"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Samstag, 31. Januar 2015

Strandgut der Woche

Mittwoch, 28. Januar 2015

Ghostbusters 3 - Ich kapier's einfach nicht

Eigentlich hatte ich ja immer gehofft, es werde nie zu einem weiteren Ghostbusters - Film kommen, auch wenn man seit einer halben Ewigkeit immer mal wieder entsprechende Gerüchte hören konnte. Zwar gehöre ich nicht zu denen, die Ivan Reitmans Original aus dem Jahre 1984 für ein unübertreffliches Meisterwerk der Komödie halten, aber es ist ohne Zweifel ein äußerst unterhaltsamer Film, mit dem ich zudem sehr intensive Kindheitserinnerungen verbinde. Und seine Klasse verdankt der Streifen beinahe ausschließlich dem großartigen Zusammenspiel von Bill Murray, Dan Aykroyd, Harold Ramis und Ernie Hudson. Nicht nur waren sie alle vier in absoluter Topform, zwischen ihnen herrschte auch genau die richtige Chemie. Ein magischer Moment, der sich nicht so ohne weiteres wiederholen lässt, wie das unsägliche Sequel aus dem Jahr 1989 denke ich zur Genüge bewiesen hat. Und wenn es schon kaum möglich erschien, den Charme des Originals mit der gleichen Combo wiederzubeleben, warum sollte man dann den Versuch starten, eine neue Gruppe von Geisterjägern das Erbe von Peter Venkman, Ray Stantz, Egon Spengler und Winston Zeddemore antreten zu lassen?

Im August des letzten Jahres verdichteten sich die Dämpfe, die unablässig aus Hollywoods Gerüchteküche aufsteigen, schließlich zu der bald schon als gesichert geltenden Nachricht, dass tatsächlich ein dritter Ghostbusters - Film produziert werden würde. Und Regisseur Paul Feig ließ verlauten, dass er plane, das Geisterjägerteam in einer vollständig weiblichen Formation auf die Leinwand zurückkkehren zu lassen. 
Nicht mehr als eine zynische Werbestrategie von Sony Pictures? Um ehrlich zu sein, ich halte das für ziemlich wahrscheinlich, aber letztenendes auch für ziemlich unwichtig. Es mag schon sein, dass sich die Studiobosse gedacht haben, auf diese Weise ließe sich Interesse an der Wiederbelebung eines Franchises wecken, dessen Auferstehung von kaum jemandem herbeigesehnt worden war. Doch was soll's? Genre-Blockbuster mit mehr als einer weiblichen Hauptrolle sind nachwievor eine so große Seltenheit, dass es mir im Grunde egal ist, ob wir die Entstehung eines solchen Films in letzter Konsequenz marktstrategischen Überlegungen oder irgendetwas anderem verdanken. Zumal die Profitinteressen der Studios und ihrer Geldgeber doch bei allen Blockbustern ein gehöriges Wort mitzureden haben -- gelinde ausgedrückt.

Vor einigen Tagen nun hat Paul Feig die Besetzung für die vier Hauptrollen bekanntgegeben: Kristen Wiig, Melissa McCarthy, Leslie Jones and Kate McKinnon. 
{Auf Filmdivider kann man auch schon etwas über die angebliche Story des Films lesen, aber wie stets, sollte man derartige "Insiderinformationen" mit gehöriger Skepsis angehen. Oft genug erweisen sie sich als ausgemachter Bullshit.}

Wie dem auch sei: Wie schon im letzten August bekam man auch jetzt wieder in den Kommentarspalten der einschlägigen Websites unangenehm viel sexistischen Müll zu lesen. Frauen als Ghostbusters? --  Für Teile der männlichen Geek-Gemeinde scheint das an Blasphemie zu grenzen. Und wie stets in solchen Fällen kapier ich es einfach nicht. Natürlich bin ich mir bewusst, wieviel dumpfer Chauvinismus in der Welt existiert, aber kommen sich diese Typen nicht selbst etwas lächerlich vor, wenn sie ihre frauenfeindlichen Überzeugungen anlässlich der Besetzungsliste für eine Horror-Phantastik-Komödie in den Internet-Äther brüllen? Was ist ihr Problem? Niemand zwingt sie dazu, den Film anzuschauen, wenn er schließlich in die Kinos kommen wird. Wenn ihnen danach ist, können sie sich ohne Probleme das Original in Endlosschleife angucken. Vermutlich hat man diese unappetitlichen Tiraden als Ausgeburt einer unglücklichen Liaison zwischen Sexismus und Geektum zu verstehen. Mit anderen Worten: Diese Typen halten amüsante Unterhaltungsfilme wie Ghostbusters für so was wie den Heiligen Gral, und wenn auf einmal Frauen sich erdreisten, dieses magische Artefakt in die Hand zu nehmen, kommt das in ihren Augen einem Sakrileg und einer Entweihung gleich.

Ich selbst stehe dem ganzen Projekt aus oben genannten Gründen nachwievor eher skeptisch gegenüber. Aber wenn es einen Grund gibt, warum ich mir Ghostbusters 3 vielleicht tatsächlich anschauen werde, dann ist es die weibliche Besetzung. Das könnte dem ganzen wenigstens einen neuen Dreh verleihen und verhindern, dass wir es mit einer simplen Wiederaufwärmung des Originals zu tun bekommen, in der der Charme des Alten dann vermutlich durch irgendwelche CGI-Feuerwerke ersetzt worden wäre.

Montag, 26. Januar 2015

Expeditionen ins Reich der Eighties-Barbaren (IX): "Amazons"

