Seit einiger Zeit schon trage ich mich mit dem Gedanken, mir einmal Joe D'Amatos Ator – Italiens Antwort auf Conan den Barbaren – vorzuknöpfen, und bei diesem Anlass auch gleich ein wenig auf die Geschichte des italienischen B-Movies einzugehen. Diese Queste muss noch ein bisschen warten, doch dafür bin ich letztens ganz zufällig über Conquest gestolpert, Lucio Fulcis Beitrag zur Sword & Sorcery - Mode der 80er Jahre.
Ein guter Film? Ein mieser Film? Keine Ahnung – Doch was für ein Film, bei Crom!
Fulci ist ein echter Auteur, und das beweist er sogar, wenn er sich in die Gefilde der B-Movie-Fantasy begibt. Kurz zuvor hatte er in Filmen wie City of the Living Dead (1980), The Beyond (1981) und The House by the Cemetery (1981) seine Vorstellung vom "totalen Kino" in bisher reinster Form umgesetzt. Alle drei Teile der "Gates of Hell" - Trilogie gehorchen weniger den üblichen Regeln filmerischen Erzählens, als vielmehr einer bizarren Traumlogik. Plot und Charaktere sind dabei eher nebensächlich. Die Filme leben ganz von ihrer intensiven, über alle erreichbaren Sinne des Zuschauers evozierten Atmosphäre. Natürlich hält der 1983 in Mexiko produzierte Fantasyschinken keinen Vergleich mit Fulcis Meisterwerken stand. Aber er trägt doch unverkennbar die Handschrift des Maestros, was ihn zu einem der interessanteren Produkte der durch John Milius' Conan the Barbarian (1982) angestoßenen Sword & Sorcery - Welle macht.
Wie bei einem reifen Fulci nicht anders zu erwarten, vermittelt eine Zusammenfassung der Story von Conquest einen nicht einmal ansatzweise adäquaten Eindruck von dem Film. Eine solche muss vielmehr ziemlich öde klingen:
Bewaffnet mit dem magischen Bogen seiner Vorväter begibt sich der junge Ilias (Andrea Occhipinti) in ein fremdes, von primitiven Höhlenmenschen bewohntes Land. Herrscherin dieser wenig einladenden Gefilde ist die grausame Okhren (Sabrina Sellers/Siani), und es dauert nicht lange, da sieht sich unser Held auch schon in erste Kämpfe mit ihren wolfsköpfigen Handlangern verwickelt. Denn Okhren hat in einer Vision gesehen, dass Ilias sie töten wird. Ein denkbar guter Grund, dem jungen Mann alle Mächte der Hölle auf den Hals zu schicken. Dieser kann von Glück sagen, dass er dem einsamen Krieger Mace (Jorge Rivero) begegnet, der ihn trotz seiner erklärten Menschenfeindschaft vor den Monstern der bösen "Göttin" rettet. Gemeinsam machen sich die zwei auf, Okhren ihrer "gerechten Strafe" zuzuführen. Doch nur einer von ihnen wird diese Queste überleben.
Das klingt nun weder besonders spannend noch besonders originell. Und auch dass die gute Sabrina Sellers den ganzen Film über praktisch nackt durch die Gegend läuft, wird heute wohl kaum noch einen Hund hinter dem Ofen hervorlocken.
Sucht man nach Vorbildern {oder "Inspirationsquellen"}, so sollte man sein Augenmerk übrigens weniger auf Conan als vielmehr auf die altehrwürdige italienische B-Movie-Tradition der "Peplums" oder "Sandalenfilme" à la Herkules oder Maciste richten. Daneben wirkt Mace außerdem ein bisschen wie eine misanthrope Variante des "Beastmaster", der wie der Cimmerier ein Jahr zuvor seinen ersten filmischen Auftritt gehabt hatte.
Was sofort auffällt ist, dass die beiden Helden keine ausreichend starke und nachvollziehbare Motivation für ihr Handeln besitzen. Warum hat sich Ilias überhaupt auf seine Wanderung in die Fremde begeben? Einiges spricht dafür, dass es sich um eine Art Initiationsritus handelt, doch bleibt dies nicht viel mehr als eine verschwommene Andeutung. Und Mace? Er lässt keinen Zweifel daran, dass er nichts für Menschen übrig hat, und ermordet kaltblütig einen alten Jäger, um in den Besitz von dessen Beute zu gelangen. Warum verwandelt er sich im Laufe der Geschichte in einen treuen Kameraden? Zu Beginn mag er Ilias begleiten, weil ihn dessen Bogen fasziniert, doch kann dies schon bald nicht mehr als ausreichendes Motiv für sein Verhalten gelten.
