"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Mittwoch, 14. August 2024

Let Me Tell You Of The Days Of High Adventure

Far Away & Never von Ramsey Campbell

Vor einigen Wochen beglückte mich der Besuch des Weinheimer Öffentlichen Bücherschrankes mit dem Fund des alten Goldmann - Fantasy - Bändchens Atlantis ist überall. 1981 veröffentlicht enthält dasselbe eine Auswahl von Geschichten, die ursprünglich 1977/78 in Andrew Offutts berühmter Sword & Sorcery - Anthologien - Reihe Swords Against Darkness erschienen waren. Neben nostalgischen Gefühlen* war es vor allem ein Grund, der mich nicht zögern ließ, zuzugreifen: Mit Die Schwingen des Grauens (The Pit of Wings) enthält der Band die meines Wissens einzige S&S - Story aus der Feder von Ramsey Campbell, die je ins Deutsche übertragen wurde.

Schon seit längerem hatte ich mich mit dem Gedanken getragen, einmal jene relativ kurze Periode in Campbells Karriere in Augenschein zu nehmen, als sich der britische Schriftsteller, der ja hauptsächlich als Horrorautor bekannt ist, nebenbei auch der Heroic Fantasy gewidmet hatte. 
 
DMR Books ist ein Verlag, der mit seinen "Classic Reprints" ganz allgemein viel Löbliches für Freund*innen von Pulp-Phantastik und Sword & Sorcery leistet. 2021 ist dort auch eine Neuauflage des erstmals 1996 bei Necronomicon Press erschienen Sammelbandes Far Away & Never veröffentlicht worden, der alle entsprechenden Stories von Campbell enthält -- zusätzlich erweitert um die Kurzgeschichte A Madness from the Vaults. Nachdem die Lektüre von Die Schwingen des Grauens mein Interesse erneut angefacht hatte, dauerte es nicht lang und ich schickte eine entsprechende Bestellung raus.
 
 
Bevor wir uns dem Inhalt zuwenden, möchte ich aber vorausschicken, dass ich aus eigener Leseerfahrung neben einigen Kurzgeschichten bloß drei von Campbells Romanen der 80er (Besessen/Obsession, Der hungrige Mond/The Hungry Moon und Unter Einfluss/The Influence) kenne. Und auch deren Lektüre liegt bereits etliche Jährchen zurück. Ich befinde mich also in keiner Position, um bestimmen zu können, wie seine Sword & Sorcery in sprachlich-stilistischer oder motivisch-inhaltlicher Hinsicht in sein Gesamtwerk einzuordnen ist. 
 
Ramsey Campbells Karriere als professioneller Schriftsteller begann 1962 mit der Veröffentlichung seiner Kurzgeschichte The Church in High Street in der Arkham House - Anthologie Dark Mind, Dark Heart. August Derleths Rolle in der Geschichte der Cthulhu Mythos - Literatur ist sicher aus einer Reihe von guten Gründen umstritten**, doch für den gerade einmal 15-16 Jahre alten Campbell erwies sich der Kontakt mit ihm als ausgesprochen positiv. Derleth ermunterte ihn, weiter an seinen Geschichten zu arbeiten, riet ihm u.a. zu einer erneuten Lektüre von M.R. James. um der Tendenz zu einem ausufernden Stil entgegenzuwirken, und drängte ihn außerdem dazu, seine cthulhuiden Erzählungen nicht länger im neuenglischen Lovecraft Country anzusiedeln, sondern stattdessen ein britisches Setting in einer ihm persönlich vertrauteteren Landschaft für sie zu kreieren, was zur Entstehung des Severn Valley um Brichester führte -- Campbells eigener "Mythos-Provinz". 1964 erschien bei Arkham House mit The Inhabitant of the Lake and Less Welcome Tenants dann der erste Sammelband mit Geschichten aus seiner Feder. Allesamt Lovecraft-Pastiches, doch enthält die titelgebende Erzählung kurioserweise auch den Kern, aus dem Campbells spätere Sword & Sorcery erwachsen sollte. Dort führt er nämlich u.a. sein eigenes Grimoire, die Revelations of Gaaki, ein und erwähnt dabei auch eine fremde Welt namens Tond. Das entsprechende "Zitat" aus der verbotenen Schrift lautet wie folgt:
Many are the horrors of Tond, the sphere which revolves about the green sun of Yifne and the dead star of Baalblo. Few come near to humanity, for even the ruling race of yarkdao have retractable ears in humanoid bodies. Their gods are many, and none dares interrupt the priests of Chig in their ritual, which lasts, three years and a quarter, or one puslt. Great cities of blue metal and black stone are built on Tond, and some yarkdao speak of a city of crystal in which things walk unlike anything living. Few men of our planet can see Tond, but those who know the secret of the crystallisers of Dreams may walk its surface unharmed, if the crystalliser's hungry guardian does not scent them.

