"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Sonntag, 22. Dezember 2013

4. Advent: "The Blue Carbuncle"

Diesmal möchte ich meine Leserinnen und Leser zu einem kleinen Abstecher in die Baker Street 221B einladen, wo wir miterleben dürfen, wie der große Sherlock Holmes von einer herrenlosen Weihnachtsgans und einem ramponierten Filzhut ausgehend den Diebstahl eines äußerst kostbaren und blutbefleckten Juwels aufklärt.
The Adventure of the Blue Carbuncle aus Arthur Conan Doyles ersten Sammelband von Stories über den genialen Detektiv ist eine lupenreine Weihnachtserzählung. Die Geschichte spielt nicht nur zur Festzeit, sie ist auch von dem entsprechenden Geist erfüllt. Holmes ist niemand, dem man für gewöhnlich einen ausgesprägten Hang zur Sentimentalität vorwerfen könnte. Ganz im Gegenteil. Und auch dieser Fall stellt für ihn anfangs bloß eine weitere interessante Herausforderung für seinen überlegenen Intellekt dar. Am Ende jedoch erweist sich Holmes als erstaunlich weichherzig, wobei es ihm auch nichts ausmacht, dass er dabei das Gesetz bricht, denn: "I am not retained by the police to supply their deficiencies. [...] I suppose that I am commuting a felony, but it is just possible that I am saving a soul."
Die von Granada Television, der nordwestenglischen Unterabteilung von ITV, zwischen 1984 und '94 geschaffene Fernsehserie gilt als die bis heute werkgetreueste Adaption von Conan Doyles Geschichten.* Neben intelligenten Drehbüchern, überwiegend talentierten Darstellern & Darstellerinnen in den Nebenrollen sowie dem liebevoll gestalteten viktorianischen Setting, ist es vor allem der großartige Jeremy Brett, der ihr ihren ganz besonderen Glanz verleiht. Trotz einer nostalgischen Zuneigung zu Basil Rathbones Interpretation, sehe auch ich in Brett die definitive filmische Inkarnation des großen Detektivs. Niemand anderem ist es je auf so überzeugende Weise gelungen, Holmes' Persönlichkeit mit ihren Manierismen und Exzentrizitäten lebendig werden zu lassen. Gegen Ende der Serie freilich ist der rapide gesundheitliche Verfall des Schauspielers, der ein Jahr nach der Ausstrahlung von The Memoirs of Sherlock Holmes im September 1995 starb, nicht zu übersehen, was insbesondere der letzten Staffel eine tragische Note verleiht. Ein weiterer großer Pluspunkt ist, dass die Granada-Produktion den erst von David Burke und später von Edward Hardwicke gespielten Watson nicht länger als den tölpelhaften Sidekick darstellt, auf den die Rolle seit den Tagen von Nigel Bruce mehr oder weniger festgelegt war. Wie bei Conan Doyle erweist sich der gute Doktor vielmehr als intelligent und kompetent, auch wenn er selbstredend seinem genialen Freund nicht das Wasser reichen kann.
Die wenigen Veränderungen, die an der Story von The Blue Carbuncle vorgenommen wurden, verstärken noch deren weihnachtlichen Charakter. Genau das richtige also für unseren kleinen filmischen Adventskalender:



* Auch wenn sie zumindest in den späten Filmen und Episoden gleichfalls immer mal wieder recht gravierend von ihrer literarischen Vorlage abweicht.

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