"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Sonntag, 30. August 2015

Strandgut der Woche

Montag, 24. August 2015

Strandgut der Woche

Sonntag, 23. August 2015

Spanked Puppies

Unter den gegebenen Umständen war das Ergebnis der Abstimmungen zum diesjährigen Hugo Award, das gestern Abend auf der Worldcon in Spokane/Washington offiziell verkündet wurde, mit Sicherheit das Beste, was man sich erhoffen konnte. Den Sad & Rabid Puppies wurde eine vernichtende Niederlage beigebracht, die selbsternannten Vertreter der "schweigenden Mehrheit" als das entlarvt, was sie tatsächlich sind: eine weinerliche Clique Ewiggestriger, die es einfach nicht ertragen können, dass sich die Welt weitergedreht hat.
Ich stehe der Ideologie, die in weiten Teilen der "linken" SFF-Gemeinde zur Zeit vorherrscht, äußerst kritisch gegenüber, aber das ändert nichts daran, dass ich einen gemeinsamen Feind erkenne, wenn ich ihn zu Gesicht bekomme. Und die Puppies sind ein solcher Feind. Zu sehen, wie Vox Day, Brad Torgersen, Larry Correia, Sarah Hoyt, John C. Wright, Tom Kratman & Kumpanei eine Abfuhr erteilt bekommen, erfüllt auch mich mit Freude, verkörpern sie doch alles, was in unserer Gesellschaft und Kultur rückständig, verrottet und inhuman ist. 
Dass zugleich Laura J. Mixon für ihren Bericht über die Umtriebe von Requires Hate / Benjanun Sriduangkaew geehrt wurde {vgl. hier & hier}, macht mich erst recht glücklich, denn die Angehörige eines thailändischen Oligarchen-Clans hat sich nicht nur über Jahre als eine besonders bösartige und sadistische Trollin und Cyber-Stalkerin betätigt, ihr Fall ist zugleich ein besonders prägnantes Beispiel für all das, was an der Ideologie der Identitätspolitik nicht stimmt.
Und doch sollten wir vielleicht nicht gar zu laut jubeln. Die Puppies werden es nicht hinnehmen, dass sie geschlagen wurden. Die jammernden Hündchen werden sich nicht mit eingezogenem Schwanz in ihren staubigen Winkel der Küche verkriechen. Vorgestern noch verkündete Torgersen, die größte Leistung der Sad Puppies sei es gewesen, den Kreis der Hugo - Wählerschaft vergrößert zu haben:  
This year there were a record number of memberships, and a record number of ballots cast. This is very, very good. A democracy (any democracy) is only as worthwhile as those who keep their end up by actively participating. Past Hugo voting has tended to be remarkably anemic. Sad Puppies has changed this significantly — for two years running.
Doch dass eben diese Wählerschaft nun ihn und seine Clique zum Teufel geschickt hat, ist in der verdrehten Weltsicht der Puppies selbstverständlich kein Ausdruck von Demokratie, sondern bloß ein weiterer Beweis für die zensurwütige Diktatur der "kulturmarxistischen" Social Justice Warriors (SJWs). Puppies wie Sarah Hoyt wittern sogar bereits Wahlbetrug. Mit anderen Worten: Die Puppies werden auch im nächsten Jahr wieder zur Stelle sein, um der überwältigenden Mehrheit der SFF-Gemeinde in die Suppe zu spucken {oder ins Wohnzimmer zu kacken, um eine angemessenere Metapher zu verwenden}. Und das bedeutet nicht bloß, dass wir uns vermutlich auch 2016 mit den endlosen Pöbeleien dieser rechtsextremen Kumpanei werden herumschlagen müssen, es könnte auch dazu führen, dass einmal mehr ganz großartige Schriftstellerinnen & Schriftsteller um die öffentliche Anerkennung gebracht werden, die ihnen zustehen würde. Ganz so, wie es dieses Jahr geschehen ist.

