In der zweiten Hälfte der 60er Jahre glich Hollywoods klassisches Studiosystem mehr und mehr einem schwerfälligen, verknöcherten, dem Tode geweihten Dinosaurier. Um Filmhistoriker Joseph McBride zu zitieren:
Freilich gelang nur einer Handvoll Vertretern der "Film School Generation" der Aufstieg in die neue Aristokratie der Traumfabrik. Zu denen, die sich mit sehr viel weniger begnügen mussten, gehörte Dan O'Bannon. In der Geschichte der amerikanischen Filmphantastik hat der 2009 verstorbene Drehbuchschreiber und Regisseur dennoch eine nicht ganz unwichtige Rolle gespielt.
Der 1946 in St.Louis/Missouri geborene O'Bannon studierte an der USC. Dort lernte er den jungen John Carpenter kennen, und 1970 machten sich die. beiden daran, einen SciFi-Film zu kreieren, der zu einem der ganz großen Kultklassiker des Genres werden sollte: Dark Star. Das Drehbuch hatten sie gemeinsam entwickelt (5), O'Bannon zeichnete für Spezialeffekte und Schnitt verantwortlich und übernahm außerdem die Rolle von Sgt. Pinback. Mit seinem dreckigen Weltraumproleten-Vibe stellte Dark Star einen radikalen Bruch mit dem in der filmischen SciFi bis dahin üblichen Bild einer heroischen, glitzernd-verchromten Zukunft dar. Nachdem der Streifen 1973 auf einer Reihe von Filmfestivals mit Erfolg gezeigt worden war, gelangte er ein Jahr später in überarbeiteter und um fünfzehn Minuten erweiterter Form in die Kinos.
Der mit einem lächerlichen Budget von $60.000 produzierte Film verhalf John Carpenter zu dem Ruf, mit wenig Geld beeindruckende Resultate erzielen zu können. Ein Image, das er 1976 mit Assault on Precinct 13 festigen konnte, was ihm schließlich den Weg zu Halloween (1978), und damit zu seinem wohl größten finanziellen Erfolg, ebnen sollte. O'Bannons Karriere nahm einen weniger glücklichen Verlauf, was mit zum baldigen Ende der Freundschaft zwischen ihm und Carpenter beigetragen haben dürfte. O'Bannon fühlte sich offenbar übergangen und unfair behandelt – ein Vorwurf, den der Künstler in späteren Jahren immer wieder gegen Produzenten, Kritiker und Filmjournalisten vorbringen würde.
Allerdings wäre es verfehlt, behaupten zu wollen, O'Bannon habe gar nicht von Dark Star profitieren können. Der eigentliche Grund für den etwas unglücklichen Verlauf, den seine berufliche Laufbahn nehmen sollte, lag anderswo.
Wenn Carpenter mit ihrem gemeinsamen Studentenfilm die Grundlage für eine Regiekarriere im Low Budget - Bereich legen konnte, gelangte O'Bannon durch ihn in den Ruf ein vielversprechender SFX-Magier zu sein. Schließlich hatte er für 'n Appel und 'n Ei einige ziemlich ansehnliche Tricks aus dem Hut gezaubert. Und so erreichte ihn bald schon ein faszinierendes Angebot aus Frankreich: Er – und nicht Douglas Trumbull, wie ursprünglich angedacht – sollte die Leitung des Special Effects - Teams für Alejandro Jodorowskys legendäres Dune - Projekt übernehmen! O'Bannon war sofort Feuer und Flamme, und als er 1975 nach Paris übersiedelte, setzte er damit sozusagen alles auf eine Karte.
