"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Sonntag, 3. März 2013

Zu Arthur Machens 150. Geburtstag

Of living creators of cosmic fear raised to its most artistic pitch, few if any can hope to equal the versatile Arthur Machen; author of some dozen tales long and short, in which the elements of hidden horror and brooding fright attain an almost incomparable substance and realistic acuteness.
So beginnt der Abschnitt über Arthur Machen in H.P. Lovecrafts berühmtem Essay Supernatural Horror in Literature.
Ich habe keine Ahnung, wie bekannt oder unbekannt der walisisch-englische Altmeister der Phantastik, dessen einhundertfünfzigsten Geburtstag wir heute feiern können, dem lesenden Publikum hierzulande ist. In den 90er Jahren erschienen viele seiner wichtigsten Erzählungen und Romane bei Piper, doch seitdem scheint sich kein deutscher Verlag mehr um ihn bemüht zu haben. Auf jedenfall wäre es sehr schade, wenn sein Name in Vergessenheit geraten sein sollte.

Arthur Machen wurde am 3. März 1863 als Sohn eines Pastors in Caerleon (Gwent/ Monmouthshire) geboren und wuchs dort auf. Obwohl er in seinem späteren Leben nur noch sehr selten einmal nach Wales zurückkehrte, hinterließen die raue Schönheit der Landschaft sowie die keltischen Mythen und römischen Altertümer seiner Heimat einen tiefen und bleibenden Eindruck auf ihn.
Da ein Universitätsbesuch aus finanziellen Gründen nicht in Frage kam, ging er schließlich nach London, wo er nach dem Willen seiner Familie Mediziner oder Journalist werden sollte. Doch statt eine bürgerliche Karriere einzuschlagen, wurde Machen schnell heimisch in den Kreisen der Bohème, wo er nicht nur seine erste Frau – die unkonventionelle Amy Hogg –, sondern auch den bekannten Okkultisten A.E. Waite und den Schriftsteller M.P. Shiel kennenlernte. Zu seinen ersten literarischen Arbeiten gehörten u.a. ein langes Gedicht über die Eleusinischen Mysterien sowie Übersetzungen des Heptameron der Margarete von Navarra und der Memoiren Casanovas. Um 1890 begann er Geschichten mit einem phantastischen und "gotischen" Flair zu veröffentlichen, von denen eine schließlich zur Grundlage für seinen ersten großen Roman wurde: The Great God Pan (1894). Das Buch wurde ein Erfolg und zugleich aufgrund seines sexuellen und dekadenten Charakters ein Skandal. Innerhalb des nächsten Jahres folgten einige von Machens bekanntesten Horrorerzählungen: The Inmost Light, The Shining Pyramid, The Red Hand und der Episodenroman The Three Impostors, der u.a. The Novel of the Black Seal und The Novel of the White Powder enthält.
Mit diesen Werken war Machen zu einem der bekannteren Vertreter der englischen Décadence der 1890er Jahre avanciert. Doch wie für die meisten Vertreter dieser künstlerischen Strömung bedeutete auch für ihn der 1895 eröffnete Gerichtsprozess gegen Oscar Wilde eine jähe Zäsur. Im selben Jahr war außerdem Max Nordaus Polemik Entartung zum ersten Mal in englischer Sprache erschienen, und die bürgerliche Öffentlichkeit wandte sich auf einmal mit heftiger Feindseligkeit gegen Symbolisten und Décadents, die als amoralisch und krankhaft beschimpft wurden.
Die nächsten sechs Jahre dürften der schwierigste Abschnitt in Machens Leben gewesen sein. Er veröffentlichte nichts mehr, sondern lebte von den allmählich zusammenschmelzenden Überresten einer bescheidenen Erbschaft. Der tragische Tod Amys  1899 warf ihn endgültig aus der Bahn. Möglicherweise hätte er sich nicht wieder gefangen, wäre da nicht die Hilfe einiger treuer Freunde gewesen, allen voran A.E. Waites, der ihn auch in den Hermetic Order of the Golden Dawn einführte – jene berühmt-berüchtigte mystizistische "Geheimgesellschaft", zu deren Mitgliedern u.a. William Butler Yeats, Algernon Blackwood und Aleister Crowley gehörten. Zwei Jahre später trat Machen einer Schauspieltruppe bei und 1903 heiratete er wieder.
In diesen dunklen Jahren verfasste Machen einige seiner größten Werke: Den Roman The Hill of Dreams, eine Reihe von Prosagedichten unter dem Titel Ornaments in Jade, die phantastischen Erzählungen The White People und A Fragment of Life sowie seine ästhetische Abhandlung Hieroglyphics.

