich auch diesmal reichlich spät zur Party gekommen. Macht es überhaupt noch Sinn, irgendetwas zu Guardians of the Galaxy zu schreiben? Wahrscheinlich nicht, aber ich mach's trotzdem, nachdem ich vor vier Tagen endlich die Gelegenheit hatte, ihn mir anzuschauen. Und da dies im Rahmen eines Besuchs bei Molosovsky in Frankfurt geschah {für dessen Gastfreundschaft ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken will}, kam ich sogar in den Genuss der Originalversion.

Gar zu viele Worte will ich nicht verlieren, darum das allerwichtigste zuerst: Selten hat ein Film, auf den ich so große Hoffnungen gesetzt hatte, diese ähnlich bravourös erfüllt wie James Gunns Streifen.

Regelmäßigere Leserinnen & Leser meines Blogs werden wissen, dass ich im heutigen phantastischen Kino besonders schmerzlich jenen bunt-abenteuerlichen Unsinn vermisse, der bis in die frühen 80er Jahre hinein einen Gutteil des Genres ausmachte. Schon der erste Trailer zu Guardians of the Galaxy ließ mich deshalb vor Vorfreude laut aufjubeln, sprach doch vieles dafür, hier endlich einmal wieder ein Weltraumabenteuer im Stil der alten Pulps und B-Movies präsentiert zu bekommen.
Und tatsächlich: Gunns Film ist völlig frei von dem grimmigen Pseudorealismus oder der aufgesetzten und für gewöhnlich schrecklich banalen "Tiefsinnigkeit", die mir den Großteil der Kino- und TV - Phantastik unserer Tage vermiesen. Guardians of the Galaxy ist ein Film, der nur ein Ziel kennt: Er soll Spaß zu machen. Und mit seiner farbenfrohen Ästhetik, gut gemachter Action, klasse Schauspielern & Schauspielerinnen sowie einer human-optimistischen Grundstimmung erreicht er dieses Ziel wie kaum ein anderer Film der jüngeren {und auch der nicht mehr ganz so jungen} Vergangenheit, der mir bekannt wäre.
Letztes Jahr hatten wir zwar Pacific Rim, und der war ein Riesenspaß, aber bei aller Liebe zum Schlock und zu Guillermo del Toro führt kein Weg daran vorbei, sich eingestehen zu müssen, dass der Flick sehr deutliche Schwächen – vor allem in der Charakterzeichnung und -entwicklung – besitzt. Keine seiner Hauptfiguren bleibt lebendig in der Erinnerung. Einem Vergleich mit Guardians of the Galaxy hält er jedenfalls ganz sicher nicht stand.

Hier und da ist mir die Meinung zu Ohren gekommen, der durchgehend selbstironische Ton von Gunns Film führe dazu, die etwas ernsteren Akzente, die hier und da gesetzt werden {vor allem im Zusammenhang mit Groot & Rocket}, mehr oder weniger ihrer Wirkung zu berauben. Dem kann ich mich nicht anschließen. Guardians of the Galaxy zeichnet sich vor allem durch eine lebendige, nie erzwungen wirkende und humorvolle Leichtigkeit aus. Im Rahmen eines solchen Films können die entsprechenden Szenen natürlich nicht die Ernsthaftigkeit entfalten, die ihnen in einem anderen Kontext möglicherweise zugekommen wäre. Aber für die Funktion, die sie in dieser Art Film zu erfüllen haben, scheinen sie mir gerade intensiv genug zu sein. Und diese Funktion ist äußerst wichtig. Ohne sie besäße der Flick nicht jenen sympathisch humanen Grundton, der in meinen Augen sehr viel von seinem Charme ausmacht. Für sich genommen ist keine dieser Szenen zu tiefst berührend oder überwältigend, aber zusammen genommen schaffen sie so etwas wie eine Atmosphäre der Menschlichkeit. Und eine stärkere Wirkung sollten sie im Rahmen eines unterhaltsam-schrägen Weltraumabenteuers dieser Sorte auch gar nicht haben.  
{Wenn Rocket und die Ravagers am Ende die Xandar-Metropole beschützen, während diese evakuiert wird, ist das natürlich außerdem eine nette Antwort auf das Metropolis-Massaker in Zack Snyders Man of Steel.}

Das einzige, was mein Vergnügen an Guardians of the Galaxy ein ganz klein wenig trübt, ist der Umstand, dass der Flick Teil des großen Marvel-Film-Frachises ist. Ich habe halt nicht viel übrig für zeitgenössische Superhelden-Flicks. {Und um das klarzustellen: Guardians of the Galaxy ist in meinen Augen kein Superheldenfilm, sondern ein hübsch schräges SciFi-Abenteuer in bester Pulp-Tradition.} Noch sind die Verbindungen ja eher periphär. Außer Thanos {dem einzigen echten Schwachpunkt des Filmes; der lila Riese ist ebenso überflüssig wie unbeeindruckend} hätten wie da bloß den Infinity-Stone {und so ein unsinniges McGuffin braucht jede ordentliche Pulp-Story}. Doch bei ihrem nächsten Auftritt werden die Guardians dann wohl endgültig in die Welt der Avengers eintreten, und ich fürchte, dass könnte ihnen viel von ihrem Charme rauben. 

