"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Freitag, 6. Februar 2015

Expeditionen ins Reich der Eighties-Barbaren (X): "Barbarian Queen II"

Wie ich letzte Woche bereits erwähnt habe, fand der Sword & Sorcery - Film der 80er Jahre seinen Ausklang in einer Reihe von Pseudo-Sequels zu Roger Cormans *ähem* "Klassikern" aus der Blütezeit des Genres. Teil dieser beinahe ausschließlich auf den Videobereich beschränkten Nachwehen der Barbarenmode war die 1990 mit dem grandiosen Untertiel The Empress Strikes Back auf den Markt geworfene "Fortsetzung" zu Barbarian Queen, die zugleich den Endpunkt von Lana Clarkson kurzer Karriere als Genre-Ikone des Fantasy - B-Movies darstellte. Ein äußerst verwirrender, aber gerade deshalb auch auf perverse Weise faszinierender Streifen.

    

Was vielleicht überrascht: Der Film bedient sich nicht ein einziges Mal bei James Horners Titelmelodie für Battle Beyond the Stars, der wir in beinah allen von Corman produzierten Fantasyflicks der 80er begegnen. Stattdessen plündert er den Soundtrack seines Vorgängers, der von Christopher Young komponiert wurde. {Etwas altmodischen Genrefans wie mir vielleicht am ehesten als Schöpfer der Musik zu Hellraiser bekannt, auch wenn ich mir ja immer noch wünschen würde, Clive Barkers Klassiker sei mit den klanglichen Kreationen von Coil unterlegt worden.}
Was ganz und gar nicht überrascht: Der Flick sieht aus, als habe sein Budget aus dem Inhalt der Kaffekasse von Roger Cormans Büro in L.A. bestanden. Um einen ungefähren Eindruck davon zu vermitteln, wie billig Barbarian Queen II wirkt, sei bloß erwähnt, dass die furchteinflößende Streitmacht, die der böse Tyrann Ankaris ausschickt, um die Rebellion mit Stumpf und Stiel auszurotten, aus sage und schreibe sechs Mann zu Pferd und acht Fußsoldaten besteht!

Inhaltlich betrachtet hat Barbarian Queen II nichts mit dem ersten Teil zu tun. Vielmehr präsentiert uns der Film eine weitere Variante des Themas, das wir bereits aus The Sword and the Sorcerer und Wizards of the Lost Kingdom kennen:
Als das Gerücht laut wird, der gute König "Namenlos" sei auf dem Schlachtfeld gefallen, zögert sein missratener Sohn Ankaris "der Bart" (Alejandro Bracho) keinen Moment und erklärt sich zum neuen Herrscher. Doch seine stolze, schöne und unbändige Schwester Athalia (Lana Clarkson) weigert sich, ihm die Kontrolle über das magische Szepter, Symbol der legitimen Macht der Könige, zu übergeben. {Offenbar ist Magie in dieser Welt die ausschließliche Domäne der Frauen.} Als es weder Ankaris' brutalem Handlanger Hofrax (Roger Cudney), noch seiner verzogenen und sadistischen Tochter Tamis (Cecilia Tijerina) gelingt, ihren Widerstand zu brechen oder sie auszutricksen, befiehlt der Usurpator die Hinrichtung seiner Schwester. Doch selbstverständlich gelingt ihr die Flucht in die Wälder, wo sie sich einer Gruppe von Rebellen anschließt. Es dauert nicht lange, und sie hat die Führung der mehrheitlich weiblichen Vogelfreien übernommen und kann den Kampf gegen Ankaris und Hofrax aufnehmen.

Das Drehbuch wurde von unserem alten Freund Howard R. Cohen zusammen mit Lance Smith, der auch schon bei Wizards of the Lost Kingdom II mitgewirkt hatte, geschrieben. Und es ist eine verwirrend wilde Mixtur. Nicht dass der Film sich durch ähnlich bizarre Brüche zwischen den einzelnen Szenen auszeichnen würde, wie Wizards of the Lost Kingdom, auch wenn es da schon einige sehr abrupte und eigenartige Schnitte gibt. Vielmehr entsteht recht schnell der Eindruck, der Streifen wisse nicht so recht, was er eigentlich sein will.