Arthur Machens literarische Entwicklung besitzt bei näherer Betrachtung eine erstaunliche innere Folgerichtigkeit. Viele seiner Werke von 1894/95 legen beredtes Zeugnis seiner Faszination für die keltische und römische Antike ab. Dabei erscheint die heidnische Vergangenheit in den meisten Fällen allerdings als eine zugleich unheimliche und auf ungesunde Weise faszinierende Welt, die auf beunruhigende Art in die christlich-bürgerliche Gegenwart einbricht.
In The Shining Pyramid, The Red Arrow und The Novel of the Black Seal begegnen wir Machens eigenwilliger Interpretation der walisischenn Feenmythen, in der sich das "Kleine Volk" als die degenerierte Nachkommenschaft der vor Jahrhunderten unter die Erdeoberfläche vertriebenen vorkeltischen Bewohner Britanniens entpuppt. Den Einfluss, den diese Geschichten auf H.P. Lovecraft ausübten und der sich insbesondere in seiner Erzählung The Whisperer in Darkness zeigt, habe ich hier vor einiger Zeit bereits einmal angesprochen. Doch nicht nur er, auch sein Freund Robert E. Howard ließ sich von ihnen inspirieren, was sich am deutlichsten in dessen Cthulhu-Mythos-Story The Black Stone und in Worms of the Earth, dem beeindruckendsten Teil des Zyklus um den Piktenkönig Bran Mak Morn, erkennen lässt.
In The Great God Pan wiederum ist das Bild der Antike verbunden mit den bedrohlichen Kräften einer entfesselten (weiblichen) Sexualität. Wie kein anderes mir bekanntes Werk spiegelt der Roman die tiefe Furcht der viktorianischen Gesellschaft vor Sinnlichkeit, Leidenschaft und Sex wider.
In den besten dieser Geschichten, zu denen ich neben den genannten auch The Inmost Light zählen würde, beweist Machen seine Meisterschaft, wenn es darum geht, auf verstörende Weise das Bild einer Welt zu zeichnen, hinter deren scheinbar so geordneter und wohlbekannter Oberfläche sich düstere und zutiefst verdorbene Mächte verbergen. Die Beziehung zum lovecraftianischen Horror späterer Jahrzehnte ist augenfällig. Ebenso deutlich ist jedoch auch der Unterschied. Die kosmischen Schrecken des Gentlemans von Providence stehen jenseits von Gut und Böse. Der Begriff des "Verdorbenen" ließe sich auf sie schwerlich anwenden, da es in Lovecrafts Universum keine gottgegebene moralische Ordnung gibt, gegen die sich die in den Großen Alten verkörperten Mächte von Verfall und Zerstörung "versündigen" könnten. Anders bei Machen. Selbst in seinen "dekadenten" Werken, die ohne Zweifel einen Affront gegen den "guten Geschmack" der protestantisch-bürgerlichen Gesellschaft des damaligen England darstellten, ist der religiöse Grundton nicht zu überhören.
Sein meiner Ansicht nach bedeutendstes Werk The White People, über das ich mich vor geraumer Zeit hier bereits einmal ausführlich ausgelassen habe, entstand zwar erst 1899, wirkt jedoch wie die letzte und reife Frucht dieser ersten Periode in Machens Schaffen.

Von dieser meisterlichen Erzählung einmal abgesehen, stellen die in den dunklen Jahren 1896-99 entstandenen Werke den Übergang zu einer deutlich anderen Form der Phantastik dar. Man bekommt das Gefühl, als habe Machen versucht, die Lehren aus dem "Scheitern" der Décadence zu ziehen. Dabei vollzieht er allerdings keinen radikalen Bruch mit dem Alten, sondern setzt bloß in anderer Form und mit sehr viel klarer akzentuierter Stoßrichtung sein ursprüngliches Anliegen fort. Was ich damit meine, lässt sich am leichtesten anhand seiner ästhetischen Abhandlung Hieroglyphics. A note upon ecstasy in literature darlegen.