Die beste Reaktion auf die Hugocalypse von 2015 wäre es deshalb vielleicht, wenn alle, die sich über die Niederlage der Puppies freuen, die Werke jener Autoren & Autorinnen lesen würden, die durch Vox Day, Torgersen und ihre Gefolgschaft aus der Nominiertenliste verdrängt wurden. Um die Titel in Erfahrung zu bringen, braucht man bloß hier kurz nachzuschlagen. In der Kategorie "Best Short Story", deren Vertreter im Netz frei verfügbar sind, wären das zum Beispiel:  

Jackalope Wives von Ursula Vernon
The Breath of War von Aliette de Bodard
The Truth About Owls von Amal El-Mohtar
When It Ends, He Catches Her von Eugie Foster
A Kiss With Teeth von Max Gladstone

(P.S.: Ich weiß, es gibt Leute, die glauben, Annie Bellett [Goodnight Stars] und Kary English [Totaled] wären möglicherweise auch ohne die Hilfe der Puppies auf die Liste gekommen, aber was soll's ...) 

Sonntag, 16. August 2015

Strandgut der Woche

Freitag, 14. August 2015

Expeditionen ins Reich der Eighties-Barbaren (XVI): "Gunan Il Guerriero"

Als uns unsere langwierige Queste durch die Welt des Sword & Sorcery - Films der 80er vor einem halben Jahr erstmals nach Italien führte, hatte ich ursprünglich geplant, nach Il trono di fuoco / Throne of Fire (1983) auch Gunan Il Guerriero (1982) einen Besuch abzustatten, denn nicht nur stammen die beiden von demselben Regisseur – Franco Prosperi –, Gunan gebührt zudem der zweifelhafte Ruhm, Italiens erster Eintrag in die Annalen des Barbarenkinos der Eighties zu sein. Doch leider war die einzige Version des Films, derer ich damals habhaft werden konnte, eine ungarische Fassung. Vor kurzem nun ist es mir gelungen, eine deutsche Synchro aufzutreiben – auch nicht unbedingt das, was ich mir gewünscht hätte,  aber doch Anlass genug, um in die italienische Provinz von Filmfantasyland zurückzukehren.

{hier kann man sich einen deutschen Trailer für den Film anschauen, der unverschämterweise mit
Basil Poledouris' grandioser Conan-Musik unterlegt ist, was ich denn doch etwas zu dreist fand.}

Im April 1982 war Conan the Barbarian in einer Reihe von europäischen Ländern – u.a. Frankreich, Großbritannien & Spanien angelaufen, bevor er am 14. Mai seine US-Premiere erlebte. Die italienischen Grindhouse - Studios zögerten nicht lange und machten sich alsbald daran, ihre eigenen Barabarenstreifen zu produzieren. Die Nase vorn hatte dabei die Firma Leader Films, dicht gefolgt von Joe D'Amatos Filmirage. Ihr gelang es, einen Tag vor Conan und einen Monat vor Ator mit Gunan einen eigenen "unbezwingbaren Barbaren" auf Italiens Kinopublikum loszulassen. Und so nahm die Ära der Sword & Sorcery im italienischen B-Movie leider einen alles andere als furiosen Auftakt.

Was mich an Franco Prosperi, den man übrigens nicht mit dem Mondo-Macher desselben Namens verwechseln darf, vielleicht am meisten verwundert, ist, dass er seine Karriere an der Seite des großen Mario Bava begonnen hatte. IMDB zufolge war er Co-Regisseur bei Ercole al centro della Terra / Hercules in the Haunted World (1961) – den ich hier besprochen habe , und fungierte sowohl bei Gli invasori / Erik the Conqueror (1961) als auch bei La ragazza che sapeva troppo / The Girl Who Knew Too Much (1963) als Regieassistent. Zugegebernmaßen kenne ich nur die beiden Fantasyflicks, mit denen er seine Laufbahn beendete, doch bei denen kam mir mehr als einmal die Frage in den Kopf: Wie konnte jemand, der mehrmals die Gelegenheit dazu hatte, sehr eng mit einem echten Meister der Filmkunst zusammenzuarbeiten, dabei scheinbar so gar nichts lernen? Sicher, Gunan und Throne of Fire wurden vermutlich beide in ein paar Tagen runtergedreht, aber selbst in Bavas billigsten und am hastigsten produzierten Streifen spürt man etwas vom ästhteischen Feingefühl des großen Maestros. Prosperis Flicks hingegen sind nicht bloß billig und hanebüchen das versteht sich beinah von selbst , sie sind vor allem öde, charakterlos, ohne einen Funken von Lebendigkeit oder Atmosphäre, und wirken darüber hinaus auch noch schrecklich inkompetent gemacht.