Eine  kurze Bemerkung zum Schluss: Als wir uns aufmachten, das Kino zu verlassen, ließ Molo die Bemerkung fallen, Guardians of the Galaxy habe die Latte für Star Wars Episode VII sehr hoch gelegt. Dem konnte ich schwerlich widersprechen. Doch inzwischen hat sich in meinem Kopf {der manchmal etwas langsam arbeitet} die Ansicht herausgebildet, dass eine solche Gegenüberstellung von James Gunns Film und dem kommenden Einstand von JJ Abrams in das Jedi-Universum in gewisser Hinsicht gar nicht angemessen wäre. Wie ich hier schon einmal etwas ausführlicher dargelegt habe, lässt sich Star Wars stestens seit dem Ende der ursprünglichen Trilogie nicht länger als ein neckisches Pulp-Adventure charakterisieren {und hätte deshalb mit Return of the Jedi enden sollen.} Mit den Prequels wollte George Lucas seine kindische Science Fantasy dann in eine "epische Tragödie" verwandeln. Damit ist er zwar grandios gescheitert, doch leider habe ich nicht das Gefühl, dass Star Wars unter Abrams' Leitung in die alten Gefilde zurückkehren wird. {Ob das überhaupt möglich wäre, ist noch einmal eine andere Frage.} Kurz gesagt: Das Franchise nimmt sich selbst viel zu ernst. Es kann deshalb auch überhaupt nicht etwas vergleichbar locker-flockiges wie Guardians of the Galaxy hervorbringen.

Samstag, 13. September 2014

Strandgut der Woche

Mittwoch, 10. September 2014

Good Omens

Gibt es für uns, die wir diesseits des Kanals leben, eigentlich eine Möglichkeit, BBC4 Radio zu empfangen? Ich bin in all solch technischen Fragen leider schecklich unbewandert. 
Bis zum Dezember dieses Jahres sollte ich mir da aber wirklich Klarheit verschaffen, denn dann wird der Sender seine Hörspieladaption von Terry Pratchetts & Neil Gaimans Good Omens in den Äther schicken. Und da möchte ich unbedingt Teil des Publikums sein, wenn das irgend möglich wäre. Regisseur und Script-Autor ist Dirk Maggs (The Hitchhiker's Guide to Galaxy), als Sprecher werden u.a. Peter Serafinowicz (Guardians of the Galaxy, Shaun Of The Dead) als Crowley und Mark Heap (Spaced) als Aziraphal mitwirken. 
Das Team hinter der Adaption ist mehr oder weniger dasselbe wie schon bei Neverwhere. Ein Hörspiel, das ich mir bisher noch nicht zu Gemüte geführt habe, aber das wird sich vermutlich bald ändern. Auch wenn ich zugeben muss, dass meine Beziehung zu diesem Werk von Gaiman eher zwiespältig ist. {Ich habe allerdings auch bloß den Roman gelesen, doch zu diesem hätte ich einige kritische Anmerkungen zu machen, was allerdings Thema für einen eigenen Post wäre.} Dafür kenne ich eine ganze Reihe der älteren, von BBC4 produzierten Hörspieladaptionen von Terry Pratchetts Discworld-Büchern. Und die kann ich bloß wärmstens empfehlen, insbesondere Guards! Guards! und Night Watch.
Wie dem auch sei, auf jedenfall bin ich schon ganz wild auf diese Version von Good Omens. Auf die oft angekündigte Verfilmung des grandiosen Romans werden wir ja wohl noch etwas warten müssen. Wenn sie denn überhaupt je Wirklichkeit werden sollte ...

Dienstag, 9. September 2014

Gemischte Gefühle

Erinnert sich hier noch jemand an den Avengers - Kinofilm von 1998? {Nein, nicht Marvels Superhelden, sondern Großbritanniens coolste Geheimagenten John Steed und Emma Peel.} Ja? Dann herzliches Beileid! 
Bei dem Streifen ist sicher vieles schiefgelaufen, aber er beweist u.a. auch, dass es ein heikles Unterfangen ist, den Charme der Sixties im Format eines modernen Blockbusters wiederbeleben zu wollen. Kein Wunder also, dass ich dem kommenden Remake von The Man From U.N.C.L.E. eher skeptisch entgegenschaue.



