"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Donnerstag, 18. Juli 2024

Allerlei magische Schwerter und ein Fantasy-Heist

Als ich mich vor drei Wochen in einer Lage befand, in der keine andere Lektüre greifbar war, entschied ich mich spontan dazu, in ein altes, zerfleddertes Exemplar von Fred Saberhagens Buch der Schwerter reinzuschmökern, das eigentlich auf seine Übersiedelung in einen öffentlichen Bücherschrank wartete. Und was soll ich sagen? Ich hab' den gut 800 Seiten starken Wälzer inzwischen tatsächlich ganz durchgelesen, und er hat nun doch einen Platz in meiner "Bibliothek" erhalten.
 
Ich hatte die Trilogie in meinen Teens schon einmal gelesen, aber erhalten hatten sich davon nur ein-zwei vage Erinnerungen: Ein unterirdischer Komplex in Gestalt eines gewaltigen, sich langsam drehenden Rades. Ein tanzender Shiva vor den Mauern einer belagerten Stadt. Viel mehr war nicht hängengeblieben.
 
Allerdings wusste ich inzwischen, dass das Buch der Schwerter (1983/84) ein Sequel zu Saberhagens erstem Fantasyepos Empire of the East / Reich des Ostens (1968-73) ist, was mir bei meiner ersten Lektüre nicht bewusst gewesen war. Über dessen Inhalt weiß ich freilich nicht viel mehr als das, was den drei Artikeln von Fletcher Vredenburgh zu entnehmen ist, die 2018 auf Black Gate erschienen sind.

Warum ist Saberhagens Trilogie eigentlich nie verfilmt worden? Das Cover der britischen Omnibusausgabe von 1984 schaut doch schon aus wie das Poster für einen grandios epischen B-Movie. (Künstler anscheinend unbekannt)

Die Vermischung von SciFi- und Fantasyelementen war in der Genreliteratur der 60er und 70er Jahre keine Seltenheit. Man denke etwa an Klassiker wie Tanith Lees Birthgrave oder C.J. Cherryhs Gates of Ivrel. Und selbst in Fritz Leibers Swords of Lankhmar taucht ja der Welten- und Zeitreisende Karl Treuherz auf, der Monster für Hagenbecks Zeitgarten jagt. Auch die Idee, eine Fantasygeschichte in einem postapokalyptischen Setting anzusiedeln, war nicht wirklich neu, als 1968 Saberhagens The Broken Lands erschien. Ich verweise bloß auf Nelson S. Bonds Magic City, die im Feburar 1941 in Astounding erschienen war. 
Vor allem postapokalyptische Sword & Sorcery war eine Zeit lang recht beliebt. Da gab es z.B. den Gold Key Comic Mighty Samson (1964-69/1972-76) oder die Zeichentrickserie Thundarr the Barbarian (1980/81). Selbst Gardner F. Fox' Clonan Kothar erlebt seine Abenteuer "offiziell" in einer postapokalyptischen Welt, und noch in Jessica Amanda Salmonsons Amazons II besuchen wir in Lee Killoughs The Soul Slayer / Der Seelenräuber die Ruinen von New York. Aber natürlich ist mit Terry Brooks' Shannara auch eines der kommerziell erfolgreichsten High Fantasy - Franchises der 80er Jahre nach einem Atomkrieg angesiedelt. Auch wenn das in den Geschichten (soweit sie mir bekannt sind) selten so offensichtlich wird wie in der MTV-Adaption der Elfstones von 2017.
Dennoch scheint Saberhagens Empire of the East in seiner "pure pulp insanity" (Vredenburghs Worte) eine Klasse für sich zu sein.*
   
Wie schaut es damit im Buch der Schwerter aus? Die Handlung spielt 2000 Jahre nach dem Vorgänger. Die Überbleibsel der "Alten Welt" sind sehr viel spärlicher geworden. Panzer rollen hier nicht mehr durch die Gegend. Bloß eine erstaunlich große Anzahl elektrischer Lampen (mit anscheinend unerschöpflichen Batterien) hat sich immer noch erhalten. Doch davon einmal abgesehen präsentiert sich uns das Setting der zweiten Trilogie als eine relativ typische Fantasywelt mit Rittern, Burgen, Drachen, Magiern und Dämonen. Allerdings ohne Elfen oder Zwerge. Die werden nur einmal kurz augenzwinkernd als Gestalten aus Sage und Legende erwähnt. Dafür tummeln sich auf dieser Welt allerlei merkwürdige Hybridwesen (Mutationen? Produkte gentechnischer Manipulation?) wie etwa der "Mönchsvogel", der eigentlich gar kein Vogel, sondern ein geflügeltes Säugetier ist, eine Art Mischung aus Affe und Fledermaus. Auch spricht Saberhagen in einer hübschen stilistischen Wendung stets nur von "Reittieren", "Lasttieren", "Wolltieren" und "Milchtieren". Das könnten zwar einfach bloß Pferde, Esel, Schafe und Kühe sein, aber vielleicht eben auch nicht. Mir gefällt dieser leichte "Verfremdungseffekt".

Wie bei einer Fantasywelt dieser Couleur üblich, haben wir es auch im Buch der Schwerter mit einer faux-feudalistischen Gesellschaft zu tun. Allerdings ist ihrer Schilderung ein etwas höheres Maß an "Realismus" eigen als man das in der High Fantasy gemeinhin vielleicht gewöhnt ist. Nicht dass Saberhagen zur Grim & Gritty neigen würde, aber er lässt doch keinen Zweifel dran, dass es sich um eine krasse Klassengesellschaft handelt, in der die einfachen Leute aus gutem Grund Angst vor den meisten Aristokraten und ihren Schergen haben, und in der die Perspektive, aus der heraus eine Person die Welt sieht, stark davon geprägt ist, welchem Stand sie angehört. Zwischen der Welt der Mächtigen und der der allermeisten Menschen klafft ein tiefer Abgrund.

Omnibusausgabe von 1987 mit einem Cover von Dino Marsan.

Jetzt habe ich High Fantasy gesagt, aber eigentlich würde ich die Trilogie eher als eine eigenartige Mischform charakterisieren, die zwischen High und Low Fantasy hin- und herpendelt.
 
Freilich beginnt der erste Band mit dem archetypischen jugendlichen "Auserwählten" aus einem Hinterwäldlerdorf. Auch wenn es vorerst unklar bleibt, wozu der junge Mark "berufen" ist. (Und um ehrlich zu sein, war mir das selbst am Ende der Trilogie nicht so 100%ig klar). Sein besonderer Status zeigt sich fürs erste bloß in seiner ungewöhnlichen Herkunft.
Aufgewachsen ist er als Sohn des ehemaligen Schmiedes Jord. Der hatte vor vierzehn Jahren zu einer Gruppe von sieben Männern gehört, die von dem Gott Vulkan gezwungen wurden, ihm beim Schmieden von zwölf magischen Schwertern zu helfen. Als einziger hat er das überlebt. Denn der Gott war der Überzeugung, dass es zur Vollendung seines Werkes "Menschenschweiß", "Menschenschmerz", "Menschenangst" und "Menschenblut" brauche. Jord hatte insofern "Glück", als ihm "bloß" der rechte Arm abgeschlagen wurde. Auch erhielt er als "Lohn" eine der zwölf Klingen. Diese Hintergundsgeschichte verrät uns zweierlei: Die Götter dieser Welt sind (scheinbar zumindest) die des griechisch-römischen Pantheons. Und sie sind alles andere als nett.
Marks wirklicher (biologischer) Vater ist allerdings gar nicht Jord, sondern ein mysteriöser maskierter Fremdling (und Edelmann?), dessen wahre Identität erst viel später enthüllt wird und von dessen Existenz unser Held lange Zeit nichts ahnt.
 
Der Beginn seiner Heldenlaufbahn ist ähnlich archetypisch, wenn er nach einem Überfall auf sein Heimatdorf mit dem magischen Schwert die Flucht ergreifen muss. Gehetzt von den Schergen des fiesen Herzogs Fraktin, der die Wunderklinge unbedingt in die Finger bekommen will, stolpert er über den professionellen Drachenjäger Nestor und seine Begleiter Ben und Barbara. Das Trio, das von Jahrmarkt zu Jahrmarkt zieht, nimmt sich seiner an und gemeinsam macht man sich auf den Weg zur Domäne des Guten Sir Andrew. Doch bevor die Gruppe diese erreicht, kommt es zu einem erneuten Scharmützel, in das diesmal auch leibhaftige Drachen verstrickt sind. In dessen Verlauf gehen sowohl Nestor als auch das magische Schwert verloren.
 
Der Drachenjäger ist ein ganz gutes Beispiel dafür, wie Saberhagen mit seinen Figuren umgeht. Wenn auch nur skizzenhaft gezeichnet, soll er doch wohl den Archetyp des vagabundierenden Haudegens verkörpern. Im Verlauf des ersten Bandes macht er eine recht beeindruckende Entwicklung durch und erscheint zentral für die Handlung. Er wird von Drachen entführt und von dem gottähnlichen "Herr der Tiere" Draffut in die "epischen" Gesamtzusammenhänge eingeweiht: Die Götter haben die Schwerter geschaffen und unter die Menschen verteilt, um ein großes "Spiel" zu spielen. Was letztlich darauf hinausläuft, dass alle möglichen Potentaten die Klingen iu ihren Besitz zu bringen versuchen, was alsbald zu einem Krieg aller gegen alle führen wird. Angesichts dieser Bedrohung wandelt sich Nestor nach einigem Zögern in einen selbstlosen Heroen, der am Ende die Burg des Guten Sir Andrew mit dem magischen Schwert "Townsaver" gegen eine gewaltige feindliche Übermacht verteidigt und dabei den Heldentod findet. Dass dieser off-screen stattfindet, ist bezeiuchnend. Denn bei all dem bleibt die Charakterisierung des Drachenjägers insgesamt sehr rudimentär. 
Und im Grunde gilt das für alle Figuren des Zyklus. Saberhagen interessiert sich nicht wirklich für ihr Innenleben oder ihre Beziehungen und Konflikte. Da beschränkt er sich aufs nötigste. Die Figuren dienen ihm als Aufhänger für die Geschichte und diese dreht sich nicht wirklich um sie. 
Was auch die recht häufigen Perspektivwechsel erklärt. Diese sollen nicht das Gefühl einer "komplexen Welt" hervorrufen, sondern dienen in erster Linie dazu, die Schilderung aller möglichen "Szenen" zu ermöglichen. Und wenn es Saberhagen trotz allem nicht gelingt, eine seiner "Hauptfiguren" an den dafür benötigten Schauplatz zu rücken, kann er sogar mal auf eine auktoriale Sicht zurückgreifen. Oder er führt einen Perspektivträger ein, der ausschließlich dafür existiert, Zeuge einer bestimmten "Szene" zu werden, um anschließend auf Nimmerwiedersehn zu verschwinden.    
Das mag etwas ungelenk klingen, hat mich aber nicht groß gestört. Nur ab und an führte ein besonders krasses Beispiel dieser Erzähltechnik zu einer gehobenen Augenbraue. Wenn z.B. am Anfang des dritten Bandes innerhalb einer Szene von der personalen zur auktorialen Sichtweise gewechselt wird. Oder gegen Ende des Zyklus rasch die Figur eines Kriegsflüchtlings (inklusive Name und Familie) eingeführt wird, die ganz offensichtlich nur existiert, weil sonst niemand eine epische Prügelei zwischen zwei "Göttern" beobachten könnte.
Insgesamt konnte ich mit Saberhagens eher den Pulp-Traditionen verhafteten Erzählweise jedoch sehr gut leben. Was interessiert mich Nestors Gefühlsleben, wenn ich dafür die hübsch grauslichen "Larven" präsentiert bekomme -- aus Sumpfschlamm geformte "Golems" mit Haken und Klingen anstelle von Händen? Oder den zotteligen Titanen Draffut kennenlernen darf? Letzterer stammt übrigens aus Empire of the East. Und obwohl viele ihn für einen Gott halten, weist er eine solche Bezeichnung energisch von sich. Tatsächlich mehren sich im weiteren Verlauf des Zyklus die Anzeichen dafür, dass es sich bei dem "Herrn der Tiere" in Wirklichkeit um eine Art mutierten Hund handelt! Weshalb er, als "men's best friend", auch unfähig ist, Menschen ein Leid zuzufügen.
 
Der Gute Sir Andrew ist übrigens so gut, dass eine seiner Lieblingsbeschäftigungen darin besteht, gefangenen Verbrechern in seinem Kerker aus der "Bibel" vorzulesen, um sie auf den Weg von Reue und Umkehr zu führen. Dabei scheint diese "Heilige Schrift" hauptsächlich eine mythifizierte Version der Ereignisse von Empire of the East zu enthalten. Unter den Edelleuten dieser Welt stellt er wohl so etwas wie die Ausnahme dar, welche die Regel bestätigt (vorerst zumindest). Dennoch eignet er sich nicht wirklich für die Rolle des aristokratischen Retters und Anführers der "Mächte des Guten". Grund dafür ist nicht nur die gutmütig-karrikierte Figurenzeichnung, sondern auch der klare Mangel an den dafür nötigen Ressourcen. Als bloßer Ritter steht er ziemlich weit unten in der Adelshierarchie.
 
Dennoch hinterlässt der erste Band des Buchs der Schwerter alles in allem den Eindruck eines recht typischen Auftaktkapitels für ein High Fantasy - Epos. Es wird eine schier übermächtige Bedrohung aufgebaut, wobei der anfangs als Hauptantagonist eingeführte Herzog Fraktin recht kümmerlich wirkt, sobald die Silberne Königin Yambu auf ihrer riesigen Kriegskatze an der Spitze ihrer Armeen auftaucht. Und im Hintergrund dräut gar noch die Gestalt des "Dunklen Königs". Parallel dazu scheint mit Mark, Ben und Barbara zumindest der Kern einer archetypschen Heldengruppe geschaffen.
 
