The peculiar genius of M.R. James, and his greatest power, lies in the convincing evocation of weird, malignant and preternatural phenomena [...]. It is safe to say that few writers, dead or living, have equaled him in this formidable necromancy and perhaps no one has excelled him.
Clark Ashton Smith: The Weird Works of M.R. James
Ein kurzer Blick in die deutsche Wikipedia hinterlässt den erschreckenden Eindruck, dass dem breiteren Publikum hierzulande offenbar schon seit längerem keine auch nur ansatzweise vollständige Sammlung der Gespenstergeschichten des großen Montague Rhodes James mehr zugänglich gemacht worden ist. Welche Schande! Muss ich daran erinnern, dass H.P. Lovecraft ihn neben Arthur Machen, Algernon Blackwood und Lord Dunsany zu den vier Großmeistern des modernen Grauens zählte? Ich zitiere den Beginn des entsprechenden Abschnitts aus der deutschen Ausgabe seines berühmten Essays Supernatural Horror in Literature:
Eine Lord Dunsanys Genius diametral entgegengesetzte Position nimmt der gelehrte Montague Rhodes James ein, Rektor des Eton College, Altertumsforscher von hohen Graden und anerkannte Autorität auf dem Gebiet mittelalterlicher Handschriften und der Geschichte der Kathedralen, der die fast diabolische Gabe besitzt, das Grauen Schritt für Schritt mitten im prosaischen Alltagsleben entstehen zu lassen. Dr. James, der es seit langem liebt, in der Weihnachtszeit Gespenstergeschichten zu erzählen, ist nach und nach zu einem literarischen Phantasten allerersten Ranges geworden und hat einen charakteristischen Stil und eine unverwechselbare Methode entwickelt, die wahrscheinlich einer langen Reihe von Schülern als Vorbild dienen werden.*
So wie ich es verstehe, hat es bis heute keine einzige Gesamtausgabe von M.R. James' Werk in deutscher Übersetzung gegeben, selbst wenn man darunter nur die zu seinen Lebzeiten veröffentlichten Stories verstehen will. Dabei ist sein Oeuvre nun wirklich nicht unüberschaubar. Freunde & Freundinnen des klassischen literarischen Horrors, die der englischen Sprache nicht in ausreichendem Maße mächtig sind, haben es hierzulande in der Tat nicht leicht ...
In seiner britischen Heimat freilich genießt der gute Monty auch knapp acht Jahrzehnte nach seinem Tod immer noch eine für einen phantastischen Autor beachtliche Bekanntheit und ein ebenso großes Ansehen, wofür u.a. die zahlreichen Radio- und Fernsehadaptionen seiner Werke verantwortlich sein dürften.
In seiner britischen Heimat freilich genießt der gute Monty auch knapp acht Jahrzehnte nach seinem Tod immer noch eine für einen phantastischen Autor beachtliche Bekanntheit und ein ebenso großes Ansehen, wofür u.a. die zahlreichen Radio- und Fernsehadaptionen seiner Werke verantwortlich sein dürften.
Wie ich vor einem halben Jahr hier schon einmal kurz geschildert habe, war es der große Erfolg von Jonathan Millers faszinierender Adaption von James' Oh, Whistle, And I'll Come To You, My Lad aus dem Jahre 1968, der die BBC dazu bewog, ihrem Publikum in den 70er Jahren eine ganze Reihe klassischer Horrorstories in televisionärer Fassung zu präsentieren, wobei man an die alte englische Tradition anknüpfte, sich zur Julzeit mit dem Erzählen unheimlicher Geschichten zu unterhalten. Ein Brauch, dem – wie uns Mr. Lovecraft bereits mitgeteilt hat – auch Monty im Kreis seiner Kollegen und Freunde gehuldigt hatte. Fünf der acht Ghost Stories for Christmas, mit denen man zwischen 1971 und 1978 alle Freunde & Freundinnen des gepflegten Grusels zur Weihnachtszeit beglückte, basierten auf Kurzgeschichten von M.R. James.
