"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Sonntag, 4. Oktober 2020

Willkommen an Bord der "Liberator" – S03/E08: "Rumours of Death"

Ein Blake's 7 - Rewatch

Meine Vertrautheit mit dem Doctor Who - Franchise ist bis heute eher kursorisch und basiert größtenteils auf meiner Online-Bekanntschaft mit einigen britischen Fans, für die die Serie seit Kindestagen fester Bestandteil ihres Lebens ist. Doch in den letzten Monaten habe ich tatsächlich einige etwas umfangreichere Abstecher in dieses Universum gemacht.

Natürlich werde ich mich nie mit den Feinheiten der Lore einer Serie auskennen, die zumindest den Anschein zu erwecken versucht, ein bald sechzig Jahre umfassendes erzählerisches Kontinuum darzustellen. Und um ehrlich zu sein, besitze ich diesen Ehrgeiz auch gar nicht. Denn ein echter Whovianer werde ich wohl ohnehin nicht mehr werden. Ich spiele allerdings mit dem Gedanken, hier wenigstens irgendwann einmal ein paar meiner Gedanken zu den beiden Jodie Whittaker - Staffeln niederzulegen. Doch nicht heute. Verraten kann ich aber vielleicht jetzt schon, dass mir von allen "neuen" Doctor Who - Sachen (2005+), die ich bisher gesehen habe, die Staffel mit Christopher Eccleston am besten gefallen hat. Nicht zuletzt wegen Billie Pipers Working Class - Mädel Rose Taylor als Companion.

Ich habe mich aber ohnehin mehr in der Ära des Vierten Doktors Tom Baker, vor allem in Staffel 14 bis 17 (1977-1979), herumgetrieben. Dabei hatte ich recht viel Spaß mit Serials wie

  • The Sun Makers – Revolution gegen eine bürokratisch-kapitalistische Despotie
  • The Pirate Planet – Der Beitrag von Douglas Adams
  • The Power of Kroll – Antikolonialistische Geschichte, die mich ein bisschen an Le Guins The Word for World is Forest erinnert hat. Außerdem: Riesenoktopus!
  • The Talons of Weng-Chiang Sehr nettes Arthur Conan Doyle - Sax Rohmer - Pastiche
  • The Ribos Operation – Ein interstellarer Warlord will einen "primitiven" Planeten als neuen Stützpunkt erwerben. Außerdem: Trickbetrüger, ein Stadtwachen-Orakel und ein visionärer Häretiker à la Galileo Galilei oder Giordano Bruno 
  • The Stones of Blood – Mörderische Menhire
  • The Androids of Tara – "Mittelalter"-Abenteuer mit finalem Fechtkampf
  • The Horror of Fang Rock  – Eine Nacht im Leuchtturm, belagert von einem Killer-Alien

Nebenbei habe ich dabei sofort Roboter-Hund K-9 ins Herz geschlossen.

Vor allem aber hatte ich die Gelegenheit, mir endlich einmal Chris Bouchers Beitrag zu Doctor Who zu Gemüte zu führen, bestehend aus The Face of Evil, The Robots of Death und Image of the Fendahl. Vor allem im zweiten Serial erinnerten mich die pointierten und zynischen Dialoge sehr deutlich daran, warum er der beste Drehbuchautor von Blake's 7 und als Script Editor einer der Hauptverantwortlichen für die überragende Qualität der Serie ist. Und so dachte ich mir, dass wir einmal einen etwas längeren Blick auf sein Leben und seine Karriere werfen sollten, bevor wir unseren Rewatch mit einer seiner Episoden fortsetzen.

Geboren 1943, wuchs Chris Boucher in der Kleinstadt Maldon, in Essex, auf. Sein genauer sozialer Hintergrund ist mir unbekannt, doch bezeichnete er sich selbst gern als "a working class lad". Schon relativ früh wurde er ein begeisterter Leser und entwickelte bald eine besondere Liebe zur Science Fiction:

I was a fan from the moment of discovering American pulp mags like Amazing Stories, and Astounding Science Fiction, and British stuff like New Worlds. I went on from them to general anthologies, and then on to particular writers.