Dem 1946 in Pennsylvania geborenen und seit 1969 in Kanada lebenden afroamerikanischen Schriftsteller Charles R. Saunders gebührt ein ganz besonderer Platz in der Geschichte der literarischen Sword & Sorcery. 
Wie er selbst in seinem erstmals 1975 veröffentlichten Essay Die, Black Dog! beschrieben hat, enthielt das Subgenre seit seiner Entstehung in den 30er Jahren zahlreiche rassistische Elemente, woran sich auch in der Ära von Lin Carter und L. Sprague de Camp wenig geändert hatte. Doch Saunders polemisierte nicht nur gegen diesen Misstand, mit den Geschichten über den "schwarzen Conan" Imaro und die Kriegerin Dossouye und ihre Abenteuer in dem phantastisch verfremdeten Afrika Nyumbani schuf er auch einen äußerst spannenden Gegenentwurf zur gar zu "weißen" Welt der klassischen Fantasy. Leider jedoch betrat er die Bühne zu einem Zeitpunkt, als sich gerade der große Umschwung von der Sword & Sorcery der 70er zur tolkienesken High Fantasy der 80er Jahre vollzog, was sehr stark dazu beigetragen haben dürfte, dass seinem Werk nie der Erfolg beschieden war, den es eigentlich verdient hätte. Wie Gerd Rottenecker in einem Beitrag auf dem Blog der Bibliotheka Phantastika schreibt, stellte DAW Books die Imaro - Reihe nach dem Erscheinen des dritten Bandes Trail of Bohu (1985) "aufgrund schlechter Verkaufszahlen ein", und "als sich die Pläne für einen Sammelband mit den Dossouye-Abenteuern zerschlugen, wandte sich Saunders endgültig von der Fantasy ab und arbeitete jahrelang als Drehbuchautor und Journalist".
Der Schriftsteller hatte eine denkbar niedrige Meinung vom Sword & Sorcery - Film der 80er. Statt die Chance für eine Neubelebung des Subgenres zu eröffen, glichen sie seiner Meinung nach eher einer "lethal injection" für selbiges, insbesondere da sie mit Conan "one of the most dynamic and compelling characters ever created" in "a muscle-bound doofus" verwandelt hätten. Dennoch erklärte er sich bereit, ein auf seiner Kurzgeschichte Agbewe's Sword basierendes Drehbuch zu verfassen, als Roger Cormans New Horizons 1985 bei ihm vorstellig wurde. Wie er in einem Interview mit dem Cimmerian erzählt hat:
New Horizons had recently finished shooting Deathstalker in Argentina, and wanted to use the sets for another S&S movie. The director, an Argentine named Alex Sessa, wanted the movie to be about Amazons. He was scouring a a used bookstore in Los Angeles, and came across [Jessica Salmonson's anthology] Amazons! He liked my story best, so New Horizons tracked me down in Halifax, Nova Scotia, where I just had moved after spending many years in Ottawa, Ontario. Next thing I knew, I was headed for Hollywood!
During this time I learned a lot about how the film industry works. Argentina has a minuscle black population, so I had to make a lot of changes in the African-based story. I ended up keeping just the basics of "Agbewe's Sword." Of course, a lot of cooks had ladles in that stew. So out came a direct-to-video movie called Amazons.
Die Geschichte mit den wiederverwendeten Deathstalker - Sets habe ich auch schon mal über The Warrior and the Sorceress gehört. Ich bin mir deshalb nicht so sicher, ob Saunders hier bloß etwas wiederholt, was er in der großen Gerüchteküche Hollywood aufgeschnappt hat, oder Informationen aus erster Hand weitergibt. Andererseits, es würde zu Corman passen, dasselbe Set gleich dreimal zu benutzen.

Wie dem auch sei. Schaun wir mal, was Produzent Alejandro "Alex" Sessa in seinem Debüt als Regisseur aus Saunders' Script so gemacht hat.



Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Amazons ist kein guter Film. Und Charles R. Saunders wäre vermutlich der Letzte, der das behaupten würde.

Die Story ist in ihren Grundzügen denkbar generisch: Der böse Hexenmeister Kalungo (Joseph Whipp) will im Bündnis mit irgendwelchen Dämonen das Reich der "Emerald Queen" {und danach am besten gleich die ganze Welt} erobern. Die einzige Waffe, die seinem üblen Treiben Einhalt gebieten könnte, ist das legendäre Schwert von Azundati. Als die junge Amazone Dyala (Ty Randolph) die magische Klinge in einer Vision erblickt, begibt sie sich gemeinsam mit ihrer Kameradin Tashi (Penelope Reed) auf eine lange und gefahrvolle Queste, um das seit Jahrhunderten als verschwunden geltende Artefakt zurückzubringen. Unglücklicherweise jedoch ist Tashi von ihrer Mutter, der Generalin Tashinge (Danitza Kingsley), aufgrund einer alten Familienfehde befohlen worden, Dyala am Ende der Reise zu töten. Und als wäre dies nicht schon unangenehm genug, hat Kalungo auch noch seine mörderische Löwinnen-Vertraute auf die Fährte der beiden Kriegerinnen angesetzt.

In den Namen der Charaktere scheint etwas von Saunders' phantastischem Afrika mitzuschwingen, doch davon {und einigen Kostümen} einmal abgesehen, präsentiert sich uns der gerade einmal 75 Minuten lange Streifen zumindest in der ersten halben Stunde als ein typischer ultrabilliger 80er Jahre - Fantasyflick.
  • Die Kulissen sind ebenso primtiv wie die Spezialeffekte. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich Kalungos Blitzstrahlen irgendwie charmant gefunden habe. Sie sind so unglaublich Eighties ... 
  • Sämtliche Masszenszenen wirken ungeheuer undramatisch und amateurhaft.
  • Bei der überwiegenden Mehrheit der Schauspielerinnen und Schauspieler weiß man nicht, was man schlimmer finden soll: Ihr hölzernes Auftreten oder die erbärmlich miese Nachsynchronisation. Ty Randolph allerdings, die bis dahin nur in irgendwelchen Nebenrollen in Westworld, Body Double und V - The Visitors hatte "glänzen" können, verfügt in der Tat über ein gewisses Charisma: Eine recht gute Wahl für die Hauptrolle.
  • Die Schnitte sind mitunter äußerst ungeschickt, wenn nicht nachgerade bizarr. Mein persönliches Highlight: Nach einem Kampf mit irgendwelchen Wegelagerern sehen wir Dyala und Tashi erst mit nackten Brüsten, nur um in der nächsten Einstellung miterleben zu können, dass ihre Leder-BHs sich auf magisch anmutende Weise urplötzlich wieder geschlossen haben.  
  • Apropos Brüste: Da wir es mit einem von Roger Corman produzierten Film über Amazonen zu tun haben, sollte es niemanden wundern, dass wir inflationär viele halbentblößte Frauen zu sehen bekommen. Und nicht nur das: Der Flick "beglückt" uns sogar mit einer kleinen Sexszene im klassischen Softporno-Stil der 80er Jahre.            
Ich weiß, das klingt jetzt nicht gerade besonders verführerisch, aber vor allem, wenn man sie im Kontext des S&S - Films der Eighties betrachtet, erweisen sich Amazons letztenendes als ein durchaus sehenswerter kleiner Flick, denn ungefähr ab der 30 - Minuten - Marke kommt es zu einer merklichen Wendung.

Nicht, dass der Film plötzlich kompetenter gemacht wirken würde, aber zumindest bekommen wir einige etwas interessantere Sequenzen zu sehen. Alles beginnt mit der Szene, in der Tashi gemeinsam mit einer Gruppe bedrogter Frauen einem geheimnisvollen Baummonster geopfert werden soll. Dem Ganzen ist nicht nur ein leicht verstörender Vibe eigen, hier eröffnet sich darüberhinaus auch endlich eine Gelegenheit für Dyala, sich als coole und kompetente Kriegerin zu präsentieren. Es folgen eine ganze Reihe von Sequenzen, in denen man deutlicher als je zuvor Anklänge an Saunders' mythisch-phantastisches Afrika spüren kann. Ich denke da vor allem an die Begegnung unserer Heldinnen mit der {unsterblichen?} Azundati imitten einer sonnendurchfluteten Ebene, die ohne Zweifel ursprünglich eine Savanne sein sollte.

