Robert Clarke, der die Hauptrolle in The Man From Planet X spielte, war einer der bekannteren B-Movie - Darsteller der 50er Jahre. Von Kindesbeinen an fasziniert von der Welt des Kinos, träumte er schon früh von einer Filmkarriere. Während seiner Zeit an den Unis von Oklahoma und Wisconsin wirkte er an einigen Bühnenproduktionen und Radiohörspielen mit, brach sein Studium schließlich ab, trampte nach Kalifornien und versuchte sein Glück in Hollywood. Tatsächlich gelang es ihm nach einigem Hin und Her eine Anstellung bei RKO zu ergattern. Seinen ersten kurzen Leinwandauftritt hatte er 1944 in The Falcon in Hollywood. Für den Rest des Jahrzehnts musste er sich auch weiterhin mit winzigen Nebenrollen begnügen. Eine seiner ersten größeren Rollen erhielt er 1950 in Ida Lupinos Outrage – einem für die Zeit erstaunlich mutigen und fortschrittlichen Film über die psychischen Folgen einer Vergewaltigung. In der Folge gab Clarke recht häufig den Haudegen, sei es als D'Artagnan (1950), Robin Hood (1951), Robert Dantes {Sohn des Grafen von Monte Cristo} in Sword of Venus (1953) oder François Villon {!!!} in Sword of the Vagabond (1954). Bleibende Bekanntheit in Kreisen von B-Movie - Fans erlangte er jedoch vor allem als Hauptdarsteller in einer Reihe von Low Budget - SciFi - Flicks, als da wären The Man From Planet X (1951), Captive Women (1952), The Astounding She-Monster (1957), The Incredible Petrified World (1957) und Edgar G. Ulmers Beyond the Time Barrier (1960). Offenbar verband ihn auch persönlich eine besondere Liebe zu diesem Genre, drehte er doch 1959 in eigener Regie The Hideous Sun Demon (1959). In späteren Jahrzehnten arbeitete Clarke beinah ausschließlich fürs Fernsehen. Begeisterte Star Wars - Fans mögen ihn allerdings auch als den {im Film namenlosen} imperialen Colonel Wullf Yularen aus A New Hope (1977) kennen. {Er spricht kein einziges Wort, fällt aber durch seine weiße Uniform auf.}
Robert Clarke als Hauptdarsteller ist mehr oder weniger das einzige, was The Man From Planet X und The Astounding She-Monster, den wir uns nun etwas näher anschauen wollen, gemeinsam haben. Ronald V. Ashcrofts Flick, der von American International Pictures als zweiter Teil eines Double Bill zusammen mit Roger Cormans grandios betitelter Saga of the Viking Women and Their Voyage to the Waters of the Great Sea Serpent herausgebracht wurde, ist ein lausiger Streifen. Clarke selbst hat einmal über ihn gesagt: "The director planned to make that feature in a week's time and I think we ended up making it in five days. THAT was the astounding part of that picture!" Das für mich erstaunlichste an diesem Streifen ist übrigens die Musik von Gene Kauer. Sie passt nicht nur überhaupt nicht zu dem, was wir auf der Leinwand zu sehen bekommen, sie ist auch viel zu interessant für einen so uninspirierten Film.
Warum wir uns trotzdem mit ihm beschäftigen wollen? Geduld, schauen wir uns zuerst einmal den Trailer an:
Ich will nicht leugnen, dass die Lichtblicke in diesem über weite Strecken unglaublich öden Film rar gesät sind, und eigentlich sind es nicht einmal richtige Lichtblicke, sondern eher unterhaltsame oder verwirrende Kuriositäten. Das beginnt bereits mit dem Titel.