Im Grunde war das natürlich bloß eine Variation auf Lovecrafts Yuggoth und andere Planeten des Mythos, und wie der Autor selbst sagt: "Neither the idea nor the paragraph was too inspired". Doch als Pat Kearney, der 1961 Campbells allererste Story The Tower From Yuggoth in seinem Fanzine Goudy veröffentlicht hatte, die Idee aufbrachte, dieser könne doch einen kurzen Abriss der Geschichte von Tond für das Magazin schreiben, stieß er damit eine folgenreiche Entwicklung an. Campbell hatte inwischen das Werk von Clark Ashton Smith für sich entdeckt und dabei eine besondere Liebe für The Abominations of Yondo entwickelt. Statt eine historische Skizze zu verfassen, beschloss er deshalb, Tond zum Schauplatz einer davon inspirierten Erzählung zu machen.
 
Die ursprüngliche Fassung von A Madness from the Vaults erschien im Oktober 1964 in der ersten und einzigen Ausgabe von Graham Halls Fanzine Doubt. Bei dem in Far Away & Never abgedruckten Text handelt es sich allerdings um eine überarbeitete Fassung, die Campbell 1972 für Meade & Penny Friersons HPL - A tribute to Howard Phillips Lovecraft  anfertigte. Und dort heißt es: "it has but 40 words left of the original and an entirely new direction and concept".*** 
 
Als Sword & Sorcery lässt sich die Story schwerlich bezeichnen, aber sie führt einige Ideen und Motive ein, auf die der Autor später zurückgreifen würde. Nun ist The Abominations of Yondo mehr Prosagedicht als Kurzgeschichte und lebt völlig von Clark Ashton Smiths barock-überbordendem, dekadentem Stil und der musikalischen Qualität seiner Sprache. Wie stark Campbell dies ursprünglich zu imitieren versucht hat, kann ich natürlich nicht sagen, doch in der vorliegenden Version hält er sich damit erfreulicherweise etwas zurück. Denn es ist nicht leicht, einen ähnlichen Effekt zu erzielen, und ein missglückter Versuch kann schnell zu einem schier unlesbaren Text führen. Und so präsentiert sich A Madness from the Vaults als eine in formaler Hinsicht deutlich konventionellere Erzählung, deren "Smith'scher" Charakter hauptsächlich in der Fremdartigkeit und Bizzarerie der geschilderten Welt sowie in der Figur des dekadenten Despoten Opojollac besteht. Als in dessen Hauptstadt Derd immer häufiger ein mysteriöses Monstrum den Untiefen eines uralten Labyrinths entsteigt, um in den Straßen sein mörderisches Unwesen zu treiben, und dabei dem Palastviertel von Mal zu Mal näher kommt, sieht sich der Tyrann schließlich zähneknirschend gezwungen, auf eine Queste zu gehen, um die "Globes of Hakkthu" um Rat zu fragen. Die nur angedeutete Beschreibung dieser gottgleichen Hüter und Beschützer von Tond ist dank deren grotesk-maschinenhafter Erscheinung der vielleicht eindrucksvollste Teil der Erzählung.
Within the restless cloud of sand, which loomed more mightily than his palace, he thought that he perceived the rolling of great rusted surfaces and heard a low unceasing rumble, like the musing of a metal colossus [...] Minutes of silence passed, so that Opojollac dared glance towards Hakkthu. Then he threw himself supine again, for he had glimpsed a gigantic rusted mouth yawning above him through the dust. For a moment only the dust whispered, and then a voice like the grinding of ponderous gears boomed out above Opojollac.
Hakkthu (manchmal auch die "Globes of Hakkthu") tauchen als Anrufung in späteren Geschichten immer wieder auf. Erfüllen dort aber eher die Funktion von Crom im Conans wohlbekanntem "By Crom!". Auf ihr eigentliches Wesen wird nie wieder eingegangen. Ebensowenig auf die ausdrückliche Verknüpfung mit dem Cthulhu-Mythos. die in A Madness from the Vaults durch die Figur des Azathoth gegeben ist.
Weit wichtiger ist allerdings ist, dass hier zum ersten Mal von der Macht die Rede ist, die Namen und Worte auf Tond besitzen. Denn dies ist sicher eines der originellsten Motive von Campbells Sword & Sorcery.                                            
In Derd the names of the newborn were no longer the outcome of a day-long christening ritual but were subject to the whim of Opojollac, who thus ensured that none could boast a name so sonorous as his and by that token hold sway over his city. Certain words, phrases, and syntactical modes were the property of Pojollac alone, for on Tond language is power.
Als Ramsey Campbell mit der in der Novembernummer 1974 von Whispers veröffentlichten Geschichte The Stages of the God nach Tond zurückkehrte, entschied er sich dazu, seine Figuren nicht länger als Vertreter des nichtmenschlichen Volkes der yarkdao auftreten zu lassen: "The excuse for this transformation, I fear, is sloth. I couldn't imagine my way inside my characters unless I regarded them as human."
Nichtsdestotrotz erinnert mich auch diese Erzählung immer noch stark an die Phantastik eines Clark Ashton Smith oder eines Jack Vance. Der Protagonist ist erneut ein König, wenn auch nicht länger vom Typus des grotesk gezeichneten Despoten. Als Topops von dem intriganten Aufsteiger Lamboan und seinen Verbündeten gestürzt wird, muss er ins Exil gehen. Doch der Thronräuber denkt gar nicht daran, sich an die zwischen den beiden getroffene Übereinkunft zu halten. Statt ihm freies Geleit zu gewähren, setzt er umgehend einen Trupp von Söldnern und Meuchelmördern auf seine Fährte.
Zumindest andeutungsweise erscheint der Machtkampf zwischen Usurpator und Monarch auch als ein Kampf zwischen unterschiedlichen Formen von Sprache. So sagt Topops über seinen Widersacher und dessen Verbündete: "Had they not learned new words in secret with which to bind their tracts, their supporters could never have outnumbered those still loyal to me." Selbst glaubt er sich nachwievor im Besitz der Macht. die die "words of a king" in sich tragen.
Wie genau wir uns die Wirkung dieser "Worte" vorzustellen haben, bleibt unklar. Auf jedenfall schützen sie Topops nicht vor der Heimtücke seiner Gegner. Wenn es ihm dennoch gelingt, sich einiger seiner Verfolger zu entledigen. dann mittels blankem Stahl. Schließlich erreicht er einen verlassenen Schrein auf einer menschenleeren Ebene und beschließt, sich hier zum Endkampf zu stellen: "It is fitting that a king should defend a shrine." Im Inneren findet er einen Thron. Als er sich auf diesem niederlässt überkommt ihn eine wilde Vision und die Erzählung nimmt endgültig psychedelische Züge an. Topops schaut eine bizarre Landschaft, bevölkert von ebenso grotesken Kreaturen, und ist überzeugt davon, diese in gottgleicher Manier durch reine Willenskraft in ein blühendes Königreich verwandeln zu können. Nachdem er auch die letzten Häscher erledigt hat, schließt er sich für immer in diesen Schrein ein.
Ich muss gestehen, dass mich die Geschichte etwas verwirrt zurückgelassen hat. Wenn Topops am Ende tatsächlich zu einem Gott geworden sein sollte, dann zum narzissistischen Gott seiner eigenen kleinen Welt. So jedenfalls mein Eindruck. Doch ich bin mir unsicher, ob diese Interpretation Campbells Zielsetzung entspricht.
 
