"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Samstag, 4. Januar 2014

Leslie Nielsen vs. Die Großen Alten

Nein, Thema dieses Posts ist keine klamaukige Cthulhu-Komödie. Leslie Nielsen war nicht Zeit seines Schauspielerlebens Detective Frank Drebin aus The Naked Gun. Er begann seine Karriere nicht einmal als Komiker. Seine zahllosen Fernsehrollen in den 50er und 60er Jahren umfassten vielmehr die unterschiedlichsten Genres und Charaktere. Und auch im Kino war er vor Airplane! (1980) vor allem als charismatischer Held bekannt. 
Freunde & Freundinnen des Phantastischen werden den Nielsen dieser Ära vermutlich in erster Linie als Commander John J. Adams aus Fred M. Wilcox' SciFi-Klassiker Forbidden Planet (1956) kennen. Aber er spielte u.a. auch den Protagonisten in der ersten filmischen Adaption einer Gespenstergeschichte von M.R. James, dem 1951 ausgestrahlten Fernsehfilm The Last Will of Dr. Rant (basierend auf Montys The Tractate Middoth). Und selbst nach dem Beginn seiner Komikerkarriere kehrte Nielsen 1982 noch einmal ins phantastische Genre zurück und übernahm die Hauptrolle in einer der Episoden von Creepshow, George Romeros Hommage an die legendären EC-Horrorcomics der 50er Jahre.

Mitte der 60er versuchte Alfred Hitchcocks Firma Shamley Productions, die für Alfred Hitchcock Presents (1955-62) und The Alfred Hitchcok Hour (1962-65) verantwortlich zeichnete, eine weitere TV-Serie mit dem Titel The Black Cloak zu starten. Mit einem Drehbuch von Barré Lyndon und unter der Regie von Harvey Hart wurde der knapp einstündige Pilotfilm Dark Intruder gedreht, in dem Leslie Nielsen als Bonvivant und Detektiv des Okkulten Brett Kingsford im San Francisco von 1890 eine brutale Mordserie aufzuklären und ein klauenbewehrtes Monstrum zur Strecke zu bringen hat.      



Zur Produktion der Serie kam es nicht, angeblich weil der Pilotfilm den Verantwortlichen zu düster und zu brutal war. Ein Jammer, hätte das Format doch sicher einiges an Potential gehabt.
Dark Intruder ist ein atmosphärisch dichter kleiner Film mit einem sympathisch hohen Anteil an Pulp-DNA. {Letzteres bedeutet freilich auch, dass wir uns mit einigen der dafür üblichen rassistischen und sexistischen Klischees herumärgern müssen.} Unser Held steht ganz in der ehrwürdigen Tradition okkulter Ermittler wie Algernon Blackwoods John Silence oder William Hope Hodgsons Carnacki und ist zugleich so etwas wie ein entfernter Vorfahr von Carl Kolchak.* Dabei besitzt er seinen ganz eigenen Charakter. Als bohèmienhafter Müßiggänger und Playboy besitzt Brett Kingsford beste Kontakte zur Halbwelt von San Francisco und nur sehr wenig Respekt vor irgendwelchen Autoritäten. Dennoch ist er offenbar immer wieder bereit, der Polizei bei der Aufklärung besonders kniffliger Fälle zu helfen. Insbesondere wenn dabei das Okkulte ins Spiel kommt. Denn selbiges scheint sein besonderes Steckenpferd zu sein, findet sich in seinem Haus doch nicht nur eine umfassende Sammlung entsprechender Bücher und Artefakte, sondern auch eine Mandragora-Pflanze, die auf alle "übernatürlichen Schwingungen" mit wildem Zucken reagiert. Kingsfords engster Vertrauter bei seinen Abenteuern ist der kleinwüchsige Butler Nikola.
Wie Mike Davis in einem kurzen Artikel für die Lovecraft eZine ausführlich dargelegt hat, existieren eine ganze Reihe mehr oder weniger deutlicher Bezüge zwischen Dark Intruder und dem Cthulhu-Mythos. Nicht alle sind so offensichtlich wie die Nennung von Dagon und Azathoth.
Das einzig wirklich ärgerliche an dem Filmchen ist seine Schlussszene. Die Story selbst ist eigentlich ziemlich düster und findet ein entsprechend tragisches Ende. Dennoch entschieden sich die Macher von Dark Intruder dazu, das Ganze auf einer humoristischen Note ausklingen zu lassen. Ich nehme an, sie wollten damit den Entscheidungsträgern ihren Pilotfilm etwas schmackhafter machen. Die Rechnung ging nicht auf, und zurück blieb ein wirklich bizarr anmutender Bruch im Ton der Erzählung.
Doch davon einmal abgesehen lohnt Dark Intruder auf jedenfall einen kurzen Besuch. Interessierte finden den Streifen hier.      


* Ein ziemlich heruntergekommener Reporter mit deutlichem Philip Marlowe - Einschlag, der es im Las Vegas & Seattle der 70er Jahre mit Vampiren und anderen finsteren Kreaturen zu tun bekommt. Seine Abenteuer konnte das amerikanische Fernsehpublikum in den Filmen The Night Stalker (1972) und The Night Strangler (1973), deren Drehbücher aus der Feder des großen Richard Matheson stammten, sowie in einer relativ kurzlebigen TV-Serie (1974-75) miterleben. Wer Genaueres über ihn erfahren will, horche in Episode 122 von Jim Moons Hypnobobs rein oder schaue sich die Filme einmal selbst an. Beides ist empfehlenswert! 

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