Ich tendiere dazu, Gunan Il Guerriero zum miesesten Sword & Sorcery - Streifen zu erklären, den ich bisher gesehen habe. Ich weiß, eine gewagte Behauptung angesichts solch cineastischer Monstrosiäten wie Sorceress, Deathstalker, Throne of Fire oder Deathstalker and the Warriors from Hell. Lasst mich das deshalb etwas genauer erklären. Anders als so manch andere Etappe auf unserer barbarischen Expedition hat mich Gunan zu keinem Zeitpunkt richtig wütend gemacht. Auch enthält er wenig bis gar nichts, was einen irgendwie abstoßen könnte. {Jedenfalls nichts, was über das Standard-Exploitationmaß hinausgeht.} Was er bei mir auslöste, war etwas ganz anderes und letztlich viel unverzeihlicheres – das ununterdrückbare Verlangen, alle paar Minuten auf die Zeitanzeige zu schauen, um herauszufinden, wie lange sich dieses klägliche Schauspiel noch hinziehen würde. Anders ausgedrückt: Statt wütenden Schreien provozierte Gunan vor allem qualvolles Stöhnen – sehr sehr viel qualvolles Stöhnen.
   
Schon Throne of Fire war ein erschreckend langweiliges Erlebnis gewesen, aber da hatten wenigstens noch einige seltsame filmerische Eigenheiten meine Aufmerksamkeit wach gehalten. Prosperis erster Fantasyfilm ist so öde, dass es mir schwerfällt, überhaupt etwas über ihn zu schreiben. Dabei ist der Plot gar nicht einmal ganz so redundanat wie bei Throne of Fire:

Die Völker von Filmfantasyland warten auf einen Erlöser-Krieger, doch dummerweise bringt die für diese Aufgabe auserwählte Frau Zwillinge zur Welt. Wie es sich gehört werden die Eltern der beiden mitsamt ihrem Stamm noch in derselben Nacht von den wilden Horden des schnauzbärtigen Bösewichts Nuriak (Emilio Messina) abgemetzelt. Die Neugeborenen entkommen selbstverständlich dem Massaker und werden von einer alten Hebamme zum Amazonenvolk der Kuniat gebracht, in deren Obhut sie aufwachsen. Da das von den Sternen diktierte Schicksal nicht vorgesehen hat, zwei unbesiegbare Heroen auf die Welt loszulassen, entwickelt sich notwendigerweise eine heftige Konkurrenz zwischen den beiden Brüdern. Schließlich kann nur einer von ihnen "Gunan der Unbezwingbare" sein, das "Zeichen der Macht" tragen und das Schwert des Auserwählten schwingen. Ein von den Kuniat organisierter Wettbewerb soll die Sache klären, doch der unterlegene Bruder (Giovanni Cianfriglia) klaut ganz einfach das "Zeichen" und macht sich auf, seine Eltern zu rächen. Es dauert nicht lang, und Nuriak hat ihn einen Kopf kürzer gemacht. Held Gunan (Pietro Torrisi) stellt sich beim ersten Versuch, sein Schicksal zu erfüllen, auch nicht viel geschickter an und findet sich alsbald wieder schwerverbundet bei den Kuniat ein. Während deren Priesterin Marga (Malisa Longo) ihn gesund pflegt, verguckt sich der Krieger in die hübsche Lenni (Sabrina Siani) – eine der Sklavinnen der Kuniat, deren einzige Aufgabe darin besteht, geschwängert zu werden und die nächste Amazonengeneration zu gebären. Die eifersüchtige Marga schnappt sich daraufhin das Mädchen und bringt es zu Nuriak, der Lenni als Köder verwendet, wodurch wir vor dem obligatorischen Endkampf noch in den Genuss einer kleinen und wenig spektakulären Foltereinlage kommen. Und dann ist Schluss.