Was bei der Lektüre dieses Büchleins zuerst auffällt, ist, dass die Werke der Décadence so gut wie keine Erwähnung in ihm finden. Das gilt vor allem für die großen französischen Autoren. Man bekommt beinahe den Eindruck, als habe Machen Baudelaire, Huysmans, Mallarmé, Rimbaud, Verlaine und Villiers de L’Isle-Adam überhaupt nicht gekannt, was allerdings unwahrscheinlich ist, da Ornaments in Jade ohne das Vorbild der französischen Symbolisten kaum denkbar wäre. Dennoch straft der Autor von Hieroglyphics die französische Literatur, als deren einziger Vertreter Gustave Flaubert genannt wird, mit tiefster Verachtung. Dieser mit einem unangenehmen britischen Chauvinismus gepaarte Provinzialismus verleiht den Hieroglyphics einen starken Anhauch von Spießigkeit, der die universalen Ansprüche ihres Verfassers von vornherein fragwürdig erscheinen lässt.
Mit der Selbstherrlichkeit eines Propheten nämlich teilt Machen das Büchervolk in Böcke und Schafe, in ‘Lesestoff’ und ‘Literatur’. Der Unterschied ist grundsätzlicher Natur. Wahre Literatur zeichne sich dadurch aus, dass sie den Leser in einen Zustand der Ekstase versetze; ein quasi-mystisches Erlebnis, das er auch als "rapture, beauty, adoration, wonder, awe, mystery, sense of the unknown, desire for the unknown" umschreibt, und das den Menschen aus seinem Alltagsleben herausreißen und seine Sehnsucht nach dem Jenseitigen wecken soll. Die realistische Wiedergabe der sozialen Wirklichkeit dürfe ganz ausdrücklich nicht das Ziel des Schriftstellers sein. Bücher wie Thackerays Vanity Fair oder die Romane George Eliots und Jane Austens seien darum auch gar keine Kunst, sondern bloß mehr oder weniger amüsanter ‘Lesestoff’.
Man darf Machen nicht missverstehen. Es geht ihm nicht darum, einer offen religiösen oder allegorischen Dichtung das Wort zu reden. Dickens’ Pickwick Papers kommen seinem Ideal sehr viel näher als Bunyans Pilgrim’s Progress. Wahre Kunst besteht für ihn in "the shaping for us of ecstasy by means of symbols". Die ‘Fakten’ einer Erzählung stehen dann nicht für sich selbst, sondern verweisen auf eine höhere Realität, die in Worten überhaupt nicht ausgedrückt, deren Existenz nur mittels Symbolen angedeutet werden kann. Ganz gleich übrigens, ob der Autor dies beabsichtigt hat oder nicht. So war sich Dickens selbstverständlich nicht bewusst, dass er mit der Beschreibung von Mr. Pickwicks Hang zu Whiskey und Punsch Machens Ansicht nach auf eine ganz andere, ‘dionysische’ Form des Rausches hingedeutet hatte. Die Literatur erhält dadurch einen nachgerade okkulten Charakter. Ihre wahre Bedeutung erschließt sich nur dem Eingeweihten, und das sei auch gut so, denn "the high truth [...] is not fit for vulgar ears. The secret places of the human nature are not heedlessly to be exposed to the uninitiated, who would merely profane this occult knowledge if they had it."
Das größte Ziel aller wahren Literatur bestehe im Heraufbeschwören eines Gefühls der ‘Fremdartigkeit’. Sie soll uns aus der Alltagswirklichkeit entführen und die Sehnsucht nach dem Unbekannten in uns schüren, nach den ‘Ländern jenseits des Ostens’, nach Atlantis und Avalon. Dieses Ziel sieht Machen ebenso verwirklicht in den Irrfahrten des Odysseus und den Aventiuren der Artusritter wie in den Streifzügen Mr. Pickwicks und in Huckleberry Finns Fahrt auf dem Mississipi.
Wie insbesondere der Roman The Hill of Dreams, der in vielfacher Hinsicht eng mit Hieroglyphics verwandt ist, sehr deutlich zeigt, wurzelte diese Sehnsucht nach dem Fremden und Phantastischen bei Machen im Widerwillen gegen eine kleinbürgerliche, vulgäre, heuchlerische, intolerante und grausame Gesellschaft. Es ist die selbstzufriedene Gentry der nach dem Vorbild seiner Heimat Caerleon gezeichneten Kleinstadt Caerman, die den sensiblen und exzentrischen Lucian, den Helden des Romans, verspottet und quält. Das nur zu verständliche Verlangen, diesem Milieu zu entkommen, verwandelt sich bei dem Autor jedoch in ein mystisches Streben, die Grenzen der Wirklichkeit zu überschreiten und Zuflucht in den Sphären des Göttlichen zu finden. Er lässt keinen Zweifel daran, dass seine Ästhetik Teil einer religiösen Weltanschauung ist:
[E]cstasy is at once the most exquisite of emotions and a whole philosophy of life. And it is to the philosophy of life that we are brought, in the last resort. You know that there are, speaking very generally, two solutions of existence; one is the materialistic or rationalistic, the other, the spiritual or mystic. If the former were true, then Keats would be a queer kind of madman, and the Morte d'Arthur would be an elaborate symptom of insanity; if the latter is true, then Pride and Prejudice is not fine literature, and the works of George Eliot are the works of a superior insect – and nothing more.
Ganz gleich, was der reale Inhalt eines Kunstwerks sein mag, wenn es sich bei ihm um ‘wahre Kunst’ handelt, so ist es für Machen eine Art Gottesdienst: "[T]o us, initiated, the Symbol will be offered, and we shall take the Sign and adore, beneath the outward and perhaps unlovely accidents, the very Presence and eternal indwelling of God."
Der Gegner ist dementsprechend auch nicht die bürgerliche Gesellschaftsordnung, sondern der Rationalismus und Materialismus – mit anderen Worten: die Aufklärung und ihre Erben. Hieroglyphics gipfelt folgerichtig in einer plumpen Polemik gegen Wissenschaft und Vernunft, bei deren Lektüre man sehnsuchtsvoll an Chesterton denken muss, der dergleichen wenigstens noch witzig und geistreich vorzutragen verstand.
Nun waren Empirismus, Positivismus und Utilitarismus stets die Philosophie des bürgerlichen England gewesen. Insofern ist Machens mystizistische Revolte, seine Verteufelung von Francis Bacon und allem, was dieser verkörperte, nicht ganz unverständlich. Aber wie alle Romantiker, die sich aus Abscheu vor der modernen Welt vorbürgerlichen Denk- und Lebensformen zuwenden, statt die Errungenschaften der Bourgeoisie über die Grenzen ihrer eigenen Ordnung hinauszutreiben, wird auch Machen damit zum Fürsprecher der konservativsten Kreise seiner Zeit. Er selbst lässt keinen Zweifel an der politischen Dimension seiner Überzeugungen:
I mean that the premiss which enables me to declare Keats to be a poet and Pope not to be a poet does really enable me to pronounce democracy to be a bad system in theory, and the premiss baldly stated is simply this: that logic does not cover life, or in other words, that life cannot be judged by the rules of logic, of common sense.
Der arme Alexander Pope war schon immer der bevorzugte Prügelknabe der Romantiker gewesen, und dass Machen ihn aus dem Tempel der Dichtkunst verbannt, ist deshalb nicht weiter verwunderlich. Aber Keats wäre ganz sicher empört und verwirrt gewesen, hätte man ihm erzählt, dass irgendjemand sein poetisches Genie als Argument gegen die Demokratie ins Feld führen würde.