Nachdem mit zwei Jahren Verzögerung 1973 sein zweiter Sammelband Demons by Daylight bei Arkham House erschienen war, beschloss Ramsey Campbell, seinen Job als Bibliothekar an der Öffentlichen Bücherei von Liverpool an den Nagel zu hängen und sich ganz auf die Schriftstellerei zu konzentrieren. Eine vielleicht etwas voreilige Entscheidung, wie er später einmal erklärt hat: "retrospect demonstrates how untimely my decision was. Kirby McCauley, now my agent, had to tell me that the market for short horror stories was very limited ... My solution was to lurch into science fiction as best I could. Little of it sold...". Möglicherweise war auch das ein Grund, warum sich Campbell in den 70er Jahren zusätzlich ein bisschen auf dem Sword & Sorcery - Markt tummelte. Immerhin hatte er mit Kirby McCauley, der selbst Mitglied des "Weird Fiction" - Kreises von Minneapolis gewesen war (dem u.a. auch Richard L. Tierney angehörte), einen Agenten mit vorzüglichen Connections in der Szene.
 
Doch bevor er seine erste völlig eigenständige S&S-Geschichte zu Papier brachte, erreichte ihn 1975 erst einmal eine Anfrage von Glenn Lord, ob er die Aufgabe übernehmen wolle, drei der Fragment gebliebenen Solomon Kane - Stories von Robert E. Howard fertigzuschreiben. Solche "posthumen Kollaborationen" waren in der Ära des großen S&S- und Howard-Booms gang und gäbe. The Castle of the Devil, Hawk of Basti und The Children of Asshur erschienen 1978/79 in den Bantam Books - Bänden Skulls in the Stars und Hills of the Dead.
Da ich mich bei der Lektüre von Die Schwingen des Grauens (The Pit of Wings) sofort an Wings in the Night, eine meiner Lieblingsgeschichten um den grimmigen Puritaner, erinnert fühlte (und das nicht nur wegen der geflügelten Monster, sondern auch wegen der bedrückenden Atmosphäre), hätte ich diese Stories sehr gerne zum Vergleich mit Campbells späterer Sword & Sorcery herangezogen. Tatsächlich sind sie sogar einmal ins Deutsche übersetzt und in dem Terra Fantasy - Band Die Krieger von Assur (1982) veröffentlicht worden. Doch leider scheint man den im Moment nur für reichlich übertriebene Preise erwerben zu können. Im englischen Original erschienen sie allesamt wohl zum letzten Mal 1995 in einem Baen Books - Sammelband, aber der ist inwischen sogar noch teurer. Also musste ich auf einen unmittelbaren Vergleich verzichten. Dennoch scheint es mir potenziell hilfreich, Campbells Solomon Kane - Verbindung im Hinterkopf zu behalten.****
 
Wenn ich die Chronologie korrekt rekonstruiert habe, war es 1976, als sich Michel Parry um einen Beitrag für seinen Sammelband Savage Heroes an Campell wandte, den er ein Jahr später unter dem klangvollen Pseudonym "Eric Pendragon" veröffentlichen würde. Das Buch ist eine Mischung aus Neuabdrucken älterer Kurzgeschichten von Robert E. Howard, Clark Ashton Smith, C.L. Moore, Henry Kuttner und Clifford Ball (sowie einer Kane - Story von Karl Edward Wagner) und drei originären Werken: Alma Mater von Daphne Castell, The Barrow Troll von David Drake und The Song in the Hub of the Garden von Ramsey Campbell.
 