Die 60er Jahre ließen sich mit gutem Grund als eine Art goldenes Zeitalter für Spione und Agenten auf Kinoleinwand und Fernsehschirm beschreiben. Das gilt insbesondere für Film und Fernsehen aus dem Vereinigten Königreich.
Zuallererst wird man dabei natürlich an James Bond denken müssen, der spätestens mit Guy Hamiltons Goldfinger (1964) zum wohl erfolgreichsten und einträglichsten Produkt der englischen Filmindustrie wurde. Ich habe bereits vor Jahren beschlossen, mir nie wieder einen Bond-Film anzuschauen. Eine Geschmacks- und keine Prinzipenfrage. Der Spaß, den die ohne Zweifel vorhandenen unterhaltsamen Elemente des Franchises mir früher einmal bereitet haben, reicht einfach nicht mehr aus, den Ekel und die Wut aufzuwiegen, die seine extrem abstoßenden Seiten (Sadismus, Misogynie, Männlichkeitswahn, Homophobie) in mir auslösen. Und mehr als bloßen Unterhaltungswert besaßen die Streifen nie.
Doch glücklicherweise ist 007 zwar der prominenteste, aber bei weitem nicht der einzige Vertreter des Agentenbooms der Sixties. Als angenehme Alternative bietet sich z.B. Michael Caines Anti-Bond Harry Palmer in The Ipcress File (1965), Funeral in Berlin (1966) und Billion Dollar Brain (1967) an. Und dann gibt es da ja auch die ersten Le Carré - Adaptionen The Spy Who Came In From The Cold (1965), The Deadly Affair (1966) und The Looking Glass War (1969).
ITV steuerte u.a. die Serie Danger Man (1960-62) mit Patrick McGoohan in der Hauptrolle bei. Vor allem aber kreierte der Sender mit The Avengers (1961-69) eine der coolsten und charmantesten Fernsehserien aller Zeiten. Das gilt zumindest bis zum Ausstieg von Diana Rigg im Jahre 1968. 
Die Abenteuer von John Steed und Emma Peel enthielten nicht selten eine ordentliche Dosis Phantastik – da bereiteten außerirdische Monsterpflanzen die Invasion der Erde vor, Roboter zerlegten mit Karateschlägen Büros und ihre Insassen oder putzige Kätzchen wurden mit Hilfe elektronischer Konditionierung zu ferngesteuerten Killertigern umfunktioniert. Damit gehörten The Avengers zu den frühen und stilbildenden Vertretern eines Subgenres, das man später einmal als "Spy-fi" bezeichnen würde.
Die phantastischen Elemente dienten dabei in erster Linie dazu, den exzentrischen Charakter der Serie noch zusätzlich zu verstärken. Dass man mit ihrer Hilfe auch ganz andere Effekte erzielen konnte, sollte die 1967/68 erstmals ausgestrahlte Miniserie The Prisoner – erneut mit Patrick MacGoohan als Hauptdarsteller – zeigen. In mancherlei Hinsicht erreichte das Agenten-Fernsehen der 60er mit ihr seinen Höhepunkt, doch das wäre ein Thema für einen anderen Post.

All dem hatte das US-Fernsehen zu dieser Zeit wenig vergleichbares entgegenzusetzen. Mission: Impossible (1966-73) war zwar sehr erfolgreich, doch leider handelt es sich bei der Serie in erster Linie um eine schamlose Verherrlichung der verbrecherischen Aktivitäten der CIA. The Man from U.N.C.L.E. (1964-68) erscheint da schon sehr viel sympathischer. Interessanterweise gehörte Bond-Schöpfer Ian Fleming zu den ursprünglichen Ideengebern für die Serie, doch glücklicherweise fügte Produzent Sam Rolfe dessen Konzept einige Elemente hinzu, die The Man from U.N.C.L.E. davor bewahrten, zu einem bloßen 007-Abklatsch zu werden. Er war es, der dafür sorgte, dass Napoleon Solo nicht für die CIA oder einen anderen westlichen Geheimdienst, sondern für eine internationale Organisation ("United Network Command for Law and Enforcement") arbeitet. Ihm {sowie den frühen Fans der Serie} haben wir es außerdem zu verdanken, dass unserem Haupthelden der sowjetische Agent Ilya Kuryakin als Partner und Freund zur Seite gestellt wurde. Auch wenn The Man from U.N.C.L.E. in qualitativer Hinsicht zu keiner Zeit auch nur aufs Entfernteste an The Avengers oder The Prisoner hereinreichte, besitzt die Serie doch ohne Zweifel ihre charmanten Seiten.

Und damit wären wir wieder bei den gemischten Gefühlen, die mich angesichts des Reboots, das August 2015 in die Kinos kommen soll, erfüllen. Regisseur und Drehbuchautor ist Guy Ritchie, mit dessen Sherlock Holmes - Filmen ich ehrlich gesagt nur wenig anfangen konnte. Napoleon Solo wird von Henry Cavill (The Tudors, Man of Steel), Ilya Kuryakin von Armie Hammer (The Social Network, J.Edgar, Lone Ranger) gespielt werden. All das für mich nicht unbedingt ein Grund für übergroßen Optimismus. Und erneut darauf hinzuweisen, dass solche Remake-Versuche alter Kultklassiker Ausdruck der erschreckenden Ideenlosigkeit sind, die im heutigen Hollywood herrscht, ist bloß noch ermüdend. Dennoch fühle ich mich nicht dazu getrieben, vorbehaltslos in den Meckeropa-Modus umzuschalten. Grund dafür ist vor allem die Plot-Zusammenfassung auf Wikipedia:
Set against the backdrop of the early 1960s, at the height of the Cold War, The Man from U.N.C.L.E. centers on U.N.C.L.E. agents Napoleon Solo and Illya Kuryakin. The two team up on a joint mission to stop a mysterious international criminal organization, which is bent on destabilizing the fragile balance of power through the proliferation of nuclear weapons and technology. The duo’s only lead is the daughter of a vanished German scientist, who is the key to infiltrating the criminal organization, and they must race against time to find him and prevent a worldwide catastrophe.
Besonders originell klingt das zwar nicht, aber dafür wie eine echte The Man from U.N.C.L.E. - Story. Offenbar soll der Film ganz auf der Nostalgie-Schiene fahren. Das ist zwar wie anfangs bereits gesagt ein heikles Unterfangen, dennoch stimmt es mich in gewisser Hinsicht zuversichtlich, dass man die Story nicht in die Gegenwart verlegt hat. Damit besteht zumindest eine kleine Chance, dass wir mit ihm ein buntes Abenteuerspektakel ohne den modischen Zynismus und Pseurodorealismus unserer Tage vorgesetzt bekommen werden. Das allein würde Ritchies The Man from U.N.C.L.E. natürlich noch nicht zu einem guten {oder auch bloß unterhaltsamen} Film machen, aber es wäre wenigstens ein Anfang.