Man wird die dekadente Phantastik des frühen Machen nur schwer mit dem in Hieroglyphics verkündeten ästhetischen Programm in Einklang bringen können. Das Groteske und Fremdartige ist zwar reichlich vorhanden, aber nirgends lässt sich etwas von "the very Presence and eternal indwelling of God." spüren.
Dennoch stellten auch diese Geschichten eine Art Rebellion gegen die spießbürgerliche Gesellschaft dar und enthielten, wie bereits gesagt, ein religiös-moralisches Element. Was sich nach den dunklen Jahren änderte war, dass Machen das "ungesund" Dekadente (sprich interessante) aus seiner Literatur verbannte und stattdessen den reaktionären, antimaterialistischen, antirationalistischen Impuls, der seiner Weltanschauung schon immer zu eigen gewesen war, überdeutlich hervorhob. Sei es, dass er in The Secret Glory einen Schuljungen auf die Suche nach dem Heiligen Gral schickte, in The Bowmen anlässlich des gerade ausgebrochenen Weltkriegs ein patriotisches Wundermärchen erfand oder in The Terror schilderte, wie sich die Tiere gegen die Menschheit wenden, weil diese mit ihrer Hinwendung zu Wissenschaft und Materialismus ihr gottgebenes Geburtsrecht der Herrschaft über die Natur ("Macht euch die Erde untertan") verwirkt hat.
Das war in gewisser Weise konsequent, für Machens Entwicklung als Schriftsteller jedoch nicht unbedingt von positiver Wirkung. Es versteht sich beinah von selbst, dass alles, was er nach den dunklen Jahren geschrieben hat, von sehr viel geringerem künstlerischem Interesse ist als seine zwischen 1894 und 1900 entstandenen Werke. Da hilft es auch nur wenig, dass The Terror möglicherweise die Inspiration für Daphne du Mauriers Erzählung The Birds gewesen ist, auf der wiederum Alfred Hitchcocks berühmter Film basiert.
Mit seinen frühen Werken jedoch hat der Autor sich ohne Zweifel einen Ehrenplatz in den Annalen der Phantastik verdient. Mag sein antimoderner Mystizismus ihn später auch in wenig erbauliche Gefilde geführt haben, nichts davon kann die verstörende Faszination von The Great God Pan, The Shining Pyramid, The Novel of the Black Seal, The Inmost Light  und The White People oder die eigenwillige Romantik von The Hill of Dreams zerstören.