Interessanterweise könnte man die Kurzgeschichte als eine Absage an die Sword & Sorcery und ihre Helden interpretieren. Oder doch zumindest als eine scharfe Kritik.
Wir treffen den Protagonisten Holoth zu Beginn in einer Taverne unter "primitivem" Volk. Er hofft, dass sein Name und die damit verbundene Saga seiner taten genug Macht über die Versammelten ausübt, um ihm deren Unterstützung auf seiner Suche nach dem sagenumwobenen Goam zu sichern. Doch als ein Jüngling eines der Details aus seiner Geschichte in Frage stellt, ist er gezwungen, mit ihm zu kämpfen, da sonst die "Magie" seiner "Worte" ihre Kraft verlieren würde.
Dies ist das erste richtige Beispiel für die besondere Rolle, die der "Name" in Campbells S&S-Geschichten spielt. Dieser ist mehr als eine bloße Bezeichnung oder Anrede. Vielmehr scheint er auf fundamentale (und "magische") Weise mit der Persönlichkeit seines Trägers verbunden zu sein. Seine Macht bezieht er aus den mit ihm verknüpften Geschichten über dessen vergangene Taten. Und das ist mehr als ein "Ruf" oder eine "Reputation". Holoths Zuhörer hoffen ein Teil von dessen Stärke in sich aufzunehmen, wenn sie die Taten des "Helden" aufzählen. Gleichzeitig muss Holoth seinen Namen "verteidigen", wenn dieser nicht seine Macht einbüßen soll.
Allerdings ist er nicht begeistert, diese Herausforderung anzunehmen. Und darin zeigt sich der innere Widerspruch unseres Helden. Einerseits ist sein "Name" ja so etwas wie die Quintessenz seiner Taten. Ohne diese wäre er ohne "Macht". Und Holoth ist bereit, für seinen Namen zu töten. Doch zugleich schreckt er davor zurück, sich mit den Taten auseinanderzusetzen, die ihn und damit sein "Ich" konstituieren. Der alte Mann in der Taverne erkennt das:
"Don't you dare stand still to look back where you've been?" the old man said, and Holoth felt the words creeping up behind him, waiting to slip into him as soon as he relaxed. "You're draining life and you'll have yourself none." the old main said. "You'll have done all and understood nothing and you'll never be able to return."
Wenn wir später erfahren, worin Holoths "Heldentaten" eigentlich bestanden haben, wird uns auch klar, warum das so so ist. Als Sklave im Matriarchat von Lelele wurde er auf ziemlich perverse Art zum Instrument eines Mordanschlags auf die Königin gemacht. Doch in dem anschließenden Machtkampf war die Verschwörerin Yaloyo schließlich gezwungen, aus dem Inselreich zu fliehen. Holoth war einer der Sklaven, die sie dabei mitnahm. Er nutzte die Situation, tötete seinerseits seine "Herrin" und schwang sich dank der Macht der "Worte", die er in ihren Diensten gelernt hatte, zum Anführer über die übrigen Männer auf. Doch seine anschließende Laufbahn als Piratenhauptmann war alles andere als "heroisch" oder "abenteuerlich":
For months he watched the men tie women to the deck and rape them, beat them, mutilate them, throwing them bleeding into the hold or the sea at whim.
Irgendwann konnte er all das nicht mehr ertragen, trennte sich von seinen "Gefährten" und machte sich auf die Suche nach Goam. Auch wenn das nie offen ausgesprochen wird und er es sich selbst vermutlich nie eingestehen würde, ist doch ziemlich klar, dass Holoth in diesem legendären Reich der Zaubererphilosophen so etwas wie Seelenfrieden zu erlangen hofft.
Doch wie sich herausstellt, existiert Goam schon lange nicht mehr. Alles, was von ihm übriggeblieben ist, ist ein magischer Garten in der Wüste. Eine Art pervertiertes Eden. Und was Holoth dort erwartet, ist alles andere als Erlösung.
 
The Song in the Hub of the Garden ist eine ziemlich bedrückende kleine Story. Und bildet damit ein passendes Pendant zu Drakes unheroisch-illusionslosem Barrow Troll. Als Auftakt zu Campbells Sword & Sorcery etabliert sie einen sehr düsteren Grundton, der in der Folge zwar mehr ins Graue verschoben, aber nie völlig aufgehellt werden wird, wie wir gleich sehen werden.
 
