Kothar - Barbarian Swordsman von Gardner F. Fox
"Rage was a rumble in his thickly thewed throat"
Heute wollen wir uns stattdessen einer Figur zuwenden, die ganz dem klassischen Clonan-Typ entspricht. Dabei jedoch nicht ohne ihren eigenen trashigen Charme ist.
Ich glaube es war über den Twitterfeed des famosen Jesse Willis von SFFaudio, dass ich auf die Existenz der Gardner Francis Fox Library aufmerksam wurde. Dort kann man kostenlos Einsicht in eine ganze Reihe von Pulp-Romanen dieses Schriftstellers nehmen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich mir einmal einen seiner Sword & Sorcery - Bände vornehmen würde.
Neben seiner Arbeit für DC hatte Gardner Fox immer schon Pulpromane für eine ganze Reihe von Verlagen, in den unterschiedlichsten Genres und unter einer Vielzahl von Pseudonymen, geschrieben. Das Ende seiner Comic-Karriere bedeutete darum wohl nicht unbedingt eine finanzielle Katastrophe für den Autor. Allerdings steigerte sich sein jährlicher Output, der ohnehin schon recht ansehnlich gewesen war, in den 70er Jahren noch einmal beträchtlich. So steuerte er zwischen 1967 und 1975 u.a. vierzehn bzw. elf Bände zu den Sexploitation-Reihen Lady from L.U.S.T. und Cherry Delight bei.
Schon in den 40er Jahren hatte Fox eine Reihe von SciFi-Kurzgeschichten an Planet Stories verkauft und in den 60ern waren einige SciFi-Romane aus seiner Feder bei Paperback Library und Ace Books erschienen. Auch abseits der Superhelden war ihm das Phantastische also nicht fremd, und er war zu diesem Zeitpunkt bereits ein erfahrener Pulp-Hack. Kein Wunder also, dass er kurz nach dem Anbruch des großen Sword & Sorcery -Booms auf den Zug aufsprang und mit Kothar seinen eigenen Clonan ins Rennen schickte.
Kaum verhüllte Kopien des Cimmeriers waren freilich schon seit den frühsten Tagen des Subgenres in ihren Pelzstiefeln durch die Weiten von Fantasyland gestapft. So hatte bereits kaum ein Jahr nach Robert E. Howards tragischem Tod Clifford Balls Duar the Accursed im Mai 1937 auf den Seiten von Weird Tales versucht, Conans Erbe anzutreten. Mit eher mäßigem Erfolg, wie ich vor Zeiten bereits einmal etwas ausführlicher geschildert habe. Gardner Fox selbst hatte dann 1950 in seinen drei Comics über Crom the Barbarian dem Typus seine wenn man so will "klassische" Form verliehen, wie hier von mir berichtet. Danach war es freilich erst einmal wieder etwas stiller um die barbarischen Gesellen geworden. Bis Mitte der 60er John Jakes' Brak und Lin Carters Thongor als erste Vorboten des einige Jahre später ausbrechenden Sword & Sorcery - Booms aufgetaucht waren.
Als Gardner Fox die drei Novellen schrieb, die 1969 bei Belmont Books unter dem Titel Kothar – Barbarian Swordsman und mit einem Cover von Jeffrey Catherine Jones (1) erschienen, war das Klischee des S & S - Barbaren also schon einigermaßen gefestigt. Und Fox verfolgte ganz sicher nicht das Ziel, sich auf irgendwelche Experimente einzulassen. Es galt eine Mode auszuschlachten. Dem Publikum zu geben, wonach das Publikum verlangte. Doch spricht manches dafür, dass der Autor dabei nicht nur großen Spaß hatte, sondern das Unternehmen auch "firmly tongue-in-cheek" anging.
Kremnitz goes on to describe this "new Age of Heroes". He states that since the modern hero will have been dwarfed by his environment, the popular demand for larger-than-life heroes will have to be satisfied by the recreation of mythical supermenZugleich verlange es den modernen Menschen danach, erneut Kontakt zu seinen "barbarischen" Wurzeln aufzunehmen.
Dieses Vorwort wird natürlich die Art beeinflussen, in der man an die Geschichten selbst herantritt. Und vor allem die erste von ihnen, The Sword of the Sorcerer, scheint mir das auch zu rechtfertigen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch sie ist keine explizite Parodie. Das hier ist nicht John Jakes' Mention My Name in Atlantis (1972). Mein Eindruck ist vielmehr, dass diese Stories sehr wissend geschrieben wurden. Gardner Fox gibt sich keinerlei Illusionen darüber hin, was er hier macht. Er ist sich bewusst, dass er ein schlockiges Conan - Knock-off schreibt. Er weiß, welche Klischees er zu bedienen hat. Und als professioneller Pulp-Autor zögert er nicht, genau das auch zu tun. Aber dabei erlaubt er sich den Spaß, die Dinge immer ein klein wenig weiter zu treiben, als unbedingt nötig wäre. Diese Übertreibungen gehen nicht so weit, dass sie den Charakter der Geschichten verändern, sie in offene Parodien verwandeln würden. Doch sie verleihen ihnen einen amüsant ironischen Unterton.