PS: Wie mir der in solchen Fragen über ein wahrhaft enzyklopädisches Wissen verfügende Mr. Jim Moon bestätigt hat, scheint es so gut wie keine Filmadaptionen von Machens Werken zu geben. Warum???

6 Kommentare:

  1. Hey, das finde ich ja klasse, dass du an Machen gedacht hast. Ich wollte ihm eigentlich anlässlich seines 150. Geburtstags in unserem Blog eine Würdigung zukommen lassen - die weit weniger ausführlich und in die Tiefe gehend ausgefallen wäre -, aber das hat leider aus einer Reihe von Gründen nicht geklappt. Umso mehr freut es mich, dass der olle Arthur Llewellyn Jones in Deutschland doch nicht gänzlich vergessen ist.

    Schöne Würdigung, übrigens. Und ich stimme dir in fast allem zu.

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    1. Danke, ich fühle mich geschmeichelt! :) Der gute Machen gehört nach wie vor zu meinen Lieblingen unter den "Klassikern". "The White People" ist wirklich eine der verstörendsten und unheimlichsten Geschichten, die ich je gelesen habe - bereitet mir immer noch eine Gänsehaut.

      Es hätte mich schon interessiert, was du so über den alten Waliser geschrieben hättest. Und übrigens: Ich erwarte nicht, dass man immer einer Meinung mit mir ist. Bin das ja selbst manchmal nicht ...

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  2. Hallo Raskolnik, ich denke, wir unterscheiden uns in unserer Wahrnehmung und Bewertung von Machens Oeuvre gar nicht sonderlich (auch wenn "The Terror" aufgrund seiner Atmosphäre bei mir nicht ganz so schlecht wegkommt wie bei dir); von daher wäre mein Text tendenziell in eine ähnliche Richtung gegangen, auch wenn er aus Zeit- und Umfangsgründen wesentlich kürzer und oberflächlicher ausgefallen wäre. Oder, anders ausgedrückt: bei den Jubitexten (deren Auswahl eh ein bisschen ... äh ... eigenwillig ist ;-)) konzentriere ich mich meistens auf das (relevante) Werk und weniger auf den Verfasser, weil die Texte auch nicht zu lang werden sollen. Eine etwas tiefergehende Auseinandersetzung mit Autor & Werk wäre dann in einem Portrait angesagt, aber um die zu schreiben, die ich eigentlich schon längst gerne geschrieben haben wollte, fehlen mir momentan schlicht Zeit und Muße. Und so hätte ich vermutlich nach ein, zwei Sätzen zum Autor nur die relevanten Romane und Geschichten aufgezählt und mit ein paar kurzen Anmerkungen beleuchtet und wäre dann vielleicht noch auf Machens Wirkung eingegangen bzw. hätte den einen oder anderen Autor genannt, der nachweislich von ihm beeinflusst wurde. So gesehen ist deine Würdigung sicher der bessere, weil wesentlich tiefergehende Text - mal ganz davon abgesehen, dass ich meinen nicht auf die Reihe gekriegt habe. ;-) (Das Problem an der ganzen Sache - jetzt mal auf meine Jubitexte bezogen - ist u.a., dass ich immer versuche, mich wieder kurz in das entsprechende Oeuvre einzulesen, denn viele Romane und Geschichten, um die es in den Jubitexten geht, habe ich vor vielen Jahren gelesen, und ich möchte zumindest ansatzweise erkennen, ob meine Erinnerungen dem Test der Zeit noch einigermaßen standhalten. Und dann bleibt halt immer mal wieder ein Autor oder eine Autorin auf der Strecke, weil ich es zeitlich nicht hinkriege; der Letzte, den dieses bedauerliche Schicksal ereilt hat, war Theodore Sturgeon, der zwar mehr SF- und "Horror"-Autor als Fantasy-Autor war, dessen humanistischen Ansatz und erzählerische Fähigkeiten ich aber sehr schätze, und der mMn auch zu Unrecht fast vollkommen in Vergessenheit geraten ist.)