Ungefähr zu dieser Zeit kreierte Campbell seinen eigenen "echten" S&S-Helden. Die Idee zu dem umherwandernden Söldner und Schwertkämpfer Ryre, den Stephen Fabian übrigens ziemlich akkurat für das Cover von Far Away & Never porträtiert hat, kam ihm offenbar während einer Vorführung von Ng See-yuens The Bloody Fists. Was allerdings kaum einen Einfluss auf die Charakterisierung der Figur gehabt haben dürfte: "I take The Sustenance of Hoak to owe its existence less to the film than to my loss of interest in the events on the screen." Durch die Vermittlung von Kirby McCauley gelangte diese erste Story in den im Februar 1977 veröffentlichten Auftaktband von Andrew J. Offutts Swords Against Darkness. Und es war Offutt, der an Campbell mit der Aufforderung herantrat, weitere Geschichten über Ryres Abenteuer zu schreiben. "I hadn't planned a sequel -- I never do -- but I was happy to find out where he went next. His brief saga allowed me to work out ideas too weird to be incorporated in the kind of thing I usually write." Insgesamt entstanden so vier Ryre-Stories, die allesamt in der Swords Against Darkness - Reihe erschienen: The Sustenance of Hoak, The Changer of Names, The Pit of Wings und The Mouths of Light. Als Offutts Anthologien-Reihe 1979 nach Band 5 eingestellt wurde, bedeutete das leider auch das Ende für Campbells Schwertkämpfer. "Deprived of a market, he entered that limbo to which the passing of the pulps consigned so many of his predecessors". Ryre wurde damit eines der vielen Opfer des Umschwungs in der amerikanischen Fantasy, die schließlich zum High Fantasy - Boom der 80er Jahre führte. Was ich persönlich sehr bedauernswert finde, halte ich ihn doch für eine interessante Ergänzung zum Pantheon der "klassischen" Sword & Sorcery - Held*innen.
 
Im ersten Kapitel von Flame and Crimson: A History of Sword-and-Sorcery entwirft Brian Murphy eine Art "7-Punkte-Programm", mit dessen Hilfe er das Subgenre zu definieren versucht. Ich bin nicht ganz glücklich mit dieser Herangehensweise, da mir einige der "Base Elements" zu ausschließlich aus den Werken von Robert E. Howard abgeleitet zu sein scheinen. Dennoch kann die Liste als erster Ansatz für eine Auseinandersetzung mit der S&S durchaus nützlich sein. Und vor allem an zwei von Murphys Kriterien musste ich bei der Lektüre der Ryre-Geschichten immer wieder denken: "Horror/Lovecraftian Influence" und "Personal and/or Mercenary Motivations".
 
Der erste Punkt ist schnell abgehakt. Dass H.P. Lovecraft und sein Werk einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die frühe Sword & Sorcery ausübten, habe ich in der Vergangenheit schon ein paar mal thematisiert. Und mit Robert E. Howard, Clark Ashton Smith, C.L. Moore, Henry Kuttner und Fritz Leiber gehörten viele Vertrer*innen der "ersten Generation" ja auch zum engeren oder weiteren Bekanntenkreis des alten Gentleman von Providence. Diese Verbindung wurde in späteren Jahrzehnten immer mal wieder aufgegriffen, wenn auch selten so offen wie in Richard L. Tierneys Simon of Gitta - Geschichten. Dass dies auch für Ramsey Campbell gilt, ist nicht überraschend. Alle vier Tyre-Geschichten enthalten deutliche Horror-Elemente. Allerdings wird dabei nirgends direkt Bezug auf den Cthulhu-Mythos genommen. Auch handelt es sich weniger um "kosmisches" Grauen. Die Monster, mit denen sich der Schwertkämpfer herumschlagen muss, sind zwar grotesk und ziemlich gruselig, aber sie sind keine "Älteren Götter" oder vermitteln das Gefühl menschlicher Verlorenheit angesichts eines gefühllosen Universums. Sie sind sehr viel "handfester" und können auf handfeste Weise bekämpft oder überlistet werden.
 
Beim zweiten Punkt wird es etwas komplizierter. In dem entsprechenden Abschnitt zitiert Brian Murphy zustimmend eine Passage aus dem Vorwort der 2010 erschienen Anthologie Swords & Dark Magic, in dem das Subgenre wie folgt charakterisiert wird: "Smaller-scale character pieces, often starring morally compromised protagonists, whose heroism involves little more than trying to save their own skins from a trap they themselves blundered into in search of spoils". Ich habe mich vor einem halben Jahr schon einmal kritisch mit genau dieser Anthologie und ihrem Verständnis der Sword & Sorcery auseinandergesetzt. Es ist sicher richtig, dass deren Held*innen kaum je "strahlende Recken", sondern sehr oft moralisch etwas zweifelhafte Gestalten sind. Ebenso stimmt es, dass deren Anfangsmotivation nicht selten ziemlich materialistisch und selbstsüchtig sein kann. Aber wenn man die Charakterisierung damit für abgeschlossen erklärt, könnte der Eindruck entstehen, der "typische" S&S-Held würde sich kaum von einem amoralisch-zynischen Grim & Gritty - Bastard unterscheiden. Und zumindest in meinen Augen besteht zwischen den beiden ein deutlicher und wichtiger Unterschied. Ab und an treffen wir zwar auch schon in der "klassischen" Sword & Sorcery auf so gänzlich abstoßende Gestalten wie den goldgierigen Berserker Ulf Womanslayer aus Dave Drakes schon erwähntem Barrow Troll. Aber sie bilden doch die Ausnahme. In den allermeisten Fällen zeigen sich "typische" S&S - Held*innen sehr wohl fähig zu selbstlosem Handeln, sobald sie sich vor eine entsprechende Entscheidung gestellt sehen. Auch dann wird ihre Motivation oft komplizierter sein als die eines blütenweißen "Ritters ohne Furcht und Tadel", aber letztenendes besitzen auch sie einen inneren "moralischen Kompass", der sie dazu bewegt, am Ende "das Richtige" zu tun. Wenn auch vielleicht grummelnd und zögerlich. Und genau dafür scheint mir Ryre ein ausgezeichnetes Beispiel zu sein.
 