Auch finde ich es auf bittere Weise amüsant, dass ein gerade in Produktion befindlicher Hollywood-Blockbuster vor dem Hintergrund des Kalten Krieges die Kooperation zwischen Amerikanern und Sowjets feiern wird, während zur selben Zeit die westlichen Medien einen antirussischen Propagandafeldzug eröffnet haben, wie man ihn seit Ronald Reagans Tagen nicht mehr gesehen hat. Wir leben eben in einer Zeit rascher und radikaler Umbrüche ...

Sonntag, 7. September 2014

There's a man who walks the streets of London late at night With a little black bag that's oh-so tight

Nun wollen sie also mittels eines DNA-Tests die wahre Identität von Jack the Ripper herausgefunden haben, und das Ergebnis liest sich nicht besonders spektakulär. 

Keine Ahnung, wie stichhaltig all das tatsächlich ist, aber im Grunde wüsste ich ohnehin nicht, was daran so interessant sein sollte. Faszinierend ist der Ripper doch nicht als historische, sondern als mythische Figur. Letztere mag einige Züge des realen Frauenmörders von Whitechapel übernommen haben, aber das ist auch schon alles. Auch wenn unwiderlegbar bewiesen werden sollte, dass Aaron Kosminski der Serienkiller aus dem viktorianischen England gewesen ist, würde dies doch nichts an dem ändern, wozu Jack the Ripper über die Jahrzehnte im kulturellen Bewusstsein der westlichen (hauptsächlich der anglophonen) Welt geworden ist. Unzählige Bücher, Filme, Comics etc. haben sich seiner bemächtigt und ihn zu einer symbolhaften Gestalt gemacht, die nur noch sehr wenig mit ihren historischen Wurzeln zu tun hat. 
Man kann sich natürlich die Frage stellen, ob dieser mythische Ripper dank Überstrapazierung nicht inzwischen viel von seiner ursprünglichen Symbolkraft eingebüßt hat. Ich persönlich würde in diese Richtung tendieren. Aber ganz sicher wird er sein Leben nicht durch irgendwelche DNA-Tests aushauchen.

Um ehrlich zu sein, ich habe diesen Post nur geschrieben, um eine Gelegenheit zu erhalten, Jack the Ripper von Screaming Lord Sutch zu präsentieren. Take it away, Your Lordship!


Samstag, 6. September 2014

Strandgut der Woche

Freitag, 5. September 2014

Eine Anthologie des Übergangs

Ursprünglich hatte ich geplant, mich an dieser Stelle in meiner kleinen Mario Bava - Reihe Sei donne per l'assassino / Blood and Black Lace (1964) und der Geburt des Giallo zuzuwenden. Doch da ich vor kurzem die Gelegenheit hatte, nach einer halben Ewigkeit endlich einmal wieder I tre volti della paura / Black Sabbath zu sehen, dachte ich mir, ich schiebe rasch noch eine Besprechung dieses grandiosen Episodenhorrors aus dem Jahr 1963 ein.



Seit der zweiten Hälfte der 50er Jahre waren American International Pictures die unangefochtenen Herrscher über die Autokinos der USA. Horrorfans werden bei dem Namen vermutlich zuallererst an Roger Cormans berühmten Edgar Allan Poe - Zyklus mit Vincent Price denken, der 1960 mit House of Usher startete. Aber die Firma produzierte nicht nur alle Arten von B-Movies, als Filmverleih sorgte sie auch dafür, dass ausländische Produktionen auf den amerikanischen Markt gelangten, und beteiligte sich daneben an einer Reihe internationaler Co-Produktionen. Vor allem der große US-Erfolg von Hercules 1959 weckte in den AIP-Bossen James Nicholson und Samuel Z. Arkoff die Überzeugung, Italien könnte ein lohnendes Jagdrevier für sie darstellen. Einer der ersten italienischen Filme, an dem sie die US-Rechte erwarben, war Mario Bavas La maschera del demonio, den sie unter dem Titel Black Sunday in die Autokinos brachten. In den folgenden Jahren weiteten sie ihre europäischen Fischzüge immer weiter aus, wobei zu ihren Beutestücken auch Bavas Wikinger-Flick Gli Invasori / Erik the Conqueror gehörte. 1963 schließlich kam es zu einer auf acht Jahre und neun Filme angelegten Kooperation zwischen AIP und der italienischen Produktionsfirma Galatea. Zu den ersten Früchten dieser Allianz gehörte I tre volti della paura, wobei sich das französische Unternehmen Societé Cinématographique Lyre als Dritter dem Bunde anschloss.

Dieser Hintergrund ist zum Verständnis einiger Details des Filmes hilfreich und erklärt außerdem das Mitwirken des großen Boris Karloff, der zu dieser Zeit gerade bei AIP unter Vertrag stand.