    Stichwort "The White People": kennst du eigentlich T.E.D. Kleins "The Ceremonies"? In dem Roman wird explizit auf Machen und besagte Geschichte Bezug genommen (nicht nur auf sie, denn der Erzähler liest und reagiert auf die Werke einer ganzen Reihe von Gothic-Autoren und -Autorinnen von Robert Charles Maturin bis Shirley Jackson), und mMn kommt er auch atmosphärisch Machens Meisterwerk zumindest manchmal sehr nah.

    Ach ja - mit mir einer Meinung bin ich auch nicht immer. Oder sagen wir, ich habe deutlich mehr Fragen als Antworten ... ;-)

    Beste Grüße
    Gerd

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    1. Hallo Gerd!

      Na das ist aber mal eine ausführliche Antwort - Danke! :)

      Ja, mit "The Terror" bin ich vielleicht wirklich etwas unfair umgesprungen. Es ist schon etliche Jahre her, dass ich den Roman gelesen habe, und zugegebenermaßen bin ich meist nicht so gewissenhaft wie du und habe meine Erinnerung deshalb nicht noch einmal aufgefrischt. Damals hat die Geschichte jedenfalls keinen tieferen Eindruck auf mich hinterlassen Es kann aber auch sein, dass mich der "philosophische" Grundgedanke so sehr geärgert hat, dass ich die erzählerische Qualität nicht recht wahrgenommen habe. Inzwischen bemühe ich mich, eine Geschichte nicht in erster Linie nach weltanschaulichen Gesichtspunkten zu beurteilen (außer es kommt so knüppeldick wie in C.S.Lewis' "That Hideous Strength"). Vielleicht sollte ich dem Buch mal eine zweite Chance geben.

      Nein, "The Ceremonies" war mir bisher nicht bekannt. Vielen Dank für den Tip! Das klingt ja recht verführerisch. Da sollte ich mich wohl bei Gelegenheit mal auf die Suche begeben.

      Und ja, Theodore Sturgeon hätte eine kleine Renaissance wirklich verdient!

      Alles Gute
      Peter

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  3. Je, nu ... manchmal habe ich meine schwafeligen zehn Minuten ... ;-)

    Das mit dem "mich wieder einlesen" will ich übrigens nicht zu hoch hängen. Ich lese ein bisschen hier und da rein, überfliege ein paar Dutzend Seiten eines Romans oder eine Geschichte - und dann macht's entweder "klick" oder nicht. Im ersten Fall kommen zumindest Erinnerungen an die Atmosphäre, den Stil, das Tempo und das Gefühl, das ich früher beim Lesen hatte, zurück, und auf der Basis schreibe ich dann meine Texte (weswegen es da auch eher selten in die Details geht, denn die habe ich meistens wirklich nicht mehr präsent, und die kommen halt auch als Erinnerung nur sehr punktuell zurück). Im zweiten Fall wird's dann meistens nichts mit einem Geburtstagstext, weil mir nicht viel einfällt, was ich schreiben könnte. (Das ist letzten Monat bei Diana L. Paxson passiert; ich weiß, dass ich zumindest ihre ersten beiden Westria-Romane und ihre beiden Einzelromane gelesen habe, aber ... ich habe in die Sachen reingeschaut, und es sind keinerlei Erinnerungen aufgestiegen, außer dem vagen Gefühl, dass Westria wie ein schwacher Darkover-Abklatsch im postapokalyptischen Kalifornien wirkt. Und das war mir als Basis dann doch zu wenig.)