Eine weitgehend archetypische Story für einen Sword & Sorcery - Film, auch wenn Drehbuchautor Piero Regnoli scheinbar nicht ganz sicher war, ob sein Held jetzt eher dem Typus "Rächer" oder dem Typus "Auserwählter" entsprechen sollte. Aber der Mangel an Originalität ist überhaupt nicht das Problem. Wie wir in einer kommenden Episode unserer barbarischen Expeditionen anhand von Joe D'Amtos Ator sehen werden, kann eine solch generische Geschichte die Grundlage für ein höchst unterhaltsames Schlockfest abgeben. Eines der Probleme von Gunan besteht ironischerweise gerade in all dem, was von der Geradlinigkeit der Story abweicht.  
So hätte z.B. das Motiv der zwei Brüder, die beide gerne der Auserwählte wären, im Prinzip ganz interessant sein können. Doch in Prosperis Film führt es bloß zu einer unnötigen Verzögerung. Der Wettkampf der Zwillinge dauert eine gefühlte Ewigkeit und erfüllt keinen erzählerischen Zweck, da der Unterlegene fünf Minuten später bereits das Zeitliche segnet. Dass Gunan mit dem Mord an seinem Bruder einen Grund mehr hat, um Nuriak zu hassen, ist kaum ausreichend, um das endlose Rumgeprügel und Rumgerenne zu legitimieren. 
Genauso sinnlos erscheint der Subplot um Gunan, Marga und Lenni. Sicher, gemäß den Regeln der generischen Fantasy braucht unser Held ein "love interest". Und dass Prosperi offenbar dachte, ein paar Szenen, in denen Sabrina Siani halbnackt durch die Wälder rennt, könnten seinem Film nicht schaden, kam man ihm im Grunde auch nicht zum Vorwurf machen. Doch wozu die ganze Eifersuchtsgeschichte? Gunan wäre so oder so erneut losgezogen, um seinen Racheschwur zu erfüllen. Eines Köders hätte es dazu nicht bedurft. 
Alle diese Abschweifungen scheinen letztlich nur einen Zweck zu haben: Zeit zu schinden. Denn alles in allem ist Gunan ein ähnlich plotloser Film wie Throne of Fire. Und so verstärken sie bloß die enervierende Zähigkeit der Story.  Erschwerend hinzu kommt noch Franco Prosperis irritierende Vorliebe für Zeitlupen, die mir bereits bei Throne of Fire aufgefallen war, hier jedoch ganz neue Dimensionen erreicht. Das Ganze wirkt so, als habe der Regisseur visuell verdeutlichen wollen, wie unbeschreiblich langweilig sein Streifen ist. 
Dass es sich bei Nuriak um den uninteressantesten Fantasyfilmbösewicht handelt, der mir bislang untergekommen ist, hilft auch nicht gerade. Kein Hexer, finsterer Hohepriester oder Dämonenbündler, sondern bestenfalls eine ultrabillige Version von Attila dem Hunnen. Braucht es wirklich einen waschechten "Auserwählten", um ihn und seine Rotte von in Höhlen hausenden Totschlägern zu erledigen? Zumal die Amazonen über magische Schilde verfügen, die sie allem Anschein nach unbesiegbar machen
Diese Schilde sind übrigens noch aus einem ganz anderen Grund problematisch. Relativ früh im Film sagt Marga einmal, die Kuniat seien die einzigen, die die Kunst der Eisenverarbeitung beherrschten. {Ein Schelm wer da an "The Secret of Steel" aus Conan denkt.} Doch das besondere an ihren Schilden ist gar nicht, dass sie aus Metall bestehen, vielmehr scheint ihr Funkeln jeden Gegner {inklusive Gunan} auf wundersame Weise wehrlos zu machen. Auf unterschwellige Art scheint damit gesagt zu werden, dass Frauen nur mit Hilfe magischer Tricks gegen Männer bestehen können. Keine besonders sympathische Botschaft. Außerdem: Wenn außer den Kuniat niemand Eisen zu bearbeiten versteht, woher haben Nuriak und seine Gefolgsleute dann ihre Schwerter? Zugegeben: Die überdimensionierten Dinger sehen aus als beständen sie aus Holz, aber der Eindruck wird doch kaum beabsichtigt gewesen sein?

Ich glaube, viel mehr gibt es zu diesem Streifen nicht zu sagen. Allerdings werde ich das nächste Mal, wenn wir unseren langen Marsch durch Joe D'Amatos Ator - Reihe beginnen, vermutlich noch das eine oder andere Mal auf ihn zurückkommen.