Am Beginn von The Sustenance of Hoak befindet er sich zusammen mit seinem Kumpel Glode auf Schatzsuche. Eine geradezu archetypische "selbstsüchtige" Motivation also. Die beiden haben zuvor als Söldner im Krieg gegen die Piraten der "Sea of Shouting Islands" gekämpft, hatten aber keine Lust, nach dessen Ende in den Dienst irgendeines kleinen Feudalherrn zu treten, um in dessen Interesse möglicherweise gegen ihre eigenen Kameraden von gestern kämpfen zu müssen. "[T]hey had been drinking their pay and complaining of its meagreness when talk had turned to the treasure of Hoak". Doch schon auf dem Weg zu dem abgelegenen Dorf, unter dem der sagenumwobene Schatz begraben liegen soll, erleidet Glode bei einem Banditenüberfall eine schwere Verletzung, der er schließlich erliegt. Das Dorf selbst entpuppt sich als eine ziemlich merkwürdige Siedlung voller apathisch wirkender Gestalten, die sich anscheinend ausschließlich von einer eigenartigen Droge ernähren, die aus den in jedem Haus befindlichen hölzernen Götzenbildern gezapft wird. Über all dem liegt eine tief bedrückende und hoffnungslose Atmosphäre. Es dauert nicht lange und Ryre muss erkennen, dass es den gesuchten Schatz überhaupt nicht gibt. Stattdessen wird ihm nach einiger Zeit klar,  dass die Bewohner*innen von Hoak die Gefangenen einer monströsen Pflanze sind, die sie mit der erwähnten Droge in völliger Abhängigkeit hält und sich zudem von ihnen ernährt. Nach einer bizarren Begräbniszeremonie wird er außerdem Zeuge, wie das Ungeheuer auch Glodes Leichnam verschlingt. Schließlich beschließt er, diesem Alptraum ein Ende zu bereiten und die Monsterpflanze zu vernichten. Ryres Motivation für sein Handeln ist vielschichtig. Einerseits geht es ihm dabei um Glodes "Namen": "If Ryre succeeded he would have a tale in which to hold Glode fast and give him power". Dieses Ansinnen wird noch dadurch verstärkt, dass es Ryre merkwürdig schwer fällt, um seinen Gefährten wirklich zu trauern. Es wollen sich einfach nicht die entsprechenden Gefühle bei ihm einstellen. Ob dafür (ausschließlich) der Einfluss der Monsterpflanze verantwortlich ist, oder wir darin ein erstes Anzeichen für den leicht depressiv-schwermütigen Charakter unseres Helden erkennen sollen, bleibt offen. Jedenfalls fühlt sich Ryre deshalb in gewisser Hinsicht schuldig. Aber zugleich geht es ihm sehr wohl auch um das Schicksal der Menschen in Hoak. Oder doch zumindest um die von ihnen, deren Persönlichkeit die Droge noch nicht völlig abgetötet hat: "He thought of Yoce and Trome, trapped within the open wall. He thought of the children ..." Symbolische Verkörperung findet all dies in einer kleinen, holzgeschnitzten Heldenfigur, die Ryre der jungen Yoce schenkt. "[H]is words didn't require him to be like the carving". Aber letztlich nimmt er diese Rolle doch an.
 