Im letzten August waren mir leider nur zwei von ihnen – A Warning to the Curious (1972) und The Ash Tree (1975) – zugänglich, doch ist es mir inzwischen gelungen, dieses Manko zu beseitigen, so dass ich nunmehr in der Lage bin, meiner geneigten Leserschaft auch die restlichen drei kurz vorzustellen. {Achtung: Spoiler!}
Im letzten August waren mir leider nur zwei von ihnen – A Warning to the Curious (1972) und The Ash Tree (1975) – zugänglich, doch ist es mir inzwischen gelungen, dieses Manko zu beseitigen, so dass ich nunmehr in der Lage bin, meiner geneigten Leserschaft auch die restlichen drei kurz vorzustellen. {Achtung: Spoiler!}
I wrote these stories at long intervals, and most of them were read to patient friends, usually at the season of Christmas.
M.R. James: Vorwort zu Ghost Stories of an Antiquary
#1 The Stalls of Barchester Cathedral (1971)
(Literarische Vorlage – Vgl.: Episode 13 von A Podcast to the Curious)
Die Eröffnung des spukigen Reigens war zugleich der erste Spielfilm des bis dahin nur als Dokumentarfilmer tätigen Lawrence Gordon Clark, der bis auf die letzte Episode bei allen klassischen Ghost Stories for Christmas die Regie übernehmen würde. In Zusammenarbeit mit Kameramann John McGlashan, der gleichfalls ein fester Bestandteil des Teams werden sollte, bewies er schon in diesem seinem Debüt ein ungewöhnliches Talent für das Kreieren einer gespenstischen Atmosphäre, ohne dabei auf ausgefeilte Tricktechnik oder platte Schockeffekte zurückgreifen zu müssen. Das Budget war mager (£8000), die Drehzeit äußerst beschränkt (10 Tage), aber dafür konnten Clark und McGlashan "vor Ort" drehen, was für eine britische TV-Produktion dieser Zeit ungewöhnlich war. Anders als etwa in A Warning to the Curious (1972) und The Signalman (1976) war es hier allerdings nicht die Landschaft, die dem Heraufbeschwören der erwünschten unheimlichen Stimmung dienstbar gemacht wurde, sondern vielmehr die gotische Kathedrale von Norwich. Daneben eröffnete sich für McGlashan die Möglichkeit, echte Nachtaufnahmen zu machen, was dem Spiel mit Schatten und düsteren Winkeln eine Intensität verleiht, die bei einer reinen Studioproduktion unerreichbar gewesen wäre. Dass Clark wie bei allen Ghost Stories for Christmas ein vorzügliches Schauspielerensemble zur Verfügung stand, soll gleichfalls nicht unerwähnt bleiben.
Von allen mir bekannten M.R. James - Adaptionen hält sich The Stalls of Barchester Cathedral am engsten an ihre literarische Vorlage. Abgesehen von einigen eher nebensächlichen Details, folgt der Film ziemlich genau Montys Geschichte des ehrgeizigen Archidiakons Haynes, der für das Ableben seines Vorgängers sorgt {welcher offenbar ein methusalemsches Alter zu erreichen gedachte}, um drei Jahre später auf übernatürliche Weise für seine Bluttat bestraft zu werden, wobei die grotesken Schnitzereien im Chorgestühl ("Stalls") zu den ausführenden Organen der (göttlichen? satanischen?) Gerechtigkeit werden. Wie die Story konzentriert sich auch der Film auf die Darstellung des allmählichen psychischen Verfalls des Archidiakons, der sich von körperlosen Stimmen, einer gespenstischen Katze und einem klauenbewehrten Ungeheuer verfolgt glaubt, und vergeblich versucht, seiner zunehmenden Depressivität und Paranoia mit Hilfe seiner beträchtlichen Willensstärke Herr zu werden, nur um schließlich einen ebenso grausigen wie mysteriösen Tod zu erleiden. Robert Hardy (u.a. Siegfried Farnon in All Creatures Great and Small & Cornelius Fudge in den Harry Potter - Filmen) gibt in der Rolle des Archidiakons eine beeindruckende Leistung ab.