Sonntag, 9. August 2015

Strandgut der Woche

Mittwoch, 5. August 2015

Invasion oder Friedensmission? – Teil 2: "The Astounding She-Monster"

Teil 1

Robert Clarke, der die Hauptrolle in The Man From Planet X spielte, war einer der bekannteren B-Movie - Darsteller der 50er Jahre. Von Kindesbeinen an fasziniert von der Welt des Kinos, träumte er schon früh von einer Filmkarriere. Während seiner Zeit an den Unis von Oklahoma und Wisconsin wirkte er an einigen Bühnenproduktionen und Radiohörspielen mit, brach sein Studium schließlich ab, trampte nach Kalifornien und versuchte sein Glück in Hollywood. Tatsächlich gelang es ihm nach einigem Hin und Her eine Anstellung bei RKO zu ergattern. Seinen ersten kurzen Leinwandauftritt hatte er 1944 in The Falcon in Hollywood. Für den Rest des Jahrzehnts musste er sich auch weiterhin mit winzigen Nebenrollen begnügen. Eine seiner ersten größeren Rollen erhielt er 1950 in Ida Lupinos Outrage – einem für die Zeit erstaunlich mutigen und fortschrittlichen Film über die psychischen Folgen einer Vergewaltigung. In der Folge gab Clarke recht häufig den Haudegen, sei es als D'Artagnan (1950), Robin Hood (1951), Robert Dantes {Sohn des Grafen von Monte Cristo} in Sword of Venus (1953) oder François Villon {!!!} in Sword of the Vagabond (1954). Bleibende Bekanntheit in Kreisen von B-Movie - Fans erlangte er jedoch vor allem als Hauptdarsteller in einer Reihe von Low Budget - SciFi - Flicks, als da wären The Man From Planet X (1951), Captive Women (1952), The Astounding She-Monster (1957), The Incredible Petrified World (1957) und Edgar G. Ulmers Beyond the Time Barrier (1960). Offenbar verband ihn auch persönlich eine besondere Liebe zu diesem Genre, drehte er doch 1959 in eigener Regie The Hideous Sun Demon (1959). In späteren Jahrzehnten arbeitete Clarke beinah ausschließlich fürs Fernsehen. Begeisterte Star Wars - Fans mögen ihn allerdings auch als den {im Film namenlosen} imperialen Colonel Wullf Yularen aus A New Hope (1977) kennen. {Er spricht kein einziges Wort, fällt aber durch seine weiße Uniform auf.}

Robert Clarke als Hauptdarsteller ist mehr oder weniger das einzige, was The Man From Planet X und The Astounding She-Monster, den wir uns nun etwas näher anschauen wollen, gemeinsam haben. Ronald V. Ashcrofts Flick, der von American International Pictures als zweiter Teil eines Double Bill zusammen mit Roger Cormans grandios betitelter Saga of the Viking Women and Their Voyage to the Waters of the Great Sea Serpent herausgebracht wurde, ist ein lausiger Streifen. Clarke selbst hat einmal über ihn gesagt: "The director planned to make that feature in a week's time and I think we ended up making it in five days. THAT was the astounding part of that picture!" Das für mich erstaunlichste an diesem Streifen ist übrigens die Musik von Gene Kauer. Sie passt nicht nur überhaupt nicht zu dem, was wir auf der Leinwand zu sehen bekommen, sie ist auch viel zu interessant für einen so uninspirierten Film.

Warum wir uns trotzdem mit ihm beschäftigen wollen? Geduld, schauen wir uns zuerst einmal den Trailer an:



Ich will nicht leugnen, dass die Lichtblicke in diesem über weite Strecken unglaublich öden Film rar gesät sind, und eigentlich sind es nicht einmal richtige Lichtblicke, sondern eher unterhaltsame oder verwirrende Kuriositäten. Das beginnt bereits mit dem Titel.