Es dürfte kaum ein Zufall sein, dass die zweite Hälfte von Amazons keinerlei Sexploitation-Elemente mehr enthält. Hier treten offensichtlich Saunders' ursprüngliche Ideen in den Vordergrund, auch wenn sie immer wieder von Szenen unterbrochen werden, die in Atmosphäre und Qualität der typischen B-Movie - Fantasy der Zeit entsprechen. Das wirkt zwar etwas irritierend, kann aber nicht verhindern, dass der Film Ansätze zu einem individuellen Charakter entwickelt. All dies gipfelt in einem ziemlich überraschenden Finale nach dem genretypischen Finale.

Fazit: Ich kann nur wiederholen, Amazons ist kein guter Film. Aber er enthält einige interessante und eigenwillige Elemente, die sämtlichst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf Charles R.Saunders zurückgehen.

Samstag, 24. Januar 2015

Expeditionen ins Reich der Eighties-Barbaren (VIII): "Deathstalker & The Warriors From Hell"

Ungefähr seit Weihnachten habe ich stärker als seit langem mit dem alten Dämon Depression zu kämpfen, was u.a. zu einer Unterbrechung unserer Expedition in die barbarischen Lande des Sword & Sorcery - Films der 80er Jahre geführt hat. Und obwohl sich auch jetzt noch Tag für Tag das Heulen des schwarzen Hundes aus den Hügeln der Umgebung erhebt, habe ich versucht, mich aufzuraffen und unsere heroische Queste durch die mitunter gleichfalls nicht besonders einladenden Gefilde des Barbarenkinos fortzusetzen. 
Auf irgendeine chronologische oder inhaltliche Logik Rücksicht zu nehmen, hatte ich dabei freilich keine Lust. Und so werden wir heute einen Flick besuchen, der eigentlich eher gegen Ende unserer Wanderung hätte plaziert werden müssen: Deathstalker and the Warriors from Hell aka Deathstalker 3 aus dem Jahre 1988.



Am Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre ließ Roger Corman eine Reihe von "Sequels" zu seinen wenige Jahre zuvor auf dem Höhepunkt der S&S - Welle produzierten Streifen auf das Publikum los. Mit Ausnahme von Wizards of the Lost Kingdom II (1989) gelangten diese Filme sämtlichst ohne Umschweife auf den Videomarkt, der schon seit einiger Zeit zum wichtigsten Standbein für Cormans Unternehmen geworden war.  Allein schon die Tatsache, dass dem großen Schlockmeister nichts besseres mehr einfiel, um ein paar Dollars zu verdienen, als an den fragwürdigen "Ruhm" solcher Streifen wie Deathstalker, Barbarian Queen oder Wizards of the Lost Kingdom anzuknüpfen, war ein deutliches Zeichen dafür, dass der Fantasyboom unaufhaltsam seinem Ende entgegenging. Und was für ein unwürdiges Ende sollte es werden!


Drehbuchautor Howard R. Cohen war ein bewährter Corman-Hack, der u.a. die Scripts für Space Raiders (1983), den ersten Deathstalker-Flick (1983) und Barbarian Queen (1985) geschrieben hatte. Danach war er amüsanterweise eine Zeit lang bei den Glücksbärchis (The Care Bears) und Regina Regenbogen (Rainbow Brite) untergekommen, hatte nebenbei aber auch das Drehbuch für einen der unzähligen Emmanuelle-Filme verfasst. Der zweite Deathstalker - Streifen von 1987 ging übrigens nicht auf seine Kappe. Für ihn hatte der uns bereits aus Sorceress bekannte Jim Wynorski verantwortlich gezeichnet. 

Als Cohen zu dem von ihm ins Leben gerufenen Mini-Franchise zurückkehrte, war der Sword & Sorcery - Film bereits längst drauf und dran, an seinen eigenen Klischees zu ersticken.
Das vielleicht Frustrierendste an dem unter der Regie von Alfonso "Poncho" Corona in Mexiko gedrehten Deathstalker 3 ist, dass die erste viertel Stunde des Films den Eindruck erweckt, dass sich Cohen dessen vollauf bewusst war und er seiner Story deshalb einen wissend-ironischen Unterton zu verleihen versuchte. Nicht nur tritt der genretypische "weise Magier" und Initiator der Queste anfangs als wahrsagender Scharlatan auf einer Art Mittelaltermarkt auf. Wenn unser Held erfahren muss, dass die von ihm gerettete Schöne eine Prinzessin ist, stößt er müde und verzweifelt hervor: "Nicht schon wieder ...". 
Dieser Film weiß, wie ausgelutscht die Konventionen und Versatzstücke des Genres inzwischen wirken mussten, und er macht sich darüber lustig. Dazu passt auch ganz ausgezeichnet, dass der Anführer der bösen Reiterschar, die den Jahrmarkt überfällt und die arme Carissa zu töten versucht, einen Flügelhelm von geradezu grotesken Ausmaßen trägt -- eine Mode unter Fantasybösewichtern, die wohl auf die 20er Jahre und den guten Hagen von Tronje aus Fritz Langs Die Nibelungen zurückgeht. Soweit ist das alles recht amüsant. Und wenn dann auch noch nach gerade einmal fünfzehn Minuten die eben erst scheinbar gerettete "Damsel in Distress" umgebracht wird, wirkt das erst recht wie ein provokanter Verstoß gegen die Regeln des Genres. Hätte das Mädel nicht zu 'Deathstalkers' "love interest" werden müssen? So zynisch das klingen mag, aber ihr Tod war für mich eine äußerst angenehme Überraschung. Wenn da nicht, ja wenn da nicht von der sterbenden Prinzessin eine verwöhnte Zwillingsschwester erwähnt worden wäre, was augenblicklich höchst ungute Vorahnungen in mir weckte. "Taming of the Shrew" und so ...

Und tatsächlich, dieser Film sollte sich als eine der bisher qualvollsten Etappen unserer abenteuerlichen Reise entpuppen.

Vielleicht sollte ich erst einmal ganz knapp den Plot von Deatstalker and the Warriors from Hell zusammenfassen:

Auch wenn man bei seinem Namen vielleicht eher geneigt wäre, an einen professionellen Meuchelmörder oder an eine tragische Heldenfigur à la Elric zu denken, soll der gute 'Deathstalker' (John Allen Nelson) offenbar ein Glücksritter des Fritz Leiber'schen Typs sein -- wenn auch ganz ohne den Charme von Fafhrd und dem Grey Mouser. Zu Beginn des Films amüsiert er sich mit spielerischen Duellen und exzessivem Geflirte auf erwähnten Jahrmarkt, als Prinzessin Carissa (Carla Herd) auftaucht und dem Magier Nicias (Aarón Hernán) -- einem alten Kumpel unseres Helden -- einen magischen Stein bringt, in der Hoffnung, dass der Graubart das entsprechende Gegenstück dazu besitzt. Vereingt nämlich würden die beiden den Weg zu der sagenumwobenen Wunderstadt Arandor eröffnen. Dummerweise jedoch befindet sich der zweite Stein nicht in Nicias Besitz, sondern in dem des bösen Zauberers Troxartes (Thom Christopher). Und wie könnte es anders sein, wenige Minuten später fallen bereits die Handlanger des Hexers unter der Führung des finsteren Makut (Agustín Salvat) über den Jahrmarkt her. Der alte Nicias bringt sich via Teleportation in Sicherheit und überlässt es dem armen 'Deathstalker', Carissas Flucht sicherzustellen. Was diesem -- wie bereits gesagt -- nicht wirklich gelingt.
In der Folge macht sich unser Held mit dem magischen Stein in die "Südlande" auf, begegnet dort Carissas Schwester Elizena, die aus Gründen, die ich inzwischen schon wieder vergessen habe, den miesen Troxartes heiraten soll; wird von Makut und Konsorten durch die Wälder gehetzt; legt irgendeine naive Jungfrau flach; schlägt sich mit untoten Kriegern herum, die ganz und gar nicht "untot" aussehen; wird in einer aus Roger Cormans Klassiker The Raven (1963) entwendeten Burg gefangen genommen, nur um schon sehr bald zu entkommen und dem ganzen Blödsinn gemeinsam mit den gar nicht so üblen Untoten auf typisch heroische Weise ein Ende zu bereiten. Nicht dass ich den Inhalt der letzten halben Stunde wirklich kapiert hätte, aber am Schluss ist Troxartes tot; das Tor zu Arandor wurde geöffnet; Friede und Gerechtigkeit herrschen im Land; und 'Deathstalker' reitet in die aufgehende Sonne. 

Ich kann einem trashigen B-Movie viel verzeihen: Eine abstruse Story, ultrabillige "production values", ja selbst hölzern agierende Schauspieler & Schauspielerinnen. Aber wenn der vermeintliche Held der Geschichte ein derart unsympathischer Sack ist, dass man irgendwann anfängt, für die Bösewichter Partei zu ergreifen, läuft irgendetwas falsch.
 
John Allen Nelson spielt auch in den im selben Jahr in die Kinos gelangten, grandios absurden Killer Klowns from Outer Space der Chiodo-Brüder mit -- einem Film, dem ein ganz besonderer Platz in meinem Herzen gehört. Darum fällt es mir etwas schwer, ihn zum Hauptverantwortlichen für das Desaster von Deathstalker 3 zu erklären. Und in der Tat waren es ja in erster Linie Drehbuchautor und Regisseur, die 'Deathstalker' zu einem selbstverliebten, eingebildeten Arschloch gemacht hatten. Nelson setzte lediglich ihre Vorgaben um. Wie dem auch sei, jedenfalls ist es beinah ausschließlich der unausstehliche Charakter unseres angeblichen Helden, der Deathstalker 3 aus einem potentiell unterhaltsamen Fantasyflick in eine echte Foltertour verwandelt. Gegen ihn hat selbst der an sich ganz neckische ironische Humor irgendwann keine Chance mehr. Sprüche wie "I'm just a simple hero, trying to eat my dinner" könnten spaßig sein, wenn wir nicht zugleich das heftige Verlangen verspüren würden, diesem "Helden" mit aller Wucht eins in die Schnauze zu hauen, bloß um sein eingebildetes Grinsen nicht länger ertragen zu müssen.  
Im Verlaufe meiner kleinen Expedition war ich ja schon mehrfach gezwungen, das Thema Sexismus anzusprechen, aber die Figur des "Magic Macho" 'Deathstalker', dem nicht nur alle Frauen hilflos in die Arme sinken, sondern der dabei auch noch grinsend von seiner eigenen "Unwiderstehlichkeit" schwafelt, toppt selbst solche Monstrositäten wie The Sorceress.
Es ist wirklich ärgerlich. Eigentlich enthält Deathstalker 3 alles, was ein guter schlechter Sword & Sorcery - Film braucht: Eine Story, die irgendwann so abstrus wird, das überhaupt nichts mehr Sinn macht; einen herrlich überzogen gespielten Bösewicht; einige auf geradezu anrührende Weise hilflos und inkompetent agierende Nebendarsteller; ultrabillige Spezialeffekte von entwaffnendem Charme {die z.T. auch noch aus Wizards of the Lost Kingdom geklaut wurden}; lächerliche Fechtszenen usw.. Aber was hilft all das, wenn im Zentrum des Ganzen jemand steht, dem man nichts sehnlicher wünscht, als dass irgendjemand die aufgeblasene Arroganz aus ihm herausprügeln würde? Troxartes' Geliebte Camisarde (Terri Treas, am ehesten bekannt aus Alien Nation) gibt zwar eine wenig überzeugende Dominatrix ab, aber wie großartig wäre es gewesen, wenn sie unseren "Helden" tatsächlich in die Unterwerfung gefoltert hätte! Stattdessen wird sie von ihm überwältigt, gedemütigt, gefesselt und zuguterletzt auch noch ein Bisschen betatscht. Vermutlich sollen wir das Ganze witzig finden, schließlich kann sich ja auch 'Deathstalker' ein bisschen höhnisches Gekicher nicht verkneifen ... Uugh ... Da hilft es auch nicht mehr viel, dass die letzten zwanzig Minuten des Films so wirr und durchgedreht sind, dass daneben selbst Deodatos Barbarians wie eine gut durchdachte Story wirken ...

Ich bin ganz sicher nicht überempfindlich, wenn es um die irritierenden oder wirklich unangenehmen Seiten des Exploitationfilms geht. Wenn dem so wäre, hätte ich unsere kleine Queste schon viel früher abgebrochen. Aber Deathstalker 3 war eine echte Herausforderung. Selten hat sich mein {völlig unschuldiger} Bildschirm so oft von mir anbrüllen lassen müssen, wie bei diesem Flick.

Doch keine Angst, ich werde unsere Expedition dennoch nicht vorzeitig abbrechen. Nächster Anlaufpunkt soll Amazons aus dem Jahre 1986 sein. Und das Drehbuch für diesen Flick hat immerhin niemand anders verfasst als der große Charles R. Saunders ...



Strandgut der Woche

Sonntag, 18. Januar 2015

Hypnotische Kunst oder Hippie-Kitsch?

Ich habe mir vor ein paar Tagen zum ersten Mal Kenneth Angers legendären Kurzfilm Lucifer Rising angeschaut, und um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht sicher, was ich von ihm halten soll. 
Übergehen wir die ebenso faszinierende wie langwierige Entstehungsgeschichte des Films, die sich von 1966 bis 72 hinzog. Lassen wir vor allem die Rolle, die dabei Bobby Beausoleil – der Musiker,  Manson-Jünger und Mörder von Gary Hinman – spielte, beiseite. Betrachten wir uns ausschließlich das Werk selbst, wie es erstmals 1980 einem größeren Publikum zugänglich gemacht wurde.
Ohne Dialoge oder eine Handlung im strikten Sinn will Lucifer Rising auf symbolische Weise den Anbruch des von Aleister Crowley prophezeiten Äons des Horus darstellen, wobei Anger den Sohn von Isis und Osiris mit dem "Lichtbringer" Luzifer gleichsetzt. Eine der Inspirationsquellen des Filmemachers soll dabei Crowleys Hymn to Lucifer gewesen sein.
Ware, nor of good nor ill, what aim hath act?
Without its climax, death, what savour hath
Life? an impeccable machine, exact
He paces an inane and pointless path
To glut brute appetites, his sole content
How tedious were he fit to comprehend
Himself! More, this our noble element
Of fire in nature, love in spirit, unkenned
Life hath no spring, no axle, and no end.