Der einzige echte Schwachpunkt des Filmes ist Haynes' Todesszene. Wenn aus einem gänzlich absurden Winkel plötzlich eine gar zu offensichtlich aus Gummi bestehende Klauenhand auftaucht, dem Archidiakon über das Gesicht fährt und ihn mit einem spitzen Aufkreischen die Treppe herunterstürzen lässt, so ist dies leider eher geeignet, hysterisches Gekicher als eisige Schauer hervorzurufen. Warum Clark offenbar der Meinung war, den Höhepunkt der Erzählung auf so drastische Weise darstellen zu müssen, ist mir schleierhaft. Hätte er nicht wissen müssen, dass es {vor allem angesichts der sehr beschränkten tricktechnischen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen} sehr viel klüger gewesen wäre, das brutale Ende des Archidiakons genauso zurückhaltend zu inszenieren wie den Rest der Geschichte? Ein wirklich ärgerlicher Missgriff, denn was könnte fataler für eine Spukgeschichte sein, als ein lächerliches Finale?
Nichtsdestoweniger bleibt The Stalls of Barchester Cathedral ausgesprochen sehenswert und lässt bereits sehr deutlich erkennen, warum die Ghost Stories for Christmas zu echten Klassikern des phantastischen Fernsehens werden sollten.
Von allen mir bekannten M.R. James - Adaptionen hält sich The Stalls of Barchester Cathedral am engsten an ihre literarische Vorlage. Abgesehen von einigen eher nebensächlichen Details, folgt der Film ziemlich genau Montys Geschichte des ehrgeizigen Archidiakons Haynes, der für das Ableben seines Vorgängers sorgt {welcher offenbar ein methusalemsches Alter zu erreichen gedachte}, um drei Jahre später auf übernatürliche Weise für seine Bluttat bestraft zu werden, wobei die grotesken Schnitzereien im Chorgestühl ("Stalls") zu den ausführenden Organen der (göttlichen? satanischen?) Gerechtigkeit werden. Wie die Story konzentriert sich auch der Film auf die Darstellung des allmählichen psychischen Verfalls des Archidiakons, der sich von körperlosen Stimmen, einer gespenstischen Katze und einem klauenbewehrten Ungeheuer verfolgt glaubt, und vergeblich versucht, seiner zunehmenden Depressivität und Paranoia mit Hilfe seiner beträchtlichen Willensstärke Herr zu werden, nur um schließlich einen ebenso grausigen wie mysteriösen Tod zu erleiden. Robert Hardy (u.a. Siegfried Farnon in All Creatures Great and Small & Cornelius Fudge in den Harry Potter - Filmen) gibt in der Rolle des Archidiakons eine beeindruckende Leistung ab.
Der einzige echte Schwachpunkt des Filmes ist Haynes' Todesszene. Wenn aus einem gänzlich absurden Winkel plötzlich eine gar zu offensichtlich aus Gummi bestehende Klauenhand auftaucht, dem Archidiakon über das Gesicht fährt und ihn mit einem spitzen Aufkreischen die Treppe herunterstürzen lässt, so ist dies leider eher geeignet, hysterisches Gekicher als eisige Schauer hervorzurufen. Warum Clark offenbar der Meinung war, den Höhepunkt der Erzählung auf so drastische Weise darstellen zu müssen, ist mir schleierhaft. Hätte er nicht wissen müssen, dass es {vor allem angesichts der sehr beschränkten tricktechnischen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen} sehr viel klüger gewesen wäre, das brutale Ende des Archidiakons genauso zurückhaltend zu inszenieren wie den Rest der Geschichte? Ein wirklich ärgerlicher Missgriff, denn was könnte fataler für eine Spukgeschichte sein, als ein lächerliches Finale?
Nichtsdestoweniger bleibt The Stalls of Barchester Cathedral ausgesprochen sehenswert und lässt bereits sehr deutlich erkennen, warum die Ghost Stories for Christmas zu echten Klassikern des phantastischen Fernsehens werden sollten.
#2 Lost Hearts (1973)
(Literarische Vorlage – Vgl.: Episode 2 von A Podcast to the Curious & Hypnobobs 138: Ghost Stories for Christmas Eve)
Für mich persönlich ist Lost Hearts eine der verstörendsten und unheimlichsten Geschichten von M.R. James. Andere mögen mich aufgrund ihrer intensiven Atmosphäre, ihrer antiquarischen Komponente oder ihres geschickten Spannungsaufbaus stärker faszinieren, doch kaum eine kommt in ihrer alptraumhaften Qualität der Erzählung von den unheimlichen Erlebnissen des elfjährigen Waisen Stephen Elliott auf dem Landsitz seines ältlichen Cousins Mr. Abney gleich.