[G]enerations of nepotism had made the studios terminally inbred and unwelcoming to newcomers. The average age of the Hollywood labor force was fifty-five. There was no organized apprenticeship program to train their replacements in an industry that appeared moribund. The studio system, long under siege from television, falling box-office receipts, and skyrocketing costs, was in a state of impending collapse. (1)Zu Beginn der 70er Jahre ließen sich dann die allerersten zaghaften Anzeichen eines beginnenden Umbruchs ausmachen, als es einer Gruppe junger Filmemacher allmählich gelang, in der Industrie Fuß zu fassen. Die meisten von ihnen hatten an den Filmfakultäten der University of Southern California (USC), der University of California, Los Angeles (UCLA) oder der New York University (NYU) studiert, weshalb man sie oft unter dem Begriff der "Film School Generation" zusammenfasst. (2) Hollywoods Establishment machte es ihnen wahrlich nicht leicht. Lange Zeit war der alte Schlockmeister Roger Corman der einzige Produzent, der regelmäßig junge Talente engagierte. Einer seiner Protegés war Francis Ford Coppola, dem es mit You're a Big Boy Now (1967) als erstem der "Movie Brats" gelang, einen Regieauftrag von einem großem Studio (Warner-Seven Arts) zu ergattern. Doch erst als zwei Jahre später Dennis Hoppers Easy Rider zum großen Überraschungshit an den Kinokassen wurde, begann es den Bossen langsam zu dämmern, dass es allein schon aus Profitinteressen dringend nötig war, dem greisen Organismus von Hollywood etwas frisches Blut zuzuführen. Wie George Lucas es formulierte "A bit of history opened up like a seam, and as many of us who could crammed in. Then it drifted back close again." (3) Ein gutes Jahrfünft später, und das Bild hatte sich vollkommen gewandelt. In Kim Newmans Worten: "Hollywood became the Glitz Castle. Ageing moguls kow-towed to the youthful kings of megabuck success, Francis Ford Coppola, Steven Spielberg and George Lucas." (4)
Freilich gelang nur einer Handvoll Vertretern der "Film School Generation" der Aufstieg in die neue Aristokratie der Traumfabrik. Zu denen, die sich mit sehr viel weniger begnügen mussten, gehörte Dan O'Bannon. In der Geschichte der amerikanischen Filmphantastik hat der 2009 verstorbene Drehbuchschreiber und Regisseur dennoch eine nicht ganz unwichtige Rolle gespielt.
Der 1946 in St.Louis/Missouri geborene O'Bannon studierte an der USC. Dort lernte er den jungen John Carpenter kennen, und 1970 machten sich die. beiden daran, einen SciFi-Film zu kreieren, der zu einem der ganz großen Kultklassiker des Genres werden sollte: Dark Star. Das Drehbuch hatten sie gemeinsam entwickelt (5), O'Bannon zeichnete für Spezialeffekte und Schnitt verantwortlich und übernahm außerdem die Rolle von Sgt. Pinback. Mit seinem dreckigen Weltraumproleten-Vibe stellte Dark Star einen radikalen Bruch mit dem in der filmischen SciFi bis dahin üblichen Bild einer heroischen, glitzernd-verchromten Zukunft dar. Nachdem der Streifen 1973 auf einer Reihe von Filmfestivals mit Erfolg gezeigt worden war, gelangte er ein Jahr später in überarbeiteter und um fünfzehn Minuten erweiterter Form in die Kinos.
Der mit einem lächerlichen Budget von $60.000 produzierte Film verhalf John Carpenter zu dem Ruf, mit wenig Geld beeindruckende Resultate erzielen zu können. Ein Image, das er 1976 mit Assault on Precinct 13 festigen konnte, was ihm schließlich den Weg zu Halloween (1978), und damit zu seinem wohl größten finanziellen Erfolg, ebnen sollte. O'Bannons Karriere nahm einen weniger glücklichen Verlauf, was mit zum baldigen Ende der Freundschaft zwischen ihm und Carpenter beigetragen haben dürfte. O'Bannon fühlte sich offenbar übergangen und unfair behandelt – ein Vorwurf, den der Künstler in späteren Jahren immer wieder gegen Produzenten, Kritiker und Filmjournalisten vorbringen würde.
Allerdings wäre es verfehlt, behaupten zu wollen, O'Bannon habe gar nicht von Dark Star profitieren können. Der eigentliche Grund für den etwas unglücklichen Verlauf, den seine berufliche Laufbahn nehmen sollte, lag anderswo.