Den drei Novellen vorangestellt ist ein zweiseitiger Prolog. Als "fragment of The Lord Histories of Satoram Mandamor" erinnert dieser zwar deutlich an den berühmten Anfang von Robert E. Howards erster Conan-Story The Phoenix on the Sword. (3) Doch zugleich versucht er den Eindruck zu erwecken, es bestehe ein fundamentaler Unterschied zwischen dem Hyborian Age und der Welt Kothars. Wie wir erfahren ist letztere nämlich nicht in einer mythischen Vergangenheit, sondern in einer fernen Zukunft angesiedelt. Einer seeehr fernen Zukunft:
The Universe is old. Old!For ten billion years the stars of this, our galaxy, hurtled outward across the gulfs of space. For another billion years they hung suspended at the apex of their expansion.During the past three billion years, now that the universe is contracting instead of expanding, those stars, dim and faint with age, have been collapsing in upon themselves, rushing headlong back to their beginnings and their ultimate destruction.In time, their will be not Time.
Die eigentliche Eröffnungspassage von The Sword of the Sorcerer vermittelt einen sehr viel besseren Eindruck davon, was uns in der Folge erwartet.
The blood lay red upon his dented mail shirt and spotted his yellow hair in ghastly fashion. It ran wetly, redly, from the worn sleeve of his leather hacqueton to drop upon his big hand and ooze across the pommel of his shattered sword. It stained his fur kilt and riding boots and dripped steadily with every step he took.
Sprachlich ist das Bemühen, Howards Stil zu immitieren, sehr offensichtlich. Doch trägt Fox dabei extra dick auf. Man gibt sehr schnell den Versuch auf, mitzuzählen, wie oft von Kothars "bulging muscles" die Rede ist, und kaum ein Körperteil des Barbaren wird nicht einmal als "iron-thewed" beschrieben. Unabhängig davon, ob das Sinn macht oder nicht. Mein persönlicher Höhepunkt ist der Satz, den ich diesem Artikel vorangestellt habe: "Rage was a rumble in his thickly thewed throat". Das dürfte das erste Mal gewesen sein, dass ich von einer muskulösen Kehle gelesen habe. Und ich halte es für schwer vorstellbar, dass Fox kein ironisches Grinsen auf den Lippen hatte, als er diesen Satz in seine Schreibmaschine gehauen hat. Daneben beweist er eine große Vorliebe für antiqierte Begriffe wie "kyrtle" und "kak". "Hacqueton" scheint es ihm besonders angetan zu haben. Dabei fällt es schwer, zu beurteilen, ob Fox seinen Stories damit ein besonders "phantastisches" Flair verleihen wollte, oder es sich dabei bloß um die persönliche Marotte eines geschichtsbegeisterten Pulpautors handelt.
Unser Held, Kothar "the Cumberian" {!}, ist ein "sellsword", ein Söldner, der als Hauptmann der Foreign Guard im Dienste der Königin Elfa steht. Im Reich tobt Bürgerkrieg. Lord Markoth versucht mit Unterstützung der mächtigen Hexe Red Lori die Krone an sich zu reißen. Dass der Bösewicht Elfas Gatte ist, habe ich allerdings erst ganz am Ende der Geschichte kapiert.
"How do I find Kazazael? I've never heard of this Windmere Wood! And if Red Lori has put up safeguards against anyone helping him – surely she'll make it next to impossible to locate him?"Und dann setzt sich Kothar einfach auf sein neues Schlachtross Greyling, reitet ein paar Stunden durch den Wald und schon ist er da! Sein größtes Problem ist, dass er allmählich ganz schön hungrig zu werden beginnt! Ein Motiv, dem wir uns später noch etwas genauer zuwenden werden.
Kothar grinned, knowing how to deal with pretty maid-servants when he required food. He kissed one, pinched the plump buttock of another, stroked a third on her smooth bare side, and winked at the fourth.Nun ist mir zwar schleierhaft, worin genau die Verbindung zwischen sexueller Belästigung und dem Servieren von Speisen bestehen soll, aber dafür bietet diese Passage ein hübsch krasses Beispiel für das Frauenbild der Kothar - Geschichten. Dass selbiges unterstes Niveau ist, lohnt eigentlich keinen Kommentar. Und sollte auch nicht überraschen. Das gehört halt zu den geläufigen Klischees, die Gardner Fox sehr bewusst bedient. Aber auch dabei treibt er es oft so weit, dass es schwerfällt, den derben Sexismus dieser Stories wirklich ernst zu nehmen.