Der Anfang von The Changer of Names verstärkt noch einmal den Eindruck von Ryre als einem schwermütigen, innerlich erschöpften und etwas ziellosen Wanderer. Als er die Hafenstadt Lipe erreicht, hört er in einer Taverne davon, dass in letzter Zeit häufiger irgendwelche Schwertkämpfer in den nächtlichen Gassen auf mysteriöse und grausliche Weise zu Tode gekommen sein sollen. Seine Reaktion ist nicht ganz so wie man das vielleicht erwarten würde.
Ryre stared at the table. The man's talk wearied and depressed him, the whole place did. He refused to ask who might have killed the swordsmen: the tale was probably a lie. The table was darkened by stains of old ale, like ghosts of islands. He wished he were travelling.     
Als plötzlich ein junger Mann in die Schenke gestolpert kommt und lauthals verkündet "I am Ryre!", weckt diese Provokation zwar Gefühle in unserem Helen, die sich nur schwer bändigen lassen, aber nein, warum sollte er sich auf einen "name-fight" einlassen? 
In his youth, like most men, he'd roamed seeking others whom fate and their parents had given his name, to challenge them to fight for it. But now he and his name were one, secure in the deeds they'd shared; he had no need to defend it.
Doch dann beansprucht der Jüngling genau diese Taten, die die Essenz von Ryres "Namen" ausmachen, für sich und eine solche Beleidigung kann unser Held natürlich nicht einfach hinnehmen. Der Herausforderer hat nicht die geringste Chance und liegt Minuten später durchbohrt am Boden.
Ryre ist verwirrt und verstört. Wie konnte sich dieser offensichtlich völlig unerfahrene Mann erdreisten, seinen Namen zu "stehlen"? Und wie konnte er ihn mit einer solch trunken wirkenden Selbstsicherheit für sich in Anspruch nehmen? 
Wie sich zeigt, treibt ein geheimnisvoller Zauberer in Lipe sein Unwesen und verkauft den Leuten die "gestohlenen" Namen bekannter Krieger. Und da der Name auf Tond zugleich die Persönlichkeit, die Taten und das Leben seines Trägers "bedeutet", sind die Käufer felsenfest davon überzeugt, mit ihm auch diese zu erwerben.
Eine so krasse Perversion, eine so tiefe Verletzung der menschlichen Persönlichkeit, kann Ryre nicht einfach hinnehmen. Also nimmt er die Jagd nach dem "Changer of Names" auf, der sich am Ende als sehr viel mehr entpuppt als bloß ein besonders skrupelloser Zauberer.
 
Schon in The Sustenance of Hoak hatten wir im Zusammenhang mit Ryres leichter Klaustrophobie gehört: "As a youth he'd suffered the lightless hold of a ship for days". In The Pit of Wings erfahren wir nun, was es damit vermutlich auf sich gehabt hat. Denn als unser Held die Sklavenhalter-Siedlung Gaxanoi erreicht, überkommt ihn beim Anblick der in Ketten Geschlagenen und ihrer peitschenschwingenden Antreiber eine kaum zu bändigende Wut: "Ryre hated slavery as only a man who has been enslaved can. Fury parched his throat." Aber natürlich weiß er, dass er die Gesellschaftsordnung einer Stadt nicht mit ein paar gut geführten Schwertstreichen  zerschlagen kann. Also hält er sich im Zaum. Doch als ihn einer der Sklaventreiber provoziert, handelt sich dieser damit eine abgesäbelte Wange ein. Unglücklicherweise ist Gaxanoi aber nicht bloß ein Hort der Sklaverei, sondern auch Sitz eines finsteren Kultes. Und der beschließt, Ryre als Strafe für sein unverschämtes Verhalten bei nächster sich bietender Gelegenheit den wirklich exquisit widerlichen geflügelten Monstern, die man hier offenbar als Götter verehrt, als Menschenopfer darzubringen.
 
The Mouths of Light ist ein direktes Sequel zu der Vorgängerstory. Nachdem Ryre den geflügelten Bestien entkommen ist, kehrt er nach Gaxanoi zurück, um nun doch zu versuchen, die dortigen Sklaven zu befreien. Das Unternehmen scheitert, da diese trotz der sich bietenden Gelegenheit nicht den Willen zur Flucht aufbringen. Vielleicht nicht ohne Grund denken sie, dass ein solcher Versuch von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre, da es keinen Ort gibt, an dem sie sicher wären. Allerdings hat Ryre bereits genug Wächter und Sklaventreiber massakriert, um nun einen wütenden und blutgierigen Trupp von Verfolgern auf seine Fährte zu setzen. Als er Zuflucht in einem ausgedehnten Höhlensystem sucht, gerät er quasi vom Regen in die Traufe.  Denn dort treibt sich bereits eine Gruppe von Schatzsuchern herum, die den vermeintlichen Konkurrenten umgehend ins Jenseits zu befördern versucht. Ryre überlebt nur knapp und macht sich nun seinerseits daran, die Mitglieder des unglückseligen Trupps einem nach dem anderen zu erledigen. Ach ja, und dann gibt's da auch noch diese seltsamen Monstermäuler, die die Höhle  bevölkern.
The Mouths of Light ist im Grunde eine einzige lange Kampfszene. Das mag erst einmal nicht so originell und aufregend klingen, aber Ramsey Campbell versteht es, aus diesem simplen Szenario fünfzehn wirklich coole Seiten zu machen. Vor allem wie geschickt (und beinah cineastisch) er dabei Licht und Dunkelheit einsetzt, ist echt beeindruckend.
Daneben erhalten wir einen weiteren (und leider den letzten) Einblick in Ryres Persönlichkeit. Er weiß, dass die Schatzsucher eigentlich bloß irgendwelche armen Fischersleute sind, die ihren Familien eine bessere Zukunft verschaffen wollen. Aber solange es um sein eigenes Überleben geht, kann er darauf keine Rücksicht nehmen und tötet seine Gegner mit professioneller Kaltblütigkeit. Doch nachdem sie alle das Zeitliche gesegnet haben und es ihm am Ende sogar gelungen ist, einen Teil des Hortes den heimtückischen Monstermäulern zu entreißen, lädt er die Hälfte seiner Beute auf eines der Pferde der Fischer.
When he set it loose it seemed to know where it was going -- back to the widows and children, he hoped. For himself, he preferred not to encounter the friends of the men he had killed. He rode away toward the foothills and whatever lay beyond.  
Ich hoffe, ich habe zumindest ein wenig verständlich machen können, warum ich es bedauerlich finde, dass dies die letzten Sätze sind, die wir über Ryres Abenteuer zu hören bekommen.