Wenn Carpenter mit ihrem gemeinsamen Studentenfilm die Grundlage für eine Regiekarriere im Low Budget - Bereich legen konnte, gelangte O'Bannon durch ihn in den Ruf ein vielversprechender SFX-Magier zu sein. Schließlich hatte er für 'n Appel und 'n Ei einige ziemlich ansehnliche Tricks aus dem Hut gezaubert. Und so erreichte ihn bald schon ein faszinierendes Angebot aus Frankreich: Er – und nicht Douglas Trumbull, wie ursprünglich angedacht – sollte die Leitung des Special Effects - Teams für Alejandro Jodorowskys legendäres Dune - Projekt übernehmen! O'Bannon war sofort Feuer und Flamme, und als er 1975 nach Paris übersiedelte, setzte er damit sozusagen alles auf eine Karte.
I went over to Paris, which was quite a thrill, and I stayed there for six months. Jodorowsky had found a company that did a lot of special effects for French commercials, and he told them that I was going to be their boss. So I worked with them.I told Jodorowsky that in order to do these effects we were going to have to storyboard. He wasn’t familiar with storyboards, so I explained it to him, and he got so interested in it that he had the entire film storyboarded – every shot. That was more than I needed, but what the heck. And I was over there with a guy named Guy Delacluse, and he had a company; he was very nice and we worked together planning how we were going to do all these effects.So the entire movie was designed, and Jodorowsky found these very good and fantastically original sci-fi artists to do design all of the sets and costumes and spaceships and everything. It was an amazing achievement. It was like being in an art museum, that room where they were hanging it, designing it all and putting it on the wall.
Das extrem ehrgeizige, idiosynkratische und vielleicht auch ein bisschen größenwahnsinnige Projekt scheiterte schließlich daran, dass kein Studio bereit war, die immensen Produktionskosten zu tragen. Für alle Freunde & Freundinnen des phantastischen Kinos ohne Zweifel ein nie wieder gut zu machender Verlust. Jodorowsky hatte u.a. H.R. Giger, Jean Giraud (Moebius), Chris Foss, Orson Welles (als Baron Harkonnen) und Salvador Dalí (als Padishah Emperor Shaddam IV.) für die Umsetzung seiner Vision gewinnen können! Die Musik sollten neben anderen Pink Floyd und Karlheinz Stockhausen beisteuern! (6)
Für Dan O'Bannon bedeutete das Ende von Jodorowskys Dune den finanziellen Ruin. Als er in die USA zurückkehrte, besaß er dort nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf und war gezwungen, sich eine Zeit lang bei seinem Freund Ronald Shusett einzuquartieren. Als George Lucas ihn schließlich beauftragte, einige der Computeranimationen für Star Wars zu kreieren, erlöste ihn das von der Obdachlosigkeit, doch die möglicherweise größte Leistung seiner Karriere hatte er bereits zuvor erbracht: Gemeinsam mit Shusett hatte er das Drehbuch für Alien geschrieben.
Nun gehört das unerfreuliche Abenteuer der Nostromo - Crew ganz sicher zu den Juwelen des SciFi-Kinos, und es liegt mir fern, Dan O'Bannons Beitrag schmälern zu wollen. Der Streifen etablierte endgültig das in Dark Star vorweggenommene dreckig-proletarische Ambiente, und außerdem war es O'Bannon, der die Idee einbrachte, H.R. Giger zu engagieren, den er ja bereits von seinen Pariser Tagen her kannte. Dennoch halte ich es nur für fair, die Leistung des Drehbuchschreibers in wenigstens zwei Punkten ein wenig zu relativieren: Zuerst einmal kannte O'Bannon keine Skrupel, wenn es darum ging, die Werke anderer als {räusper - räusper} "Inspirationsquellen" zu benutzen. So plünderte er recht schamlos Edward L. Cahns It! The Terror From Beyond Space, einen Mitte der 70er vermutlich weitgehend in Vergessenheit geratenen B-Movie aus dem Jahre 1958. (7) Auch wurde O'Bannons Drehbuch vor der Umsetzung von Walter Hill & David Giler überarbeitet. Und auch wenn es den beiden dabei wirklich nur darum gegangen sein sollte, O'Bannon um die Früchte seiner Arbeit zu bringen {wovon dieser felsenfest überzeugt war}, verdanken wir es doch ihrem Eingriff, dass die Hauptfigur eine Frau wurde.
