"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Dienstag, 12. März 2013

Tarzans Rückkehr ?

Bei Warner Bros. scheint man ernsthaft auf eine Rückkehr des Herrn des Dschungels auf die Leinwand hinzuarbeiten. Wie ich einem Artikel von Ryan Harvey auf Black Gate entnehme, war ein solches Projekt offenbar schon seit längerem im Gespräch und letzten November plazierte Produzent Jerry Weintraub schließlich David Yates auf dem Regiestuhl. Eine Entscheidung, die nicht unbedingt euphorische Vorfreude auf kommende Urwaldabenteuer in mir weckt. Harry Potter and the Deathly Hallows habe ich zwar nicht gesehen, doch weder Order of the Phoenix noch Half-Blood Prince haben mich sonderlich begeistern können. Ich bin allerdings ohnehin kein großer Fan des Töpferjungen, gleich in welcher Inkarnation er mir bisher begegnet ist. Was Tarzan betrifft, so geht seit letzter Woche außerdem das Gerücht um, Jessica Chastain – die wir momentan in Kathryn Bigelows Zero Dark Thirty "bewundern" können {wenn wir es über uns bringen, für diesen Streifen Geld auszugeben – was auf mich nicht zutrifft} – werde die Rolle der Jane übernehmen. Für den Part des Lianenschwinger selbst ist anscheinend vor allem Alexander Skarsgård (True Blood) im Gespräch.
Soweit die Fakten und Gerüchte, nun zur sehr viel grundsätzlicheren Frage: Ist eine filmische Neuauflage von Edgar Rice Burroughs' berühmtestem Helden überhaupt wünschenswert?
Da ich mich weder betreffs der literarischen noch der filmischen Verkörperungen des Herrn des Dschungels als sonderlich bewandert bezeichnen kann, maße ich mir keine ausreichende Autorität zur Beantwortung dieser Frage an. Die alten Johnny Weissmüller - Flicks wecken in mir allerdings nostalgische Kindheitserinnerungen – offenbar wurden sie früher öfters mal im Fernsehen gezeigt. Und auch wenn mir klar ist, dass ERBs Romane eine Menge kolonialistischen und rassistischen Gedankenguts enthalten {verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf einen sehr lesenswerten Artikel von Freund Anubis auf Lake Hermanstadt}, kann ich doch nicht behaupten, dass ich einer Rückkehr in das naiv-pulpig-abenteuerliche Afrika Tarzans gänzlich abgeneigt wäre. Etwas mulmig wird mir allerdings zumute, wennn ich Ryan Harveys Zusammenfassung des geplanten Plots lese:
Apparently it will be Tarzan: On Her Majesty’s Secret Service. Thankfully, someone at Warner Bros. realized that audiences are sick of origin stories, and since we all know the deal with Tarzan, they are skipping the front material and hopping right into espionage adventure. The story from writers John August, Cormac and Marianne Wibberley, and Adam Cozad has Tarzan already living among civilization. He returns to his birthplace of Africa on an assignment from Queen Victoria to enter the Congo and investigate the vile doings of a warlord. The Ape Man teams up with Samuel L. Jackson, and hopefully the full-blooded ERB Tarzan — who kills jungle warmongers real good — gets into some savage simian fury. The storyline sounds like it borrows elements from two early ERB novels, The Return of Tarzan (Tarzan as world-traveling adventurer) and Tarzan the Untamed (a violent colonial war tale). It sounds like a story Burroughs might have written in the ‘teen, and it means seeing a Tarzan adept at both city and wilderness life, no doubt kicking butt in both.
Statt der Vorfreude auf farbenprächtige Pulp-Geschichten alten Stils kommen mir da recht unangenehme Assoziationen zu sehr aktuellen politischen Entwicklungen. Insbesondere bei der Nennung des Wörtchens "Warlord" schwant mir Übles, spielt selbiges doch eine zentrale Rolle bei der propagandistischen Rechtfertigung der neokolonialen Kriege, die in immer kürzeren Abständen von den Großmächten gestartet werden. Und spätestens der vor drei Monaten begonnene Krieg im Mali, an dem neben Frankreich und den USA auch Deutschland beteiligt ist, hat gezeigt, dass Afrika dabei erneut zu einem der zentralen Schlachtfelder geworden ist. Statt neckischer Abenteuer mit Elefanten, Schimpansen und schurkischen Großwildjägern, könnte der neue Tarzan also zum Vehikel für die Ideologie des "humanitären Imperialismus" werden, der die hilflosen "Eingeborenen" vor "Warlords", Terroristen oder anderen Bösewichtern beschützt. Und so einen Film möchte ich nicht sehen. Dann doch lieber Cheetah und der gute alte Johnny Weissmüller ... 

  

2 Kommentare:

  1. Die Story, wie Harvey sie zusammenfasst, kann sich durchaus auf ERBs Romane berufen, in denen Tarzan gelegentlich als eine Art Proto-Bond-Figur auftritt: Mondäner Gentleman, der um die Welt reist und fast im Alleingang alle möglichen Schurken erledigt. Man sollte nicht vergessen, dass das Tarzanbild, das einen ausschließlich im Dschungel lebenden, gebrochenes Englisch sprechenden Rousseauschen Wilden zeigt, hauptsächlich auf die Filme mit Johnny Weissmüller zurückgeht. Im Fortgang von ERBs Romanen residiert Tarzan dagegen (zwischen seinen obligatorischen Dschungelaufenthalten) in quasi monarchischer Manier auf einer riesigen Farm in Britisch-Ostafrika, von wo aus er Reisen unternimmt, Gäste unterhält und über seine einheimischen Untertanen Recht spricht. Es heißt, dass die Richtung, die das Original-Filmfranchise nach der Weissmüller- und der Barker-Ära einschlug, diesem Aspekt von ERBs Tarzan stärker Rechnung trägt – bestätigen kann ich es nicht, da ich die entsprechenden Filme nicht gesehen habe.

    Sofern der geplante Film eine neokoloniale Attitüde einnimmt (wie du wohl zu Recht befürchtest), kann sich übrigens auch das auf ERBs Romane berufen, in denen das Beschützen hilfloser »Eingeborener« (vor arabischen Sklavenhändlern, vor deutschen Truppen im 1. Weltkrieg) mehrfach thematisiert wird, und zwar besonders in den beiden Bänden, die Harvey als mögliche Vorbilder für den kommenden Film nennt: The Return of Tarzan und Tarzan the Untamed.

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  2. Dass es in ERBs Romanen genug gibt, woran man da anknüpfen kann, war mir spätestens nach der Lektüre deines Artikels klar. Witzig eigentlich, dass man sich hier einmal etwas weniger Quellentreue wünschen würde, was sonst ja nicht so häufig vorkommt ...

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