Anders als bei den ersten beiden Ghost Stories for Christmas schrieb Lawrence Gordon Clark für die dritte Episode nicht selbst das Drehbuch. Diese Aufgabe fiel dem nicht ganz unbekannten Schriftsteller Robin Chapman zu, und er entfernte sich dabei deutlicher von seiner Vorlage als Clark dies bei The Stalls of Barchester Cathedral getan hatte. Allerdings nicht so weit, dass er der Geschichte einen gänzlich anderen Inhalt oder Charakter verliehen hätte.
Drei Unterschiede zwischen Story und Film stechen für mich besonders deutlich hervor:
Der möglicherweise nach dem realen Vorbild des Neoplatonisten Thomas Taylor (1758-1835) gezeichnete Abney wird von James als "tall", "thin" und "austere" bezeichnet, und auch wenn er bei Stephens Ankunft "sich vergnügt die Hände reibend" aus seinem Studierzimmer geeilt kommt, bekommt man eher den Eindruck, es mit einem normalerweise ziemlich ernsthaften und verschlossenen Mann zu tun zu haben. Ganz anders in der Verfilmung. Hier ist Abney (Joseph O'Conor) ein beständig vor sich hin summender und kichernder, etwas kindisch wirkender Exzentriker, dessen Begeisterung für gnostische Geheimlehren und Magie wie ein nicht ganz ernstzunehmender Spleen wirkt. Im ersten Moment hat mich diese Darstellung ziemlich irritiert, doch bald schon wurde mir bewusst, um wieviel verstörender es wirkt, wenn ein "nett-verrückter Onkel" Kinder kaltblütig ermordet, ihnen die Herzen herausschneidet und diese in eingeäscherter Form zu sich nimmt, um auf diese Weise Unsterblichkeit zu erlangen. {Ein Bisschen enttäuschend fand ich allerdings, dass Abney anders als in der Erzählung keine antike Darstellung von Mithras und dem Stier in der Eingangshalle seines Herrenhauses stehen hat, führt M.R. James so doch auf subtile Weise gleich zu Beginn seiner Geschichte das Opfermotiv ein.}
Leider enthält uns der Film die mumifizierte Leiche vor, die Stephen während eines Traumes in einem seit langem ungenutzten Badezimmer erblickt, und die James wie folgt beschreibt:
Drei Unterschiede zwischen Story und Film stechen für mich besonders deutlich hervor:
Der möglicherweise nach dem realen Vorbild des Neoplatonisten Thomas Taylor (1758-1835) gezeichnete Abney wird von James als "tall", "thin" und "austere" bezeichnet, und auch wenn er bei Stephens Ankunft "sich vergnügt die Hände reibend" aus seinem Studierzimmer geeilt kommt, bekommt man eher den Eindruck, es mit einem normalerweise ziemlich ernsthaften und verschlossenen Mann zu tun zu haben. Ganz anders in der Verfilmung. Hier ist Abney (Joseph O'Conor) ein beständig vor sich hin summender und kichernder, etwas kindisch wirkender Exzentriker, dessen Begeisterung für gnostische Geheimlehren und Magie wie ein nicht ganz ernstzunehmender Spleen wirkt. Im ersten Moment hat mich diese Darstellung ziemlich irritiert, doch bald schon wurde mir bewusst, um wieviel verstörender es wirkt, wenn ein "nett-verrückter Onkel" Kinder kaltblütig ermordet, ihnen die Herzen herausschneidet und diese in eingeäscherter Form zu sich nimmt, um auf diese Weise Unsterblichkeit zu erlangen. {Ein Bisschen enttäuschend fand ich allerdings, dass Abney anders als in der Erzählung keine antike Darstellung von Mithras und dem Stier in der Eingangshalle seines Herrenhauses stehen hat, führt M.R. James so doch auf subtile Weise gleich zu Beginn seiner Geschichte das Opfermotiv ein.}
Leider enthält uns der Film die mumifizierte Leiche vor, die Stephen während eines Traumes in einem seit langem ungenutzten Badezimmer erblickt, und die James wie folgt beschreibt:
His description of what he saw reminds me of what I once beheld myself in the famous vaults of St Michan's Church in Dublin, which possesses the horrid property of preserving corpses from decay for centuries. A figure inexpressibly thin and pathetic, of a dusty leaden colour, enveloped in a shroud-like garment, the thin lips crooked into a faint and dreadful smile, the hands pressed tightly over the region of the heart. As he looked upon it, a distant, almost inaudible moan seemed to issue from its lips, and the arms began to stir.Ein kurzer Blick auf die Mumien von St. Michan lässt einen erahnen, welch gruselige Szene dies hätte sein können. Allerdings muss man fairerweise bedenken, dass das zur Verfügung stehende Budget für eine wirklich überzeugende Darstellung vermutlich nicht ausgereicht hätte. Auch ist es bereits erstaunlich, dass wir stattdessen die aufgeschlitzten Brustkörbe der toten Kinder mit ihren fehlenden Herzen zu sehen bekommen. Für das britische Fernsehen der Zeit eine äußerst drastische Szene.