Wie dem auch sei, jedenfalls öffnete der Erfolg von Alien Dan O'Bannon zumindest einige Türen in Hollywood. Zum Startpunkt einer glanzvollen Karriere wurde der Streifen für ihn dennoch nicht. 1981 lieferte er einen Beitrag zu Heavy Metal, 1984 zu C.H.U.D. Dazwischen durfte er miterleben, wie sein Drehbuch für Blue Thunder (1983) entstellt und seines politischen Inhalts beraubt wurde. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Mitte der 80er Jahre beging O'Bannon den Fehler, seine Karriere mit der Tobe Hoopers zu verbinden. {Oder war es Hooper, der hier den Fehler beging?}
Nachdem er sich mit The Texas Chainsaw Massacre (1974) den Ruf eines ebenso talentierten wie unkonventionellen Horror-Regisseurs erworben hatte, war Hoopers Werdegang in Hollywood eher von Enttäuschungen und Demütigungen geprägt gewesen. Zu keiner Zeit gelang es ihm, den Erwartungen, die sein furioses Debüt geweckt hatten, gerecht zu werden. Und als er mit Poltergeist (1981) zum ersten Mal die Chance erhielt, für ein großes Studio (MGM) zu arbeiten, musste er miterleben, wie Produzent Steven Spielberg die Kontrolle an sich riss und er selbst zum bloßen Handlanger des De Facto - Regisseurs degradiert wurde. Drehbuchschreiber Bob Gale berichtete später, "whenever Hooper gave an instruction to cinematographer Matthew F. Leonetti, Leonetti would look over his shoulder at Spielberg, who would nod or shake his head". (8) Dem folgte eine nicht nur finanziell desaströse Kooperation mit der B-Movie-Schmiede Cannon Films, welche zur Produktion von Lifeforce (1985), Invaders from Mars (1986) und The Texas Chainsaw Massacre 2 (1986) führte. An den ersten beiden war Dan O'Bannon als Drehbuchautor beteiligt.
Lifeforce – diese eigenartige SciFi-Mixtur aus Vampirflick und Zombieapokalypse – besitzt zumindest einige interessante {wenn auch eher unangenehme} Facetten, auf die ich vielleicht einmal in einem eigenen Post etwas näher eingehen werde. Doch Invaders from Mars war ganz ohne Zweifel von Anfang an ein missgeleitetes Projekt. Niemand brauchte ein Remake von Menzies' UFO-Klassiker aus dem Jahr 1953. (9) Jedenfalls nicht, wenn dem alten Stoff dabei kein neuer, den Zeitumständen enstprechender Geist eingehaucht wurde, wie dies bei Philip Kaufmans Invasion of the Body Snatchers (1978) oder John Carpenters The Thing (1982) der Fall gewesen war.
Zur selben Zeit hatte O'Bannon bei The Return of the Living Dead (1985) zum ersten Mal die Gelegenheit, selbst Regie zu führen. Ursprünglich war Tobe Hopper für den Posten vorgesehen, aber als dieser es vorzog, den Möchtegern-Blockbuster Lifeforce zu drehen, wandte sich Indie-Produzent Tom Fox an O'Bannon, der zuvor bereits John Russos Script überarbeitet hatte. Glaubt man ihm, so war er nicht wirklich begeistert von dem Angebot. Er hatte schon immer eine Abneigung gegen Sequels, und Return war in gewisser Weise eine Fortsetzung zu George Romeros Night of the Living Dead (1968). (10) Auch erklärte er später mehrfach, "that if he had known he were going to direct, he would have written a somewhat different script, more tailored to his own strengths than to Hooper's". Dennoch machte er sich mit einigem Enthusiasmus an die Arbeit:
Die 80er Jahre waren eine Zeit, in der ironische Horrorgrotesken einen immer prominenteren Platz im Genre einzunehmen begannen. Ich denke da an Streifen wie Don Coscarellis Phantasm (1979), George Romeros Creepshow (1982), Stuart Gordons Re-Animator (1985) oder Sam Raimis The Evil Dead II (1987), die ich allesamt sehr schätze, aber auch an Tom Hollands Fright Night (1985) und Joel Schumachers The Lost Boys (1987). Return of the Living Dead lässt sich als Teil dieses Trends verstehen, ist jedoch sehr viel eindeutiger als die meisten anderen Filme der Sorte als regelrechte Horrorkomödie angelegt. An sich ist dagegen natürlich nichts einzuwenden, aber Humor ist halt so eine Sache. Bei dem einen klickst, bei der anderen nicht. Cinefantastiques Steve Biodrowski schreibt in seiner Besprechung des Films: "The standout among the cast is James Karen, who overplays his role as Frank, long-time employee at the mdeical warehouse; his broad performance hits exactly the right tone in the context of the outrageous scenario". Das mag schon stimmen, aber mich spricht dieser Ton halt einfach nicht so recht an. Ich finde Karens überzogenes Spiel sehr schnell ermüdend, ganz wie den Großteil des Films. Aber das ist wohl einfach Geschmackssache.