Aber der Beginn des zweiten Bandes bildet einen krassen Sprung, der dieses Bild weitestgehend demontiert. Sieben Jahre später. Die Gruppe ist zerfallen. Ben hat sich als Söldner bei den Blauen Templern verdingt, einer Mischung aus Bankunternehmen und Kult, der die Geldgier zu einer religiösen Tugend erhoben hat. Barbara ist zu den Jahrmaktsschaustellern zurückgekehrt. Nur Mark hat noch eine Zeit lang bei Sir Andrews kleinem Häuflein von Widerstandskämpfern ausgeharrt, um sich dann auch desillusioniert von dannen zu machen. Zu einem apokalyptischen Zusammenprall zwischen den Mächten von Licht und Finsternis ist es nicht gekommen, dafür ist die Welt in einen Zustand permanenter Kämpfe zwischen den mächtigsten Potentaten versunken, Warlords und Marodeure verheeren das Land, und die einfache Bevölkerung ist ihrem brutalen Treiben weitgehend schutzlos ausgeliefert. Mit anderen Worten: Das High Fantasy - Feeling hat einem Sword & Sorcery - Vibe Platz gemacht. Und es kommt noch besser: Im Grunde handelt es sich bei dem Band nämlich um eine Fantasy-Heist-Story mit eingebautem Dungeoncrawl. Was will man mehr?

Ganz zufällig wird Ben der geheime Standort der größten Schatzkammmer des Blauen Tempels bekannt. Und anders als von seinen Vorgesetzten geplant, entkommt er lebendig mit diesem Wissen. Schon während seiner Flucht beginnt er Pläne für einen Einbruch in dieses Fantasy-Äquivalent von Fort Knox zu schmieden. Doch zuerst einmal kommt es zur Wiedervereinigung des Trios. Außerdem gibt es da noch jemand anderen, der vom Hort der Blauen Templer träumt. Einem Don Quijote der Goldgier ähnelnd zieht der verarmte Baron Doon monomanisch durch die Lande und sammelt, geleitet vom magischen Schwert "Wayfinder", all die Leute ein, die er für dieses Unternehmen braucht. Wozu u.a. ein alter Magier und ein Tierbändiger nebst zahmem "Mönchsvogel" gehören. Es dauert nicht lange und die beiden Gruppen stoßen aufeinander. Schließlich kommt man überein, den Raubzug gemeinsam anzugehen. Doch das Schwert (also der Autor) entscheidet, dass Barbara nicht Teil des Teams sein soll. Was mich denn doch ganz schön verärgert hat. Im Nachhinein habe ich Saberhagens Gründe dafür zwar etwas besser verstehen können, aber wirklich ausreichend sind sie mir auch dann nicht erschienen. Wenigstens wird die Gruppe auf dem Weg nach Norden noch um Ariane ergänzt, eine illegtime Tochter der Silbernen Königin, die man allerdings erst einmal aus einer Festung der Roten Templer befreien muss. Diese frommen Herren haben sich auf das Leiten von Bordellen, Spielhallen, besonders wilden Tavernen und einer hübsch widerlichen Form von "Opiumhöllen" (den "Wurmgruben") spezialisiert. Sehr nett.
Wie es sich für eine ordentliche Heist-Geschichte gehört, besteht unser Team von Underdogs mehr oder weniger aus einer Reihe von "Spezialisten", die für die unterschiedlichen Etappen des Einbruchs (das "Brechen der Sechs Siegel") gebraucht werden. Auch wenn das noch etwas feiner ausgearbeitet hätte sein können. Die Schatzhallen selbst entpuppen sich als ein veritables Dungeon mit unterschiedlichen "Ebenen", zu denen u.a. der schon erwähnte gigantische Radmechanismus (ein Relikt der "Alten Welt"), ein magisch-illusionärer Urwald, eine bizarre unterirdische Garnison halb-untoter Soldaten (die dennoch gerne Zechorgien feiern, solange der Boss nichts davon mitkriegt), sowie das Habitat eines ausgewachsenen Dämons gehören. 
 
Es wird vermutlich niemanden hier wundern, dass der zweite Band des Buchs der Schwerter mein absoluter Favorit war. Trotz einiger kleiner Schwächen hie und da (sowie dem Barbara-Ärgernis) ist das wirklich ein großer Spaß -- wenn auch für die meisten der Beteiligtene ein tödlicher. Denn wie uns schon das Beispiel Nestors gezeigt hat, hegt Saberhagen keinerlei Skrupel, einige seiner Figuren über die Klinge springen zu lassen.
Das High Fantasy - Element schleicht sich erst ganz am Ende wieder so richtig in die Geschichte ein, wenn es zum Auftritt eines Gottes kommt und wir auf recht drastische Art und Weise demonstriert bekommen, dass sich die Unsterblichen mit ihrem "Spiel" und den magischen Schwertern bös verrechnet haben könnten.
 
Mit dem dritten Band springt das Buch der Schwerter dann allerdings mit verdoppelter Kraft zurück in den High Fantasy - Modus. Was einer der Gründe dafür war, warum mich dieser am wenigsten angesprochen hat. Freilich verleiht Saberhagen seiner Geschichte auch hier noch den einen oder anderen eigenwilligen Akzent. 
So bekommen wir mit dem "Dunklen König" Vilkata zwar nun tatsächlich eine Art Dark Lord - Figur präsentiert, aber eine mythische Gestalt à la Sauron ist auch er nicht. Vielmehr handelt es sich bei ihm "bloß" um einen besonders mächtigen Schwarzmagier und Dämonenbeschwörer. Weniger unheimlich macht ihn das allerdings nicht. Eher im Gegenteil. Besonders wirkungsvoll fand ich die Idee, dass der blinde Vilkata Dienerdämonen als Ersatz für seinen verlorenen Gesichtssinn einsetzt und diesen dabei befohlen hat, alles "auszublenden" oder ""herauszufiltern", was bloß eine unnötige Ablenkung darstellen würde. Was in erster Linie bedeutet, dass der Warlord nie eines der Opfer seiner Handlungen wahrnimmt, Denn was würde es schon nützen, all diese Leichen und Leidenden zu "sehen"? Und auch wenn er sich mit seinen Konkubinen und Sklavinnen "vergnügt", sorgt der "Dämonenblick" für eine entsprechende Entmenschlichung, indem er die Körper der Frauen ganz auf ihre Sexualmerkmale reduziert.
Weit weniger gelungen fand ich Saberhagens Versuch, vermehrt "romantische" Subplots in seine Geschichte einzubauen. Ich glaube, ich bin noch nie einer absurderen Form von "Liebe auf den ersten Blick" begegnet wie der zwischen Mark und Prinzessin Kristin. Auch wenn ich es nett fand, dass auch der Hofstaat eines vermeintlich "guten" Königreiches wenig begeistert darauf reagiert, dass die Thronerbin mit einem dahergelaufenen Söldner und Fremdling angebandelt hat. Und dies Mark auf ausgesprochen "höfliche" (aber um nichts weniger eindeutige und herabsetztende) Art spüren lässt. Die implizierten Eheprobleme von Ben und Barbara fand ich dann allerdings völlig überflüssig. Nicht zuletzt deswegen, weil diese Figuren einfach viel zu oberflächlich gezeichnet sind, um Interesse für ihre emotionalen Verwirrungen wecken zu können. Wollte Saberhagen seine Charaktere nun doch plötzlich "vielschichtiger" machen und ihnen ein stärkeres psychologisches Eigenleben verleihen? Wenn das seine Absicht gewesen sein sollte, dann war das meines Erachtens keine gute Idee und zahlt sich nicht aus. Auch spricht das Ende der Saga eigentlich gegen eine solche Annahme. Denn keiner der "persönlichen" Handlungsstränge wird zu einem befriedigenden Abschluss gebracht und auf den letzten zwanzig Seiten oder so tauchen unsere "Haupthelden" nicht einmal mehr auf. Der Band endet vielmehr mit dem "Tod der Götter" und dem angenehm erbärmlichen Ende des "Dunklen Königs", wofür keiner der Protagonisten unmittelbar verantwortlich ist. Mir ist natürlich bewusst, dass es noch eine erkleckliche Anzahl von Folgebänden gibt. Dennoch etwas eigenartig.
 
Wirklich beeindruckend ist allerdings das Ende des Guten Sir Andrew. Für Jahre hat sich der Ritter mit ein paar Hundert Getreuen in den Sümpfen verschanzt und einen hoffnungslosen Guerillakrieg gegen die wirklich Mächtigen geführt. Als ihm die Silberne Königin anbietet, eine Allianz gegen den "Dunklen König" zu schließen, scheint sich das Blatt endlich zu wenden. Doch wenig später stößt Andrews Truppe mit der Vorhut von Viltakas Heer zusammen. Und der trägt inzwischen "Skulltwister", das "Sinnschwert", das alle in seiner Reichweite in fanatische Hörige seines Besitzers verwandelt. Andrew seinerseits führt "Shieldbreaker". Zwar schützt ihn das vor der magischen Beeinflussung, doch wie jedes der Zwölf, das tatsächlich für den Kampf geschaffen wurde, übernimmt auch diese Klinge die völlige Kontrolle über ihren Träger, sobald das erste Blut vergossen wird. Und so ist der Gute Ritter gezwungen, seine eigenen (ehemaligen) Gefolgsleute und schließlich sogar seine Hofzauberin abzumetzeln, die wohl eigentlich die Liebe seines Lebens war.** Danach fehlt auch ihm der Wille, noch länger auf dieser Welt auszuharren. Ein besonders krasses Beispiel für die ziemlich zweischneidige (hö-hö!) Macht der magischen Schwerter.
 
Mein Fazit? Ich hab' den Wälzer in zwei Wochen durchgelesen, und das will bei mir schon was heißen. Tiefgründige Literatur ist das selbstverständlich nicht, aber dafür nette und flüssig geschriebene Pulp-Unterhaltung, die nie zäh oder langweilig wird. Und dabei immer mal wieder die eine oder andere originelle und coole Szene oder Idee enthält, Als Sword & Sorcery - Liebhaber hat mir der zweite Band naturgemäß am besten gefallen. Aber inzwischen habe ich mir auch die zweibändige deutschsprachige Ausgabe von Empire of the East (Das gespaltene Land & Die schwarzen Berge) besorgt, und auch wenn's da wohl eher durchgängig "episch" zugeht, hab' ich erneut viel Spaß mit Saberhagens Pulp-Irrsinn.  
  
 
 
* Dying Earth - Geschichten halte ich trotz gewisser Ähnlichkeiten für ein deutlich anderes Sub-Sub-Genre. Ich verweise auf meine Besprechung von M. John Harrisons The Pastel City.   

** Die Beziehung zwischen den beiden war für mich der anrührendste "romantische" Subplot der Trilogie. Vielleicht gerade, weil die beiden (aus unterschiedlichen, nur angedeuteten, aber irgendwie nachvollziehbaren Gründen) nicht fähig sind, sich ihre wechselseitigen Gefühle zu gestehen.

Montag, 20. Mai 2024

Mehr Demokratie(n) in der Fantasy?

Ich begann diesen Beitrag vor drei Monaten zu schreiben, kurz nachdem Markus Mäurer auf Mastodon und Bluesky die folgende Frage gestellt hatte:

Wer kann mir (relativ klassische) Fantasy-Romane nennen, die in einer Sekundärwelt spielen und in denen Demokratie herrscht? Kein gerechter König, kein obskur berufener Rat der Weisen, keine Händlergilde, sondern wirklich demokratisch gewählte Volksfantasyvetreter. Mir will gerade keiner einfallen.

Ich fühlte mich dadurch an eine Diskussion erinnert, die im Frühjahr 2023 (damals noch auf Twitter) aufgekommen und in der es ebenfalls um die Frage gegangen war, warum es in der "klassischen" Fantasy so selten demokratische Staaten gibt und ob es nicht an der Zeit sei, dies zu ändern. Anlass waren die Krönungsfeierlichkeiten für Charles IIII. gewesen, die die (britische) Monarchie eine Zeit lang zum politischen Tagesthema gemacht und mit ihrem abstrusen Pomp zugleich die Absurdität des Fortlebens eines solchen feudalen Reliktes demonstriert hatten.

Schon damals hatte ich mir ein paar Gedanken zu dieser Frage gemacht. Nun versuchte ich, sie in eine geordnete Form zu bringen. Doch je länger ich an dem Text herumbosselte, desto unsicherer wurde ich. Waren meine Argumente wirklich schlüssig? Vor allem: Hielt ich sie selbst dafür? Schließlich ließ ich das Ganze erst einmal unvollendet liegen. Wenn ich den Beitrag nun doch fertig geschrieben habe und veröffentliche, dann unter dem Vorbehalt, dass es sich dabei eher um eine Art Protokoll meiner Überlegungen handelt und nicht um ein letztgültiges Urteil. Auch wenn es sich vielleicht anders liest.

Unter genrehistorischer Perspektive mag die Frage nach Demokratien in der Fantasyliteratur erst einmal etwas merkwürdig erscheinen. Was sich in den 60er-80er Jahren als "klassische" Fantasy herausbildete, speiste sich in erster Linie aus zwei Hauptströmungen -- der Sword & Sorcery und der High Fantasy. In beiden war aus nachvollziehbaren Gründen kaum Platz für solche Staatsformen, schon gar nicht, wenn man dabei (wie Markus) an moderne repräsentative Systeme denkt. Robert E. Howards Conan-Stories besaßen ihre Wurzeln vor allem in der historischen Abenteuergeschichte. Und Tolkiens Lord of the Rings war sogar in formaler Hinsicht als eine Art Wiederbelebung vormoderner Literaturformen konzipiert. Wie der Autor selbst es einmal ausgedrückt hat: "Mein Buch ist kein ‘Roman’, sondern eine ‘heroische Romanze’, eine ältere und ganz andere Art Literatur." (1) In beiden Fällen spielt die Handlung in einer fiktiven Vorzeit unserer Welt. Dementsprechend schaut dann halt auch die dort herrschende gesellschaftliche und politische Ordnung aus. Natürlich entwickelten sich beide Subgenres über die Jahrzehnte weiter, wurden vielgestaltiger und facettenreicher, aber ganz lösten sie sich nie von ihren Ursprüngen. So gesehen überrascht es auch nicht, dass wir in ihnen eher auf gekrönte Häupter als auf "Volksfantasyvertreter" stoßen.
 