Obwohl er in einem traditionell-religiösen Umfeld aufwuchs – "I was a choirboy; I was confirmed; I was wracked with non-specific guilt [...] I prayed a lot for forgiveness" – wandte er sich später vom Glauben ab und wurde ein überzeugter Atheist. Wann genau dies geschah, weiß ich zwar nicht, doch scheint er schon früh das Bedürfnis gehabt zu haben, aus dem familiären Mileu auszubrechen, und man kann sich gut vorstellen, dass parallel dazu auch eine Art geistiger Rebellion stattfand. So machte er sich unmittelbar nach seinem Schulabschluss zusammen mit einem Kumpel auf den "Landweg" nach Australien – quer durch den Nahen Osten bis nach Kalkutta/Kolkata. Nach der Überfahrt auf den Fünften Kontinent arbeitete er dort ein Jahr lang bei der Eisenbahn.  
Als er schließlich nach Hause zurückkehrte war er freilich völlig pleite – "I had five shillings old money in my pocket" – und musste erst einmal wieder bei den Eltern unterschlüpfen. Schließlich fand er einen Job bei Calor Gas, der Firma, bei der auch sein Vater angestellt war: "I became what was laughingly known as a management trainee". Das Unternehmen ermöglichte ihm sogar den Besuch der jungen Universität von Essex. Allerdings musste er dort Wirtschaftswissenschaften studieren, wofür er denkbar wenig Interesse aufbringen konnte. Dennoch machte er brav seinen Bachelor-Abschluss.
Mit zweinundzwanzig Jahren heiratete Chris Boucher. Vorerst war die finazielle Lage des jungen Paares stabil, da beide arbeiteten. Doch als Bouchers Frau Lyn vier Jahre später schwanger wurde und ihren Job aufgeben musste, schien es geboten, sich nach einer weiteren Einnahmequelle umzuschauen. Und so versuchte Boucher sich erstmals als Autor:

I did some, what I discover later were called, three-line quickies, for a television programme called Braden's Week and also I wrote a couple of short stories and sent them off to women's magazines. I think I did a science fiction story as well, which I whacked off somewhere and then sat back and waited for the money to start flooding in.      

Antwort erhielt er nur von der BBC. Mit der allerdings entwickelte sich rasch eine auch finanziell sehr zufriedenstellende Zusammenarbeit. Es dauerte nicht gar zu lange und Boucher konnte mit dem Verkauf seiner Scripts wöchentlich etwa £30 einstreichen, was für die Zeit eine recht ordentliche Summe war. Er nahm die Dienste eines professionellen Agenten – John Hays – in Anspruch, und dieser bemühte sich redlich, neue Kanäle für seinen Klienten zu eröffnen, die es diesem schließlich erlauben sollten, seinen Brotjob bei Calor Gas an den Nagel zu hängen. Einer seiner Ratschläge bestand darin, es einmal bei Doctor Who zu versuchen, denn die Serie war bekannt dafür, auch Drehbücher nicht-etablierter Autoren anzunehmen. Und so landete ein Spec Script mit dem Titel The Silent Scream 1975 auf dem Schreibtisch von Script Editor Robert Holmes.

Zusammen mit Produzent Philip Hinchcliffe hatte Holmes begonnen, Doctor Who in düsterere, unheimlichere und surrealere Gefilde als bisher zu lenken. Was dem "genial, supremely talented hack", wie ihn Taylor Parkes einmal beschrieben hat, alsbald den Zorn der berüchtigten christlich-konservativen Aktivistin und Möchtegernzensorin Mary Whitehouse einbrachte, die in solch frivolem Treiben natürlich bloß eine weitere Attacke der "halbkommunistischen" BBC auf die moralische Gesundheit von Großbritanniens heranwachsender Generation erblickte. Chris Boucher schien Holmes ein geeigneter Mitstreiter bei diesem infernalischen Unternehmen zu sein. The Silent Scream fand dabei zwar keine weitere Verwendung, doch dafür lieferte Boucher schließlich ein Drehbuch mit dem provokanten Titel The Day God Went Mad ab. Gedreht und ausgestrahlt wurde es am Ende als The Face of Evil (Januar 1977). 