Es wäre nicht nur sinnlos hier weiter nachzufragen, man würde sich mit dieser Einstellung auch um einen cineastischen Genuss ganz eigener Art bringen. Denn wie bereits gesagt: Es sind nicht der Plot oder die Charaktere, welche den Reiz von Fulcis Filmen {und vielen anderen italienischen B-Movies} ausmachen. Ihren Zauber verleihen ihnen Stil und Atmosphäre.
Conquest lebt zu einem Gutteil von Alejandro Ulloas phantastischer Cinematographie. Über der in blasse Farben getauchten Landschaft liegen ständig milchige Dunstschleier, die der Szenerie einen unwirklichen, traumhaften Charakter verleihen. Und trotz der zum Teil äußerst brutalen Dinge, die sich vor unseren Augen abspielen, besitzt der Film eine eigentümliche Form von Schönheit.
Fulcis Fantasy ist dekadent, kompromisslos und blutig. Hier werden Schädel zertrümmert, Gehirne ausgeschlürft und Leute bei lebendigem Leibe langsam geröstet. Gerade dies jedoch hat mir besonders gut gefallen: Wenn schon Barbarentum, dann bitte richtig. Mace ist weder ein sympathischer Glücksritter noch ein strahlender Recke, sondern ein brutaler Schlagetot, der seine sanfte Seite nur Tieren gegenüber zeigt.
Ein bloßer Exploitation-Flick in der Fantasysparte also? Nein! Es steckt mehr in diesem eigenartigen Werk. Auch wenn es schwer fällt, selbiges konkret zu fassen. Conquest besitzt eine symbolische Dimension. Ich zumindest habe den Film am Ende so verstanden, dass es in ihm darum geht, wie der Mensch sich von der hilflosen Unterwerfung unter die Kräfte der Natur befreit. Mit seinem Bogen und seiner höheren Ethik ist Ilias so etwas wie der Vertreter der jungen Zivilisation in einer barbarischen Welt. Okhren hingegen, deren Anhänger glauben, sie sorge jeden Morgen dafür, dass die Sonne aufgeht, steht für die von den primitiven Menschen vergöttlichten Naturgewalten. Darum verwandelt sie sich bei ihrem Tod auch in eine Wölfin.
Den Universalschlüssel zu allen Geheimnissen des Filmes glaube ich mit dieser Interpretation freilich nicht in Händen zu halten. Es bleibt noch genug Geheimnisvolles, was sich einer simplen Erklärung entzieht. Und vermutlich ist der Streifen auch nicht auf eine einzelne Interpretation hin angelegt. Das würde einfach nicht zu Lucio Fulci passen.
Ein guter Film? Ein mieser Film? Keine Ahnung – Doch was für ein Film, bei Crom!
Fulci ist ein echter Auteur, und das beweist er sogar, wenn er sich in die Gefilde der B-Movie-Fantasy begibt. Kurz zuvor hatte er in Filmen wie City of the Living Dead (1980), The Beyond (1981) und The House by the Cemetery (1981) seine Vorstellung vom "totalen Kino" in bisher reinster Form umgesetzt. Alle drei Teile der "Gates of Hell" - Trilogie gehorchen weniger den üblichen Regeln filmerischen Erzählens, als vielmehr einer bizarren Traumlogik. Plot und Charaktere sind dabei eher nebensächlich. Die Filme leben ganz von ihrer intensiven, über alle erreichbaren Sinne des Zuschauers evozierten Atmosphäre. Natürlich hält der 1983 in Mexiko produzierte Fantasyschinken keinen Vergleich mit Fulcis Meisterwerken stand. Aber er trägt doch unverkennbar die Handschrift des Maestros, was ihn zu einem der interessanteren Produkte der durch John Milius' Conan the Barbarian (1982) angestoßenen Sword & Sorcery - Welle macht.
Wie bei einem reifen Fulci nicht anders zu erwarten, vermittelt eine Zusammenfassung der Story von Conquest einen nicht einmal ansatzweise adäquaten Eindruck von dem Film. Eine solche muss vielmehr ziemlich öde klingen:
Bewaffnet mit dem magischen Bogen seiner Vorväter begibt sich der junge Ilias (Andrea Occhipinti) in ein fremdes, von primitiven Höhlenmenschen bewohntes Land. Herrscherin dieser wenig einladenden Gefilde ist die grausame Okhren (Sabrina Sellers/Siani), und es dauert nicht lange, da sieht sich unser Held auch schon in erste Kämpfe mit ihren wolfsköpfigen Handlangern verwickelt. Denn Okhren hat in einer Vision gesehen, dass Ilias sie töten wird. Ein denkbar guter Grund, dem jungen Mann alle Mächte der Hölle auf den Hals zu schicken. Dieser kann von Glück sagen, dass er dem einsamen Krieger Mace (Jorge Rivero) begegnet, der ihn trotz seiner erklärten Menschenfeindschaft vor den Monstern der bösen "Göttin" rettet. Gemeinsam machen sich die zwei auf, Okhren ihrer "gerechten Strafe" zuzuführen. Doch nur einer von ihnen wird diese Queste überleben.