Anders als man erwarten würde gehört der Streifen nämlich nicht zu dem in den 50er Jahren recht beliebten Subgenre der "Frauen aus dem Weltraum" - Flicks wie etwa Cat-Women of the Moon (1953), Devil Girl from Mars (1954), Fire Maidens from Outer Space (1956) oder Queen of Outer Space (1958). Weder begibt sich hier eine außerirdische Lady auf Männerjagd, noch verschlägt es einen Trupp von Astronauten-Machos auf eine matriarchalische Welt. Zwar stiefelt unsere Besucherin aus dem All (Shirley Kilpatrick) in einem {für die Mitt-Fünfziger gewagten?} Catsuit durch die nächtlichen Wälder, aber davon einmal abgesehen spielt das erotische Element so gut wie keine Rolle. Was glücklicherweise auch bedeutet, dass wir uns nicht gar zu sehr mit sexistischen Klischees und verstaubten Geschlechterrollen herumzuplagen haben. Etwas komisch wirkt das Ganze natürlich trotzdem. Man hatte das Publikum mit dem Versprechen von viel Sexappeal in die Autokinos gelockt, und für die Story selbst ist das Geschlecht des Aliens dann praktisch bedeutungslos. Das hat schon was von Etikettenschwindel. Andererseits wirkt ein derartiger Vorwurf etwas übertrieben, angesichts eines Films, der es nicht einmal schafft, seine 62 Minuten Spielzeit mit einem SciFi-Plot zu füllen und deshalb gezwungen ist, über weite Strecken in die Gefilde eines drittklassigen Gangsterfilms überzuwechseln. Doch der Reihe nach:
The Astounding She-Monster beginnt mit einem wunderbar absurden Voice-Over - Monolog, in dem uns erzählt wird, von Alters her hätten Denker und Philosophen die Ansicht vertreten, das Universum sei in einer gewaltigen Explosion entstanden. Hmmm, das wäre mir ehrlich gesagt neu! Zwar scheint der mittelalterliche Philosoph Robert Grosseteste (ca. 1175-1253) in seinem Traktat De luce (Vom Licht) tatsächlich die Idee formuliert zu haben, die Schöpfung des Kosmos habe sich in Form einer Explosion abgespielt, doch glaube ich kaum, dass Ashcroft oder Drehbuchautor Frank Hall sonderlich bewandert in der Geschichte der scholastischen Philosophie waren. Eher wird man da wohl an die "Urknall" - Theorie denken müssen, die sich zu dieser Zeit noch keineswegs ganz gegen die konkurrierende "Steady State" - Theorie hatte durchsetzen können. Aber warum spricht der Einführungsmonolog dann von "alten Philosophen", und nicht einfach von Lemaître oder Hubble? Na ja, um ehrlich zu sein, so mysteriös ist das nicht, wird uns doch gleich darauf erzählt, diese Explosion könnte durch eine technisch hochentwickelte Zivilisation {in einem anderen, älteren Universum?} ausgelöst worden sein! Und es wird noch besser: Wir Menschen mit unseren Atombomben ständen kurz davor, denselben Fehler noch einmal zu begehen und das ganze derzeit existiernde Universum zu vernichten {und dabei ein neues zu erschaffen?}. Ohne Frage reichlich abstrus, aber immerhin ein guter Grund für eine raumfahrende Rasse, rasch mal einen Abgesandten zur Erde zu schicken, um die drohende Katastrophe zu verhindern.
Soweit ist das nicht wirklich absurder als vieles andere, was uns im SciFi - Film der 50er so aufgetischt wird. Etwas bizarrer wird es dann allerdings, wenn wir in der nächsten Szene aus den Tiefen des Weltalls in ein amerikanisches Villenviertel springen und ein zweiter Voice-Over - Monolog einsetzt. Für beinah ein Viertel des Films werden wir die Stimme aus dem Off nicht mehr los! Ihr Tonfall hat sich allerdings merklich verändert, wirkt sie mit einemmal doch nicht mehr kosmisch-bombastisch, sondern zugleich ironisch und bedeutungsschwanger. Wir bekommen zu sehen, wie die Millionärstochter Margaret Chaffee (Marilyn Harvey) von Gangster Nat (Kenne Duncan), seiner Freundin Esther (Jeanne Tatum) und ihrem Kumpel Brad (Ewing Brown) entführt wird. Bei ihrer Fahrt ins Gebirge läuft ihnen dummerweise die dort gelandete Außerirdische über den Weg, was zu einem kleinen Autounfall führt. Doch wie der Zufall es will, ist es nicht gar zu weit bis zur Hütte des Geologen Dick Cutler (Robert Clarke), bei dem sich die drei zusammen mit ihrer unfreiwilligen Begleiterin mit Waffengewalt Zugang verschaffen. All das wird im Stile von "die Bühne wird bereitet", "die Figuren werden in Stellung gebracht", "das Schicksal nimmt seinen Lauf" aus dem Off kommentiert!