Kim Newman hat den Streifen in seinem Buch Nightmare Movies als "opportunist" und "too hip and goofy for its own good" bezeichnet. (11) Möglicherweise ein etwas zu harsches Urteil, aber auch wenn Return of the Living Dead fraglos einige hübsch groteske Szenen enthält, denke ich, dass der gute Kim da nicht so ganz Unrecht hat. Vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, dass einen Monat vor dem Streifen Romeros Day of the Dead in den US-Kinos angelaufen war. O'Bannons Flick will offensichtlich zugleich eine Hommage an und eine Parodie auf Night of the Living Dead sein. Aber er hat nichts wirklich interessantes oder geistreiches über das Zombiegenre zu sagen, während Romero dasselbe beinah zeitgleich weiter ausbaute. Da können dann auch ein nackt über den Friedhof tollendes Punk-Girl, zum Teil recht coole Musik und das inzwischen zum Klischee gewordene "Brainssss ...." der Zombies nicht mehr viel retten.
Im Kontext der Zombiehistorie gebührt The Return of the Living Dead dennoch ein nicht unbedeutender Platz. Immerhin giert es die Lebenden Toten hier erstmals nach menschlichen Gehirnen. Und lange bevor Romero-Puristen eine bizarre Diskussion um die gesteigerte Zombiemobilität in Zack Snyders Remake von Dawn of the Dead (2004) entafchten, durften die untoten Kameraden bereits bei O'Bannon erstaunlich leichtfüßig über die Leinwand flitzen.
Kommen wir zu O'Bannons neben Alien vielleicht bekanntestem Beitrag zum phantastischen Film.
Der Erfolg von Ridley Scotts Bladerunner (1982) hatte in Hollywood-Kreisen das Interesse an Philip K. Dick geweckt. Da traf es sich ganz ausgezeichnet, dass Ronald Shusett weiland die Verfilmungsrechte an einigen Stories des Autors erworben hatte – zu einer Zeit, als das noch für wenig Geld möglich gewesen war. Eine dieser Kurzgeschichten war We Can Remember It For You Wholesale. Der Prozess, in dem daraus schließlich das Drehbuch für Paul Verhoevens Total Recall (1990) wurde, zog sich über Jahre hin und war offenbar ziemlich verworren. Doch den Hauptteil der Arbeit leistete, da scheint man sich einig zu sein, Shusetts alter Kumpel Dan O'Bannan.