His body a bloody-ruby radiant
With noble passion, sun-souled Lucifer
Swept through the dawn colossal, swift aslant
On Eden's imbecile perimeter.
He blessed nonentity with every curse
And spiced with sorrow the dull soul of sense,
Breathed life into the sterile universe,
With Love and Knowledge drove out innocence
The Key of Joy is disobedience. 
Crowley sah in Horus den "Kindgott", dessen Äon ein Zeitalter der Selbstverwirklichung des Menschen sein würde, und identifizierte ihn symbolisch mit der Sonne. Wie er in The Heart of the Master geschrieben hat:
Horus, the crowned and conquering child, who dieth not, nor is reborn, but goeth radiant ever upon His Way. Even so goeth the Sun: for as it is now known that night is but the shadow of the Earth, so Death is but the shadow of the Body, that veileth his Light from its bearer.
Dementsprechend spielen die Motive von Nacht und Sonnenaufgang eine große Rolle in Lucifer Rising. Dass daneben immer wieder auch Bilder vom Ausbruch elemtarer Naturgewalten stehen, bringt Adam Scovell in einem kurzen Essay über den Film mit der Figur des Osiris in Zusammenhang:
Osiris’ power lay, amongst other things, in the semblance of keeping natural, elemental order.  The presence of a variety of imagery, from the torn up landscape to volcanic eruptions, suggests that his power is waning and that Lucifer Rising is set after Osiris’ first death at the hands of his brother Set, and that Donald Cammell is playing his reincarnation (brought back to life by Isis, again explaining Anger’s use of several visual moments of [Myriam] Gibril performing some form of ritual herself).
Dem mag so sein, doch ehrlich gesagt, weiß ich viel zu wenig über Crowleys "Philosophie", um die symbolische Ebene des Films im Detail nachvollziehen und aufschlüsseln zu können. Meine Herangehensweise war deshalb in erster Linie eine filmästhetische, und von dieser Warte aus betrachtet  ist Lucifer Rising ohne Zweifel ein nicht nur sehr schönes, sondern geradezu hypnotisches Werk.
Kenneth Anger versteht es, seine mystizistischen Visionen in äußerst evokative Bilder zu kleiden, deren Wirkung durch Bobby Beausoleils wenn schon nicht geniale, so doch auf jedenfall angemessene Musik noch verstärkt wird. Insbesondere die Eröffnungssequenz mit dem Vulkan, den Krokodilen und dem ersten Auftritt von Isis und Osiris hat einen ziemlich starken Eindruck auf mich gemacht. 
Allerdings kommt irgendwann ein Punkt, an dem das Ganze ins unfreiwillig Komische umzukippen droht. Dies ist spätestens dann der Fall, wenn wir Anger selbst als "Magus" in seinem magischen Kreis herumrennen sehen. Zwar gelingt es dem Film in den Lilith-Szenen mit Marianne Faithfull wieder etwas von seiner ursprünglichen Faszinationskraft zurückzugewinnen, doch der Bruch ist vollzogen und lässt sich nicht mehr vollständig kitten. Erst recht nicht, wenn im Finale eine leuchtend rote Fliegende Untertasse über einem ägyptischen Tempel auftaucht.
Dieses Abrutschen in die Gefilde bizarren Hippie-Kitsches ist zwar sehr bedauerlich, liegt in gewisser Weise aber in der Logik von Lucifer Rising. Die Weltanschauung, die Kenneth Anger in eine cineastische Form zu gießen versuchte, ist selbst etwas lächerlich, was sich letztenendes in der Ästhetik des Films widerspiegeln musste. Selbige lässt sich als eine Mischung aus Counterculture-Psychedelik und einem spezifisch "crowleyanischen" Stil beschreiben. Was ich mit Letzterem meine, lässt sich vielleicht am Besten mit diesen beiden Fotos des "wickedest man of the world" illustrieren.
Scovell schreibt in seinem Essay:
The ancient worlds bleed through into a time when the mind’s of a generation were being expanded by drugs as to incorporate entire new belief systems and imagery.  The perspective of the counter-culture was backwards looking, to see the old ways and gods connecting with their own modern-day interests.
Das Problem ist, dass es in Wirklichkeit nicht die "ancient worlds" sind, die da in die Gegenwart eindringen, sondern Zerrbilder derselbigen, die von modernen Mystikern wie Eliphas Levi oder Aleister Crowley geschaffen wurden. Wir erleben hier nicht die geistige Wiederauferstehung des Alten Ägypten mit, sondern bekommen gezeigt, wie das Alte Ägypten als Maske verwendet wird. Und solch einem symbolischen Mummenschanz haftet immer etwas leicht lächerliches an.
Nichtsdestoweniger bleibt Lucifer Rising ein faszinierendes Stück Filmkunst. Es ist ein Beleg für Kenneth Angers enormes Talent, dass er auf einer so wackeligen Grundlage, wie sie Crowleys Mystizismus zu bieten hatte, ein über weite Strecken derartig beeindruckendes ästhetisches Gebilde zu errichten vermochte.



Samstag, 17. Januar 2015

Ein weiterer Punkt für die Anklageschrift

Ich war nicht tot und war auch nicht lebendig;
   Denk nun bei dir, wenn dir Verstand gegeben,
   Wie ich geworden, weder dies noch jenes.
Der Herrscher über jenes Reich der Schmerzen
   Hob sich mit halber Brust dort aus dem Eise.
   Ich mag wohl eher einem Riesen gleichen,
Als Riesen selbst an seinem Arm gemessen.
   Stell dir nun vor, wie seine ganze Größe
   Sein mag, die solchem Teile wird entsprechen.
Wenn er so schön war wie er jetzo häßlich,
   Und gegen seinen Schöpfer aufgestanden,
   So muß von ihm wohl alle Trauer kommen.

Divina Commedia, Inferno XXXIV, 25-36


So schildert Dante den Moment, in dem er im tiefsten Abgrund des Neunten Höllenkreises Luzifer erblickt, der seit seinem Sturz aus dem Himmel im Zentrum der Erde in dem riesigen Eissee Kozytus eingefroren und gefangen ist. 

So absurd dies auch klingen mag, aber diese Szene kam mir kürzlich wieder ins Gedächtnis, während ich mir die Episoden von Mission Log und Trekabout anhörte, die sich mit dem legendär miesen fünften Star Trek - Film The Final Frontier beschäftigen. Warum ich das getan habe, weiß ich eigentlich selbst nicht so recht, aber auf jedenfall hat es dazu geführt, dass ich nunmehr in der Lage bin, der langen Liste von Anklagepunkten, die man gegen William Shatners abstrusen Eintrag in die Annalen des Trek - Universums vorbringen kann, einen weiteren hinzuzufügen.