Und ich sehe darin auch kein grundsätzliches Problem. Über den ideologischen Geist der Geschichten sagt das erst mal noch überhaupt nichts aus. Der lässt sich nur von Fall zu Fall bestimmen. Selbst Michael Moorcock, dessen Kritik an Tolkien & Co ja nicht gerade für ihren differenzierten Charakter bekannt ist, erklärte seinerzeit in dem Essay Starship Stormtroopers:  

Fiction about kings and queens is not necessarily royalist fiction any more than fiction about anarchists is likely to be libertarian fiction. [...] It depends what use you make of such characters in a story and what, in the final analysis, you are saying.
Dasselbe gilt für die soziale und politische Ordnung, in der die Handlung angesiedelt ist. Entscheidend ist nicht, wie diese aussieht, sondern wie an sie herangegangen wird.
     
Nun gibt es ironischerweise gerade in der amerikanischen Kultur (und Amerika dürfte nach wie vor den Fantasymarkt dominieren) eine lange Tradition der Romantisierung von Adel und feudalem Europa. Und es lässt sich nicht leugnen, dass diese zuweilen Hand in Hand mit höchst reaktionären politischen Kräften ging. So beschrieb schon Mark Twain in Life on the Mississippi die Rolle, die Walter Scotts Mittelalter-Romane bei der Entstehung des "chivalresken" Selbstbildes der Sklavenhalter-Oligarchie der Südstaaten gespielt hatten. Auch wenn er deren Bedeutung dabei sicher etwas übertrieb.
It was Sir Walter that made every gentleman in the South a Major or a Colonel, or a General or a Judge, before the war; and it was he, also, that made these gentlemen value these bogus decorations. For it was he that created rank and caste down there, and also reverence for rank and caste, and pride and pleasure in them.
Twain sah in der Ritterromantik eine direkte Reaktion auf den Freiheitsgeist der Französischen Revolution:
Then comes Sir Walter Scott with his enchantments, and by his single might checks this wave of progress and even turns it back; sets the world in love with dreams and phantoms; with decayed and swinish forms of religion; with decayed and degraded systems of government; with the silliness and emptiness, sham grandeurs, sham gauds, and sham chivalries of a brainless and worthless long-vanished society. (2)
Die Satire von A Connecticut Yankee in King Arthur's Court richtet sich zu einem Gutteil gegen dieses romantisch verklärte Bild des Feudalismus. Zumal auch die kapitalistischen Magnaten, die "robber barons", deren Aufstieg sich nach dem Bürgerkrieg während des sog. "Gilded Age" vollzog, in Ermangelung einer autochthonen aristokratischen Tradition (3) recht häufig mit dem feudalen Plunder Europas liebäugelten, um ihrer privilegierten Stellung "Glanz" und "Würde" zu verleihen. In leicht abgewandelter Form lässt sich diese Tendenz mitunter bis heute unter Verteter*innen der amerikanischen Elite und der wohlhabenden Mittelklasse beobachten.
 
Inwieweit diese Tradition auch in Teilen der (amerikanischen) Fantasyliteratur fortlebt, wäre sicher eine interessante Frage. Ich selbst spiele ja manchmal mit der These, dass der High Fantasy - Boom der 80er Jahre zumindest in Teilen die allgemeine reaktionäre Kehrtwende dieses Jahrzehnts widerspiegele. Bin mir allerdings bewusst, dass ich mich dabei auf sehr unsicherem Boden bewege und erst einmal viel mehr High Fantasy der Zeit lesen müsste, um das zu verifizieren. (Was kaum geschehen wird).
   
Aber schon die alte Romantisierung des europäischen Mittelalters enthielt natürlich nicht immer ein derartiges "politisches" Element. Oft genug handelte es sich einfach um eine Form von Exotik. Ein farbenfrohes Ambiente für Swashbuckling Adventures. Und es spricht nichts dagegen, daran anzuknüpfen, selbst wenn man jedwede Idealisierung des realen Feudalismus ablehnt. Wie Steven Brust einmal in seinem Blogbeitrag Fantasy Writing and Titles of Nobility geschrieben hat: 
For Americans there is an element of the romantic and the exotic about titles of nobility, about Baron Soandso, or Count Thisandsuch [...] In reality, the feudal landlords were vicious bloodsuckers – when not for personal reasons, than simply because of the nature of the property relations that ultimately defined everyone’s life. What I am not about to do is suggest that American fantasy writers ignore the exotic and romantic elements – your readers have them in their heads, and unless you see your job as primarily pedagogical (which I do not), what is in the reader’s head is key: it is easier to play with the reader’s head if you work with what you know is rattling around in there. 
What I want to point out is that the tension between the actual nature of the nobility and this sense of the romantic and exotic is something that, if we’re aware of it, we can play with to produce interesting effects.  Just a few subtle hints about the reality, while still permitting the swirling capes and Byronic posturing, can really bring home the world and the character, and add a sense of depth.  That is, be aware of the reality and of the feelings of the reader.
Soweit sie mir aus eigener Leseerfahrung bekannt sind, würde ich sagen, dass ihm dieses Spiel in seinen Vlad Taltos - Büchern ziemlich gut gelungen ist. Und diese Herangehensweise sagt mir deutlich mehr zu, als wenn ein Autor zwar mit dem ganzen (faux)-feudalistischen Inventar der "klassischen" Fantasy spielen will, dann aber eine vom Volk gewählte Königin oder ein gesetzgebendes Parlament einbaut, weil er glaubt, dass das seine Erzählung irgendwie "progressiver" machen würde.
 
Ein nettes Fallbeispiel dafür ist Terry Brooks' The Sword of Shannara.
Das 1977 erschienene Buch ist bekanntlich ein ziemlich dreister Lord of the Rings - Klon. Nichtsdestotrotz flechtet Brooks hie und da eigene Ideen in die Handlung ein und setzt dabei deutlich andere Akzente als Tolkien. Callahorn ist sein Äquivalent zu Gondor. Das Reich bildet eine Art Schutzwall für die "freien Völker" gegen die Bedrohung durch die Horden des Bösen. Doch anders als Tolkiens "Turm der Wacht" ist Callahorn dabei nicht der Hüter des Erbes einer edleren Vergangenheit. Eine solche hat es in Brooks' Welt nie gegeben. Vielmehr repräsentiert das Reich die Verheißung einer besseren, menschlicheren Zukunft:
[Die Hauptstadt] Tyrsis war die Wegkreuzung der vier Länder, und durch seine Mauern und Landschaften strömten Angehörige aller Nationen, die den Einwohnern Gelegenheit gaben, zu sehen und zu begreifen, dass die Unterschiede in Gesicht und Körper bei den einzelnen Rassen unwichtig waren. Die Menschen hatten gelernt, die innere Person zu beurteilen. Ein riesiger Berg-Troll wurde nicht angestarrt und seiner bizarren Erscheinung wegen gemieden; Trolle kamen oft in dieses Land. Gnomen, Elfen und Zwerge aller Arten und Gattungen zogen regelmäßig hindurch, und wenn sie Freunde sein wollten, wurden sie willkommen geheißen. Balinor lächelte, als er von dieser neuen, sich ausbreitenden Erscheinung sprach, die endlich überall in den Ländern die Oberhand zu gewinnen schien, und er empfand Stolz darüber, dass sein Volk zu den ersten gehörte, die alte Vorurteile fallen ließen und nach gemeinsamen Grundlagen für Verständnis und Freundschaft suchten.
Soweit stellt das einen durchaus interessanten, wenn auch erzählerisch wenig überzeugend umgesetzten, Gegenentwurf zu Tolkien dar. Aber dann geht Brooks noch einen Schritt weiter und erklärt das Reich zu einer konstitutionellen Monarchie:
Callahorn war eine der wenigen aufgeklärten Monarchien der Welt [...] Theoretisch eine Monarchie, beherrscht von einem König, bestand die Regierung auch aus einer parlamantarischen Körperschaft, deren Repräsentanten vom Volk gewählt wurden und für die Verabschiedung der Gesetze verantwortlich waren.
Doch nichts von dem, was wir im weiteren Verlauf der Geschichte vom Leben im Reich zu sehen bekommen, passt zu dieser Erklärung. Callahorns Gesellschaft entspricht völlig dem genretypischen Pseudo-Mittelalter. Bestenfalls könnte man sich da so etwas wie Ständevertretungen vorstellen. Die Handlung konzentriert sich zudem völlig auf aristokratische Kreise und den Königsplalast. Und so muss die ohnehin nur nebenbei hingeworfene Bemerkung über ein gesetzgebendes Parlament als ungeschickter Versuch des Autors erscheinen, seinen liberalen Überzeugungen Ausdruck zu verleihen, ohne gar zu weit von der Lord of the Rings - Schablone abzuweichen. 
 
Warum wirkt das Ergebnis so ungelenk? Ich würde behaupten, dass man als Leser*in unweigerlich das Gefühl bekommt, dass hier disparate Elemente nebeneinander gestellt werden, die sich nicht zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen. Wir wissen einfach irgendwie, dass man eine Staatsform nicht jeder beliebigen Gesellschaftsordnung aufpfropfen kann, sondern dass da ein innerer Zusammenhang besteht.
 
Allerdings würde ich einschränkend voranstellen, dass man bei dieser Frage den Charakter der jeweiligen Fantasywelt mit in Betracht ziehen muss. Es gibt meines Erachtens nämlich eine Reihe von "Welttypen", bei denen dieses Gefühl der Inkongruenz nicht notwendigerweise ein Problem darstellen muss -- im Gegenteil vielleicht sogar ästhetisch gewollt sein kann. (Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).
 
Da wäre zuerst einmal das, was ich den "Traumland"-Typus nennen möchte: Lewis Carrolls Wonderland, die phantastischen Welten Lord Dunsanys, H.P. Lovecrafts Dreamlands, Frank Baums Oz etc. Neuere Beispiele wären etwa die Lands of Dream von Jonas & Verena Kyratzes oder auch die Herbstlande. (4) In atmosphärischer Hinsicht würde eine moderne repräsentative Demokratie in einigen von diesen sicher auch wie ein Fremdkörper wirken. Aber es wäre absurd, deren Existenz aus soziologischen Gründen für "unrealistisch" zu halten. Diese Welten funktionieren nach anderen Gesetzen. Niemand stellt sich die Frage nach der Feudalökonomie des Feenreiches. Und niemand sollte das.
Dem verwandt, aber nicht wesensgleich, sind Welten, deren "Phantastik-Grad" so hoch ist, dass im Grunde nichts in ihnen zu seltsam, bizarr oder grotesk wirken kann. Ich denke da z.B. an Jack Vance' Dying Earth oder auch an Teile des moorcock'schen Multiversums. Prinzipiell spräche auch hier nichts gegen die Existenz einer Demokratie. Und tatsächlich heißt es am Anfang der zweiten Corum - Trilogie (The Bull and the Spear), dass die Mabden (Menschen) nach der Zerstörung ihrer Götter u.a. "neue Gesetze" schufen, "die jedem das Recht gaben, in den Angelegenheiten des Staates mitzubestimmen". (5) Freilich beschränkt sich Moorcock klugerweise auf diese vage Andeutung. Sie reicht, um auszudrücken, worum es ihm geht, ohne Fragen nach dem konkreten Charakter dieser neuen Ordnung zu provozieren.
Schließlich gibt es auch noch eine Spielart der Fantasy, die den "anachronistischen Bruch" als ein bewusstes Stilmittel einsetzt. Ein gutes Beispiel dafür ist T.H. Whites The Once and Future King. Die Handlung des Romans spielt zwar ausdrücklich in einer Art parallelweltlichem 12. Jahrhundert und steckt voller mediävistischer Details. (Wobei allerding auch diese bereits sehr "frei" gehandhabt werden, hat White doch z.B. kein Problem damit, John Ball, den radikalen Prediger des 14. Jahrhunderts, in seine Geschichte einzubauen). Aber zugleich erlaubt es ihm seine spielerische (beinah schon "postmoderne") Herangehensweise (und die Figur des rückwärts in der Zeit alternden Merlin) ganz offen über Themen wie Nationalismus, Faschismus und Kommunismus zu reden. Ähnliches gilt für Naomi Mitchisons To the Chapel Perilous und (wenn meine Erinnerung mich nicht trügt) auch für Teile von Evangeline Waltons Mabinogion - Tetralogie. Da alle drei Werke Neubearbeitungen mittelalterlicher Stoffe sind, wäre ein demokratischer Staat wohl auch in ihnen unangebracht, aber ich könnte mir Romane ähnlichen Stils vorstellen, in denen das kein Problem darstellen würde. (6)
 
Völlig ausgestorben sind diese Spielarten der Fantasy sicher nicht. Doch wird das Genre meines Erachtens von einem anderen Typus dominiert, der mit einem sehr viel größeren "Pseudo-Realismus" daherkommt. Das äußert sich unter anderem in der zentralen Bedeutung, die einer speziellen Form des "Worldbuilding" zugesprochen wird. Die Sekundärwelt soll dabei im Idealfall "glaubwürdig" und "in sich konsistent" erscheinen. Was letztlich bedeutet, dass sie in weiten Teilen nach den selben Regeln funktioniert wie die Realwelt. Wo diese durchbrochen werden (etwa durch Magie), geschieht dies auf selektive und meist wiederum speziellen Regeln unterworfene Weise. (7)
 