Nun gehöre ich nicht zu Verhoevens großen Verehrern, und Total Recall besitzt nicht einmal die subversiven Ambitionen von RoboCop (1987) oder Starship Troopers (1997). Dennoch habe ich eine Schwäche für den Flick. Meine Beziehung zu ihm ähnelt meiner Beziehung zu seinem Star. Ich weiß, Arnold Schwarzenegger war stets ein miserabler Schauspieler {und ist es immer geblieben}, aber in seinen besten Tagen, damals in der Ära der testosteronüberfluteten Actioners der 80er, umgab ihn ein gewisses Charisma. Es macht einfach Spaß, ihn in Filmen wie Conan the Barbarian, Terminator oder Predator seine Muskeln durch die Gegend wuchten zu sehen. Ähnlich verhält es sich mit Total Recall. Sicher kein gehaltvoller Film und ebenso sicher keine wirklich gelungene Dick-Adaption, aber wie Molly Tanzer es einmal so hübsch ausgedrückt hat: "[I]t's still fucking awesome in the way only big-budget sci-fi action movies can be: loud and bullet-riddled, and filled with questionably-futuristic technology, hot babes, awesome dudes, evil corporations, and cool stuff." Außerdem kann man, wenn einem der Sinn danach steht, eine wirklich fiese Wendung in den Film hineinlesen, die ihn zwar nicht unbedingt intelligenter, aber zumindest ambivalenter macht.
Einige Jahre nach Total Recall wandte sich O'Bannon ein zweites Mal dem Werk von Philip K. Dick zu. Angesichts des finanziellen Erfolgs von Verhoevens Film hielt man es bei Sony Pictures Unterabteilung Triumph Films offenbar für eine gute Idee, gleichfalls eine PKD-Adaption produzieren zu lassen. Die Wahl fiel auf Dicks Story Second Variety (12), heraus kam dabei der unter der Regie von Christian Duguay gedrehte Flick Screamers (1995) mit "RoboCop" Peter Weller in der Hauptrolle. Für das Drehbuch zeichneten Miguel Tejada-Flores und O'Bannon verantwortlich.
Der Streifen erwies sich als gewaltiger Flop an den Kinokassen. Dennoch handelt es bei ihm um eine erstaunlich gelungene PKD-Verfilmung. Wie Jason P. Vest in seinem Buch Future Imperfect: Philip K. Dick at the Movies schreibt:
Screamers bezeichnete mehr oder weniger das Ende von Dan O'Bannons Karriere. Spätere Projekte gelangten nie über das Anfangsstadium hinaus. 1997 wurde mit Bleeders aka Hemoglobin noch einmal ein altes Drehbuch von O'Bannon und Shusett verfilmt. Als ich den Streifen vor Jahren zum ersten Mal im Fernsehen sah, hinterließ er einen merkwürdig intensiven Eindruck bei mir. Ein Rewatch des Flicks mit Rutger Hauer in der Hauptrolle hat sich jedoch als eher unbefriedigend erwiesen. Einige Storyelemente sind H.P. Lovecrafts Erzählung The Lurking Fear entlehnt, aber von einer wirklichen Lovecraft-Adaption lässt sich nicht sprechen. Eine solche hatte O'Bannon allerdings bereits fünf Jahre zuvor mit seiner zweiten Regiearbeit The Resurrected geliefert – dem Film, der mich ursprünglich zum Verfassen dieses Blogposts animiert hat, den ich nun aber in einem eigenen Artikel behandeln werde, in welchem ich mich dann auch mit seiner Quelle – HPLs The Case of Charles Dexter Ward – beschäftigen werde.
Es fällt nicht leicht, ein abschließendes Urteil über Dan O'Bannons Oeuvre zu fällen. Seine Karriere in Hollywood litt ohne Zweifel unter seiner mangelnden Bereitschaft, "das Spiel zu spielen" und sich einzufügen. Dennoch finde ich es schwer, in ihm ein Opfer der "seelenlosen Kulturindustrie" zu sehen. Offenbar besaß er die Tendenz, überall persönliche Feinde und gegen ihn gerichtete Verschwörungen zu wittern. Steve Biodrowski präsentiert uns in seinem Nachruf einige entsprechende Anekdoten und Martin Andersons Interview liefert zusätzliches Belegmaterial direkt aus dem Mund des Künstlers. Ob O'Bannons Nonkonformismus auf irgendwelchen ernstzunehmenden künstlerischen Überzeugungen basierte, scheint mir angesichts dessen eher ungewiss. Sicher hegte er einen Abscheu davor, Filmemachen als bloßes Geschäft zu betreiben. Seine kompromisslose Ablehnung des Ausbaus von Alien zu einem ganzen Franchise, zeigt dies sehr deutlich. Doch andererseits gelingt es mir nicht, in seinem Werk irgendwelche Themen ausfindig zu machen, mit denen er sich auf dauerhaftere und intensivere Art auseinandergesetzt hätte. Seine vielleicht größte Leistung bestand darin, dreckige und düstere SciFi-Szenarien (Dark Star, Alien, Screamers) zu entwerfen, ohne dabei in billigen Zynismus zu verfallen. Das ist immerhin etwas, aber für ein ganzes Lebenswerk bleibt es doch ein eher mageres Resultat.