Über den Rest des Plots gibt es nicht viel zu erzählen. Da die Scheinwerfer an Dicks Jeep nicht funktionieren, ist die Gruppe gezwungen, bis zum Morgengrauen in der Hütte auszuharren. Doch die außerirdische Lady, deren Berührung tödlich ist, erweist sich schon bald als ein ernsthaftes Problem. Und Esthers Alkoholismus macht die Lage auch nicht eben leichter. Wer von den fünfen wird bis zum Sonnenaufgang überleben?
So vorhersehbar, zäh und undramatisch die Handlung auch ist, die eine oder andere kleine Kuriosität hilft uns auch über die nächste halbe Stunde hinweg, bis wir dann endlich in den Genuss des in seiner Absurdität wirklich verblüffenden finalen Twists kommen.
Da wäre zuerst einmal das "She-Monster" selbst. Die Gute ist von einer nuklearen Schutzschicht umgeben, die zugleich die fatalen Auswirkungen jedes Körperkontaktes mit ihr erklärt. Visuell verdeutlicht wird dies, indem ihrer Gestalt ein leicht unscharfer, "wabernder" Charakter verliehen wird. Das ist zwar recht neckisch, auch mag ich ihre Augenbrauen, aber als "bedrohliches Ungeheuer" gibt sie kein sehr überzeugendes Bild ab, ganz gleich ob sie stumm durch die Wälder marschiert oder überraschend in Dicks Hütte auftaucht.
Etwas unterhaltsamer fand ich da schon die Enthüllung, dass Gangster Nat offenbar ein "Commie" ist! Er rechtfertigt Margarets Entführung nämlich mit einer kurzen Tirade gegen die "reichen Nichtstuer, die von der Arbeit anderer leben". Worauf Held Dick – aufrechter Patriot, der er ist – erwidert, er sei überzeugt davon, dass sich die allermeisten amerikanischen Millionäre ihren Reichtum hart erarbeitet hätten. Der kurze Wortwechsel ist durch nichts motiviert und dient keinem ersichtlichen Zweck für den Fortlauf der Handlung. Eine kleine Propagandaeinlage am Rande? Bei einem Film dieser Art und aus dieser Zeit durchaus vorstellbar. Doch verwirrenderweise besteht der Voice-Over - Kommentar zu Beginn des Streifens, als die Figur der Millionärsstochter eingeführt wurde, aus einer ironischen Schilderung des "nichtstuerischen" Lebens der "Reichen und Schönen": "Margaret Chaffee – young, beautiful and very rich. The beginning of a normal carefree day in the life of a socialite. The normal, everyday problems that confront them: overslept, late for cocktails, perhaps the cadillac won't start." Ist niemandem aufgefallen, dass sich diese beiden Sequenzen irgendwie widersprechen? Nun waren an der Ausarbeitung des Drehbuchs zwei Personen beteiligt – Ashcroft und Hall. Könnte es also sein, dass einer von ihnen den ironischen Voice-Over - Kommentar und der andere die Szene mit dem "roten" Nat geschrieben hat? Natürlich wäre das vorstellbar, eine wirklich zufriedenstellende Erklärung wäre es allerdings auch nicht.