Als zusätzliches Schmankerl enthält Far Away & Never außerdem noch Ramsey Campbells Beitrag zu dem legendären "Round Robin" Ghor, Kin-Slayer. Jonathan Bacon, Herausgeber des Fanzines Fantasy Crossroads, trommelte 1977 ein veritables Who-is-Who der männlichen***** Sword & Sorcery - Autoren der Zeit zusammen, um (jeder ein Kapitel) ein Fragment von Robert E. Howard fertigzuschreiben. Zu den Teilnehmern gehörten u.a. Michael Moorcock, Andrew J. Offutt, Charles R. Saunders, Darrell Schweitzer, Richard L. Tierney, Karl Edward Wagner, Manly Wade Wellman und eben auch Ramsey Campbell. Der vorzeitige Tod von Fantasy Crossroads 1979 führte dazu, dass dieses Opus in seiner Gänze erst zwanzig Jahre später von Necronomicon Press dem lesenden Publikum zugänglich gemacht wurde. Selbst habe ich mir das zwar noch nicht zu Gemüte führen können, aber alles spricht dafür, dass es sich bei Ghor, Kin-Slayer mehr um ein literarisches Kuriosum und weniger um eine wirklich lesenswerte Geschichte handelt. Campbells Beitrag hat an diesem Eindruck nichts ändern können.


* In einem kurzen Mastodon-Austausch mit Alessandra stellten wir beide fest, dass uns Titel und Coverillustration aus anderen Vertretern der "Schwarzen Reihe" bekannt waren, in denen der Band anscheinend recht häufig beworben worden war.

** Ich verweise auf meinen alten Artikel Retro Hugos und der Derleth-Mythos.

*** Zwar erwähnt Ramsey Campbell im Vorwort zu Far Away & Never diese radikale Überarbeitung, aber der Sammelband macht nicht deutlich, um welche Version es sich bei der abgedruckten Geschichte eigentlich handelt. Das mus man sich selbst zusammenreimen. In einer entsprechenden Auflistung heißt es über A Madness from the Vaults sogar bloß "originally appeared in Doubt #1 (1964)", während HPL nirgends erwähnt wird. Was doch ziemlich verwirrend ist. Erst eine Konsultation von ISFDB und ein Vergleich mit dem glücklicherweise als PDF im Netz aufzufindenden Text von HPL verschuf mir Klarheit.

**** Diese Verbindung reichte nebenbei bemerkt über die 70er Jahre hinaus. Nachdem die berühmte Brit-Horror-Schmiede Amicus, die in den letzten Jahren ihrer Existenz außerdem das wunderbare Edgar Rice Burroughs - Doug McClure - Gummidino - Trio The Land That Time Forgot (1974), At the Earth's Core (1976) und The People That Time Forgot (1977) produziert hatte, endgültig entschlafen war, gründete einer ihrer Ex-Bosse, Milton Subotsky, eine neue Firma mit dem verheißungsvollen Namen Sword & Sorcery Productions. Nach missglückten Versuchen, die Rechte an Conan zu erwerben, oder einen Thongor-Film auf der Grundlage von Lin Carters The Wizard of Lemuria auf die Beine zu stellen, kam Subotsky schließlich auf die Idee, es mit einer Solomon Kane - Adaption zu versuchen. Für das Drehbuch wandte er sich an Ramsey Campbell. "I wrote a treatment based on the African tales, but he didn't see a film in it. Shortly afterwards, rumour has it, the financing for a Thongor film he'd started was lost, leaving him with the bill for some Eastern European special effects, and his enthusiasm for sword and sorcery ventures waned." In der Tat produzierte Sword & Sorcery Productions keinen einzigen S&S-Film, sondern bloß den Psychohorror-Streifen Dominique (1979) und die bizarre, eher nicht so gelunge R. Chetwynd-Hayes - Adaption Monster Club (1981). Campbell hingegen würde knapp dreißig Jahre später die Novelization für den (meines Erachtens auch nicht so geglückten) Solomon Kane - Streifen von M.J. Bassett schreiben. 

***** Das gilt es zu betonen! Die Liste der Mitwirkenden enthält z.B. weder Tanith Lee noch C.J. Cherryh. Als einzige Autorin ist Marion Zimmer Bradley vertreten.

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