In hohem Maße verantwortlich für die Vorherrschaft dieses Modells ist natürlich der Einfluss Tolkiens, der selbst bei Autor*innen nachwirkt, die das Werk des "Professors" gar nicht mehr aus eigener Leseerfahrung kennen. Er vor allem war es, der das Ausarbeiten der Sekundärwelt zu einem eigenständigen ästhetischen Unternehmen machte, weitgehend unabhängig von der Handlung der Erzählung.  Tolkien charakterisierte sein Werk denn auch einmal als "eine erweiterte Form des Spiels, ein Land zu erfinden". (8) Das Spiel selbst ist natürlich sehr viel älter als der Lord of the Rings und Arda keineswegs die erste Sekundärwelt der Phantastik (9), aber niemand dürfte es mit einer solchen Obsession für Einzelheiten betrieben haben wie der "Professor". "Ich habe es selbst gern, wenn Dinge im Detail ausgeführt werden und alle vernünftigen Fragen beantwortet werden können." (10) Allerdings war Tolkien nicht an den sozialen Faktoren interessiert, die in der Wirklichkeit den Fortgang der Geschichte bestimmen. Was erklärt, warum Mittelerde bei allen Kriegen und Katastrophen merkwürdig "statisch" wirkt. Sein Geschichtsbild war in erster Linie religiös geprägt und dabei extrem pessimistisch: "Ich bin nun einmal Christ, sogar Katholik, und darum erwarte ich von der ‘Geschichte’ nichts anderes als eine ‘lange Niederlage’" (11) Die einzige wirkliche Dynamik in seiner Historie von Mittelerde ist deshalb auch die eines langsamen Niedergangs des Schönen und Edlen. Aber auch wenn das nicht sein Hauptinteresse war, machte er sich zumindest Gedanken über die ökonomische Basis der Gesellschaften in seiner Sekundärwelt. Wie er in einem Brief an Naomi Mitchison schrieb:

Ökonomisches Denkens bin ich nicht unfähig oder unkundig, und ich denke, soweit es die "Sterblichen" betrifft, Menschen, Hobbits und Zwerge, sind die Situationen so angelegt, dass ökonomische Wahrscheinlichkeit gegeben ist und sich ausführen ließe: Gondor hat genug Lehensgüter und Ländereien in städtischem Besitz mit guten Wasser- und Straßenverbindungen, um seine Bevölkerung zu versorgen; und offenbar hat es viele Industrien, die allerdings kaum erwähnt werden. (12)
Für die uns beschäftigende Frage ist dieser Faktor von vorrangiger Bedeutung. Denn das oft gehörte Argument, in der Fantasy sei "alles möglich", gilt bei diesem Weltenmodell nur in sehr eingeschränkter Form, wenn das Ganze wirklich "in sich schlüssig" sein soll. Wenn in einer solchen Sekundärwelt eine Demokratie auftaucht, würde ich mich deshalb automatisch fragen: Wie hat eine solche Staatsordnung hier entstehen können? Auf welcher materiellen, sozialen und ökonomischen Grundlage basiert sie? Welche Schichten oder Klassen haben sie erkämpft? Und bei einer traditionell pseudo-mittelalterlichen oder von anderen vormodernen Kulturen inspirierten Fantasywelt würde ich schwerlich eine befriedigende Antwort auf diese Fragen erhalten können.
 
Staatsformen entstehen ja nicht spontan in einem historischen Vakuum oder sind die Umsetzung abstrakter Ideale, die den Einflüsterungen einer geheimnisvollen Inspiration entsprungen wären. Sie sind Produkt eines geschichtlichen Prozesses, der in letzter Instanz von der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und der auf ihr erwachsenen Teilung der Gesellschaft in Klassen bestimmt wird.  
Der Wunsch nach Freiheit und Gleichheit dürfte so alt sein wie die Existenz von Unterdrückung und Ausbeutung. Und er fand durch die Geschichte in einer Vielzahl von Formen Ausdruck. Aber kein Bauern- oder Sklavenaufstand, keine Revolte der städtischen Unterschichten brachte dabei in vorkapitalistischer Zeit etwas hervor, was einer repräsentativen Demokratie geähnelt hätte. 
Das absolute Maximum in dieser Hinsicht war die antike griechische (vor allem athenische) Demokratie mit ihrer gesetzgebenden Volksversammlung (ekklesia), ihren gewählten Staatsbeamten und Volksgerichten (dikasteria). Doch diese basierte ökonomisch auf Sklaverei (13) und dürfte wohl kaum das sein, was Markus und anderen als Modell vorschwebt.
Die parlamentarische Demokratie ist ein Produkt des Aufstiegs des Bürgertums zur herrschenden Klasse. Ihre Entstehung setzt voraus, dass die wirtschaftliche Entwicklung hin zum Kapitalismus begonnen hat, all die ständischen und korporativen Strukturen, persönlichen Bande und Hierarchien aufzulösen, in deren komplexes Geflecht die Menschen bis dahin eingebettet waren und über die sie sich selbst definierten. Erst deren fortschreitende Zersetzung bringt den Typus des "Citoyen" als lebendigen Trägers der Demokratie hervor. Ihre eigentliche Geburtsstunde aber ist die bürgerliche Revolution, wenn die Bourgeoisie sich an die Spitze der großen Masse des Volkes stellt und mit dessen Unterstützung die feudalen Mächte gewaltsam stürzt. Die dauerhafte Etablierung des allgemeinen Wahlrechts erfolgte in den meisten Fällen freilich erst später und durch den massiven Druck zuerst der plebejischen Schichten, dann der Arbeiterklasse.
 

Das "Lange Parlament", dessen Zusammentreten 1640 den Beginn der Englischen Revolution markierte

Die Gerichtsverhandlung gegen Louis Capet (Louis XVI.) vor dem Nationalkonvent von 1792

Natürlich ist es völlig okay, die Frage zu stellen, ob dieselben historischen Gesetzmäßigkeiten denn auch für eine Fantasywelt gelten müssen. Und selbst wenn es sich bei dieser um eine des "pseudo-realistischen" Typs handelt, würde ich das nicht unumwunden bejahen wollen. Auch in einer solchen könnte es eine ganze Reihe von Faktoren geben, die den Lauf der Geschichte auf eine in der Realität unbekannte Weise beeinflussen. Etwa das direkte Eingreifen übernatürlicher Mächte (Götter, Dämonen etc.). Auch die reale Existenz von Magie hätte sicher ihre Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. Und dasselbe dürfte wohl für die Existenz etwaiger nichtmenschlicher Völker gelten.
 
In unserer letzten Klassiker-Reread-Diskussion brachte Alessandra den interessanten Gedanken auf, dass die extreme Langlebigkeit einiger dieser Völker mit ein Grund für den "statischen" Charakter vieler "klassischer" Fantasywelten sein könnte. Ich denke, das ist ein valider Punkt. Tolkiens Elben sind vielleicht die ersten, die einem da einfallen würden. Aber sie stellen in gewisser Weise einen Sonderfall dar, auch wenn ihr Vorbild selbstverständlich viele spätere Autor*innen beeinflusst hat. (14) Doch wenn man z.B. die Dragaeraner aus Steven Brusts literarischem Universum nimmt, ließe sich durchaus argumentieren, dass deren Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende umfassende Lebensdauer zusammen mit der Organisation in kastenartigen "Häusern" mit ein Grund für die scheinbare Unveränderlichkeit der sozialen Struktur ihres Imperiums ist. Als einen zusätzlichen Faktor könnte man dort auch die Rolle der Magie ansehen. Selbige ist nämlich ziemlich "alltäglich" (jedenfalls für die, die sie sich leisten können) und erfüllt oft ähnliche Funktionen wie die Technik in unserer Welt. Weshalb manche Aspekte der dragaeranischen Gesellschaft auch erstaunlich "modern" wirken. Doch anders als technologische Entwicklungen führen magische nicht zu Veränderungen in den Produktionsbedingungen oder setzen diese voraus. Neue Magie führt nicht zur Entstehung von Manufaktur oder Fabrik. Und untergräbt damit auch nicht die traditionelle Ordnung.   
 
Ob vergleichbare "phantastische Faktoren" umgekehrt auch dazu verwendet werden könnten, um die Entstehung einer demokratischen Verfassung auf Grundlage einer vormodernen Wirtschaft "glaubwürdig" zu machen? Ich will das nicht von vornherein ausschließen, doch finde ich es schwierig, mir ein entsprechendes Szenario vorzustellen.
 
Natürlich ist mir bewusst, dass eine vermeintliche "historische Korrektheit" sehr gerne von Konservativen oder Reaktionären als Argument ins Feld geführt wird, wenn es darum geht, sexistische oder rassistische Elemente in der Fantasy zu verteidigen ("Damals war das halt so.") oder größere Diversität als "unrealistisch" und "politisch motiviert" zu verdammen. (Dass diejenigen, die das tun, oft selbst ein gehöriges Maß an historischer Ignoranz an den Tag legen, wäre ein Thema für sich). Nun könnte es so scheinen, als würde ich mich einer ähnlichen Argumentation bedienen. Aber es geht mir nicht eigentlich um "historische Korrektheit". Was in Bezug auf Fantasygeschichten ja auch in der Tat etwas unsinnig wäre. Selbst bei solchen, die sich relativ stark an historische Vorbilder anlehnen. Um ein besonders prägnantes Beispiel zu nennen: Maike Claußnitzers Aquae Calicis - Erzählungen orientieren sich in vielem recht genau an der Wirklichkeit des europäischen Frühmittelalters. (Wenn auch mit deutlich mehr Geistern, Kobolden und hübsch-handlichen Drachen). Doch herrscht in ihrer Welt eine ganz selbstverständliche Gleichberechtigung der Geschlechter. Was ich keineswegs als irritierend, sondern vielmehr als sehr angenehm empfinde. Denn es passt zum Charakter der Geschichten. Wenn mir die Vorstellung von Demokratien in einem "klassischen" Fantasysetting nicht so recht gefallen will, dann nicht, weil sie "historisch inkorrekt" wäre, sondern weil sie "soziologisch" unglaubwürdig wirkt. (15) Zumindest im Kontext eines "pseudo-realistischen" Weltenbaus.
 
Der Hauptgrund für meine Irritation dürfte allerdings darin bestehen, dass mir in diesen Diskussionen sehr oft ein weltanschaulicher Ansatz mitzuschwingen scheint, dem ich ausgesprochen kritisch gegenüberstehe. Mein Eindruck ist nämlich, dass im "progressiven" Flügel unserer Phantastikszene eine (im philosophischen Sinne) idealistische Sicht auf Geschichte und Gesellschaft vorherrscht. D.h. die Überzeugung, die soziale Wirklichkeit werde von den Ideen der Menschen (ihren Wertvorstellungen, Ideologien, "Mythen" etc.) geformt, und nicht umgekehrt. Während ich selbst an dem alten marx'schen Diktum festhalte, das da lautet: "Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt." (16) 
Trennt man die Ideen auf diese Weise von ihren materiellen Wurzeln, fällt es auch sehr viel leichter, sie aus ihrem historischen Entwicklungszusammenhang zu lösen. Auf die uns hier interessierende Frage angewandt: Wenn die "moderne" Demokratie die Umsetzung einer Idee ist -- der der politischen Gleichheit aller Bürger*innen --; und wenn diese Idee ihre Entstehung nicht in letzter Konsequenz der materiellen (ökonomischen) Entwicklung verdankt, sondern "ganz einfach" (quasi spontan) dem menschlichen Geist entsprungen ist; dann spricht im Grunde nichts dagegen, sich eine solche Staatsform in einer Gesellschaft vorzustellen, deren wirtschaftliche Entwicklung sich auf dem Niveau des europäischen Mittelalters befindet.
Freilich wird man dann auch kaum eine befriedigende Antwort auf die Frage geben können, warum dies nicht auch in der Realität der Fall gewesen ist. Letztenendes wird man sich gezwungen sehen, auf den hochmütigen Standpunkt der Aufklärungsphilosophen zurückzufallen, die den Menschen des "dunklen Zeitalters" einen Mangel an Einsicht und Vernunft unterstellten. Denn wie anders könnte man erklären, dass diese sich von "Königen und Pfaffen" beherrschen ließen?
Man könnte das natürlich für eine reichlich abstrakte, "geschichtsphilosophische" Frage halten. Doch begünstigt eine idealistische Weltsicht auch eine entsprechende politische Praxis. Wenn die gesellschaftliche Realität letztenendes von unseren Ideen geformt wird, dann ist alles, was es zu ihrer Verränderung braucht, neue oder andere Ideen. Mitunter geht diese Philosophie sogar so weit, sozioökonomische Systeme wie Kapitalismus oder Imperialismus in bloße Ideenkomplexe oder "Narrative" aufzulösen. Um anschließend zu proklamieren, wir bräuchte "neue Erzählungen" oder "neue Arten des Erzählens". Damit nährt sie die Illusion, ein bloßes "Umdenken" sei bereits ein politischer Akt, vielleicht sogar der entscheidende politische Akt. Die handfesten materiellen Eigentums- und Machtverhältnisse geraten dabei oft aus dem Fokus.
 
Doch bevor wir uns noch weiter von unserem eigentlichen Thema entfernen, trete ich lieber rasch auf die Bremse.
 