In diesem Serial begegnet der Doctor auf einem Dschungelplaneten zwei Völkern – den primitiven Sevateem und den technisch hochentwickelten Tesh –, bei denen es sich in Wirklichkeit um die Nachfahren einer irdischen Weltraumexpedition handelt. Von ihrer Herkunft wissen sie allerdings nichts mehr. Die KI ihres alten Raumschiffs, Xoanon, die beide Gruppen als ihren Gott verehren, ist geistig verwirrt und verfolgt den wahnsinnigen Plan, eine Art Übermenschenrasse zu züchten. Wie sich herausstellt ist der Doctor selbst aufgrund eines Besuchs in der Vergangenheit für den Zustand Xoanons verantwortlich und wird deshalb von den Sevateem als Inkarnation des Teufels ("The Evil One") angesehen.

Mit Face of Evil schuf Chris Boucher auch die Figur der Sevateem Leela, die bis zum Ende der 15. Staffel (The Invasion of Time, Februar/März 1978) die Gefährtin (Companion) des Doctors bleiben sollte. Eigenwillig, impulsiv, kämpferisch und stets bereit, ihr Wurfmesser zu zücken, wich sie ziemlich stark vom Typus ihrer Vorgängerinnen ab.  
Boucher bezog Inspiration u.a. aus dem Vorbild der militanten palästinensischen Kämpferin Leila Khaled, die 1969/70 an zwei von der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) organisierten Flugzeugentführungen beteiligt gewesen war. Was möglicherweise auch etwas über seine politischen Überzeugungen aussagt.
She was from a time when plane hijacking was still considered to be an almost idealistic, brave and noble thing to do. She was jailed for her beliefs and no one had been killed, she was glamorous, she was articulate, but she also became the precursor of some rather less appealing people and happenings.

Leila Khaled wurde nicht zuletzt durch Eddie Adams' berühmte Fotografien für viele Linke im Westen zu einer Art Ikone, die ähnlich wie Che Guevara die vermeintliche Romantik des "bewaffneten Kampfes" verkörperte. Ein Themenkomplex, der meiner Ansicht nach bei Blake's 7 eine wichtige Rolle spielt, worüber ich hier schon einmal etwas ausführlicher gesprochen habe.    

Chris Boucher hatte Leela als "a reaction against the little screaming companion type" konzipiert. Allerdings wurden keineswegs alle späteren Scripts ihrem starken Charakter gerecht. Ich denke da vor allem an The Invisible Enemy von Bob Baker & Dave Martin, in dem sie streckenweise geradezu infantilisiert wird. Auch kollidierte Schauspielerin Louise Jameson schon bald mit Tom Bakers berüchtigtem übergroßen Ego, der zudem die Gewaltbereitschaft der Figur nicht leiden konnte. Dennoch war Leela alles in allem sicher eine interessante Bereicherung für das Universum von Doctor Who.

In The Robots of Death landen der Doctor und Leela auf einem riesigen Bergwerksfahrzeug, das seine Existenz sehr deutlich dem Spice Harvester aus Dune verdankt. Die Besatzung besteht aus einer kleinen Gruppe dekadenter Menschen und einem Haufen Roboter. Als ein Mord geschieht, beginnt jeder jeden zu verdächtigen, da die Blechkameraden angeblich so programmiert sind, dass sie Menschen nicht verletzen können ... In The Image of the Fendahl entpuppt sich eine von einem reichen Privatmann finanzierte paläontologische Ausgrabung als ein okkultes Unternehmen, in dessen Verlauf eine Gruppe von Kultisten eine mächtige außerirdische Entität wiederzubeleben versucht, die einst auf dem heute zerstörten (und von den Timelords in einer "Zeitschleife" versiegelten) Fünften Planeten existierte. Beim Versuch, dies zu verhindern, genießen der Doctor und Leela die Unterstützung der örtlichen "Kräuterhexe" Ma Tyler und ihres Enkels.    