In The Final Frontier wird die Enterprise bekanntlich von Spocks durchgeknalltem Guru-Halbbruder Sybok gekapert, der mit ihr ins Zentrum der Galaxis fliegen will, wo sich seiner Meinung nach der mythische Planet Sha Ka-Ree befinden muss, das vulkanische Äquivalent zum Garten Eden, wo er Gott persönlich zu begegnen hofft. 
Übergehen wir den etwas peinlichen Umstand, dass die Crew der Enterprise schon einmal in den Mittelpunkt der Milchstraße vorgestoßen war -- in S01E08 The Magicks of Megas-tu der Animated Series um genau zu sein. Jedenfalls ist das Wesen, dem sie schließlich auf Sha Ka-Ree begegnen, ganz sicher nicht Gott, sondern irgendeine äußerst mächtige, aber zutiefst bösartige Kreatur, die dort offensichtlich von irgendjemandem oder irgendetwas gefangen gesetzt wurde und die Enterprise als Fluchtmittel zu benutzen gedenkt.

In Shatners ursprünglichem Script sollte es sich bei diesem ominösen Wesen allen Ernstes um Satan handeln. Ich zitiere aus dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag:
When Kirk confronts "God", the image of the being transforms into that of Satan, and Kirk, Spock, and McCoy split up in their escape. Kirk eludes capture but goes back to save his friends from being carried away to Hell.
Über die Absurdität dieser Szene braucht man nicht viele Worte zu verlieren. Doch wenn man sich klar macht, dass die "Gott"-Kreatur in Final Frontier ursprünglich Luzifer sein sollte, erhält der Umstand, dass sich der Ort ihrer Gefangenschaft im Zentrum der Galaxis befindet, mit einemmal eine neue, nämlich "danteske" Note. Was zuvor wie eine willkürliche Entscheidung Shatners erscheinen musste, ließe sich plötzlich als eine bewusste Anspielung auf die Göttliche Komödie begreifen. Erst recht, wenn man dann noch erfährt, dass Sha Ka-Ree zu Beginn im Zentrum des Universums liegen sollte. {Glücklicherweise klärte Isaac Asimov die Jungs bei Paramount rechtzeitig darüber auf, dass das Universum kein Zentrum besitzt.*} Im Verständis von Dantes Zeit war das Zentrum der Erde das Zentrum der Welt. Ganz offensichtlich sollte sich Sha Ka-Ree in einer vergleichbaren Position befinden.

Ich muss zugeben, dass ich The Final Frontier weit weniger hasse als die meisten TNG-Kinofilme. Doch der Grund hierfür liegt vermutlich in erster Linie an persönlichen Erinnerungen an eine lang zurückliegende Star Trek - Nacht. {Ja, damals war es noch möglich, sich sämtliche Trek - Filme in einer Nacht anzuschauen.} Dennoch bin ich mir natürlich bewusst, dass es sich bei dem Flick um eine fürchterliche filmische Monstrosität handelt. Und die Erkenntnis, dass hier nicht nur Star Trek, sondern auch die Divina Commedia missbraucht wurde, macht das Verbrechen noch um einen winzigen Grad unverzeihlicher.


* Gene Roddenberry, dem Shatners Original-Script ganz und gar nicht gefallen hatte, schickte selbiges an Isaac Asimov und Arthur C. Clarke, in der Hoffnung, mit ihrer Hilfe das Projekt stoppen oder doch wenigstens massiv korrigieren zu können. 

Strandgut der Woche

Samstag, 10. Januar 2015

Strandgut der Woche

Montag, 5. Januar 2015

Geistergeschichten am Kaminfeuer

In der Vergangenheit habe ich auf diesem Blog bereits mehrfach über die in den 70er Jahren von der BBC kreierte Serie A Ghost Story for Christmas geschrieben {hier, hier und hier}. Gleichfalls habe ich bereits einmal über Don Taylors The Exorcism und Nigel Kneales The Stone Tape berichtet, die man zumindest zur näheren Verwandtschaft der weihnachtlichen Geistergeschichte zählen darf. In den letzten zwei Wochen habe ich nun – ganz im Geiste der Festzeit – einen erneuten Ausflug in diese spukigen Gefilde unternommen.

Die allerletzte, 1978 ausgestrahlte Ghost Story for Christmas war die einzige, die nicht unter der Regie des großen Lawrence Gordon Clark gedreht wurde. An seine Stelle trat Derek Lister.
Wie schon Stigma aus dem Vorjahr fällt auch The Ice House deutlich aus dem Rahmen. Nicht auf einer klassischen Geistergeschichte basierend, sondern eigens für die Serie geschrieben, ähneln die beiden letzten Episoden weder in Inhalt noch Atmosphäre dem, was man bisher von A Ghost Story for Christmas gewohnt war. Doch während es sich bei Stigma meiner Meinung nach um ein recht faszinierendes phantastisches Fernsehstück handelt, hinterlässt The Ice House einen eher enttäuschenden Eindruck und wirkt deshalb beinah wie eine Rechtfertigung für das Einstellen der Serie.
Von Autor John Bowen hätte man sich etwas interessanteres erhofft, war er es doch gewesen, der acht Jahre zuvor das Script für James MacTaggarts Robin Redbreast geschrieben hatte – einen im Rahmen von Play For Today ausgestrahlten Fernsehfilm, der als eines der stilprägenden Werke des Folk Horror gelten darf. Und auch sein erster Beitrag zu den Ghost Stories for Christmas – das Drehbuch für The Treasure of Abbot Thomas (1974) – beweist das unbestreitbare Talent des Autors.
In einem Essay für die DVD-Ausgabe von 2012 bezeichnet Alex Davison The Ice House als "arguably the most daringly experimental film of the A Ghost Story for Christmas series", auch wenn er zugibt, dass dieses Experiment eher misslungen sei. Ich bin mir nicht sicher, ob eine derartige Einschätzung nicht etwas zu hoch gegriffen ist. Zwar spürt man den Ehrgeiz, der hinter diesem Projekt gesteckt haben muss, doch zugleich hatte ich das Gefühl, The Ice House versuche den Eindruck zu erwecken, mehr zu sein als es in Wirklichkeit ist. Ganz offensichtlich will der Film irgendetwas über das sinnentleerte Leben der gehobenen Mittelklasse zum Ausdruck bringen. Doch verglichen mit Filmen wie The Exorcism, den Episoden von Nigel Kneales Beasts (1976) oder auch Stigma, wirkt der sozialkritische Ansatz hier aufgesetzt, beinah etwas prätentiös, bleibt die Geschichte doch viel zu obskur, um mehr aus ihr ableiten zu können als vage Eindrücke von Einsamkeit und innerer Leere.