Was ich mit dem Ganzen hier nicht sagen will, ist, dass die "klassische" Fantasy meiner Meinung nach auf ewig an die altbekannten pseudo-mittelalterlichen und oft eurozentrischen Szenarien gekettet wäre. Schon in der historischen Realität hat es ja eine Vielzahl sehr unterschiedlicher vorbürgerlicher Herrschafts- und Gesellschaftsformen gegeben. Und natürlich spricht nichts dagegen, sich außerdem völlig neue und phantastischere auszudenken. 
Auf demokratische Elemente muss man dabei keineswegs völlig verzichten. Nur sollten sie halt dem Entwicklungsgrad der beschriebenen Gesellschaft angemessen sein.
Einem ziemlich gelungenen Beispiel hierfür bin ich kürzlich im Zuge unseres diesjährigen Klassiker-Rereads begegnet. Ein Gutteil der Handlung von Die Tänzer von Arun, dem zweiten Band von Elizabeth A. Lynns Chroniken von Tornor, spielt nämlich in der kleinen Stadt Elath. Und dort regiert ein Stadtrat. Einer der Charaktere fragt: "So wie der Rat der Häuser in Kendra-im-Delta [der größten Metropole des Landes]?" Worauf er die Antwort erhält: "Ja, ungefähr so. Er wurde nach ihm als Vorbild eingerichtet. Aber wir hier in Elath sind nicht ganz so großmächtig. Hier kann jeder, der Grund und Boden besitzt, Ratsmitglied werden. Es gibt hier keine Adelsfamilien wie in der Großen Stadt." (17) Eine solche "moderate", an Besitz in der Gemeinde gebundene "Demokratie" scheint mir durchaus zu den sozialen Verhältnissen zu passen, die in der Erzählung beschrieben werden. Während in den rein bäuerlichen Gemeinschaften des Galbareth (der Kornkammer des Landes) eher kollektivistische Strukturen vorzuherrschen scheinen (gemeinsame Speisehallen etc.), ist die Gemeinde in dem stärker vom Handwerk geprägten Elath bereits in einzelne Haushalte aufgespalten. Auch der Landbesitz ist parzelliert. Aber anders als in den größeren Städten sind die Klassengegensätze noch relativ unentwickelt. Es scheint keine extrem armen oder extrem reichen Familien zu geben. Während sich in Kendra schon seit langem eine Oligarchie herausgebildet hat, die ursprünglich wohl auf Großgrundbesitz basierte, herrscht in Elath noch eine relative soziale Gleichheit. Was seinen Ausdruck dnn halt auch in der politischen Ordnung gefunden hat. Eine moderne Demokratie ist der Ort natürlich trotzdem nicht. Auch reicht die "Herrschaft" des Rates nicht über die Grenzen der Gemeinde hinaus.
 
Noch viel weniger geht es mir darum, behaupten zu wollen, die "klassische" Fantasy sei von Natur aus ungeeignet, aktuelle politische Themen anzusprechen. Das ist ja auch anhand genuin historischer Stoffe sehr gut möglich. Ich denke da z.B. an Bertolt Brechts Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar oder an Spartacus von Stanley Kubrick & Dalton Trumbo, die beide unter anderem den Aufstieg des Faschismus bzw. die Etablierung autoritärer Regime thematisieren. (18) 
Natürlich erlauben sich die Künstler gewisse Freiheiten mit der historischen Realität, wenn sie die Klassenkämpfe der Antike mit denen ihrer eigenen Zeit parallel setzen. Wie anders könnten z.B. die Anhänger Catilinas bei Brecht zu einem Stand-in für Kommunisten werden? Aber gewisse Grenzen werden dabei nicht überschritten. Und  da es aus naheliegenden Gründen nicht zum dauerhaften Sieg der Ausgebeuteten kommen kann, stellt sich auch nicht das Problem anachronistischer Staatsformen ein.   

Etwas ähnliches ist auf ähnliche Weise sicher auch in der "klassischen" Fantasy machbar. Und ich denke, es wäre gar nicht so schlecht, wenn sich die Autor*innen dabei gleichfalls von den realen Klassenkämpfen der Vergangenheit inspirieren ließen. Das Material ist reichhaltig, vielfältig, in allen Kulturkreisen anzufinden und (soweit ich das beurteilen kann) von der Fantasy bislang nur wenig genutzt. Eine eingehendere Beschäftigung mit diesen historischen Episoden könnte u.a. dazu beitragen, den entsprechenden Erzählungen eine größere soziale Konkretheit zu verleihen. Statt eines Kampfes um abstrakte Ideale, Konflikte, die im realen Leben der Betroffenen verwurzelt sind, den sozialen Verhältnissen entspringen, unter denen sie existieren. Dabei zugleich aktuelle politische Fragen unserer Zeit zu berühren, sollte durchaus möglich sein. Vorausgesetzt man hält es nicht für notwendig, dabei gar zu direkt und unverhüllt vorzugehen.

Natürlich will ich damit nicht sagen, dass alle Welt nun "klassische" Fantasy über Bauernaufstände und Zunftrevolten schreiben solle. Zumal die erfolgreiche künstlerische Darstellung einer Revolution eine ziemlich schwierige Angelegenheit ist. Gar zu schnell driftet man dabei ins Romantisierende oder Pathetische ab. (19) Mich irritiert zwar schon, dass "politische Kämpfe" in der Fantasy immer noch viel zu oft aus dem Machtgerangel und den Intrigen aristokratischer Häuser und Sippen zu bestehen scheinen. Und ich würde mir durchaus wünschen, dass wir zur Abwechselung statt der "Politik der Herrschenden" auch einmal die "Politik der Beherrschten" zu sehen bekämen. Aber das kann ja sehr unterschiedliche Formen annehmen und der offene Aufstand muss dabei nicht notwednigerweise im Zentrum stehen. Mein ganz persönlicher Traum ist es immer noch, mich irgendwann einmal daran zu versuchen, Sword & Sorcery in der Ära des Großen Bauernkrieges (1525) zu schreiben. Dabei hätten mein Held und meine Heldin in ihrer Vergangenheit zwar auf unterschiedliche Weise Kontakt zu den revolutionären Bewegungen der Zeit gehabt, doch würde ich sie garantiert nicht an der Spitze aufständischer Bauernhaufen irgendwelche Klöster oder Burgen erstürmen lassen. Mir würde es mehr um die allgemeine Atmosphäre einer gesellschaftlichen Umbruchszeit gehen.

Kommen wir zum Ende. Mein vorläufiges Fazit wäre wohl ungefähr das Folgende: Ich wüsste nicht, warum wir mehr Demokratien in der "klassischen" Fantasy bräuchten. Es sei denn, wir wollten auch weiterhin Geschichten über "edle" Herrscher und "Reiche des Guten" schreiben, zierten uns aber, diese dann als Könige und Monarchien darzustellen. Für mich kein ausreichender Grund. 
Sehr viel wichtiger scheint mir eine kritische Haltung gegenüber Macht und Hierarchien, gegenüber den Reichen und Mächtigen, ganz gleich, welche politische Form deren Herrschaft besitzt. 
Das heißt nicht, dass Vertrer*innen der privilegierten Schichten grundsätzlich negativ oder unsympathisch gezeichnet werden müssten. Krude Karrikaturen, gleich welcher Art, haben ganz allgemein nur einen sehr begrenzten Wert. Ebensowenig, dass unsere Held*innen notwendigerweise dem einfachen Volk entstammen müssten -- trotz meiner oft erklärten Vorliebe für die plebejischen Underdog-Held*innen der Sword & Sorcery.
Mir geht es vielmehr um eine bestimmte Grundhaltung auf Seiten der Auor*innen. Und um ein Verständnis dafür, wie die soziale Ordnung einer Welt nicht nur das Leben, sondern auch das Denken und Empfinden jener prägt oder beeinflusst, die in ihr existieren. Wobei es selbstverständlich ganz vom Charakter der jeweiligen Geschichte abhängt, wie groß die Rolle tatsächlich ist, die diese Faktoren in ihr spielen werden. 
Von Vorteil bei dem Ganzen ist auf jedenfall immer, wenn die Autor*innen eine Ahnung davon haben, wie Herrschaft, soziale Hierarchien, Ausbeutung etc. in der Realität funktionieren -- historisch und gegenwärtig.

 

     

 

   

 

(1) Brief an Szabó Szentmihályi [Oktober 1971]. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 329. S. 539.

(2) Mark Twain: Life on the Mississippi. Kapitel XLVI. S. 314f.

(3) Genaugenommen hatte zwar auch Amerika eine Aristokratie (Gentry) und semi-feudale Hierarchien gekannt, doch waren diese durch die Revolution von 1776 und die aus ihr hervorgegangenen Entwicklungen zerschlagen worden. Und da der Unabhängigkeitskrieg die Geburtsstunde der Vereinigten Staaten gewesen war, musste es quasi unmöglich erscheinen, an diese Vergangenheit anzuknüpfen, wenn man zugleich die Fahne des Patriotismus hochhalten wollte. Nur proto-faschistische Denker wie der Eugeniker und Rassentheoretiker Lothrop Stoddard "wagten" es, ganz offen und direkt das Erbe der Revolution zu attackieren.
 
(4) Von letzteren habe ich bislang allerdings nur Alessandras Roman Die Sommerlande gelesen, mein Wissen ist also beschränkt.

(5) Michael Moorcock: Das Buch Corum. S. 467.

(6) Außen vor bleiben bei unseren Betrachtungen Universen wie das von Mervyn Peakes Gormenghast, die sich bewusst jeder klaren "historischen" Verortung entziehen, sowie industrialisierte Fantasywelten wie China Miévilles Bas-Lag oder das Faerie in Michael Swanwicks The Iron Dragon's Daughter.
 
(7) Es würde deutlich zu weit führen, diese Herangehensweise an "phantastische Welten" an dieser Stelle einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Ich möchte darum bloß kurz auf M. John Harrisons Essay What It Might Be Like To Live In Viriconium verweisen.
 
(8) Brief an Naomi Mitchison [5. September 1954]. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 154. S. 259.
 
(9) Oft wird in diesem Zusammenhang auf William Morris und seine Erzählungen The Well at the World's End, The Wood Beyond the World, The Water of the Wondrous Isles und The Sundering Flood verwiesen. Aber wie Matthew David Surridge in seinem Essay Worlds Within Worlds überzeugend dargelegt hat, gebührt diese Ehre wohl eigentlich Sara Coleridge mit ihrem Roman Phantasmion. Die erste detaillierte erfundene Mythologie dürfte Lord Dunsanys Gods of Pegana gewesen sein.

(10) Brief an Naomi Mitchison [25. April 1954]. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 144. S. 230.

(11) Brief an Amy Ronald [15. Dezember 1956]. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 195. S. 336.
 
(12) Brief an Naomi Mitchison [25. April 1954]. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 144. S. 230.
 
(13) In seiner klassischen Studie The Class Struggle in the Ancient Greek World stellt G.E.M de Ste. Croix sogar die These auf, dass der Sklavenarbeit in den antiken Demokratien eine besonders große Bedeutung zukam, da das politische Regime der Ausbeutung des freien demos (Bauern, Pächter, Handwerker, kleine Kaufleute) gewisse Grenzen setzte, die in Oligarchien und Despotien nicht existierten. Die herrschende Klasse war deshalb "gezwungen", einen größeren Teil ihres "Einkommens" aus der Ausbeutung unfreier Arbeit zu beziehen, wenn das System seine Stabilität behalten sollte.
 
(14) Tolkien hegte eine tiefe Abneigung gegen allegorische Literatur. Seine Elben *rein* allegorisch zu lesen, wäre darum sicher falsch. Doch diente ihm das Schicksal der Eldar u.a. zu einer erstaunlich ambivalenten und selbstkritischen Auseinandersetzung mit einer Form von romantischem Konservatismus, der sich dem Wandel der Geschichte verweigert und um jeden Preis eine vermeintlich schönere und edlere Vergangenheit am Leben zu erhalten versucht. Dabei spielt deren Unsterblichkeit eine wichtige Rolle. Ich habe dieses Thema vor Zeiten schon einmal in meinem Blogbeitrag Der ehrliche Romantiker etwas ausführlicher behandelt. So ist es auch durchaus folgerichtig, dass die Elbenreiche des Dritten Zeitalters, vor allem Imladris und Lorien, keine "realistische" wirtschaftliche Grundlage besitzen. Bruchtal und der Goldene Wald sind in gewisser Hinsicht nicht mehr ganz Teil "dieser Welt". Es handelt sich bei ihnen um künstlich (magisch) geschaffene Enklaven, in denen der Lauf der Zeit durch die Macht der Ringe Vilya und Nenya weitgehend aufgehalten wurde.
 
(15) Okay, 100%ig voneinander trennen kann man das vermutlich nicht. Aber ich hoffe, es ist dennoch verständlich, was ich meine. Trotzdem könnte man mir an dieser Stelle vermutlich mangelnde Konsequenz vorwerfen. Schließlich besitzen auch patriarchale Strukturen ihre materiellen Wurzeln und eine Feudalgesellschaft, die völlig frei von ihnen wäre, ist darum wohl nur schwer vorstellbar. Dennoch besteht da für mich ein Unterschied. 

(16) Karl Marx: Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Vorwort.

(17) Elizabeth A. Lynn: Die Tänzer von Arun. S. 100.
 
(18) Interessanterweise gilt dasselbe nicht auch für den Spartacus - Roman von Howard Fast, von dem das Drehbuch inspiriert worden war. Auch in dem geht es natürlich um Klassenherrschaft, Ausbeutung, Rebellion und den Kampf für Freiheit und Gleichheit. Aber anders als bei Trumbo & Kubrick wird nicht thematisiert, wie die Bedrohung durch eine Revolution als Hebel verwendet wird, um ein republikanisches System durch eine Militärdiktatur zu ersetzen. Ich schätze, dass dabei etwas von den Erfahrungen mitschwingt, die Trumbo, der ja selbst ein Opfer der Schwarzen Listen war, mit dem McCarthyismus gemacht hatte. Viele linke Intellektuelle der Zeit sahen in der antikommunistischen Hexenjagd die Vorstufe für ein faschistisches Regime in den USA. Howard Fast hatte zwar mindestens ebensosehr unter den Repressionen der "Red Scare" - Hysterie zu leiden -- immerhin hatte er mit der Abfassung des Romans im Gefängnis begonnen --, aber sein Spartacus enthält weniger "tagespolitische" Motive und widmet sich eher der allgemeineren Frage, was Ausbeutung und Sklaverei aus der Gesellschaft und den Menschen machen.
 
(19) So sehr ich China Miévilles Bas-Lag - Trilogie auch schätze, halte ich die Darstellung des Massenaufstands in New Crobuzon in The Iron Council doch für einen ihrer schwächsten Teile.