    Was die Kritik nach weltanschaulichen Gesichtspunkten angeht, bin ich ein gebranntes Kind. Ich habe mich in den 70ern und 80ern furchtbar geärgert, dass in Deutschland keine kritische Auseinandersetzung mit SF, Fantasy & Horror stattgefunden hat bzw. dass sie auf eine rein ideologiekritische Herangehensweise reduziert wurde. (Wobei ich zugeben würde, dass natürlich auch in dieser Art von Kritik interessante Dinge zum Vorschein kamen und ich sehr wohl manche Bücher und Geschichten danach aus einem neuen / anderen Blickwinkel betrachtet habe - auch wenn sich meine grundsätzliche Meinung dadurch nicht geändert hat.) Von daher versuche ich, irgendwelche weltanschaulichen Gesichtspunkte zunächst mal außen vor zu lassen, wenn ich einen Roman / eine Geschichte lese. Andererseits haben sich Autoren wie Orson Scott Card oder John C. Wright (die ich beide in der Anfangszeit ihrer Karriere gerne gelesen habe) gerade aufgrund weltanschaulicher Gesichtspunkte von meiner Leseliste katapultiert. Wie du sieht, bin ich mit mir auch nicht immer einer Meinung. ;-)

    Okay, versuchen wir, die Kurve zurück zu kriegen. Mir hat "The Terror" damals vor allem aufgrund seiner Atmosphäre gefallen, und als ich vorletzte Woche in "Furcht und Schrecken" (sprich: die deutsche Ausgabe) reingeschaut habe, habe ich diese Atmosphäre wieder gespürt. Ob der ganze Roman dem test of time standhalten würde, vermag ich aber nicht zu sagen.

    "The Ceremonies" ist mMn wirklich einer der wenigen großartigen modernen Horrorromane (wobei ich zugeben muss, dass Horror - vor allem moderner Horror - generell nicht so mein Ding ist), und die Tatsache, dass Klein danach kaum noch etwas geschrieben hat bzw. dass sein Oeuvre aus diesem Roman und allenfalls einem Dutzend Erzählungen besteht, finde ich wirklich bedauerlich. "The Ceremonies" gibt's auch als Übersetzung ("MorgenGrauen"), ebenso wie die Kurzgeschichtensammlung "Dark Gods" (als "Verschwörung der Götter"). Zur Qualität der Übersetzungen kann ich nichts sagen, habe aber die KGn auf Deutsch gelesen, und sie haben mir gut gefallen. Ist halt jeweils eher "leiser" Horror und ganz weit weg von den splatternden Trash-Schreibern à la Laymon & Co.

    So. Schon wieder die Pause verschwafelt. Aber so what ...

    Beste Grüße
    Gerd

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  4. Hallo Gerd

    Schon klar, dass du dich nicht jedesmal wieder in das ganze Oeuvre einlesen kannst. Schließlich muss man neben dem fröhlichen Blog-Schreiben ja auch noch irgendwie sein Geld verdienen ...
    Von Diana L. Paxson habe ich außer der einen oder anderen Kurzgeschichte glaube ich nie etwas gelesen, und da ich kein großer Fan der ganzen MZB-Tradition bin (soweit ich sie kenne, ich habe da nicht wirklich viel von konsumiert) wird es vermutlich auch in Zukunft dabei bleiben.
    Was die Sache mit der Weltanschauung angeht: Ich kritisiere ja selbst ständig Filme & Bücher von einer weltanschaulichen Perspektive aus. Ich möchte dies bloß nicht zum ersten und einzig wichtigen Kriterium machen. Zumal mir insbesondere bei meinen Streifzügen durch das amerikanische Netz immer häufiger eine Art der Kritik untergekommen ist, die sich fast ausschließlich auf solche Punkte beschränkt und die ich von Mal zu Mal nerviger und bornierter finde. Ich denke, dabei handelt es sich um dasselbe, was du als "rein ideologiekritische Herangehensweise" beschreibst.
    Andererseits: Von Orson Scott Card & John C. Wright werde auch ich mir vermutlich nie wieder was besorgen.
    Apropos Horror: Zumindest im literarischen Bereich beschränkt sich meine Liebe da so gut wie ausschließlich auf die "Klassiker" (von Edgar Allan Poe bis H.P. Lovecraft ... nicht viel weiter). Nach Klein sollte ich jedoch unbedingt mal Ausschau halten!

    Alles Gute
    Peter

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