Und dann hätten wir da noch "Tschechows Bär". Na ja, fast ... Der russische Schriftsteller Anton Tschechow hat bekanntlich einmal gesagt: " If you say in the first chapter that there is a rifle hanging on the wall, in the second or third chapter it absolutely must go off. If it's not going to be fired, it shouldn't be hanging there." Auf diesen Ausspruch bezugnehmend hat sich später der erzähltechnische Terminus "Tschechows Gewehr" / "Chekhov's gun" entwickelt. In The Astounding She-Monster nun haben wir eine Szene, in der der örtliche Ranger (oder war's der Sheriff?} bei Dick anruft, weil er Schüsse gehört hat, die aus der Umgebung der Hütte zu kommen schienen. Tatsächlich hat Gauner Brad vergeblich versucht, die Wabernde Lady mit seiner Pistole zu erledigen. Aber das kann Dick natürlich nicht sagen {schließlich hält ihm Nat die Knarre an die Schläfe}, also behauptet er, ein wilder Bär, der schon seit einiger Zeit die Wälder unsicher macht, habe sich bei der Hütte herumgetrieben. Später im Film taucht der Bär dann tatsächlich auf, und ich dachte sofort: Hey, "Tschechows Bär"! Doch nein, eigentlich ist er das nicht wirklich, denn sein Auftritt hat keinerlei signifikanten Einfluss auf den Handlungsablauf. Allerhöchstens lenkt Meister Petz die außeriridische Besucherin für einen kurzen Moment ab, bevor sie sich seiner mit einer kleinen Handberührung entledigt. Armer Bär ...
Zumindest kurz erwähnt sei abschließend noch, dass die uns aufgrund der "stockfinsteren Nacht" als furchtbar gefährlich angekündigte Fahrt mit dem Jeep ganz offensichtlich bei strahlendem Sonnenschein gefilmt wurde. Und niemand hat sich die Mühe gemacht, das irgendwie zu verschleiern.
Nachdem uns diese verwitrrenden kleinen Details vor dem Einschlafen bewahrt haben, wartet nunmehr die finale Wendung auf uns, die wenigstens bei mir dazu geführt hat, dass ungläubiges Gelächter das Ende des Films begleitete.
Nachdem es Dick und Margaret gelungen ist, die Alien-Lady mithilfe einer rasch improvisierten Säuregranate zur Strecke zu bringen, entdecken sie das Medaillon, das die Gute um den Hals trägt. Sie öffnen es und müssen erstaunt feststellen, dass es eine in fehlerfreiem Englisch verfasste Botschaft enthält, in der die eigentliche Mission des vermeindlichen "She-Monsters" beschrieben wird. In Wahrheit hatte sie überhaupt keine feindlichen Absichten! Vielmehr handelte es sich bei ihr um eine Botschafterin des "Galaktischen Rats der Planeten" {oder so ähnlich}. Die menschliche Zivilisation habe ein technisches Entwicklungsniveau erreicht, das sie zu einer potentiellen Gefahr für das Universum mache. Deshalb habe der Rat beschlossen, eine Abgesandte auf die Erde zu schicken, um die Menschheit einzuladen, selbst Mitglied des interstellaren Bündnisses zu werden, damit die Menschen mit Hilfe ihrer galaktischen Brüder und Schwestern ihr Potential in Zukunft auf sichere und friedvolle Weise weiterentwickeln könnten.