Montag, 29. April 2024

Die Urbanisierung der Fantasy

In ihrem Essay The Critics, the Monsters, and the Fantasists spricht Ursula K. Le Guin sehr viel von "Fantasy's green country". Sie greift den altbekannten Vorwurf auf, "that much fantasy [...] seems on the face of it socially and historically regressive", weist diesen zwar zurück, teilt aber dennoch das ihm zugrundeliegende Bild des Genres: 
[W]ithdrawing from the Industrial Revolution and Modern Times, the fantasy story is often set in a green, under-populated world of towns and small cities surrounded by wilderness, beyond which the exact and intricate map in the frontispiece does not go. This certainly appears to be a return to the world of the folktale.

In gewisser Weise schließt sie sich sogar der gängigen Lesart an, die darin Ausdruck einer nostalgischen Sehnsucht nach einer vermeintlich "guten, alten Zeit" sieht. Nur betrachtet sie diese in einem merklich anderen Licht:
I think they [...] imply that modern humanity is in exile, shut out from a community, an intimacy, it once knew. They do not so much lament, perhaps, as remind. The fields and forests, the villages and byroads, once did belong to us, when we belonged to them. That is the truth of the non-industrial setting of so much fantasy. It reminds us of what we have denied, what we have exiled ourselves from
Auch wenn sie klugerweise auf gar zu starre Definitionen verzichtet, stellt sie doch die vorsichtige These auf, das eigentliche Objekt der Fantasy sei nicht der Mensch:
I venture a non-defining statement: realistic fiction is drawn towards anthropocentrism, fantasy away from it. Although the green country of fantasy seems to be entirely the  invention of human imaginations, it verges on and partakes of realms in which humanity is not lord and master,is not central, is not even important.
Gerade hierin erblickt Le Guin das besondere "utopische" Potential der Fantasy. Denn im Unterschied zu allen anderen Literaturformen sei es ihr dadurch besonders gut möglich, uns Bewohner*innen einer zunehmend "homogenisierten" Welt das Gefühl zu vermitteln,     
that there is somewhere else, anywhere else, where other people may live another kind of life. The literature of imagination, even when tragic, is reassuring, not necessarily in the sense of offering nostalgic comfort, but because it offers a world large enough to contain alternatives, and therefore offers hope.
Der Titel von Le Guins Essay ist eine überdeutliche Anspielung auf J.R.R. Tolkiens Beowulf-Aufsatz The Monsters and the Critics. Auch verweist sie an einer Stelle ganz direkt auf dessen berühmten Essay On Fairy-Stories. Und tatsächlich weist ihre Sicht auf die Fantasy recht große Ähnlichkeiten mit dem auf, was "der Professor" dort als "Restoration" ("Wiederherstellung") bezeichnet hatte und worin er eine der vornehmsten Aufgaben des Märchens erblickte:
Wir sollten von neuem das Grün ansehen und von neuem überrascht (aber nicht geblendet) werden durch Blau, Gelb und Rot. Wir sollten dem Kentauren und dem Drachen begegnen und dann vielleicht plötzlich, wie die Schafhirten des Altertums, der Schafe, Hunde und Pferde gewahr werden – und der Wölfe. Diese Heilung zu erzielen, helfen uns die Märchen. 
Es gelte, die Dinge wieder 
so zu sehen, wie sie uns zugedacht sind (oder waren) – als von uns selber unabhängige Dinge. In jedem Falle müssen wir unsere Brillen putzen, damit die Dinge frei werden vom trüben Schleier der Abnutzung und Gewöhnung – frei von unserem Besitz. [...] Verblaßt oder zur schlechten Gewohnheit geworden ist uns dasjenige, das wir rechtlich oder seelisch in Besitz genommen haben. Von diesen Gesichtern sagen wir, wir würden sie kennen. Sie sind gleichsam zu etwas geworden, das uns einmal durch sein Glitzern, seine Form oder Farbe gereizt hat, auf das wir die Hände gelegt, das wir erworben, in der Truhe weggeschlossen und dann nicht mehr angeschaut haben. [...] Die schöpferische Phantasie [...] kann die Truhe aufbrechen und alle Wertsachen, die darin weggeschlossen waren, davonfliegen lassen wie Vögel aus dem Käfig. Aus allen Juwelen werden Blumen und Flammen, und wir erfahren, daß alles, was wir besaßen (oder wußten), stark und gefährlich war, frei und ungezähmt, daß es nicht wirklich sicher an der Kette lag – ebensowenig eins mit uns wie unser eigen. (1)
Beiden geht es ganz offensichtlich um Formen der menschlichen Entfremdng. Deren Wurzeln erblicken jedoch sowohl Le Guin als auch Tolkien in der modernen Zivilisation per se, nicht in dem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, in dessen Rahmen dieselbe entstanden ist und von dem sie bis heute auf fundamentale Weis geprägt wird. Weshalb dieses Denken stets droht, in eine antimoderne Romantisierung vorindustrieller und vorbürgerlicher Gesellschaftszustände abzugleiten.
Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser philosophischen Perspektive würde uns zu weit vom eigentlichen Thema dieses Blogbeitrags fortführen. Für den Moment muss es genügen festzuhalten, dass in ihr einer der Gründe dafür zu suchen ist, warum Le Guin eine so tiefgehende Beziehung zwischen der Fantasy und dem "green country" herzustellen sucht. Denn auch wenn sie einschränkend hinzufügt, dass diese vor allem für die "heroische" Version des Genres gelte, muss ein solches Postulat in einem 2007 geschriebenen Essay doch leicht befremdlich wirken. War die Fantasy zu diesem Zeitpunkt nicht schon seit langem über die Grenzen des bukolischen Auenlandes hinausgewachsen?
 
Nichtsdestotrotz bleibt das, was Le Guin schreibt, natürlich bedenkenswert. Allgemeingültigkeit für das Genre kann es jedoch sicher nicht beanspruchen. Historisch betrachtet mag die Fantasy in ihren Anfängen zwar in der Tat sehr eng mit dem "green country" verbunden gewesen sein. Und dass darin sehr oft ein Element der Zivilisationskritik mitschwang, ist gleichfalls nicht zu leugnen. Doch wenn wir uns im Folgenden anschauen wollen, wie die Stadt in das Genre Eingang fand, wird dabei auch zeigen, dass sich diese Perspektive über die Jahrzehnte gewandelt hat -- oder doch zumindest komplexer, vielgestaltiger und widersprüchlicher wurde. Selbstredend werde ich das Thema nicht erschöpfend behandeln können -- dazu fehlt mir nicht nur die Zeit, sondern auch das erforderliche Wissen. Ich werde mich (unterschiedlich ausführlich) auf drei Autoren konzentrieren, deren Werk mir in dieser Frage exemplarisch zu sein scheint: J.R.R. Tolkien, Robert E. Howard und Fritz Leiber.

Zuvor jedoch erlaube ich mir eine kleine Prolog-Abschweifung.
Wie viele andere vor und nach ihr, stellt auch Le Guin in The Critics, the Monsters, and the Fantasists die Fantasy in eine literarische Tradition, die im Grunde so alt sei wie das Erzählen selbst. Auch dazu hätte ich manch kritisches anzumerken, doch stattdessen möchte ich nun selbst auf eine ältere Literaturform zurückgreifen, die immer mal wieder zu den Vorläufern des Genres gerechnet wird, ob nun zu recht oder zu unrecht: Den mittelalterlichen Artusroman.
 
Die höfische Kultur des Hochmittelalters erwuchs auf der materiellen Grundlage der ökonomischen Entwicklungen, die große Teile des "christlichen Abendlandes" seit ca. Mitte des 11. Jahrhunderts erfasst hatten. Neben bedeutenden Veränderungen im Bereich der landwirtschaftlichen Produktivkräfte (Einführung der Drei-Felder-Wirtschaft, des Kummet, des Räderpflugs mit Egge) gehörte dazu auch das, was oft als eine "kommerzielle Revolution" bezeichnet wird: Ein mächtiger Aufschwung des Handels, ein immer stärkeres Vordringen der Geldwirtschaft und damit verbunden ein Aufblühen der Städte als Handels- und Handwerkszentren. Macht und Reichtum des Feudaldels basierte zwar auch weiterhin auf der Grundherrschaft und der Ausbeutung der unfreien bäuerlichen Bevölkerung -- auf dem Besitz von "lant und liuten", wie die mittelhochdeutschen Dichter sich auszudrücken pflegten. Aber ganz wie die geistige Blüte des 12./13. Jahrhunderts, wäre auch die Entfaltung einer weltlichen Standeskultur der Aristokratie ohne diesen wirtschaftlichen Wandel nicht vorstellbar gewesen.
Vor diesem Hintergrund mag es etwas überraschen, dass sich uns die Welt des klassischen Artusromans, wie er im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts entstand, als weitgehend "städtelos" präsentiert. Seine Helden bewegen sich auf ihren Aventiuren zwischen den beiden Polen Burg/(Königs)hof und Wald/Wildnis, doch in die Gassen einer Stadt verschlägt es sie praktisch nie. Zwar erwähnt Hartmann von Aue sowohl in seinem Erec (V. 223) als auch im Iwein (V. 6086) einen "market", der in beiden Fällen unterhalb einer Burg liegt. Aber es bleibt bei der bloßen  Nennung des Wortes, der "market" besitzt keinen eigenständigen Charakter und erscheint als bloßes Anhängsel des feudalen Herrensitzes. Die einzige mir bekannte Ausnahme findet sich im Perceval des Chrétien de Troyes. Dort findet sich tatsächlich die lebendige Schilderung einer Stadt, von der es dann heißt, sie sei
ansehnlicher Leute voll,
und die Tische der Geldwechsler
sind ganz mit Münzen bedeckt.
Er sah die Plätze und Straßen
voll von guten Arbeitern,
die verschiedene Handwerke ausübten:
jene polierten Schwerter,
die einen walkten Tücher, andere webten,
jene hechelten, diese schoren sie,
andere schmolzen Gold und Silber,
und machten gute und schöne Waren davon,
machten Pokale und Schalen
und emailliertes Geschmeide
Ringe, Gürtel und Schließen.
Man hätte glauben und sagen können,
dass in der Stadt immerzu Markt sei,
so sehr war sie des Reichtums voll
an Wachs, an Pfeffer, Scharlachröte,
an kleinen grauen Pelzen
und aller Art von Waren. (2)
Gerade der Ausnahmecharakter dieser Passage macht sie so interessant, illustriert sie doch aufs anschaulichste, dass allein schon der materielle Teil der höfischen Adelskultur ohne das fleißige Treiben der städtischen Handwerker und Händler überhaupt nicht existiert hätte.
Dennoch ist die weitgehende Abwesenheit dieser sozialen Realität im klassischen Artusroman gut zu erklären. Den Dichtern ging es ja nicht darum, ein wahrheitsgetreues Bild der Wirklichkeit zu zeichnen. Ihre Werke stellen eher so etwas wie eine Utopie der herrschenden Klasse dar. Den Entwurf einer Welt, wie sie dem Empfinden des Feudaladels nach idealerweise sein sollte. Alle Aspekte der Realität, die diesem Idealbild widersprachen, wurden folgerichtig ausgeblendet. Und dazu gehörte eben auch und gerade die Stadt, deren Bürger dem Adel nicht nur in Lebensweise und Wertvorstellungen fremd gegenüberstanden, sondern auch in ökonomischer wie politischer Hinsicht eine Herausforderung für die traditionelle Feudalordnung darstellten. (3)  
 
Nun gehörte der höfische Roman nicht zu Tolkiens Vorbildern. Insoweit er Inspiration aus mittelalterlicher Literatur bezog, handelte es sich dabei um Werke einer älteren Epoche. Zwar schrieb er Anfang der 30er Jahre das unvollendete Stabreimgedicht The Fall of Arthur, aber alles in allem erschien ihm der Artusstoff als "zu üppig, phantastisch, inkohärent und repetitiv". (4) Auch war ihm der höfische Wertekodex mit seiner Betonung von Ritterlichkeit und Minne ziemlich suspekt. So hielt er Sir Gawain and the Green Knight u.a. deshalb für ein so bedeutendes Werk, weil dessen zentrales Thema seiner Interpretation nach der Konflikt zwischen dem höfischen Regelwerk -- vor allem der "höfischen Liebe" (5) -- und der "ewigen" christlichen Moral war. Und im Entwurf eines Briefes an einen Leser des Herr der Ringe schrieb er über sein eigenes Werk: "Die Geschichte handelt nicht von einer Zeit der 'höfischen Liebe' und ihren Siegelfechtereien, sondern von einer primitiveren (d.h. weniger verderbten) und edleren Kultur." (6) 
 
Dennoch kommt es mir so vor, als bestände in gewisser Hinsicht eine Verwandtschaft zwischen der Welt des Artusromans und Tolkiens Arda. Denn auch letzteres ist erstaunlich "städtelos". Genauer gesagt: Es gibt zwar schon Städte, aber die meisten von ihnen bleiben bloße Namen auf einer Landkarte, oder sie werden uns in einer Art geschildert, die nichts von einem wirklich "städtischen" Charakter erkennen lässt. In besonders hohem Maße gilt das für die Erzählungen vom Ersten Zeitalter. So heißt es im Buch der Verschollenen Geschichten von Kôr (dem späteren Tirion des Silmarillion):
Auf dem Gipfel des Berges erbauten die Elben schöne Häuser von strahlendem Weiß -- aus Marmor und Steinen, gerochen in den Bergen Valinors, die wunderbar glitzerten, aus Silver und Gold und einem Stoff von großer Härte und klarer durchsichtiger Weiße, den sie aus Muscheln herstellten, die sie im Tau Silpions auflösten; und die weißen Straßen dort, gesäumt von dunklen Bäumen, wanden sich in anmutigen Biegungen oder stiegen über Fluchten zierlicher Treppenstufen von den Ebenen Valinors zum höchsten Kôr hinauf; und alle diese strahlenden Häuser waren übereinander geschachtelt, bis man das Haus Inwes erreichte, das am höchsten lag und einen schlanken silbernen Turm hatte, der wie eine Nadel himmelwärts aufschoss, und darin war eine weiße Lampe mit durchdringendem Strahl, der die Düsternis der Bucht erhellte, doch jedes Fenster in der Stadt auf dem Berg von Kôr blickte hinaus auf das Meer.
Üneraus schöne und zierliche Springbrunnen gab es dort, und Dächer und Turmspitzen bestanden aus hellem Glas und Bernstein, von Palurien und Ulmo gemacht, und Bäume standen dicht auf den weißen Mauern und Terassen, und ihre goldenen Früchte leuchteten kräftig. (7)
Ganz ähnlich klingt die Beschreibung Gondolins:
Die breiten Straßen von Gondolin waren mit Steinen gepflastert, mit Marmor eingefasst, und schöne Häuser und Höfe inmitten von blumenhellen Gärten säumten sie, und viele Türme erhoben sich gegen den Himmel, erbaut aus weißem Marmor und mit wundervollen Steinmetzarbeiten verziert. Plätze gab es, wo Springbrunnen waren und Vögel im Geäst uralter Bäume sangen, doch auf dem größten aller Plätze stand der Palast des Königs, und dessen Turm war der höchste der Stadt, und die Springbrunnen, die vor seinen Toren spielten, schossen mehr als einhundertfünfzig Fuß hoch in die Luft und fielen in einem klingenden Kristallregen nieder (8)
Das sind weniger Städte als vielmehr Paläste mit den Dimensionen von Städten.