Anders als man erwarten würde gehört der Streifen nämlich nicht zu dem in den 50er Jahren recht beliebten Subgenre der "Frauen aus dem Weltraum" - Flicks wie etwa Cat-Women of the Moon (1953), Devil Girl from Mars (1954), Fire Maidens from Outer Space (1956) oder Queen of Outer Space (1958). Weder begibt sich hier eine außerirdische Lady auf Männerjagd, noch verschlägt es einen Trupp von Astronauten-Machos auf eine matriarchalische Welt. Zwar stiefelt unsere Besucherin aus dem All (Shirley Kilpatrick) in einem {für die Mitt-Fünfziger gewagten?} Catsuit durch die nächtlichen Wälder, aber davon einmal abgesehen spielt das erotische Element so gut wie keine Rolle. Was glücklicherweise auch bedeutet, dass wir uns nicht gar zu sehr mit sexistischen Klischees und verstaubten Geschlechterrollen herumzuplagen haben. Etwas komisch wirkt das Ganze natürlich trotzdem. Man hatte das Publikum mit dem Versprechen von viel Sexappeal in die Autokinos gelockt, und für die Story selbst ist das Geschlecht des Aliens dann praktisch bedeutungslos. Das hat schon was von Etikettenschwindel. Andererseits wirkt ein derartiger Vorwurf etwas übertrieben, angesichts eines Films, der es nicht einmal schafft, seine 62 Minuten Spielzeit mit einem SciFi-Plot zu füllen und deshalb gezwungen ist, über weite Strecken in die Gefilde eines drittklassigen Gangsterfilms überzuwechseln. Doch der Reihe nach:

The Astounding She-Monster beginnt mit einem wunderbar absurden Voice-Over - Monolog, in dem uns erzählt wird, von Alters her hätten Denker und Philosophen die Ansicht vertreten, das Universum sei in einer gewaltigen Explosion entstanden. Hmmm, das wäre mir ehrlich gesagt neu! Zwar scheint der mittelalterliche Philosoph Robert Grosseteste (ca. 1175-1253) in seinem Traktat De luce (Vom Licht) tatsächlich die Idee formuliert zu haben, die Schöpfung des Kosmos habe sich in Form einer Explosion abgespielt, doch glaube ich kaum, dass Ashcroft oder Drehbuchautor Frank Hall sonderlich bewandert in der Geschichte der scholastischen Philosophie waren. Eher wird man da wohl an die "Urknall" - Theorie denken müssen, die sich zu dieser Zeit noch keineswegs ganz gegen die konkurrierende "Steady State" - Theorie hatte durchsetzen können. Aber warum spricht der Einführungsmonolog dann von "alten Philosophen", und nicht einfach von Lemaître oder Hubble? Na ja, um ehrlich zu sein, so mysteriös ist das nicht, wird uns doch gleich darauf erzählt, diese Explosion könnte durch eine technisch hochentwickelte Zivilisation {in einem anderen, älteren Universum?} ausgelöst worden sein! Und es wird noch besser: Wir Menschen mit unseren Atombomben ständen kurz davor, denselben Fehler noch einmal zu begehen und das ganze derzeit existiernde Universum zu vernichten {und dabei ein neues zu erschaffen?}. Ohne Frage reichlich abstrus, aber immerhin ein guter Grund für eine raumfahrende Rasse, rasch mal einen Abgesandten zur Erde zu schicken, um die drohende Katastrophe zu verhindern.
Soweit ist das nicht wirklich absurder als vieles andere, was uns im SciFi - Film der 50er so aufgetischt wird. Etwas bizarrer wird es dann allerdings, wenn wir in der nächsten Szene aus den Tiefen des Weltalls in ein amerikanisches Villenviertel springen und ein zweiter Voice-Over - Monolog einsetzt. Für beinah ein Viertel des Films werden wir die Stimme aus dem Off nicht mehr los! Ihr Tonfall hat sich allerdings merklich verändert, wirkt sie mit einemmal doch nicht mehr kosmisch-bombastisch, sondern zugleich ironisch und bedeutungsschwanger. Wir bekommen zu sehen, wie die Millionärstochter Margaret Chaffee (Marilyn Harvey) von Gangster Nat (Kenne Duncan), seiner Freundin Esther (Jeanne Tatum) und ihrem Kumpel Brad (Ewing Brown) entführt wird. Bei ihrer Fahrt ins Gebirge läuft ihnen dummerweise die dort gelandete Außerirdische über den Weg, was zu einem kleinen Autounfall führt. Doch wie der Zufall es will, ist es nicht gar zu weit bis zur Hütte des Geologen Dick Cutler (Robert Clarke), bei dem sich die drei zusammen mit ihrer unfreiwilligen Begleiterin mit Waffengewalt Zugang verschaffen. All das wird im Stile von "die Bühne wird bereitet", "die Figuren werden in Stellung gebracht", "das Schicksal nimmt seinen Lauf" aus dem Off kommentiert!
Über den Rest des Plots gibt es nicht viel zu erzählen. Da die Scheinwerfer an Dicks Jeep nicht funktionieren, ist die Gruppe gezwungen, bis zum Morgengrauen in der Hütte auszuharren. Doch die außerirdische Lady, deren Berührung tödlich ist, erweist sich schon bald als ein ernsthaftes Problem. Und Esthers Alkoholismus macht die Lage auch nicht eben leichter. Wer von den fünfen wird bis zum Sonnenaufgang überleben?