Nach dem Ende von A Ghost Story for Cristmas und der Ausstrahlung von Lawrence Gordon Clarks ITV-Adaption von Casting the Runes (1979) mit dem grandiosen Iain Cuthbertson als Julian Karswell machten sich "ghoulies and ghosties and long-legged beasties" im britischen Fernsehen für viele Jahre erst einmal ziemlich rar. Lediglich die 1986 auf BBC2 ausgestrahlte Reihe Classic Ghost Stories bot noch einmal etwas gespenstische Unterhaltung der traditionellen Art. Allerdings handelte es sich dabei nicht um ausgewachsene Adaptionen, sondern um nicht viel mehr als simple Lesungen von fünf M.R. James - Geschichten. Neben den Klassikern Oh, Whistle And I'll Come To You, My Lad, The Ash Tree und The Mezzotint präsentierte die Serie auch die eher etwas unbekannteren Stories The Wailing Well und The Rose Garden. Vorgetragen wurden sie allesamt von dem großartigen Robert Powell – am bekanntesten vielleicht aufgrund der Hauptrollen in Ken Russells Mahler (1974) und Franco Zeffirellis Jesus of Nazareth (1977); Horrorfans werden den Schauspieler möglicherweise als Dr. Martin aus Roy Ward Bakers von Amicus produziertem Portmanteau-Streifen The Asylum (1972) kennen.
Powell schlägt einen lockeren Konverationston an, was den Lesungen zusammen mit dem nostalgisch-viktorianischen Ambiente, in dem der Erzähler auftritt, auf den ersten Blick einen beinah heimeligen Charakter verleiht. Nichtsdestoweniger findet dank Montys Erzähl- und Powells Vortragskunst alsbald schon das Grauen seinen Eingang in diese gemütliche Welt. Ab und an illustrieren kurze Spielszenen den Ablauf der Geschichte, doch erweist sich der gleichfalls praktizierte Einsatz von Gemälden, Stichen und Fotographien in atmosphärischer Hinsicht oft als sehr viel wirkungsvoller.         

Es sollten knapp anderthalb Jahrzehnte vergehen, bevor man erneut an die alten Traditionen anzuknüpfen versuchte. In der Weihnachtszeit des Jahres 2000 war es dann endlich soweit, und BBC2 beglückte alle Freundinnen & Freunde des alten Monty und der klassischen englischen Geistergeschichte mit der vierteiligen Serie Ghost Stories for Christmas with Christopher Lee.
Regisseurin Eleanor Yule ist vor allem im Doku-Bereich aktiv, wo sie sich u.a. durch eine Reihe von Kooperationen mit Michael Palin und Moominland Tales, einem biographischen Film über Tove Jansson, einen Namen gemacht hat. Doch hegt sie offenbar auch eine tiefe Zuneigung zum Horrorgenre, und da Nicolas Roegs Don't Look Now / Wenn die Gondeln Trauer tragen (1973) erklärtermaßen ihr Lieblingsfilm in dieser Sparte ist, verfügt sie außerdem ganz offensichtlich über einen guten Geschmack.
In gewisser Hinsicht lässt sich Ghost Stories for Christmas with Christopher Lee als eine aufwendigere Wiederbelebung des Formats der Classic Ghost Stories mit Robert Powell beschreiben. Erneut haben wir es eher mit Lesungen denn mit Adaptionen zu tun, wobei der große Mr. Lee in die Rolle von Montague Rhodes James schlüpft und ganz wie der alte Monty dies Anfang des letzten Jahrhunderts in Cambridge tatsächlich getan hat, einige seiner Geschichten einem auserwählten Publikum von Freunden, Kollegen und Studenten vorträgt. Die Atmosphäre ist dabei wohl etwas "gotischer" als sie weiland im Chit-Chat-Club tatsächlich gewesen sein mag, dennoch finde ich dieses Anknüpfen an die realen Ursprünge von Montys gespenstischer Kunst sehr ansprechend. Es schadet nicht, sich immer mal wieder zu vergegenwärtigen, dass viele seiner Stories ursprünglich für den mündlichen Vortrag geschrieben wurden. Und Christopher Lee ist in der Tat ein phänomenaler Geschichtenerzähler. Wie in Fortsetzung und Perfektionierung der schon bei Classic Ghost Stories verwendeten Methode, wird die Erzählung auch hier immer wieder mit kurzen Einspielungen unterlegt, die weniger den Charakter von Dramatisierungen denn von äußerst evokativen Illustrationen tragen.
Nicht alle Episoden sind gleich gut gelungen. The Stalls of Barchester etwa besitzt deutliche strukturelle Schwächen, die zwar z.T. auf die literarische Vorlage zurückzuführen sind, durch die ungeschickte Form der Adaption aber besonders stark ins Auge stechen. Das unbestreitbare Glanzstück der Miniserie hingegen ist A Warning to the Curious:

Ein Jahrfünft später startete die BBC einen – aufgrund bald darauf einsetzender Budgetkürzungen leider nur äußerst kurzlebigen – Versuch, das alte Konzept der Ghost Stories for Christmas in seiner ursprünglichen Form wiederzubeleben. Am 24. Dezember 2005 wurde als erster Teil der geplanten Reihe eine von Autor Peter Harness und Regisseur Luke Watson geschaffene Adaption von Montys A View From A Hill ausgestrahlt.
Harness ist ein scheinbar relativ bekannter Stückeschreiber, Drehbuchautor und Schauspieler, der u.a. für die dritte Staffel der BBC-Adaptionen von Henning Mankells Wallander - Romanen mit Kenneth Branagh verantwortlich zeichnete. {Filme, die ich selbst nicht gesehen habe, da ich mich nachwievor schwer damit tue, irgendjemand anderen als Rolf Lassgård in der Rolle sehen zu können. Auch wenn ich mir durchaus bewusst bin, dass die Qualität der schwedischen Produktionen ziemlich durchwachsen ist.} Freundinnen & Freunde der Phantastik mögen seinem Namen im Zusammenhang mit der gerade in Produktion befindlichen Verfilmung von Susanna Clarkes Roman Jonathan Strange & Mr. Norrell begegnet sein, für die er das Drehbuch geschrieben hat. 
A View from a Hill gehört nicht zu den ganz großen Meisterwerken von M.R. James, auch wenn die Geschichte in motivischer Hinsicht manch Faszinierendes zu bieten hat, geht es in ihr doch um das Verlangen, einen direkten Zugang zur Vergangenheit zu erlangen. Ein Thema, das angesichts von Montys eigenen antiquarischen Obsessionen ein sehr persönliches Element zu enthalten scheint. Peter Harness' Adaption nimmt einige deutliche Veränderungen vor, die z.T. den durch das sehr knappe Budget auferlegten Beschränkungen geschuldet waren, unter denen das Team arbeiten musste. So konnte man es sich vermutlich einfach nicht leisten, die Szene von Baxters Verderben filmisch umzusetzen. Was zu bedauern ist, handelt es sich doch um eine der stärksten Passagen der Story. Andere Eingriffe wurden nicht durch finanzielle Umstände erzwungen, erweisen sich jedoch als durchaus fruchtbar. So finde ich z.B. die Verwandlung des ältlichen und umgänglichen Squire Richards in einen bankrotten Landadeligen, der der wenig erfreulichen Lage, in der er sich befindet, mit einer Mischung aus "stiff upper lip" und leichter Selbstironie begegnet, sehr ansprechend. Zumal es Pip Torrens – ganz ohne Zweifel der echte Star dieses Films – gelingt, dem Charakter Tiefe, Komplexität und einen ruppigen Charme zu verleihen.
Alles in allem ist A View from a Hill ein sehenswerter, wenn auch kaum phänomenaler Eintrag in die Annalen der televisionären Geistergeschichte. Ähnlich wie viele der Klassiker der 70er Jahre verwendet auch dieser Film auf recht geschickte Weise die Landschaft zum Heraufbeschwören einer unheimlichen Atmosphäre. Luke Watson ist kein Lawrence Gordon Clark, aber er versteht sein Handwerk. Der Wald ist das vielleicht gruseligste in A View from a Hill. Und auch wenn die Schrecken eher angedeutet, denn dargestellt werden, lässt einen die finstere, verstörende Note, auf der der Film ausklingt, nicht so leicht wieder los.