Wie es Boucher selbst einmal so hübsch ausgedrückt hat: "[A]nyone who says they write completely original material is either insane or a liar, or possibly both." Und so machte er nie einen Hehl daraus, dass sich in seinen Scripts fast immer Elemente finden lassen, die er aus Werken anderer entlehnt hatte sei es Harry Harrisons Captive Universe bei The Face of Evil, Frank Herberts Dune (und möglicherweise etwas Isaac Asimov) bei The Robots of Death oder Nigel Kneales Quatermass and the Pit und Kurt Vonneguts The Sirens of Titan bei Image of the Fendahl.   

1977 war ein Jahr des Umbruchs für Doctor Who. Nach dem Ende der 14. Staffel wurde Hinchcliffe als Produzent von Graham Williams abgelöst. Dieser besaß die ausdrückliche Order, die Serie wieder in "kindgerechtere" Bahnen zu lenken. Schon zuvor hatte sich BBC Director General Sir Charles Curran öffentlich bei Mary Whitehouse für die "Gewaltexzesse" in Robert Holmes' (ziemlich coolem) Serial The Deadly Assassin "entschuldigt". Nun knickte man endgültig vor der konservativen Aktivistin ein.  Holmes selbst blieb zwar noch etwas länger als Drehbuchautor dabei, aber auch sein Abschied war bereits eine abgemachte Sache. Die unablässigen Attacken durch Whitehouse und ihre Gefolgschaft hatten ihn zunehmend verbittert und erschöpft. Das dürfte auch mit ein Grund dafür gewesen sein, warum er es ablehnte, die Position des Script Editors bei Blake's 7 zu übernehmen. 

Dafür schlug er Produzent David Maloney als Ersatz Chris Boucher vor. Und der war nur zu bereit, den Posten zu übernehmen. Auch wenn das bedeutete, dass er nicht länger für Doctor Who schreiben durfte. Er sollte es nicht bereuen: "[I]t was the best move I ever made. It was the happiest work related experience I've ever had before or since. It was great!". Das einzige, worüber er sich im Nachhinein ärgerte, war, dass er sich nicht in angemessener Weise von Calor Gas verabschiedete, denen er nun endlich für immer den Rücken kehrten konnte:

[M]y only regret about leaving was that I didn't go to the guy I was working for and tell him to stick his job up his arse, and that is a sort of regret. You know, I should have just stopped in and said, "Listen you bastard, you can take your job and stick it where the sun don't shine, and you're a miserable prick to boot."
Als Boucher zum Team stieß, hatte Terry Nation schon einen kleinen Stapel von Script-Entwürfen zu Papier gebracht. Dennoch war sein Einfluss auf den Charakter, den die Serie schließlich annehmen sollte, von Anfang an nicht unbeträchtlich. Zumindest wenn man seiner eigenen Einschätzung folgt:
Terry had a much clearer notion of right and wrong than I did, and saw the series as basically Robin Hood in space. Whereas I sort of warped it a bit and tried to make it more ambiguous, so that in the end it became more like Che Guevara and the Dirty Dozen.
Ich denke, Bouchers tiefe Abneigung gegen jede Form von moralischem Absolutismus spielte eine wichtige Rolle für seinen Beitrag zu Blake's 7. Er war nicht an irgendwelchen glasklaren Gut vs Böse - Parabeln interessiert, sondern daran, wie Menschen durch die Umstände geformt werden, unter denen sie leben.