So vorhersehbar, zäh und undramatisch die Handlung auch ist, die eine oder andere kleine Kuriosität hilft uns auch über die nächste halbe Stunde hinweg, bis wir dann endlich in den Genuss des in seiner Absurdität wirklich verblüffenden finalen Twists kommen.
Da wäre zuerst einmal das "She-Monster" selbst. Die Gute ist von einer nuklearen Schutzschicht umgeben, die zugleich die fatalen Auswirkungen jedes Körperkontaktes mit ihr erklärt. Visuell verdeutlicht wird dies, indem ihrer Gestalt ein leicht unscharfer, "wabernder" Charakter verliehen wird. Das ist zwar recht neckisch, auch mag ich ihre Augenbrauen, aber als "bedrohliches Ungeheuer" gibt sie kein sehr überzeugendes Bild ab, ganz gleich ob sie stumm durch die Wälder marschiert oder überraschend in Dicks Hütte auftaucht.
Etwas unterhaltsamer fand ich da schon die Enthüllung, dass Gangster Nat offenbar ein "Commie" ist! Er rechtfertigt Margarets Entführung nämlich mit einer kurzen Tirade gegen die "reichen Nichtstuer, die von der Arbeit anderer leben". Worauf Held Dick – aufrechter Patriot, der er ist erwidert, er sei überzeugt davon, dass sich die allermeisten amerikanischen Millionäre ihren Reichtum hart erarbeitet hätten. Der kurze Wortwechsel ist durch nichts motiviert und dient keinem ersichtlichen Zweck für den Fortlauf der Handlung. Eine kleine Propagandaeinlage am Rande? Bei einem Film dieser Art und aus dieser Zeit durchaus vorstellbar. Doch verwirrenderweise besteht der Voice-Over - Kommentar zu Beginn des Streifens, als die Figur der Millionärsstochter eingeführt wurde, aus einer ironischen Schilderung des "nichtstuerischen" Lebens der "Reichen und Schönen": "Margaret Chaffee – young, beautiful and very rich. The beginning of a normal carefree day in the life of a socialite. The normal, everyday problems that confront them: overslept, late for cocktails, perhaps the cadillac won't start." Ist niemandem aufgefallen, dass sich diese beiden Sequenzen irgendwie widersprechen? Nun waren an der Ausarbeitung des Drehbuchs zwei Personen beteiligt – Ashcroft und Hall. Könnte es also sein, dass einer von ihnen den ironischen Voice-Over - Kommentar und der andere die Szene mit dem "roten" Nat geschrieben hat? Natürlich wäre das vorstellbar, eine wirklich zufriedenstellende Erklärung wäre es allerdings auch nicht.
Und dann hätten wir da noch "Tschechows Bär". Na ja, fast ... Der russische Schriftsteller Anton Tschechow hat bekanntlich einmal gesagt: " If you say in the first chapter that there is a rifle hanging on the wall, in the second or third chapter it absolutely must go off. If it's not going to be fired, it shouldn't be hanging there." Auf diesen Ausspruch bezugnehmend hat sich später der erzähltechnische Terminus "Tschechows Gewehr" / "Chekhov's gun" entwickelt. In The Astounding She-Monster nun haben wir eine Szene, in der der örtliche Ranger (oder war's der Sheriff?} bei Dick anruft, weil er Schüsse gehört hat, die aus der Umgebung der Hütte zu kommen schienen. Tatsächlich hat Gauner Brad vergeblich versucht, die Wabernde Lady mit seiner Pistole zu erledigen. Aber das kann Dick natürlich nicht sagen {schließlich hält ihm Nat die Knarre an die Schläfe}, also behauptet er, ein wilder Bär, der schon seit einiger Zeit die Wälder unsicher macht, habe sich bei der Hütte herumgetrieben. Später im Film taucht der Bär dann tatsächlich auf, und ich dachte sofort: Hey, "Tschechows Bär"! Doch nein, eigentlich ist er das nicht wirklich, denn sein Auftritt hat keinerlei signifikanten Einfluss auf den Handlungsablauf. Allerhöchstens lenkt Meister Petz die außeriridische Besucherin für einen kurzen Moment ab, bevor sie sich seiner mit einer kleinen Handberührung entledigt. Armer Bär ...
Zumindest kurz erwähnt sei abschließend noch, dass die uns aufgrund der "stockfinsteren Nacht" als furchtbar gefährlich angekündigte Fahrt mit dem Jeep ganz offensichtlich bei strahlendem Sonnenschein gefilmt wurde. Und niemand hat sich die Mühe gemacht, das irgendwie zu verschleiern.