Im Herr der Ringe verhält es sich etwas anders. Minas Tirith ähnelt in seiner Anlage und Architektur zwar durchaus den Elbenstädten des Ersten Zeitalters, aber es ist dennoch spürbar, dass die Stadt nicht bloß von aristokratisch-unsterblichen Ästheten bevölkert wird. Von einem "städtischen Leben" im eigentlichen Sinne, ist in der Erzählung dennoch wenig zu sehen.
In jeder Straße kamen sie an irgendeinem großen Haus oder Hof vorbei, über dessen Türen oder gewölbten Torwegen viele schöne Buchstaben von seltsamer und altertümlicher Form eingemeißelt waren: Namen, vermutete Pippin, von großen Männern und von Sippen, die einst hier gewohnt hatten; doch nun waren sie still, und kein Schritt hallte über das breite Pflaster, keine Stimme war in den Hallen zu hören, kein Gesicht blickte aus der Tür oder den leeren Fenestern. (9)
In der Logik der Erzählung ist das natürlich (auch) dem drohenden Belagerungszustand geschuldet, aber das ändert nichts an dem Eindruck, den solche Schilderungen bei den Leser*innen hinterlassen.
Schaut man über Minas Tirith hinaus, so besitzt Gondor zwar noch eine Reihe weiterer Städte. Und wenn Tolkien in einem seiner Briefe an Naomi Mitchison die Wirtschaft des Reiches beschreibt und dabei "Ländereien in städtischem Besitz" (10) erwähnt, könnte man das sogar so deuten, als besäßen diese einen ähnlich semi-autonomen Status wie mittelalterliche Kommunen. Aber im Herr der Ringe besuchen wir keine dieser Städte. Und auch unter den feudalen Heerhaufen, die zur Verteidigung von Minas Tirith aus den "Außenlehen" anrücken, erblicken wir keinerlei städtisches Volk, sondern ausschließlich "Bergbewohner", "Jäger und Hirten", "Fischerleute aus Ethir" und natürlich die stolzen Ritter von Dol Amroth. (11)
Dass das "einfache Volk" von Minas Tirith im Herr der Ringe von dem Wachsoldaten Beregond und seinen Sohn Bergil repräsentiert wird, finde ich bezeichnend. In ihrem Artikel Städte in der Fantasy -- Moloch, Jagdgrund, Refugium schreibt Alessandra Reß über die epische High Fanrasy, dass Städte dort oft mehr "Kulisse" als sonst etwas seien. "Hier wurden Herrscher gekrönt und Schlachten geschlagen". (12) Auf Minas Tirith zumindest trifft dies ganz ausgezeichnet zu.

Es stellt sich nun die Frage, ob es sich bei dieser augenfälligen "Städtelosigkeit" von Tolkiens Welt um ein (bewusstes oder unbewusstes) Verdrängen einer sozialen Realität handelt, vergleichbar der im feudalen Artusroman? 
Ich bin mir nicht sicher, ob ich so weit gehen würde. Zuerst einmal war es wohl ganz einfach so, dass dies einen Aspekt seiner Sekundärwelt darstellte, der ihn persönlich nicht wirklich interessierte und der für die Art von Geschichten, die er erzählen wollte, ohne Belang war. Darüberhinaus könnte ich mir aber sehr wohl vorstellen, dass ihm das stets leich chaotisch anmutende "städtische Leben" tatsächlich nicht in das wohlgeordnete Panorama seiner Welt zu passen schien. Und zudem soziale Kräfte verkörperte, denen er ablehnend oder offen feindselig gegenüberstand. Dafür spricht vor allem die Rolle, die Seestadt im Hobbit zukommt. Hierbei bekommen wir  Tolkien nicht nur von seiner "antibürgerlichsten" Seite zu sehen, sondern erhalten auch einen Einblick in die feudale Romantik, die ihm als eine Art Ideal vorschwebte.
 
Da ich mich vor Jahren bereits einmal in dem Blogbeitrag Der Hort und sein Fluch eingehender mit diesem Thema auseinandergesetzt habe, mache ich es mir leicht und wiederhole hier einfach die entsprechende Passage:   

Esgaroth auf dem Langen See ist das einzige wirklich "republikanische" Gemeinwesen, das wir in Mittelerde kennenlernen. Im Unterschied zur bäuerlichen Eidgenossenschaft des Auenlandes handelt es sich um eine auf Handel basierende Kommune. Den Meister von Seestadt zeichnet Tolkien dann auch nicht zufällig als eine Karrikatur des bürgerlichen Politikers: verlogen, geldgierig, feige und demagogisch. Als Smaug die Stadt angreift, flüchtet er ohne zu Zögern „zu seinem großen, vergoldeten Boot und hoffte, in der allgemeinen Verwirrung davonrudern und sich in Sicherheit bringen zu können.“ Mit Bard dem Bogenschützen wird ihm der aufrechte Vertreter des Adels entgegengestellt: „Einer seiner Vorfahren war Girion, Fürst von Dal“. Nach dem Tod des Drachen und der Vernichtung Seestadts macht sich der Unmut der Bevölkerung in deutlichen Worten Luft: „Er [der Meister] mag einen gescheiten Kopf haben, was Geschäfte angeht, besonders für seine eigenen. [...] Aber wenn es ernst wird, dann ist kein Verlaß auf ihn.“ Stattdessen wollen sie den Drachentöter zu ihrem König machen. Der Meister ist der einzige, der das republikanische gegen das monarchische Prinzip zu verteidigen versucht: „In der Seestadt wählten wir von jeher unter den Alten und Weisen einen Meister aus. Nie haben wir die Herrschaft kriegerischer Männer geduldet.“ [„In the Lake-town we have always elected masters from among the old and wise, and have not endured the rule of mere fighting men.“] Er tut dies selbstverständlich aus völlig eigennützigen Motiven, und die einfachen Leute durchschauen ihn. Sie haben genug von "Geldzählern" und Pfeffersäcken: „Up the Bowman, and down with Money-bags“! Woraufhin der Meister sein demagogisches Geschick unter Beweis stellt, indem er zuerst Bard mit heuchlerischem Lob überschüttet und der aufgebrachten Menge anschließend einen probaten Sündenbock präsentiert: Thorin und seine Zwerge, die Smaug doch überhaupt erst aufgescheucht und in Wut versetzt hätten. An dieser Stelle zeigt sich deutlich, dass Tolkiens feudale Romantik nicht nur antibürgerlich, sondern auch antidemokratisch ist, denn das Volk erweist sich augenblicklich als leicht zu manipulierender Pöbel: „Der Erfolg seiner Rede war, daß das Volk seinen Wunsch nach einem neuen König für den Augenblick völlig vergaß und Thorin und seine Gesellschaft zur Zielscheibe ihres Ärgers machte. Ungezügelte, bittere Worte wurden laut. Einige von denen, die damals die alten Lieder [über die Rückkehr des Königs unter dem Berg und den damit verbundenen Segen] gesungen hatten, schrien sich jetzt heiser, daß die Zwerge den Drachen vorsätzlich gegen sie aufgestachelt hätten.“ 
Einzig Bard zeigt sich ruhig, gerecht und mitfühlend. Und so kommt es zwar nicht zum Sturz des Meisters, doch in Wirklichkeit übt der Bogenschütze in der folgenden Krisenzeit die uneingeschränkte Gewalt über das Gemeinwesen aus: „Er ordnete alle Angelegenheiten, wie er es für gut hielt (jedoch stets im Namen des Meisters).“ Und natürlich erweist er sich als kluger und umsichtiger Führer, während der Meister weiterhin nur an sein eigenes Wohlergehen und seine Bequemlichkeit denkt. Dass Bard das aristokratische Prinzip verkörpern soll, zeigt sich nicht nur an seiner adeligen Herkunft, sondern auch in der Art, wie Tolkien ihn beschreibt. Er verleiht ihm die Züge eines klassischen Heroen, "grimmig und stolz": die beiden Epitheta werden im Laufe der Erzählung immer wieder auf ihn angewandt, und schon bei seinem ersten Auftreten heisst es, er sei „grim-voiced and grim-faced“ gewesen. Vögel sprechen mit ihm, wie weiland mit dem berühmtesten germanischen Drachentöter, Sigurd dem Wälsungen. Und wenn Bard sich dazu entschließt, gegen Thorin und die Zwerge zu ziehen, so weniger aus nackter Gier (obwohl auch er nicht gegen den verführerischen Reiz des Hortes gefeit ist), sondern weil er von „der wiederaufgebaute[n] Stadt Dal, über der goldene Glocken klingen sollen“ träumt, d.h. vom wiedergewonnenen Ruhm seiner Sippe. 
Ein besonders vielsagendes Detail findet sich im vorletzten Kapitel des Buches. Als Dain Eisenfuß nach der Schlacht der Fünf Heere Teile des Schatzes an alle beteiligten Parteien verteilt, heisst es von Bard: „[A]nd he rewarded his followers and friends freely“. Meine Kenntnis der alt- und mittelenglischen Literatur ist leider eher bescheiden, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Tolkien mit "followers and friends" etwas ähnliches ausdrücken wollte wie die mittelhochdeutschen Dichter mit "mâge unde man". Gemeint ist der Feudalverband aus Verwandten bzw. gleichgestellten Verbündeten ["friends"/"mâge"] und Vasallen ["followers"/"man"]. Dafür spricht meines Erachtens vor allem die Alliteration, die der Formulierung etwas formelhaftes verleiht. Tolkien besaß ein großes Feingefühl für solche sprachlichen Details. Bard praktiziert hier die feudale Tugend der Freigebigkeit, wie sie alle wahren Helden und guten Könige der mittelalterlichen Literatur auszeichnet, und deren soziale Funktion der Dichter des Beowulf ganz ungeniert wie folgt beschrieben hat: „Swá sceal geong guma góde gewycrean/ fromum feohgiftum on fæder bearme/ þæt hine on ylde eft gewunigen/ wilgesíþas þonne wíg cume/ léode gelaésten“ – ‘So schenkte in jungen Jahren der Sohn/ vom Hort freigebig im Haus seines Vaters,/ dass willig im Alter ihm wiederum halfen/ die kühnen Kämpen, wenn Krieg entbrannte,/ und mutig ihm folgten’. (13)
Der Meister hingegen verfügt selbstverständlich nicht über diese löbliche Eigenschaft und endet dementsprechend: „[D]a er zu denen gehörte, die leicht solchen Sünden verfallen, hatte die Drachenkrankheit ihn angesteckt. Er nahm den größten Teil des Goldes und floh – und verhungerte in der Einöde, verlassen von seinen Spießgesellen.“ (14)
Dass dennoch nicht Bard, sondern Bilbo der wahre Held des Hobbit ist, zeigt allerdings einmal mehr, dass Mitgefühl und schlichte Menschlichkeit für Tolkien über dem "heroischen" Ideal stehen.
 
Soweit zu Tolkien. 
 