I don't believe there is such a thing as fundamental evil. [...] I don't think you can say, "ooh look at that bastard. There is a chunk of pure evil.” I mean evil arises out of situations, it arises out of inadequacies, pain and ignorance and fear, and I suspect it's awfully easy to stumble into evil and to stumble into being evil, or into being what is perceived as evil, but I don't believe that it starts out that way. I often get depressed by the way society appears to be going, where you hear strange politicians, and God knows we've got a lot of those now, saying, "it's no excuse to say that joy-riding and rioting arise because of unemployment," and I find myself yelling at the television, "no one's saying that it's an excuse, they're saying it's an explanation, you stupid twat."

Nach dem Ende von Blake's 7 arbeitete Chris Boucher hauptsächlich im Krimigenre, so bei Juliet Bravo (1982), Bergerac (1983-87) und The Bill (1987). Nur einmal noch kehrte er in TV - Science Fiction - Gefilde zurück. Doch die von ihm selbst konzipierte Serie Star Cops (1987) war eine von zahlreichen Problemen geplagte Produktion und wurde bereits nach neun Episoden wieder eingestellt. In späteren Jahren (1999-2005) schrieb Boucher vier Doctor Who - Romane für BBC Books, in denen der Vierte Doktor und Leela neue Abenteuer erleben. Außerdem entwickelte er die Hörspiel-Serie Kaldor City (2001), deren Setting auf The Robots of Death zurückgreift, in der aber auch eine Figur aus Bouchers Blake's 7 - Episode Weapon auftaucht. 

Avon war von Anfang an eine von Chris Bouchers Lieblingsfiguren. Dafür war zum einen die exzellente Zusammenarbeit mit Schauspieler Paul Darrow verantwortlich. Doch lag ihm sicher auch der ambivalente Charakter des selbstverliebten Computergenies:

I was always careful to make sure that Avon could have an idealistic reason for doing something, and also a totally selfish and cynical one, and you pays your money and you takes your choice. I don't think to my mind the character was really sure of his own motives anyway

Und so ist es nur angebracht, dass die Folge, mit der wir uns nun beschäftigen wollen, eindeutig eine Avon-Episode ist.

Wie wir aus Children of Auron wissen, will Avon das Chaos nach dem Ende des Intergalaktischen Krieges nutzen, um endlich eine offene Rechnung mit dem "Verhörexperten" (Folterknecht) Shrinker zu begleichen, den er für den Tod seiner Partnerin Anna verantwortlich macht. 
Nachdem der Ausbruch einer Pandemie auf Callys Heimatwelt dieses Unternehmen erst einmal unterbrochen hatte, ist die Liberator inzwischen endlich im Erdorbit angelangt. Avon hat sich absichtlich gefangen nehmen lassen, da er überzeugt davon ist, dass früher oder später Shrinker (John Bryans) zu Verhör & Folterung in seiner Zelle auftauchen wird. Der Plan geht auf und wenig später schon findet sich der uniformierte Sadist auf der Liberator wieder. Shrinker gibt eine ziemlich jämmerliche Figur ab, sobald er nicht länger das Sagen hat. Wie wohl nicht anders zu erwarten, versucht er sich hinter dem altgedienten "[I]  only ever followed orders" - Argument zu verstecken, aber damit kommt er hier nicht weit. Nur Cally ist nach wie vor wenig begeistert von Avons Racheplänen.
Cally: Are you sure you want to go on with it?
Avon: Yes, I'm sure I want to go on with it. Look, Cally, I know you don't want any part of this. All right, I'm not going to give you any part of it. You're out. This is mine. I'm doing it. 
Cally: And what am I doing, Avon? Just following orders, like him? 
...  
Tarrant: He's an animal, Cally.  
Cally: Yes, and it's contagious, isn't it?