Wenn von Episodenfilmen im Horrorgenre die Rede ist, so wird man dabei zuallererst an die berühmten Portmanteau-Streifen der britischen Produktionsfirma Amicus denken. Doch scheinbar war dieses Format auch im italienischen Horror der frühen 60er recht beliebt. Allerdings weniger aus ästhetischen, denn aus pragmatischen Gründen. So brauchte man keinen wirklichen "Star", der im Zentrum des Filmes stand, und offenbar waren auch die Produktionskosten im Durchschnitt niedriger. 
Vom Aufbau her unterscheidet sich I tre volti della paura recht deutlich von den Amicus-Filmen, die ihre Inspiration ursprünglich von dem frühen Brit-Horror-Klassiker Dead of Night (1945) bezogen hatten. Die englischen Portmanteau-Streifen besitzen stets eine Rahmenhandlung, in der die eigentlichen Episoden eingbettet sind. Oft funktionieren sie ähnlich wie schon Boccaccios Decamerone oder Chaucers Canterbury Tales, d.h. eine Gruppe von Menschen kommt zusammen und jeder von ihnen erzählt eine Geschichte. Ein durchgehendes Motiv, das die einzelnen Stories zu einer Einheit verbinden würde, findet sich dabei eher selten, und wenn, dann ist es von äußerst oberflächlicher Natur.
I tre volti della paura besitzt keine Rahmenhandlung, nur zwei etwas unglücklich anmutende "einrahmende" Szenen mit Boris Karloff, die auf Drängen von AIP hinzugefügt wurden. Dabei sollte die Eröffnungssequenz, in der Karloff als eine Art "Gastgeber und Moderator" auftritt ganz offensichtlich an die erfolgreiche amerikanische TV-Serie Thriller (1960-62) anknüpfen, in der der Schauspieler eine ähnliche Rolle gespielt hatte. Und der humoristisch-ironische Schlusspart diente erklärtermaßen der Abschwächung der düster-verstörenden Note, auf der Bava seinen Film eigentlich ausklingen lassen wollte.
Dennoch wirkt der Film in ästhetischer und motivischer Hinsicht einheitlicher als die meisten Amicus-Portmanteaus, auch wenn die drei Geschichten, aus denen er besteht, inhaltich gesehen auf den ersten Blick nichts zu verbinden scheint.

Auf den bloßen Plot reduziert wirkt keine der drei Episoden besonders originell, aber wie ich nur immer wieder betonen kann: Der Plot ist selten das, was die Größe italienischer Horrorfilme ausmacht. 