Ich gebe zu, diese Wendung hat mich wirklich verblüfft. Nichts in dem Film hatte darauf hingedeutet, dass er sich in den letzten fünf Minuten in einen ultrabilligen Abklatsch von The Day The Earth Stood Still verwandeln könnte. Im Rückblick musste ich zwar zugeben, dass die Wabernde Lady wohl tatsächlich nie von sich aus jemanden angegriffen hatte. Mit etwas gutem Willen konnte man ihr Verhalten tatsächlich als Selbstverteidigung deuten. Dennoch bot der finale Twist keine auch nur annähernd vernünftige Interpretation für das, was ich in der letzten Stunde gesehen hatte. Wenn die Außerirdischen durch das Abhören irdischer Radiosendungen die englische Sprache erlernt hatten {und das behaupten sie in ihrer schriftlichen Botschaft}, warum versucht ihre Gesandte dann nie, mit irgendjemandem zu kommunizieren? Und falls sie aus physiologischen Gründen unfähig sein sollte, zu sprechen, warum wedelt sie dann nicht mit dem Zettel herum, sondern hält ihn in ihrem Medaillon verschlossen? Ganz zu schweigen davon, dass es nicht eben für das Organiationstalent oder die Vorausschau des "Galaktischen Rates" spricht, dass sie ihre Botschafterin irgendwo im nirgendwo, statt vor dem Weißen Haus oder dem Kreml landen lassen.
Zugegeben, die einzig mögliche andere Interpretation der Ereignisse, dass die Wabernde Lady zur Erde gekommen sei, um unsere Zivilisation mit ihren die Existenz des gesamten Universums bedrohenden Atomwaffen zu zerstören, wäre auch nicht viel vernünftiger gewesen. Was hätte sie alleine schon ausrichten können? So oder so also – ungläubiges Gelächter.
Robert Clarke als Hauptdarsteller ist mehr oder weniger das einzige, was The Man From Planet X und The Astounding She-Monster, den wir uns nun etwas näher anschauen wollen, gemeinsam haben. Ronald V. Ashcrofts Flick, der von American International Pictures als zweiter Teil eines Double Bill zusammen mit Roger Cormans grandios betitelter Saga of the Viking Women and Their Voyage to the Waters of the Great Sea Serpent herausgebracht wurde, ist ein lausiger Streifen. Clarke selbst hat einmal über ihn gesagt: "The director planned to make that feature in a week's time and I think we ended up making it in five days. THAT was the astounding part of that picture!" Das für mich erstaunlichste an diesem Streifen ist übrigens die Musik von Gene Kauer. Sie passt nicht nur überhaupt nicht zu dem, was wir auf der Leinwand zu sehen bekommen, sie ist auch viel zu interessant für einen so uninspirierten Film.
Warum wir uns trotzdem mit ihm beschäftigen wollen? Geduld, schauen wir uns zuerst einmal den Trailer an:
Ich will nicht leugnen, dass die Lichtblicke in diesem über weite Strecken unglaublich öden Film rar gesät sind, und eigentlich sind es nicht einmal richtige Lichtblicke, sondern eher unterhaltsame oder verwirrende Kuriositäten. Das beginnt bereits mit dem Titel.
Anders als man erwarten würde gehört der Streifen nämlich nicht zu dem in den 50er Jahren recht beliebten Subgenre der "Frauen aus dem Weltraum" - Flicks wie etwa Cat-Women of the Moon (1953), Devil Girl from Mars (1954), Fire Maidens from Outer Space (1956) oder Queen of Outer Space (1958). Weder begibt sich hier eine außerirdische Lady auf Männerjagd, noch verschlägt es einen Trupp von Astronauten-Machos auf eine matriarchalische Welt. Zwar stiefelt unsere Besucherin aus dem All (Shirley Kilpatrick) in einem {für die Mitt-Fünfziger gewagten?} Catsuit durch die nächtlichen Wälder, aber davon einmal abgesehen spielt das erotische Element so gut wie keine Rolle. Was glücklicherweise auch bedeutet, dass wir uns nicht gar zu sehr mit sexistischen Klischees und verstaubten Geschlechterrollen herumzuplagen haben. Etwas komisch wirkt das Ganze natürlich trotzdem. Man hatte das Publikum mit dem Versprechen von viel Sexappeal in die Autokinos gelockt, und für die Story selbst ist das Geschlecht des Aliens dann praktisch bedeutungslos. Das hat schon was von Etikettenschwindel. Andererseits wirkt ein derartiger Vorwurf etwas übertrieben, angesichts eines Films, der es nicht einmal schafft, seine 62 Minuten Spielzeit mit einem SciFi-Plot zu füllen und deshalb gezwungen ist, über weite Strecken in die Gefilde eines drittklassigen Gangsterfilms überzuwechseln. Doch der Reihe nach:
The Astounding She-Monster beginnt mit einem wunderbar absurden Voice-Over - Monolog, in dem uns erzählt wird, von Alters her hätten Denker und Philosophen die Ansicht vertreten, das Universum sei in einer gewaltigen Explosion entstanden. Hmmm, das wäre mir ehrlich gesagt neu! Zwar scheint der mittelalterliche Philosoph Robert Grosseteste (ca. 1175-1253) in seinem Traktat De luce (Vom Licht) tatsächlich die Idee formuliert zu haben, die Schöpfung des Kosmos habe sich in Form einer Explosion abgespielt, doch glaube ich kaum, dass Ashcroft oder Drehbuchautor Frank Hall sonderlich bewandert in der Geschichte der scholastischen Philosophie waren. Eher wird man da wohl an die "Urknall" - Theorie denken müssen, die sich zu dieser Zeit noch keineswegs ganz gegen die konkurrierende "Steady State" - Theorie hatte durchsetzen können. Aber warum spricht der Einführungsmonolog dann von "alten Philosophen", und nicht einfach von Lemaître oder Hubble? Na ja, um ehrlich zu sein, so mysteriös ist das nicht, wird uns doch gleich darauf erzählt, diese Explosion könnte durch eine technisch hochentwickelte Zivilisation {in einem anderen, älteren Universum?} ausgelöst worden sein! Und es wird noch besser: Wir Menschen mit unseren Atombomben ständen kurz davor, denselben Fehler noch einmal zu begehen und das ganze derzeit existiernde Universum zu vernichten {und dabei ein neues zu erschaffen?}. Ohne Frage reichlich abstrus, aber immerhin ein guter Grund für eine raumfahrende Rasse, rasch mal einen Abgesandten zur Erde zu schicken, um die drohende Katastrophe zu verhindern.
Soweit ist das nicht wirklich absurder als vieles andere, was uns im SciFi - Film der 50er so aufgetischt wird. Etwas bizarrer wird es dann allerdings, wenn wir in der nächsten Szene aus den Tiefen des Weltalls in ein amerikanisches Villenviertel springen und ein zweiter Voice-Over - Monolog einsetzt. Für beinah ein Viertel des Films werden wir die Stimme aus dem Off nicht mehr los! Ihr Tonfall hat sich allerdings merklich verändert, wirkt sie mit einemmal doch nicht mehr kosmisch-bombastisch, sondern zugleich ironisch und bedeutungsschwanger. Wir bekommen zu sehen, wie die Millionärstochter Margaret Chaffee (Marilyn Harvey) von Gangster Nat (Kenne Duncan), seiner Freundin Esther (Jeanne Tatum) und ihrem Kumpel Brad (Ewing Brown) entführt wird. Bei ihrer Fahrt ins Gebirge läuft ihnen dummerweise die dort gelandete Außerirdische über den Weg, was zu einem kleinen Autounfall führt. Doch wie der Zufall es will, ist es nicht gar zu weit bis zur Hütte des Geologen Dick Cutler (Robert Clarke), bei dem sich die drei zusammen mit ihrer unfreiwilligen Begleiterin mit Waffengewalt Zugang verschaffen. All das wird im Stile von "die Bühne wird bereitet", "die Figuren werden in Stellung gebracht", "das Schicksal nimmt seinen Lauf" aus dem Off kommentiert!
Über den Rest des Plots gibt es nicht viel zu erzählen. Da die Scheinwerfer an Dicks Jeep nicht funktionieren, ist die Gruppe gezwungen, bis zum Morgengrauen in der Hütte auszuharren. Doch die außerirdische Lady, deren Berührung tödlich ist, erweist sich schon bald als ein ernsthaftes Problem. Und Esthers Alkoholismus macht die Lage auch nicht eben leichter. Wer von den fünfen wird bis zum Sonnenaufgang überleben?