Nachdem uns diese verwitrrenden kleinen Details vor dem Einschlafen bewahrt haben, wartet nunmehr die finale Wendung auf uns, die wenigstens bei mir dazu geführt hat, dass ungläubiges Gelächter das Ende des Films begleitete.
Nachdem es Dick und Margaret gelungen ist, die Alien-Lady mithilfe einer rasch improvisierten Säuregranate zur Strecke zu bringen, entdecken sie das Medaillon, das die Gute um den Hals trägt. Sie öffnen es und müssen erstaunt feststellen, dass es eine in fehlerfreiem Englisch verfasste Botschaft enthält, in der die eigentliche Mission des vermeindlichen "She-Monsters" beschrieben wird. In Wahrheit hatte sie überhaupt keine feindlichen Absichten! Vielmehr handelte es sich bei ihr um eine Botschafterin des "Galaktischen Rats der Planeten" {oder so ähnlich}. Die menschliche Zivilisation habe ein technisches Entwicklungsniveau erreicht, das sie zu einer potentiellen Gefahr für das Universum mache. Deshalb habe der Rat beschlossen, eine Abgesandte auf die Erde zu schicken, um die Menschheit einzuladen, selbst Mitglied des interstellaren Bündnisses zu werden, damit die Menschen mit Hilfe ihrer galaktischen Brüder und Schwestern ihr Potential in Zukunft auf sichere und friedvolle Weise weiterentwickeln könnten.
Ich gebe zu, diese Wendung hat mich wirklich verblüfft. Nichts in dem Film hatte darauf hingedeutet, dass er sich in den letzten fünf Minuten in einen ultrabilligen Abklatsch von The Day The Earth Stood Still verwandeln könnte. Im Rückblick musste ich zwar zugeben, dass die Wabernde Lady wohl tatsächlich nie von sich aus jemanden angegriffen hatte. Mit etwas gutem Willen konnte man ihr Verhalten tatsächlich als Selbstverteidigung deuten. Dennoch bot der finale Twist keine auch nur annähernd vernünftige Interpretation für das, was ich in der letzten Stunde gesehen hatte. Wenn die Außerirdischen durch das Abhören irdischer Radiosendungen die englische Sprache erlernt hatten {und das behaupten sie in ihrer schriftlichen Botschaft}, warum versucht ihre Gesandte dann nie, mit irgendjemandem zu kommunizieren? Und falls sie aus physiologischen Gründen unfähig sein sollte, zu sprechen, warum wedelt sie dann nicht mit dem Zettel herum, sondern hält ihn in ihrem Medaillon verschlossen? Ganz zu schweigen davon, dass es nicht eben für das Organiationstalent oder die Vorausschau des "Galaktischen Rates" spricht, dass sie ihre Botschafterin irgendwo im nirgendwo, statt vor dem Weißen Haus oder dem Kreml landen lassen.
Zugegeben, die einzig mögliche andere Interpretation der Ereignisse, dass die Wabernde Lady zur Erde gekommen sei, um unsere Zivilisation mit ihren die Existenz des gesamten Universums bedrohenden Atomwaffen zu zerstören, wäre auch nicht viel vernünftiger gewesen. Was hätte sie alleine schon ausrichten können? So oder so also – ungläubiges Gelächter.