  • Il Telefono: Die abends in ihre Wohnung heimgekehrte Rosy (Michèle Mercier) wird scheinbar von dem Stalker Frank mit Anrufen terrorisiert, bis sie sich schließlich hilfesuchend an ihre ehemalige Freundin Mary (Lydia Alfonsi) wendet. Tatsächlich jedoch steckt diese selbst hinter den Anrufen. Scheinbar waren die beiden Frauen einmal ein Paar, und Mary versucht auf diese Weise, ihre von Rosy beendete Beziehung wiederzubeleben. Als urplötzlich der echte Frank auftaucht, nimmt das Ganze eine blutige Wendung ... Die Stärke der Episode besteht vor allem in ihrer Subtilität. Welcher Art die Beziehungen zwischen den drei Personen tatsächlich sind, wird lediglich angedeutet. Frank ist offenbar aufgrund von Rosys Aussagen im Gefängnis gelandet, doch in welchem Verhältnis die beiden ursprünglich zueinander gestanden haben, bleibt unklar. {War er ihr Zuhälter, wie der Wikipedia-Artikel zu Black Sabbath behauptet?} Dass Rosy und Mary möglicherweise einmal ein lesbisches Liebespaar gewesen sind, wird gleichfalls nie offen ausgesprochen. All dies verstärkt nur den verwirrend-verstörenden Charakter der Episode.
  • I Wurdulak: Im Moldawien (?) des frühen 19. Jahrhunderts* findet der junge Reisende Vladimir (Mark Damon) im wilden Bergland zuerst eine kopflose Leiche, um kurz darauf in einem einsamen Haus Unterschlupf für die Nacht zu suchen. Die dort lebende Familie erzählt ihm, dass ihr Oberhaupt Gorca (Boris Karloff) ausgezogen sei, um einen berüchtigten türkischen Räuber zu erschlagen. Doch fürchten sie, dass besagter Türke in Wahrheit ein Untoter ("Wurdulak") ist und Gorca nun seinerseits dem Fluch des Vampirismus anheim gefallen sein könnte. Tatsächlich kehrt der Patriarch als Vampir zu seiner Familie zurück und alsbald häufen sich die (untoten) Leichen. Vladimir aber versucht zusammen mit der hübschen Sdenka (Susy Andersen) dem Grauen zu entfliehen.
  • La Goccia d'Acqua / Der Wassertropfen: Krankenschwester Helen Chester (Jacqueline Pierreux) wird eines nachts in das Haus einer gerade verstorbenen Spiritistin gerufen, um deren Leichnam für die Beerdigung vorzubereiten. Trotz einiger höchst beunruhigender Vorzeichen entwendet sie dabei einen kostbaren Ring, den die Tote am Finger trägt. In ihre Wohnung zurückgekehrt ereilt sie schon sehr bald die Rache der alten Dame ... Wenn es darum geht, echte Angst einzuflößen, funktioniert diese von allen drei Episoden am Besten. Das ennervierende Tropfen eines Wasserhahns gefolgt vom plötzlichen Auftauchen der gruselig-grinsenden "alten Dame" hat zumindest mich wirklich kurz zusammenzucken lassen.
Alle drei Episoden sind meisterlich in Szene gesetzt und verraten sehr deutlich die Handschrift des großen Auteurs. Wie stets bei Mario Bava überwältigt einen zu allererst der atemberaubende Umgang mit Farben. Wie kaum ein anderer mir bekannter Regisseur verstand er es, mit ihrer Hilfe eine befremdliche, beunruhigende und phantastische Atmosphäre heraufzubeschwören. Doch interessanterweise besitzt jede der drei Geschichten darüberhinaus auch deutliche stilistische Eigenheiten. 
Wenn ich Bava als einen "Maler" unter den Filmemachern beschrieben habe, wollte ich damit nicht den Eindruck erwecken, seine Ästhetik sei statisch. Seine Filme gleichen nicht etwa auf Celluloid gebannten Gemäldegallerien. Einzelne Einstellungen wirken zwar wie kunstvolle Gemälde oder Fotographien, zugleich jedoch erweist sich Bava auch als Meister im Einsatz von Kamerabewegungen. Und in Ubaldo Terzano, der schon bei La maschera del demonio und Gli invasori  mitgewirkt hatte und auch bei La frusta e il corpo / The Whip and the Body (1963) und Sei donne per l'assassino / Blood and Black Lace (1964) den Job des Kameramanns übernehmen würde, besaß er einen zuverlässigen Helfer bei der Umsetzung seiner cinematographischen Visionen. Bei Il Telefono verharrt die Kamera fast immer in unmittelbarer Nähe des titelgebenden Telefons und verfolgt von dieser Position aus Rosys Aktionen. Dadurch wird zweierlei erreicht. Zum einen werden wir auf diese Weise in die Position des Voyeurs versetzt, was besonders deutlich wird, wenn die Kamera an Michèle Merciers nacktem Bein entlangfährt, während der ominöse Anrufer gleichzeitig von der Schönheit ihres Körpers spricht. Zusätzlich aber verstärkt diese Technik auch die klaustrophobische Atmosphäre von Enge und Eingesperrtsein, die die Episode erfüllt. Wenn wir immer wieder zu sehen bekommen, wie Rosy in anderen Teilen der Wohnung verschwindet und sich unseren Blicken entzieht, evoziert das zwar einerseits den für Bava-Filme so typischen Eindruck räumlicher Tiefe. Parodoxerweise erscheint uns die Wohnung dadurch aber auch kleiner als sie eigentlich ist, was ihr trotz des leicht luxuriös-dekadent anmutenden Interieurs etwas beinah Gruftartiges verleiht.
Ganz anders der Stil von I Wurdulak. Wenn in der ersten Episode Intimität und räumliche Enge bedrohlich wirkten, so hier die menschenleere Weite der nächtlichen Wald- und Berglandschaft, bei deren Inszenierung Bava zugute kam, dass er einige der Szenen "vor Ort", d.h. in Canale Monterano, drehen konnte. In ästhetischer Hinsicht erinnert hier vieles an La maschera del demonio. Wie Bavas Regiedebüt vermittelt auch diese Episode den Eindruck eines finsteren Märchens. Dazu trägt u.a. das stark Stilisierte einiger Szenen bei. So z.B. erscheint der Wurdulak als eine scherenschnittartige Silhouette, wenn er auf dem Weg zurück zu seiner Familie eine Brücke überquert, und später verwandeln sich die Baumstämme in einem verschneiten, nächtlichen Wald in schwarze Säulen. Die in warmen Farben gehaltene familiäre Enge des Hauses wirkt wie der einzig sichere Ort in dieser von Schatten, Schemen, Nebelschwaden und kühlen Blautönen dominierten Welt, auch wenn der Schutz, den sie zu bieten scheint, sich letztlich als trügerisch erweist.
In La Goccia d'Acqua schließlich können sowohl Weite als auch Enge bedrohlich wirken. Auf der einen Seite haben wir die leicht heruntergekommene herrschaftliche Wohnung der alten Dame mit ihren extrem hohen Räumen und langen Korridoren. Wenn die Kamera einen dieser Gänge hinunterschaut und wir in der Ferne die winzig kleinen Gestalten von Katzen hin- und herhuschen sehen, bekommt man beinah den Eindruck, dies sei gar keine normale Stadtwohnung {dafür wirkt sie einfach zu "tief"}, sondern vielmehr das Tor zu einer gespenstischen Anderswelt. Helen Chesters Domizil auf der anderen Seite ist klein und übersichtlich. Doch im letzten Drittel der Episode verwandelt sich eben diese intime Enge für die Krankenschwester in eine tödliche Falle, der sie nicht entkommen kann.

Diese stilistischen Eigenheiten korrespondieren meiner Ansicht nach mit Motivik und Inhalt der Episoden, welche ihrerseits nicht für sich allein, sondern als Teile einer Gesamtkomposition betrachtet werden müssen.