So vorhersehbar, zäh und undramatisch die Handlung auch ist, die eine oder andere kleine Kuriosität hilft uns auch über die nächste halbe Stunde hinweg, bis wir dann endlich in den Genuss des in seiner Absurdität wirklich verblüffenden finalen Twists kommen.
Da wäre zuerst einmal das "She-Monster" selbst. Die Gute ist von einer nuklearen Schutzschicht umgeben, die zugleich die fatalen Auswirkungen jedes Körperkontaktes mit ihr erklärt. Visuell verdeutlicht wird dies, indem ihrer Gestalt ein leicht unscharfer, "wabernder" Charakter verliehen wird. Das ist zwar recht neckisch, auch mag ich ihre Augenbrauen, aber als "bedrohliches Ungeheuer" gibt sie kein sehr überzeugendes Bild ab, ganz gleich ob sie stumm durch die Wälder marschiert oder überraschend in Dicks Hütte auftaucht.
Etwas unterhaltsamer fand ich da schon die Enthüllung, dass Gangster Nat offenbar ein "Commie" ist! Er rechtfertigt Margarets Entführung nämlich mit einer kurzen Tirade gegen die "reichen Nichtstuer, die von der Arbeit anderer leben". Worauf Held Dick – aufrechter Patriot, der er ist – erwidert, er sei überzeugt davon, dass sich die allermeisten amerikanischen Millionäre ihren Reichtum hart erarbeitet hätten. Der kurze Wortwechsel ist durch nichts motiviert und dient keinem ersichtlichen Zweck für den Fortlauf der Handlung. Eine kleine Propagandaeinlage am Rande? Bei einem Film dieser Art und aus dieser Zeit durchaus vorstellbar. Doch verwirrenderweise besteht der Voice-Over - Kommentar zu Beginn des Streifens, als die Figur der Millionärsstochter eingeführt wurde, aus einer ironischen Schilderung des "nichtstuerischen" Lebens der "Reichen und Schönen": "Margaret Chaffee – young, beautiful and very rich. The beginning of a normal carefree day in the life of a socialite. The normal, everyday problems that confront them: overslept, late for cocktails, perhaps the cadillac won't start." Ist niemandem aufgefallen, dass sich diese beiden Sequenzen irgendwie widersprechen? Nun waren an der Ausarbeitung des Drehbuchs zwei Personen beteiligt – Ashcroft und Hall. Könnte es also sein, dass einer von ihnen den ironischen Voice-Over - Kommentar und der andere die Szene mit dem "roten" Nat geschrieben hat? Natürlich wäre das vorstellbar, eine wirklich zufriedenstellende Erklärung wäre es allerdings auch nicht.
Und dann hätten wir da noch "Tschechows Bär". Na ja, fast ... Der russische Schriftsteller Anton Tschechow hat bekanntlich einmal gesagt: " If you say in the first chapter that there is a rifle hanging on the wall, in the second or third chapter it absolutely must go off. If it's not going to be fired, it shouldn't be hanging there." Auf diesen Ausspruch bezugnehmend hat sich später der erzähltechnische Terminus "Tschechows Gewehr" / "Chekhov's gun" entwickelt. In The Astounding She-Monster nun haben wir eine Szene, in der der örtliche Ranger (oder war's der Sheriff?} bei Dick anruft, weil er Schüsse gehört hat, die aus der Umgebung der Hütte zu kommen schienen. Tatsächlich hat Gauner Brad vergeblich versucht, die Wabernde Lady mit seiner Pistole zu erledigen. Aber das kann Dick natürlich nicht sagen {schließlich hält ihm Nat die Knarre an die Schläfe}, also behauptet er, ein wilder Bär, der schon seit einiger Zeit die Wälder unsicher macht, habe sich bei der Hütte herumgetrieben. Später im Film taucht der Bär dann tatsächlich auf, und ich dachte sofort: Hey, "Tschechows Bär"! Doch nein, eigentlich ist er das nicht wirklich, denn sein Auftritt hat keinerlei signifikanten Einfluss auf den Handlungsablauf. Allerhöchstens lenkt Meister Petz die außeriridische Besucherin für einen kurzen Moment ab, bevor sie sich seiner mit einer kleinen Handberührung entledigt. Armer Bär ...