Das klingt nun weder besonders spannend noch besonders originell. Und auch dass die gute Sabrina Sellers den ganzen Film über praktisch nackt durch die Gegend läuft, wird heute wohl kaum noch einen Hund hinter dem Ofen hervorlocken.
Sucht man nach Vorbildern {oder "Inspirationsquellen"}, so sollte man sein Augenmerk übrigens weniger auf Conan als vielmehr auf die altehrwürdige italienische B-Movie-Tradition der "Peplums" oder "Sandalenfilme" à la Herkules oder Maciste richten. Daneben wirkt Mace außerdem ein bisschen wie eine misanthrope Variante des "Beastmaster", der wie der Cimmerier ein Jahr zuvor seinen ersten filmischen Auftritt gehabt hatte.
Was sofort auffällt ist, dass die beiden Helden keine ausreichend starke und nachvollziehbare Motivation für ihr Handeln besitzen. Warum hat sich Ilias überhaupt auf seine Wanderung in die Fremde begeben? Einiges spricht dafür, dass es sich um eine Art Initiationsritus handelt, doch bleibt dies nicht viel mehr als eine verschwommene Andeutung. Und Mace? Er lässt keinen Zweifel daran, dass er nichts für Menschen übrig hat, und ermordet kaltblütig einen alten Jäger, um in den Besitz von dessen Beute zu gelangen. Warum verwandelt er sich im Laufe der Geschichte in einen treuen Kameraden? Zu Beginn mag er Ilias begleiten, weil ihn dessen Bogen fasziniert, doch kann dies schon bald nicht mehr als ausreichendes Motiv für sein Verhalten gelten.
Es wäre nicht nur sinnlos hier weiter nachzufragen, man würde sich mit dieser Einstellung auch um einen cineastischen Genuss ganz eigener Art bringen. Denn wie bereits gesagt: Es sind nicht der Plot oder die Charaktere, welche den Reiz von Fulcis Filmen {und vielen anderen italienischen B-Movies} ausmachen. Ihren Zauber verleihen ihnen Stil und Atmosphäre.
Conquest lebt zu einem Gutteil von Alejandro Ulloas phantastischer Cinematographie. Über der in blasse Farben getauchten Landschaft liegen ständig milchige Dunstschleier, die der Szenerie einen unwirklichen, traumhaften Charakter verleihen. Und trotz der zum Teil äußerst brutalen Dinge, die sich vor unseren Augen abspielen, besitzt der Film eine eigentümliche Form von Schönheit.
Fulcis Fantasy ist dekadent, kompromisslos und blutig. Hier werden Schädel zertrümmert, Gehirne ausgeschlürft und Leute bei lebendigem Leibe langsam geröstet. Gerade dies jedoch hat mir besonders gut gefallen: Wenn schon Barbarentum, dann bitte richtig. Mace ist weder ein sympathischer Glücksritter noch ein strahlender Recke, sondern ein brutaler Schlagetot, der seine sanfte Seite nur Tieren gegenüber zeigt.
Ein bloßer Exploitation-Flick in der Fantasysparte also? Nein! Es steckt mehr in diesem eigenartigen Werk. Auch wenn es schwer fällt, selbiges konkret zu fassen. Conquest besitzt eine symbolische Dimension. Ich zumindest habe den Film am Ende so verstanden, dass es in ihm darum geht, wie der Mensch sich von der hilflosen Unterwerfung unter die Kräfte der Natur befreit. Mit seinem Bogen und seiner höheren Ethik ist Ilias so etwas wie der Vertreter der jungen Zivilisation in einer barbarischen Welt. Okhren hingegen, deren Anhänger glauben, sie sorge jeden Morgen dafür, dass die Sonne aufgeht, steht für die von den primitiven Menschen vergöttlichten Naturgewalten. Darum verwandelt sie sich bei ihrem Tod auch in eine Wölfin.
Den Universalschlüssel zu allen Geheimnissen des Filmes glaube ich mit dieser Interpretation freilich nicht in Händen zu halten. Es bleibt noch genug Geheimnisvolles, was sich einer simplen Erklärung entzieht. Und vermutlich ist der Streifen auch nicht auf eine einzelne Interpretation hin angelegt. Das würde einfach nicht zu Lucio Fulci passen.