Robert E. Howards Perspektive wurzelte in einer gänzlich anderen Lebenserfahrung als der des "Professors". Die Art "städtischen Lebens", mit der er vertraut war, war die einer texanischen Ölboom - Siedlung der 20er Jahre -- himmweltweit entfernt von der bürgerlichen Gemächlichkeit des tolkienschen Oxford. Der Boom hatte Cross Plains 1921 erfasst und seine Einwohnerzahl in wenigen Monaten von 1.500 auf über 10.000 anschwellen lassen. Und die Neuankömmlinge dürften ein ziemlicher wüster und buntgemischter Haufen gewesen sein. 1926 arbeitete der damals zwanzigjährige Howard eine Zeit lang im größten Drug Store der Stadt als "Soda Jerk". In seinem autobiographischen Roman Post Oaks and Sand Roughs schrieb er darüber: "A boom town drugstore is an ideal place to study humanity". Natürlich können wir uns nicht hundertprozentig sicher sein, ob die dort geschilderten Erlebnisse eins-zu-eins Howards reale Erfahrungen wiedergeben. Gar zu weit entfernt dürften sie jedoch sicher nicht sein. Auf jedenfall erzählt er von seinem Alter Ego Steve Costigan, dieser
became acquainted with and sometimes friendly to, whores, bootleggers, gamblers, dope fiends, and yoggs, besides the general riff-raff drillers, tool dressers and roustabouts. (15)
Und wie er später in einem Brief an Clark Ashton Smith schrieb, waren es wohl diese Begegnungen, denen Conan der Cimmerier letztlich seine Existenz verdankte:
It may sound fantastic to link the term "realism" with Conan; but as a matter of fact his supernatural adventures aside he is the most realistic character I ever evolved. He is simply a combination of a number of men I have known, and I think that's why he seemed to step full-grown into my consciousness when I wrote the first yarn of the series. Some mechanism in my sub-consciousness took the dominant characteristics of various prizefighters, gunmen, bootleggers, oil field bullies, gamblers, and honest workmen I had come in contact with, and combining them all, produced the amalgamation I call Conan the Cimmerian. (16)  
Die Ironie besteht allerdings darin, dass Conan trotz seiner semi-proletarischen Wurzeln von seinem Schöpfer als eine Figur kreiert wurde, die er genau dieser "Welt" entgegenstellte. Denn was das Leben in einer vom Ölboom umgekrempelten Kleinstadt Howard vor allem lehrte, war eine tiefe Verachtung für die "Zivilisation", in der er hauptsächlich  Repression, Heuchelei und Entmenschlichung erblickte. Gelegenheitsjobs wie im Büro der Cross Plains Natural Gas Company steigerten seine tiefe Abneigung gegen jede Form von Autorität:
I lost the job because I wouldn't kow-tow to my employer and 'yes' him from morning til night. That's one reason I was never very successfull in working for people. So many men think an employee is a kind of servant. I'm good natured and easy going, I detest and shrink from rows of all sort, but there's no use in a man swallowing everything. (17)    
Und auch die Arbeit als "Soda Jerk", so lehrreich sie in mancher Hinsicht auch gewesen sein mochte, war ihm letztenendes eine unerträgliche Qual. Und machte es ihm unmöglich, seinen wahren Interessen zu folgen. Um noch einmal die Erlebnisse von Steve Costigan in Post Oaks and Sand Roughs zu zitieren:
He did not read or write, scarcely had time to answer his correspondence. He had absolutely no time for recreation or even rest. All during the day he would dash back and forth behind the fountain which he had grown to hate. Scoring drinks and waiting on customers, doing many things he was not paid to do. At night he staggered home to fall into his bed and sleep the sodden sleep of utter exhaustion. He went to bed fatigued, and he woke up fatigued ... worse still was the mental effect of taking orders and occasional insults from the scum of the earth. (18)
Dieser verhassten "Zivilisation" stellte er in Conan den Vertreter eines von individueller Freiheit geprägten "Barbarentums" entgegen.
 
Wie äußerst sich das nun im Setting der Geschichten? Auf seinen Abenteuern verschlägt es den Cimmerier durchaus immer mal wieder in Städte, so etwa in The Tower of the Elephant oder Rogues in the House. Und diese präsentieren sich dabei stets als ein Nebeneinander von "purple-towered marble and ivory palaces of the aristocracy" und heruntergekommenen Slums voller Dreck und Gestank. Eine solche Darstellung sozialer Gegensätze wäre bei Tolkien völlig undenkbar gewesen. Dabei wirken Viertel wie "The Maul" und "The Maze" beinah schon wie eine Vorwegnahme der verwinkelten und verrufenen Gassen von Lankhmar:
He (Conan) slunk along alleys and shadowed plazas until he came to the district which was his destination -- the Maze. Along its labyrinthian ways he went with the certainty of familiarity. It was indeed a maze of black alleys and enclosed courts and devious ways; of furtive sounds, and stenches. There was no paving on the streets; mud and filth mingled in an unsavory mess. Sewers were unknown; refuse was dumped into the alleys to form reeking heaps and puddles. Unless a man walked with care he was likely to lose his footing and plunge waist-deep into nauseous pools. Nor was it uncommon to stumble over a corpse lying with its throat cut or its head knocked in, in the mud. Honest folk shunned the Maze with good reason. (19)
Doch bleibt der Cimmerier stets ein Fremdling in dieser Umgebung. Ist sozusagen nur "auf der Durchreise". Selbst nachdem er den Thron von Aquilonia bestiegen hat, ändert sich das im Kern nicht. Denn die Stadt verkörpert bei Howard nun einmal die "Zivilisation" -- und damit Dekadenz, Unterdrückung und Doppelzüngigkeit. Wie sollte sich Conan je in ihr heimisch fühlen können?
 
Wirklich "urban" wird die Fantasy erst bei Fritz Leiber. Und der Hauptgrund dafür ist gar nicht einmal so sehr, dass Lankhmar das Urbild aller späteren Fantasymetropolen ist. Wirklich entscheidend ist vielmehr der Charakter seiner Helden. Anders als Conan sind Fafhrd und der Gray Mouser urbane Figuren. Noch bevor er Lankhmar und Nehwon kreierte, stellte Leiber sie in Adept's Gambit in ein städtisch-kosmopolitisches Milieu -- das des hellenistischen Kleinasiens. Die allererste Erzählung über das Gaunerpaar beginnt in einer Schenke im Hafenviertel von Tyrus. Und Leiber hatte ganz offensichtlich großen Spaß damit, das dort herrschende bunte Völkergemisch zu beschreiben. Das ist die "Welt" seiner Helden.
 
Nicht einmal die Hälfte aller Fafhrd & The Gray Mouser - Geschichten spielen tatsächlich in Lankhmar. Und doch ist die Stadt der Schwarzen Toga das Herz dieses literarischen Universums. Und völlig zurecht identifiziert man die Abenteuer der beiden Halunken mit ihr. 
In gewisser Hinsicht stellt die Kurzgeschichte The Circle Curse eine Art Meta-Kommentar auf den ganzen Zyklus dar. Nachdem ihre großen Jugendlieben Vlana und Ivrian von der Diebesgilde ermordet wurden und sich herausgestellt hat, dass Rache keinen Seelenfrieden schafft, schwören Fafhrd und der Mouser, Lankhmar für immer den Rücken zu kehren. Sie streifen kreuz und quer durch Nehwon, doch am Ende bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in die Metropole zurückzuwandern. Wie Fafhrd am Beginn von The Swords of Lankhmar erklärt, als der Mouser (wenig überzeugt) anmerkt, dass es doch sicher auch anderswo noch ein paar klitzekleine Abenteuer zu bestehen gäbe:
"Perhaps", the big man agreed, "but big or little, they all have a way of beginning in Lankhmar."
Nun könnte man einwenden, dass der Mouser als Waisenkind aus den Slums der Bettlerstadt Tovilys zwar ohne Zweifel eine "urbane" Figur ist. Aber Fafhrd ist doch ein Barbar aus dem eisigen Norden. Entspricht er also nicht eher dem Conan-Archetyp? Nicht wirklich. Ich würde sogar soweit gehen, in ihm den ersten echten Anti-Conan zu sehen. Denn wie wir in The Snow Women erfahren, war er keineswegs glücklich in seiner Heimatgesellschaft, die von einem verknöcherten und unbarmherzigen Konservatismus beherrscht wird, gegen den der junge Fafhrd instinktiv aufbegehrte. Dabei erschien ihm die "Zivilisation" als ein aufregendes Reich der Freiheit. Diese naive Illusion zerschlägt sich zwar schnell, nachdem er zusammen mit der Schaustellerin und Diebin Vlana in Lankhmar angekommen ist. Und in späteren Geschichten wirft er sich manchmal recht gerne in die Conan-Pose und lässt abfällige Bemerkungen über die "dekadente Zivilisation" fallen. Aber wie der Mouser ihm (gleichfalls in The Swords of Lanhhmar) auf humorvolle Weise unter die Nase reibt, ist er in Wirklichkeit längst Teil dieser "verweichlichten und verkommenen" Welt geworden:
"Civilization!" the big man snarled. "I sometimes wonder --"
"-- why you climbed south over the Trollstep Mountains and got your beard trimmed and discovered that there were girls without hair on their chests", the small man finished for him. 
Das bedeutet allerdings nicht, dass Leiber die städtische Welt idealisieren oder nun seinerseits positiv der "Barbarei" entgegenstellen würde. In Lankhmar existieren ganz wie in Howards Städten krasse soziale Ungleichheit, Despotie und Dekadenz. Wenn Brian Murphy in Flame and Crimson Leibers Geschichten durch die Linse der howard'schen Dichotomie von Zivilisation & Barbarei betrachtet, erscheinen sie ihm deshalb in einem etwas trost- und hoffnungslosen Licht:
And so Fafhrd and the Gray Mouser are at a standstill: civilization balanced against barbarism, tradition against freedom, individuality and progress opposed by conformity and compromise. How can one break free? What is the moral center of Leiber's universe, if not barbarism's stifling traditions or civilization's decadent freedoms? (20)   
Doch wenn das ein wenig erfreuliches Bild zu sein scheint, liegt das meiner Ansicht nach an der falschen Perspektive. Leibers Werk funktioniert eben nicht gemäß des howard'schen Gegensatzes. Er spielt mit diesem, weist ihn letztendlich aber zurück. Leiber sucht kein Ideal -- weder in den schneeverwehten Weiten der Eisöde, noch in den verwinkelten Gassen von Lankhmar. (Ebensowenig übrigens in irgendeiner göttlichen oder mythischen Weltordnung à la Tolkien). Aber das macht ihn nicht zynisch oder hoffnungslos. 
Sicher ist ihm das bunte und kosmopolitische Leben der Stadt lieber als der antiindividualistische und beschränkte Traditionalismus des Dorfes. Aber er verschließt die Augen nicht vor all dem Hässlichen, Grausamen und Unmenschlichen der Zivilisation. In seinen Geschichten steckt etwas tief rebellisches. Vor allem aber bejaht er das Leben. Und trotz all ihrem Schmutz und Elend ist die Stadt für ihn so etwas wie konzentriertes Leben.

Hoffentlich wird es mir irgendwann noch einmal gelingen, mich hier etwas ausführlicher über Fritz Leibers Fahfhrd & The Gray Mouser Stories auszulassen. Für den Moment muss das leider genügen. Sonst schläft dieser Blog doch noch ganz ein.  

 

EDIT: Es ist heute vielleicht nur noch schwer nachvollziehbar, was für eine Pionierleistung Fritz Leibers "Urbanisierung der Fantasy" war. Das folgende Zitat aus einem Interview, das Karen Meisner 2011 anlässlich des Erscheinens der Urban Fantasy - Anthologie Welcome to Bordertown für Strange Horizons mit Holly Black, Terri Windling und Ellen Kushner führte, mag helfen, dies zu verdeutlichen. Kushner beschreibt dort die Lage des Genres zu Beginn der 80er Jahre:  

I remember when I was a young writer and editor, the fashion in fantasy (except for Fritz Leiber) was for everything to be very rustic and rural and pastoral. And nostalgic for ye olde; everyone in those stories wore hanging sleeves! Tolkien had sold a lot of books, so that became the stamp and pattern. I remember feeling vague discomfort with the material because my life wasn't his life -- taking long long walks through the countryside, and all that.

Autoren wie Scott Lynch (Gentleman Bastards) und Saladin Ahmed (Throne of the Crescent Moon) sehen sich ganz bewusst in der von Leiber begründeten Tradition. Und Steven Brust (Vlad Taltos) hat einmal erklärt:

Mr. Leiber can reasonably be considered the man who invented the field where I make my living. [...] Howard invented *something* that contributed to the whole thing, but it isn't the special place where I work. Howard's world remained fundamentally rural; Leiber incorporated the urban, which had not been done before.

 

 

(1)  J.R.R. Tolkien: Über Märchen. In: Ders.: Die Ungeheuer und ihre Kritiker. S. 187ff.

(2) Zit. nach: Jacques Le Goff: Das Hochmittelalter. S. 82f.

(3) Wenn Rudolf von Ems in seinem um 1220 entstandenen Guten Gerhard erstmals einen (Kölner) Kaufmann zum Helden eines höfischen Romans macht, spiegelt sich darin zwar ohne Zweifel die wachsende Bedeutung der Stadtwirtschaft wider. Doch beruht die moralische Vorbildlichkeit Gerhards bezeichnenderweise gerade darin, dass er sich nicht "wie ein Händler" verhält, sondern auf besonders vollkommene Weise feudale Tugenden wie die milte ("Freigebigkeit") an den Tag legt und ganz im Interesse von Adeligen wie dem englischen Kronprinzen Wilhelm handelt. Er ist der Großkaufmann, wie die Aristokraten ihn sich wünschten.

(4) Zit. nach: Humphrey Carpenter: J.R.R. Tolkien. Eine Biographie. S. 193.

(5) "[D]ie Haltung der 'Dienstbarkeit', die vollkommene Unterwerfung des ritterlichen 'Knechts' unter das Wünschen und Wollen der Dame". (J.R.R. Tolkien: Sir Gawain und der Grüne Ritter. In: Ders.: Die Ungeheuer und ihre Kritiker. S. 118).

(6) Entwurf eines Briefes an einen Leser des Herr der Ringe (ca. 1963). In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 244. S. 423f.

(7) J.R.R. Tolkien: Das Buch der Verschollenen Geschichten. Bd. 1. S. 144f.

(8) J.R.R. Tolkien: Das Buch der Verschollenen Geschichten. Bd. 2. S. 176.

(9) J.R.R. Tolkien: Der Herr der Ringe. Bd. 2. S. 21.

(10) Brief an Naomi Mitchison [25. April 1954]. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 144. S. 230.

(11) J.R.R. Tolkien: Der Herr der Ringe. Bd. 2. S. 44.

(12) Zauberwelten. Herbst 2021. S. 31.

(13)  Beowulf. V. 20-24.

(14) J.R.R. Tolkien: Der kleine Hobbit. S. 257; 250; 251; 253; 254; 255; 256; 249; 255; 291; 301.

(15) Zit. nach:  Todd B. Vick: Rogues & Renegades. The Life and Legacy of Robert E. Howard. S. 83.

(16) Zit. nach: Mark Finn: Blood & Thunder. The Life & Art of Robert E. Howard. S. 172.

(17) Brief an Talman vom September 1931. Zit. nach: Ebd. S. 97.

(18) Zit. nach: Ebd. S. 99f.

(19) Robert E. Howard: Rogues in the House,

(20) Brian Murphy: Flame and Crimson: A History of Sword-and-Sorcery. S. 119.