Number 13 – der zweite und letzte Teil der früh verstorbenen neuen Ghost Stories for Christmas – hat mich nicht recht überzeugen können, wie ich hier bereits einmal etwas ausführlicher dargelegt habe.

Der nächste Versuch, an die alten Traditionen anzuknüpfen, wurde von Autor, Schauspieler und Regisseur Mark Gatiss gestartet – hierzulande vermutlich in erster Linie aufgrund seiner Mitarbeit an Sherlock und dem neuen Doctor Who bekannt. Über die Weihnachtsfeiertage 2008 strahlte BBC4 seinen Episoden-Horrorfilm Crooked House aus, der sich sehr deutlich am Vorbild der alten Ghost Stories for Christmas {und natürlich auch an dem der Portmanteau-Klassiker von Amicus} orientierte. Ein meiner Meinung nach nicht durchgehend gelungenes Unternehmen, wie man hier nachlesen kann. Fünf Jahre später dann erhielt Gatiss die Gelegenheit, mit einer Adaption von M.R. James' The Tractate Middoth ganz offiziell eine neue Ghost Story for Christmas zu kreieren.     
Im Ganzen gesehen ein feiner kleiner Horrorstreifen, der aber nicht an die Qualität der Werke von Lawrene Gordon Clark heranreicht. Optisch sehr ansprechend und mit exquisiten Darstellern gesegnet, gelingt es ihm dennoch nicht, eine vergleichbar intensive, angenehm unheimliche Atmosphäre zu erschaffen. Der Film enthält zweifelsohne einige starke Szenen. So fand ich z.B. den wiederholten Einsatz von Spinnen als Verkörperungen des pervers-grausamen Geistes von Dr. Rant sehr gelungen – äußerst angemessen, wenn man sich Montys legendäre Arachnophobie ins Gedächtnis ruft. Auch macht David Ryall aus dem alten Rant einen wahrlich teuflischen Charakter. Und doch hat mich der Film nicht wirklich gepackt. Die immer wieder auftauchenden, gar zu offensichtlich computergenerierten Staubflocken wirkten auf mich in dieser Hinsicht geradezu symptomatisch – hübsch anzusehen, aber zugleich die Atmosphäre zerstörend.
In einem Punkt unterscheidet sich Mark Gatiss' The Tractate Middoth übrigens sehr deutlich von beinah allen anderen M.R. James - Adaptionen. Ob zum Guten, lässt sich allerdings nicht so eindeutig sagen.
Viele von Montys Geschichten enthalten eine ordentliche Dosis Humor, ein subtiles Element von ironischem Witz, sowohl in Auseinandersetzung mit den bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts klischeehaft gewordenen Konventionen der Geistergeschichte als auch mit dem akademischen Oxbridge-Milieu, dem nicht nur viele der Hauptfiguren entstammen, sondern das ja auch das ursprüngliche Publikum der Stories gewesen ist. In den allermeisten Verfilmungen findet sich hiervon nicht die leiseste Spur. So gesehen ist Gatiss' Streifen seiner literarischen Vorlage näher als alle seine Vorgänger, denn er wird von einer ganzen Schar humorvoll karrikierter Gestalten bevölkert. Doch so gelungen und witzig die Darstellungen im Einzelnen auch sind, muss man sich fragen, ob der Autor und Regisseur hier nicht etwas zu weit gegangen ist. Wenn beinah alle Nebenfiguren den Charakter von Karrikaturen annehmen, droht der Film als Ganzes jenen bei aller Phantastik notwendigen realistischen und ernsthaften Zug zu verlieren, ohne den sich eine unheimliche Atmosphäre nicht entfalten kann.

Im Anschluss an The Tractate Middoth strahlte die BBC Weihnachten 2013 den gleichfalls von Mark Gatiss gedrehten Dokumentarfilm MR James: Ghost Writer aus. Wie die Geistergeschichte selbst ist auch er sehr schön anzusehen. Besonders gut gefallen hat mir die Idee, als verbindenes Motiv Szenen zu verwenden, in denen wir Gatiss auf seinem Fahrrad durch die Gegend fahren sehen, denn bekanntlich war der alte Monty ein leidenschaftlicher Radfahrer. Auch ist es großartig, Robert Lloyd Parry in der Rolle von M.R. James erleben zu dürfen. Der Schauspieler hat sich in den letzten Jahren mit seinen Lesungen/Ein-Mann-Theater-Aufführungen einen Namen unter englischen Montyfans gemacht.*
Wer sich bereits ein wenig mit M.R. James auskennt, wird in diesem Film keine faszinierenden neuen Einsichten finden, doch als eine Einführung in Leben und Werk des Autors funktioniert er ziemlich gut. Vor allem da man sehr deutlich Gatiss' leidenschaftliche Liebe zu Monty spüren kann. Höhepunkte sind zum einen die kurzen Interviews mit Jonathan Miller – dem Regisseur der bis heute besten James-Adaption Whistle And I'll Come To You (1968) , Lawrence Gordon Clark und Canon Adrian Carey, dessen Vater ein guter Freund von Monty gewesen war und der den großen Mann selbst noch in Eton kennenlernen durfte. Zum anderen Gatiss sehr feinfühlige und berührende Schilderung von Montys inniger Freundschaft zu James McBride. Mit letzterem berührt der Film freilich ein Thema, das unter Jamesianern sehr umstritten ist. Die Frage, ob Monty homosexuell war und nicht zumindest einige seiner Geschichten auch als Ausdruck seiner unterdrückten Sexualität gelesen werden können. Gatiss geht nicht so weit wie Mike Pincombe in seinem in Ghosts & Scholars veröffentlichten Essay Homosexual Panic and the English Ghost Story, aber er lässt doch keinen Zweifel daran, auf welcher Seite er in dieser Kontroverse steht.            

Hinzugefügt: 
Die neueste Episode der Monster Hunters ist eine wunderschöne und wie alle Abenteuer von Roy Steel & Lorrimer Chesterfield äußerst amüsante Hommage an M.R. James und die klassische englische Geistergeschichte. 



* Ein Interview mit Parry findet sich in dieser Episode des exzellenten A Podcast to the Curious.