Wie Alberto Bevilacqua – einer der Drehbuchschreiber für I tre volti della paura berichtet hat, war es Mario Bavas ursprüngliche Idee, darzustellen, wie das Grauen die Menschen in unterschiedlichen Zeitepochen gepackt habe. Deshalb spielt eine Episode in der Gegenwart (Il Telefono), eine im frühen 19. Jahrhundert (I Wurdulak) und eine in der Jahrhundertwend-Zeit (La Goccia d'Acqua). Doch was dabei am Ende herauskam, war weniger ein Panoptikum der Angst, als vielmehr – und hierin folge ich Julia Merriams Interpretation – eine Art Kommentar zur Wahrnehmung des Bösen im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung. Obwohl die Episoden nicht in chronologischer Reihenfolge angeordnet sind, sollte man sie doch als Stufen innerhalb einer historischen Evolution betrachten.
In I Wurdulak kommt das Böse von außen, es ist eine übernatürliche, dämonische Macht, die in den wilden Wäldern und Bergen haust und von dort in die menschliche Gemeinschaft einbricht. Der Fluch des Vampirismus ist nicht Strafe für moralisches Fehlverhalten {Gorca ist in die Wälder gegangen, um einen Räuber und Mörder zur Strecke zu bringen, d.h. um seine Familie zu beschützen}, sondern eine bösartige, zerstörerische "Naturgewalt". La Goccia d'Acqua verkörpert ein Übergangsstadium. Das Böse ist nach wie vor übernatürlicher Herkunft und kommt aus einer leicht fremdartig anmutenden Region "da draußen" {die Wohnung der alten Dame als eine Anderswelt verfallender feudaler Herrlichkeit}, aber es ist Helens Gier, die ihm den Zugang zur kleinbürgerlich-normalen Welt der Krankenschwester eröffnet. Hätte sie den Ring nicht an sich genommen, der Fluch wäre gebrochen gewesen. In Il Telefono schließlich gibt es gar kein übernatürliches Element mehr. Das Böse erwächst hier ganz aus zwischenmenschlichen Beziehungen. Wie Julia Merriam es beschreibt: "While man once had nothing to fear but monsters in the dark, we now worry about the threat of our fellow man in our well-lit homes. Where evil was once external, it has become internalized as society has progressed."
Im Zuge dieser Entwicklung kommt es zu der beschriebenen Umkehrung der Bedeutung von "Weite" und "Enge". Zu Beginn erscheint die menschliche Gemeinschaft als der von außen bedrohte Ort der Sicherheit, am Ende ist eben diese intime Sphäre die Geburtsstätte des Bösen. Zugleich jedoch existierten motivische Kontinuitäten. Denn auch wenn der Wurdulak eine teuflische "Elementargewalt" ist, verkörpert er zugleich eine Perversion menschlicher Gefühle und Beziehungen, giert es ihn doch in erster Linie nach dem Blut derer, die er am meisten liebt. In der vielleicht verstörendsten Szene der Episode sehen wir den gerade zurückgekehrten Gorca seinen kleinen Enkel Ivan auf den Schoß nehmen. Dieses Motiv findet seine Fortsetzung in Il Telefono. Mary will ihre Beziehung zu Rosy wiederbeleben, doch um dieses Ziel zu erreichen, wird sie selbst zum "Monster" und terrorisiert den Menschen, den sie liebt {oder doch zu lieben glaubt}.

I tre volti della paura kann jedoch nicht nur als ein Kommentar zur "Evolution des Bösen" in der Geschichte, sondern zugleich als eine Illustration der Entwicklung von Mario Bavas eigenem Oeuvre verstanden werden. I Wurdulak steht noch ganz im Zeichen des "gotischen" Horror, während Il Telefono bereits viele Merkmale eines Giallo aufweist: Das Fehlen des Übernatürlichen, das leicht dekadente Ambiente, das Motiv des Voyeurismus, das erotische Element etc. 
Oft freilich wird der unmittelbar vor I tre volti della paura gedrehte Film La ragazza che sapeva troppo / The Girl Who Knew Too Much als der erste Giallo der Filmgeschichte bezeichnet, was ich nicht wirklich beurteilen kann, da ich bisher nicht die Gelegenheit hatte, ihn mir einmal anzuschauen.** {Interessanterweise wurden einige der Sets aus diesem Film bei Il Telefono wiederverwendet}. 
Doch auch wenn Black Sabbath nicht die Geburtsstunde des Giallo sein mag, ist der Streifen auf jeden Fall ein Werk des Übergangs. Und dabei geht es um mehr als bloß die Ablösung eines Subgenres durch ein anderes. Im Zuge dessen macht sich gleichzeitig ein deutlich pessimistischerer Blick auf den Menschen und die Welt bemerkbar. Noel Murray hebt in einem Artikel für The Dissolve völlig zurecht hervor, dass sich Black Sabbath durch ein "feeling of dark inevitability" auszeichne.
Am deutlichsten zeigt sich dieser düstere Fatalismus in I Wurdulak. Gorcas Versuch, die von dem türkischen Räuber ausgehende Gefahr ein für allemal zu beseitigen, führt dazu, dass er selbst zu einem Ungeheuer wird und durch ihn seine ganze Familie dem Fluch des Vampirismus anheim fällt. Dieser pessimistische Eindruck wird noch dadurch verstärkt,dass Vladimirs Bemühungen, Sdenka vor diesem Schicksal zu bewahren, nach anfänglichem Erfolg damit enden, dass nicht nur seine Geliebte, sondern auch er selbst zu einem Opfer des Wurdulak wird. Die Geschichte wirkt wie eine bittere Verhöhnung der Konventionen des klassischen "gotischen" Horrors, der bei aller Düsternis doch für gewöhnlich mit dem Triumph des Guten endete.
Wie bereits gesagt, wollte Mario Bava den Film mit jener extrem verstörenden Schlussszene aus La Goccia d'Acqua enden lassen, in der wir das im Tode zu einem grausigen Grinsen verzerrte Gesicht von Helen Chester (Jacqueline Pierreux) sehen. Es hätte dem Geist des Werkes hundertprozentig entsprochen, auf dieser Note auszuklingen.