Aber natürlich lässt sich Avon dadurch nicht aufhalten. Zusammen mit Shrinker lässt er sich in eine Höhle ohne Ausgang teleportieren und beginnt sein Verhör. Der völlig verängstigten Folterknecht beteuert, nie eine Anna Grant gekannt zu haben, aber er erinnert sich schließlich an den Fall. Wie sich zeigt, war der große Bankbetrug, den Avon und Anna durchziehen wollten, keineswegs der "geniale Coup", für den unser arrogantes Computergenie ihn immer gehalten hat: 

Avon: I'd found my way around the security programs in the banking computers. I was about to undermine confidence in the entire Federation credit system. Anna and I were going to be so rich that no one could touch us. And we were almost there.     
Shrinker: You were never even close. I remember you now -- you're Kerr Avon, the great bank fraud. 
Avon: That's what I just said. 
Shrinker:  Bartolomew was running you. 
Avon: Running me? 
Shrinker: Central Security -- Bartolomew was their best agent. They were on to you from the start. But they were convinced that you were political, so Bartolomew stayed close and let you run. Anyone that you so much as looked at was marked for collection. 

Shrinker gelingt es, Avon davon zu überzeugen, dass nicht er, sondern der ominöse Bartolomew für Annas Tod verantwortlich gewesen sein muss. Das bewahrt ihn allerdings nicht vor einem ziemlich grausamen Schicksal.

Derweil bereitet man sich in Servalans neuer Residenz auf einen Staatsempfang vor, mit dem die vollständige Niederschlagung der Aufstände gefeiert werden soll, die nach den Ereignissen von Star One offenbar wirklich ausgebrochen waren.
Dabei stellen wir als Zuschauende erstaunt fest, dass Anna (Lorna Heilbron) offenbar nicht nur nicht tot, sondern unter dem Namen Sula die Ehefrau eines mächtigen Politikers, Councilor Chesku (Peter Clay) ist. Die Situation wird noch mysteriöser, als Sula ihren Gatten kaltblütig ermordet und zusammen mit einem kleinen Guerilla-Trupp die Stürmung des Palastes vorbereitet.

Ein Gutteil der Episode dreht sich überhaupt nicht um Avons Versuch, Annas "Mörder" zu finden, sondern um diesen versuchten Staatsstreich. Dabei bekommen wir die Ereignisse vor allem aus der Sicht zweier Offiziere, Major Grenlee (Donald Douglas) und Section Leader Forres (David Haig), zu sehen, die für Überwachung und Sicherheit der Residenz verantwortlich sind. Von Boucher waren die beiden offenbar als eine Art "comedy double" konzipiert. Nun sind ihre Dialoge zwar nicht ganz so witzig und schlagfertig, wie man vielleicht erhofft hätte. Aber dafür zeichnen sie recht hübsch das Bild zweier "kleiner Nummern", die für ihre Vorgesetzten zwar nichts als Verachtung übrig haben, dabei jedoch sehr genau wissen, dass die Parole "Maul halten" zu heißen hat, wenn sie nicht seeehr großen Ärger bekommen wollen.

Forres: One law for the rich, eh Major?
Grenlee: There's no law for the rich, Forres, and even less for the rich, personal friends of the President.
Forres: They are only civilians, though.
Grenlee: If you want to get on in this man's army, Forres, you've got to learn to distinguish between civilians who are and civilians who aren't.
Forres: Sir. [Thinks twice] Are and aren't what, sir? 
Grenlee: When you know that, Section Leader, you'll be ready for promotion.
Forres: I don't know that I'd want it -- promotion, I mean. 
Und dass die beiden bei der Erstürmung der Residenz dann ganz "nebenbei" von den Rebellen über den Haufen geschossen werden, ist fast ein bisschen schockierend. Gerade weil sie bis dahin so was wie die "comedy sidekicks" der Handlung gewesen waren.