Der dritte markante Unterschied besteht in dem Verhältnis der kindlichen Geister zu Stephen (Simon Gipps-Kent). Bei James bleibt dieses äußerst ambivalent. Wollen sie ihn vor der drohenden Gefahr warnen oder giert es auch sie nach seinem Herzen, als Ersatz für ihre eigenen? Der Film wirkt hier auf den ersten Blick sehr viel eindeutiger. In keiner der Szenen scheinen die Geister Stephen unmittelbar zu bedrohen. Vielmehr sind sie ihm offenbar freundlich gesonnen. Und doch ist dieser spontane Eindruck nicht ganz zutreffend. Mehr als einmal z.B. wird ihr Auftauchen vom fröhlich anmutenden Gelächter des Mädchens begleitet. Und eben dies macht die beiden wieder auf beunruhigende Weise undurchschaubar. Sie haben keinen Grund, fröhlich zu sein. Warum lachen sie? In Vorfreude auf ihre kommende Rache an Abney? Das scheint als Erklärung nicht völlig befriedigend.
Es sind vor allem diese beiden Geisterkinder – das Zigeunermädchen Phoebe (Michelle Foster) und der Italienerjunge Giovanni (Christopher Davis) –, die Lost Hearts zu einem großartigen Filmerlebnis machen. Nicht nur sind ihre Auftritte ausnahmslos sehr effektvoll in Szene gesetzt. Sei es, dass wir sie als Silhouetten im abendlichen Park erblicken. Sei es, dass sie durch eines der Fenster hereinschauen und mit ihren langen, krallenartigen Fingernägeln auf die Scheibe trommeln. Sei es, dass wir ihre wispernden, körperlosen Stimmen im Herbstwind hören. Sei es, dass sie sich in halb schlafwandlerisch, halb tänzerisch anmutender Art durch die Gänge und Räume des nächtlichen Herrenhauses bewegen. Vor allem der Junge strahlt außerdem eine unheimliche Mischung aus Schmerz, Trauer und sadistischem Vergnügen aus. Gespenstische Kinder sind ein fester Bestandteil der Traditionen des Horrorfilms {man denke z.B. an Flora & Miles aus The Innocents [1961], Jack Claytons großartiger Adaption von Henry James' The Turn of the Screw}, doch diesen beiden gebührt ohne Zweifel ein sehr ehrenwerter Platz in der Gallerie ihrer Genossinnen und Genossen.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Musik, die einen wichtigen Beitrag zur Atmosphäre des Films leistet. An wenigstens einer Stelle wird dabei Ralph Vaughan Williams' English Folk Song Suite anzitiert, doch leider ist es mir unmöglich gewesen, herauszufinden, wer für den Rest des Soundtracks – insbesondere die äußerst effektvolle Leierkastenlmelodie – verantwortlich war.
In meinen Augen gehört Lost Hearts zu den allerbesten der klassischen Ghost Stories for Christmas.
Fortsetzung folgt ...
* H.P. Lovecraft: Die Literatur der Angst. Zur Geschichte der Phantastik. S. 129.
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