Für einen Großteil der Zeit versucht er sich als ein phantastischer Abenteuerspaß mit starken Robin Hood - Anklängen zu präsentieren. Ankaris ist Prinz John, Hofrax ist Guy of Gisbourne, Athalia und ihre Rebellen sind Robin Hood und seine Merry Men. In spaßiger Umkehrung der ursprünglichen Geschlechter würde in diesem Szenario Athalias Geliebter Aurion (Greg Wrangler), der anfangs auf Ankaris Seite steht, den Part von Maid Marion spielen. Besonders deutlich werden diese Parallelen im Überfall auf Hofrax und seine Soldaten, in der Szene, die im Lager der Vogelfreien spielt, und vor allem während der Befreiung der zum Tode verurteilten Bauern. Allesamt rufen sie Reminiszenzen an diverse Robin Hood - Filme wach von Michael Curtiz' Errol Flynn - Klassiker aus dem Jahre 1938 bis zu dem eher weniger "klassischen" Kevin Costner - Vehikel aus dem Jahre 1991. Dazu passen auch die immer mal wieder eingestreuten und stets auf beinah bemitleidenswerte Weise scheiternden Versuche in Humor.
Um dieses "Kernmotiv", wenn wir es einmal so nennen wollen, gruppieren sich dann allerdings eine Reihe völlig anderer Motive.
Die ursprüngliche Barbarian Queen von 1985 war eine ziemlich wüste Mischung aus Sexploitation und Barbarenflick. Und auch wenn Nummer Zwei zu keinem Zeitpunkt so weit geht, wie ihre Vorgängerin, finden sich doch immer noch genug Überbleibsel dieser "Tradition". Am offensichtlichsten natürlich in den Folterszenen, aber auch in solch kuriosen Details, wie dem Kampf zwischen Athalia und einer Rebellin, der schon nach wenigen Sekunden in eine kleine "mud wrestling" - Einlage übergeht. Klar, das Publikum, das man mit dem Titel "Barbarian Queen" zu ködern versuchte, wäre arg enttäuscht gewesen, hätte es im Verlauf des Streifens nicht ein paar Mal die Gelegenheit erhalten, Lara Clarksons Brüste zu sehen.
Um so bizarrer wirken da die ab und an aufblitzenden Momente, die uns offenbar glauben machen sollen, diesem Film liege so was wie ein "Female Empowerment" - Subtext zu Grunde: Athalia wird als eine Art "tomboy" eingeführt, die keine Kleider tragen will; ausschließlich Frauen scheinen Kontrolle über Magie zu haben; wenn in Aktion dann ähneln die Rebellen einer Amazonenschar {nur sehr selten bekommen wir auch einmal einen männlichen Rebellen im Kampf zu sehen}; und der wohl deutlichste Hint: Hofrax wird ausdrücklich als Verächter von Frauen bezeichnet, obwohl das weder für die Handlung noch für seinen Charakter {er ist einfach der brutale Handlanger} irgendwie von Bedeutung wäre.
Und dann ist da natürlich auch noch Tamis. Die zum Zeitpunkt des Drehs gerade einmal vierzehn Jahre alte Cecilia Tijerina liefert die mit Abstand beste schauspielerische Leistung in diesem Film ab. Die von ihr verkörperte Tochter des Tyrannen hinterlässt einen verstörenden, aber zugleich auch irgendwie mitleiderregenden Eindruck. Sie ist ein erschreckend grausames Kind, aber eben doch ein Kind. Und Tijerina glingt es, beide Seiten ihrer Persönlichkeit auf glaubhafte Weise darzustellen.
Mir scheint es darum auch kaum ein Zufall zu sein, dass die cinematographisch interessanteste Sequenz des ganzen Filmes {vielleicht die einzig wirklich interessante} mit ihrem Charakter zu tun hat: Die von Tamis unter Zuhilfenahme einer hübsch pelzigen Vogelspinne vergiftete Athalia liegt in ihrem Zelt im Koma; wir sehen ihr schweißglänzendes Gesicht im Profil; die Kamera fährt zurück, "verlässt" das Zelt, und wir erblicken die Silhouette ihres Kopfes auf der Zeltbahn; die Kamera fährt noch weiter zurück und wir erblicken Tamis' schattenhafte Gestalt neben dem Zelt. Diese nur wenige Sekunden andauernde Szene lässt es mich beinah bedauern, dass Joe Finley nie wieder die Regie in einem Film übernehmen sollte. Er war nicht völlig ohne Talent.

Doch am Ende bleibt natürlich die Frage: Würde ich irgendjemandem aus meiner erlauchten Leserschaft empfehlen, sich diesen Streifen einmal selbst anzuschauen? Schwer zu sagen. Barbarian Queen II sieht nicht nur ultrabillig aus, sondern wirkt über weite Strecken auch schrecklich inkompetent gemacht. Ich bin mir nicht sicher, ob die gute Lana Clarkson ihren Kultstatus irgendetwas anderem verdankte als ihrer Oberweite, doch hier zumindest liefert sie eine wirklich gruselig miese Leistung ab. Ich denke da vor allem an ihre "anfeuernden Reden" im Rebellenlager. Andererseits ist der Streifen nicht auf so unterhaltsam-charmante Weise schlecht wie etwa Wizards of the Lost Kingdom oder Barbarians. Sein Reiz liegt eher in der grotesken motivischen Mixtur, die ich zu beschreiben versucht habe. Aber das ist zugegebenermaßen ein Reiz, für den man einen ganz speziellen Geschmack besitzen muss. So bleibt mir eigentlich nichts anderes zu sagen, als: Wer sich nach Lektüre dieses Posts Barbarian Queen II anschaut, tut dies auf eigene Gefahr.

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