"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Freitag, 27. April 2012

Quoth the raven, "Nevermore"


Das fröhliche Plündern der Literaturgeschichte geht weiter. Während das Projekt, H.G. Wells, Jules Verne und Robert Louis Stevenson auf ein Steampunk-Abenteuer zu schicken (Royal Honour Society), noch Zukunftsmusik sein mag, ist die Idee, Edgar Allan Poe gegen einen psychopathischen Serienkiller antreten zu lassen, bereits traurige Realität geworden:


Poe (John Cusak) muss einen Mörder jagen, der sich in seinen Methoden vom Werk des Schriftstellers inspirieren lässt und dessen Geliebte Emily entführt hat. Seufz! Originalität, wohin bist du verschwunden?

Filme, die nach Poes berühmtesten Gedicht benannt wurden, gibt es schon einige. Tatsächlich erinnert die Idee, Menschen nach Vorbildern aus den Stories des Meisters des Makabren zu töten, an Lew Landers’ Klassiker aus dem Jahre 1935, in dem Bela Lugosi den Chirurgen Richard Vollin spielte, der sich eine Folterkammer voller Poe-inspirierter Mordmaschinen eingerichtet hat. Und auch Roger Corman, der Schöpfer der legendären 60er Jahre - Poe - Verfilmungen mit Vincent Price, drehte einen Raven, in dem neben Price Boris Karloff und Peter Lorre (sowie ein junger Jack Nicholson) mitwirkten.

Angesicht solch prachtvoller Vorgänger wird es der Film von James McTeigue (V for Vendetta) fürchte ich schwer haben, irgendwelche Sympathien bei mir zu wecken. Auch kann ich mich einfach nicht mit der Idee anfreunden, große Schriftsteller der Vergangenheit zu Action- oder Thrillerhelden zu machen. Ich frage noch einmal: Was soll der Sinn davon sein – außer, dass man einen berühmten Namen für Marketingzwecke missbraucht? Von den Mord-Gimmicks einmal abgesehen, hat dieser Film nichts mit dem realen Poe zu tun. Selbstredend hatte dieser nicht einmal eine Geliebte mit dem Namen Emily. Poes Leben würde eine faszinierende Geschichte abgeben. Die Jagd nach einem Serienkiller hingegen ist inzwischen einfach bloß öde.

Was wir wohl als nächstes vorgesetzt bekommen? Tolkien, C.S. Lewis und den Rest der Inklings als Geheimagenten, die im Auftrag von Winston Churchill gegen Hitler kämpfen?    

Doch bevor ich mich richtig aufrege, übergebe ich lieber dem großen Vincent Price das Wort, damit dieser uns zeigen möge, worin die wahre Magie von Edgar Allan Poe besteht:


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