Mario Bavas Biograph Tim Lucas schreibt über I tre volti della paura, La frusta e il corpo, Sei donne per l'assassino und Terrore nello spazio / Planet of the Vampires (1965) , in ihnen käme "Bava's increasingly ironic worldview" zum Ausdruck. Meiner Ansicht nach haben wir in dem zunehmend düsteren Ton mehr zu sehen, als eine bloß persönliche Entwicklung des Regisseurs. Doch dazu mehr in meinem nächsten Bava-Artikel. Auf jedenfall führte dies schließlich zum Ende der Kooperation mit AIP:
[T]his downbeat quality – combined with other increasingly adult concerns in his stories – eventually led to the dissolution of his contract with American International Pictures, which had been distributing his films with much success in English-speaking territories. In more and more cases, AIP found they could not rework Bava's increasingly violent and erotic films into kiddie's matinee fodder. 
Im Grunde hatten Nicholson & Arkoff schon immer gewisse Probleme mit Bavas Filmen gehabt, weshalb sie sie in den unter ihrer Aufsicht hergestellten amerikanischen Versionen deutlich "entschärften". AIP konzentrierte sich in Produktion und Verleih ganz auf ein jugendliches Publikum, was unter den damals in den USA herrschenden Verhältnissen bedeutete, dass gar zu extreme Gewaltdarstellungen und alle Formen "sexueller Perversion" in ihren Filmen tabu waren. Schon die amerikanische Synchronisation von La maschera del demonio hatte alle Anspielungen auf eine inzestuöse Beziehung zwischen der Hexe Asa und ihrem Bruder ausradiert. Bei I tre volti della paura fielen die Eingriffe noch sehr viel heftiger aus. Nicht nur veränderte man die Reihenfolge der Episoden (The Drop of Water - The Telephone - The Wurdulak), vor allem Il Telefono wurde bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Dass der lesbische Subtext entfernt wurde, ist schon beinah selbstverständlich, doch wurde der Geschichte außerdem ein übernatürliches Motiv und ein im Original überhaupt nicht vorhandener Charakter (Rosys Nachbar) hinzugefügt! Ich habe keine Ahnung, ob sich diese Version von Black Sabbath heute noch groß im Umlauf befindet. Doch wenn dies der Fall sein sollte, kann ich nur sagen: Finger weg! Schaut euch das italienische Original an!


* Die Episode basiert auf dem Roman Die Familie des Wurdalak von Alexei Konstantinowitsch Tolstoi. (Nicht zu verwechseln mit Alexei Nikolajewitsch Tolstoi, dem Autor des SciFi-Klassikers Aëlita). Dort zumindest spielt die Geschichte in Moldawien. Die Bezeichnung Wurdalak/Wurdulak scheint von Aleksandr Puschkin in die russische Sprache eingeführt worden zu sein. In seinen auf Prosper Mérimées La Guzla basierenden bzw. von dieser angeblichen "Auswahl illyrischer Gedichte" inspirierten Liedern der Westlichen Slawen finden sich sowohl eine "echte" Vampirgeschichte (Marko Jakubović) als auch ein Wurdalak betiteltes Gedicht. In der von Rolf-Dietrich Keil herausgegebenen Gesamtausgabe der von Michael Engelhard übersetzten Gedichte Puschkins findet es sich unter dem Titel Der Vampir: "Wanja zählt nicht zu den Kecken:/ Einmal ging in nächtigem Graus/ Schweißgebadet und voll Schrecken/ Durch den Friedhof er nach Haus. // Wanja fürchtet sich entsetzlich, / Stolpert durch die Gräber, wagt/ Kaum zu atmen – und hört plötzlich:/ Etwas knurrt, was Knochen nagt. // Wanja spürt sein Herz laut pochen,/ Steht und denkt: O Herrgott hier/ Nagt, wahrhaftig, seine Knochen/ Ein rotlippiger Vampir.// Weh mir! Weh! er wird mich fressen,/ Er beißt mir die Kehle ab,/ Kann nicht vorher betend essen/ Ich die Erde aus dem Grab.// Doch statt eines Vampirschlundes/ (Denkt, wie wütend Wanja ist!)/ Knurrt der Schatten eines Hundes,/ Der am Grabe Knochen frißt." (S. 448). "Wurdalak" dürfte eine Verballhornung des südslawischen Wortes "vukodlak" sein, dessen eigentliche Bedeutung "Wolfspelz" darauf hindeutet, dass sich in der Balkanregion Vampir- und Werwolfmythen oft miteinander vermischten.
** Die aktuelle Episode des Podcasts Giallo Ciao! Ciao! beschäftigt sich mit dem Film, doch habe ich noch nicht die Zeit gefunden, da mal reinzulauschen.