Zumindest kurz erwähnt sei abschließend noch, dass die uns aufgrund der "stockfinsteren Nacht" als furchtbar gefährlich angekündigte Fahrt mit dem Jeep ganz offensichtlich bei strahlendem Sonnenschein gefilmt wurde. Und niemand hat sich die Mühe gemacht, das irgendwie zu verschleiern.
Nachdem uns diese verwitrrenden kleinen Details vor dem Einschlafen bewahrt haben, wartet nunmehr die finale Wendung auf uns, die wenigstens bei mir dazu geführt hat, dass ungläubiges Gelächter das Ende des Films begleitete.
Nachdem es Dick und Margaret gelungen ist, die Alien-Lady mithilfe einer rasch improvisierten Säuregranate zur Strecke zu bringen, entdecken sie das Medaillon, das die Gute um den Hals trägt. Sie öffnen es und müssen erstaunt feststellen, dass es eine in fehlerfreiem Englisch verfasste Botschaft enthält, in der die eigentliche Mission des vermeindlichen "She-Monsters" beschrieben wird. In Wahrheit hatte sie überhaupt keine feindlichen Absichten! Vielmehr handelte es sich bei ihr um eine Botschafterin des "Galaktischen Rats der Planeten" {oder so ähnlich}. Die menschliche Zivilisation habe ein technisches Entwicklungsniveau erreicht, das sie zu einer potentiellen Gefahr für das Universum mache. Deshalb habe der Rat beschlossen, eine Abgesandte auf die Erde zu schicken, um die Menschheit einzuladen, selbst Mitglied des interstellaren Bündnisses zu werden, damit die Menschen mit Hilfe ihrer galaktischen Brüder und Schwestern ihr Potential in Zukunft auf sichere und friedvolle Weise weiterentwickeln könnten.
Ich gebe zu, diese Wendung hat mich wirklich verblüfft. Nichts in dem Film hatte darauf hingedeutet, dass er sich in den letzten fünf Minuten in einen ultrabilligen Abklatsch von The Day The Earth Stood Still verwandeln könnte. Im Rückblick musste ich zwar zugeben, dass die Wabernde Lady wohl tatsächlich nie von sich aus jemanden angegriffen hatte. Mit etwas gutem Willen konnte man ihr Verhalten tatsächlich als Selbstverteidigung deuten. Dennoch bot der finale Twist keine auch nur annähernd vernünftige Interpretation für das, was ich in der letzten Stunde gesehen hatte. Wenn die Außerirdischen durch das Abhören irdischer Radiosendungen die englische Sprache erlernt hatten {und das behaupten sie in ihrer schriftlichen Botschaft}, warum versucht ihre Gesandte dann nie, mit irgendjemandem zu kommunizieren? Und falls sie aus physiologischen Gründen unfähig sein sollte, zu sprechen, warum wedelt sie dann nicht mit dem Zettel herum, sondern hält ihn in ihrem Medaillon verschlossen? Ganz zu schweigen davon, dass es nicht eben für das Organiationstalent oder die Vorausschau des "Galaktischen Rates" spricht, dass sie ihre Botschafterin irgendwo im nirgendwo, statt vor dem Weißen Haus oder dem Kreml landen lassen.
Zugegeben, die einzig mögliche andere Interpretation der Ereignisse, dass die Wabernde Lady zur Erde gekommen sei, um unsere Zivilisation mit ihren die Existenz des gesamten Universums bedrohenden Atomwaffen zu zerstören, wäre auch nicht viel vernünftiger gewesen. Was hätte sie alleine schon ausrichten können? So oder so also – ungläubiges Gelächter.
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