She was all white flesh and creamy skin, clad only in a red velvet panel before here loins and a similar panel behind her. Here arms were lifted high, making her full breasts quiver, her red hair waving where there was no breeze as she stood between seven athanors fueled by demon fires. Here sole garment was held to her loins by golden links shaped in the forbidden words of Beltham-quar, father of demons.Die Hexe, die ja gerade ihr magisches Duell mit Kazazael ausfechtet, befindet sich in einer Art Trance. Als Kothar sie zu packen versucht, wird er von ihren dämonischen Schutzherren attackiert. Im folgenden Kampfgetümmel hagelt es Begriffe wie "evil megacosm", "hobgobs" und "cacodaemons".
No matter where you go, what you do, I shall be with you, guiding your feet in the wrong direction for ease, stirring up trouble where you rest your golden head. You shall pay, barbarian – you shall pay!Interessanterweise wird sich Kothar in den nächsten Stories tatsächlich von Red Loris hasserfülltem Geist verfolgt fühlen. Ob dieses Motiv auch in den späteren Romanen eine Rolle spielt, weiß ich allerdings nicht.
Die beiden etwas kürzeren Geschichten The Treasure in the Labyrinth und The Woman in the Witch-Wood werde ich nicht so ausführlich behandeln. Verglichen mit The Sword of the Sorcerer wirken sie weit weniger überzogen. Natürlich gibt es immer noch mehr als genug quasi-howardsche Phrasen von "eisernen Muskeln" und "pantherhafter Geschmeidigkeit", jedes Schankmädchen ist "a shapely wench" und ein Satz wie "I myself own black pearls from Isthapan and red rubies from Mongrolia" klingt in meinen Ohren schon wie eine bewusste Veräppelung des Hyborian Age, dessen Länder und Volker bekanntlich aus kaum verhüllten Parallelen zu realweltlichen Kulturen bestehen. Dennoch haben sie auf mich eher den Eindruck "normaler" Sword & Sorcery - Stories gemacht. Sie waren deshalb auch weit weniger amüsant zu lesen. Dafür besitzen sie einen bescheidenen, aber durchaus unironischen Charme. Was vor allem daran liegt, dass Kothar in ihnen eine deutlich sympathischere Figur wird. Verfolgt von Red Loris Fluch zieht der Barbar recht ziellos durch die Lande, verdingt sich hier und da bei einem Raubritter, zückt Frostfire zu seinem eigenen Erstaunen aber immer mal wieder auch für eine selbstlose Heldentat. Dabei ist er am Ende eines Abenteuers stets genauso abgebrannt wie zu Beginn.
Kann ich guten Gewissens eine ehrliche Empfehlung für Kothar – Barbarian Swordsman abgeben? Schwerlich. Doch wer wie ich nicht nur ein Sword & Sorcery - Fan ist, sondern auch eine Liebe für derben Trash besitzt, wird sicher ein paar unterhaltsame Stündchen mit dem Buch verbringen können. Gardner Fox' flotte Erzählweise lässt keine Langeweile aufkommen und auch wenn Originalität sicher nicht zu seinen Stärken zählte, wird man doch stets auf genug stilistische und erzählerische Absurditäten stoßen, um einen bei Laune zu halten. Allerdings darf man nicht gar zu empfindlich sein, wenn's auch mal etwas schmuddelig wird. Ich jedenfalls hatte großen Spaß mit den Abenteuern des Barbaren und werde irgendwann sicher noch einmal zu einem der anderen Bände greifen.
(1) Zu dieser Zeit freilich noch als Jeff Jones bekannt. Erst nach ihrer Geschlechtsangleichung 1998 nahm die Künstlerin den Namen Jeffrey Catherine an. Vgl. diesen Artikel über ihr Leben und Werk.
(2) Beim Lesen musste ich auch deshalb so laut kichern, weil mich all das doch stark an Frank Weinreichs Theorie von der Fantasy als "metaphysischer Literatur" erinnerte.
(3) "Know, oh prince, that between the years when the oceans drank Atlantis and the gleaming cities, and the years of the rise of the Sons of Aryas, there was an age undreamed of, when shining kingdoms lay spread across the world like blue mantles beneath the stars ..."
(4) Ja, das hier ist tatsächlich der Ursprungsort des berühmten D&D - Monsters, wie Gary Gygax höchstselbst einmal offiziell bestätigt hat.
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