Wie so oft in Blake's 7 erscheinen auch in Rumours of Death die Revolutionäre in einem durchaus kritischen Licht. So erzählt Shrinker über den ersten großen Aufstand: 

One of the first targets of the Rebellion was Central Security. That was where they made their mistake. They were obsessed with revenge. By the time they'd finished kicking the corpses, they, they'd lost their chance, and the, the President had regrouped her forces.
Und auch der von Sula geführte Staatsstreich wirkt ambivalent. Die Guerilleros scheinen überzeugte Freiheitskämpfer zu sein. Doch was ist mit ihrer Anführerin? Ihr Stellvertreter Hob (David Gilles), der offenbar der ursprüngliche Organisator der Gruppe war, erklärt nach dem "Sieg" recht deutlich:

We didn't fight to put you behind that desk, Sula. [Sie hat wie selbstverständlich Servalans Platz eingenommen.]
Aber droht nicht genau das bei dieser "Revolution" herauszukommen? Sulas echte Motive werden uns zwar nicht enthüllt, doch wir wissen, dass sie zum Führungszirkel des totalitären Regimes gehörte. Können wir wirklich glauben, dass sie plötzlich zu einer ehrlichen Demokratin geworden ist? Wir haben schon in der Vergangenheit (Voice From the Past) gesehen, wie Vertreter des Establishments versucht haben, ihren eigenen Griff nach der Macht als einen selbstlosen Kampf für die Freiheit darzustellen. Warum sollte das nicht auch für Sula gelten? Zumal wir inzwischen wohl davon überzeugt sein dürften, dass sie "Bartolomew" gewesen ist. Verstellung war ihr Beruf.

Avon weiß zu diesem Zeitpunkt von all dem natürlich noch nichts. Er befindet sich weiterhin auf seinem Rachefeldzug. Nach der Enttäuschung mit Shrinker ist sein Ziel nunmehr Servalan selbst. Sie zumindest muss wissen, wer sich hinter dem Decknamen "Bartolomew" verbirgt.
Und auch wenn das für ihn selbst ein sehr persönliches Unternehmen ist, beharren seine Kameraden & Kameradinnen darauf, ihn zu begleiten.
Avon: This has nothing to do with you -- any of you.
Tarrant: That's true.
Dayna: On the other hand, you have something to do with us.
Cally: We've talked about it and discovered we care what happens to you. 
Tarrant: Within reason, of course. 
Dayna: We're as surprised about it as you are. 
Vila: Not to mention, embarrassed.
Ob es ihm passt oder nicht, die Gang wird das gemeinsam durchziehen.
Als sie die Präsidentenresidenz erreichen, berät der selbsterklärte "Volksrat" ("People's Council") der Rebellen gerade eifrigst darüber, ob man Servalan umgehend hinrichten oder als Werkzeug zur Konsolidierung der neuen Macht benutzen soll, wie Sula es vorgeschlagen hat. Und so gelingt es ihnen unbemerkt in den Keller vorzustoßen, wo sie die in Ketten gelegte Präsidentin finden.
Wie Tarrant ganz richtig erkennt, ist Servalans Selbstbewusstsein durch diesen Coup zum ersten Mal ernsthaft erschüttert worden. Sie war zuvor schon in prekären Situationen, aber das hier ist anders. Sie wurde im Zentrum ihrer Macht von einem kleinen Trupp Guerilleros überwältigt, gedemütigt und gefangen gesetzt. 
Avon:  Is that it? Have you finally lost your nerve? Have you murdered your way to the wall of an underground room?
Doch noch ist sie nicht völlig gebrochen:
It's an old wall, Avon, it waits. I hope you don't die before you reach it. 

Und tatsächlich erwartet Avon ein ähnlich erschütterndes Erlebnis, als Anna/Sula auftaucht und er realisiert, dass eine der wenigen Personen, die er wirklich geliebt und der er vertraut hat, eine Agentin des Feindes war.

Avon: Of all the things I have known myself to be, I never recognized the fool.
Rumours of Death ist eine der exzellentesten Episoden der dritten Staffel. Neben Chris Bouchers Drehbuch ist dafür vor allem Paul Darrow verantwortlich. Deutlich spüren wir die heftigen Emotionen, von denen der sonst so eisig-sarkastische Avon hier beherrscht wird. Sein hasserfülltes Verlangen nach Rache ebenso wie die verzweifelte Desillusionierung, als sich ihm die grausame Wahrheit offenbart. Großartig!

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