(1) Joseph McBride: Steven Spielberg. A Biography. S. 136.
(2) Die bedeutendste Ausnahme stellt Steven Spielberg dar, der nie eine der großen Filmschulen besuchte.
(3) Zit. nach: Ebd.: S. 137.
(4) Kim Newman: Nightmare Movies. A Critical History of the Horror Film, 1966-86. S. 121.
(5) Das ursprüngliche Script von Dark Star kann man sich hier durchlesen.
(6) Leider ist es mir bisher noch nicht gelungen, Frank Pavichs Dokumentarfilm Jodorowsky's Dune in die Finger zu bekommen.
(7) Wer etwas mehr über diesen Streifen und andere "Vorläufer" von Alien erfahren will, begebe sich gemeinsam mit Mr. Jim Moon und den Black Doggern Lee Medcalf & Darren Barnard auf eine kleine Entdeckungsreise in Episode 80 von Hypnobobs.
(8) Zit. nach: Joseph McBride: Steven Spielberg. A Biography. S. 339.
(9) Über den ich hier bereits einmal einen Beitrag veröffentlicht habe.
(10) Russo hatte sein Drehbuch ursprünglich als direktes Sequel zu dem von Romero und ihm geschaffenen Klassiker angelegt, was von Fox jedoch verworfen wurde. Der Familienstammbaum des modernen Zombiefilms ist eine äußerst verwirrende Angelegenheit
(11) Kim Newman: Nightmare Movies. A Critical History of the Horror Film, 1966-86. S. 207.
(12) Die man sich bei SFFaudio als PDF herunterladen kann,
(13) Jason P. Vest: Future Imperfect: Philip K. Dick at the Movies. S. 78.
Für Dan O'Bannon bedeutete das Ende von Jodorowskys Dune den finanziellen Ruin. Als er in die USA zurückkehrte, besaß er dort nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf und war gezwungen, sich eine Zeit lang bei seinem Freund Ronald Shusett einzuquartieren. Als George Lucas ihn schließlich beauftragte, einige der Computeranimationen für Star Wars zu kreieren, erlöste ihn das von der Obdachlosigkeit, doch die möglicherweise größte Leistung seiner Karriere hatte er bereits zuvor erbracht: Gemeinsam mit Shusett hatte er das Drehbuch für Alien geschrieben.
Nun gehört das unerfreuliche Abenteuer der Nostromo - Crew ganz sicher zu den Juwelen des SciFi-Kinos, und es liegt mir fern, Dan O'Bannons Beitrag schmälern zu wollen. Der Streifen etablierte endgültig das in Dark Star vorweggenommene dreckig-proletarische Ambiente, und außerdem war es O'Bannon, der die Idee einbrachte, H.R. Giger zu engagieren, den er ja bereits von seinen Pariser Tagen her kannte. Dennoch halte ich es nur für fair, die Leistung des Drehbuchschreibers in wenigstens zwei Punkten ein wenig zu relativieren: Zuerst einmal kannte O'Bannon keine Skrupel, wenn es darum ging, die Werke anderer als {räusper - räusper} "Inspirationsquellen" zu benutzen. So plünderte er recht schamlos Edward L. Cahns It! The Terror From Beyond Space, einen Mitte der 70er vermutlich weitgehend in Vergessenheit geratenen B-Movie aus dem Jahre 1958. (7) Auch wurde O'Bannons Drehbuch vor der Umsetzung von Walter Hill & David Giler überarbeitet. Und auch wenn es den beiden dabei wirklich nur darum gegangen sein sollte, O'Bannon um die Früchte seiner Arbeit zu bringen {wovon dieser felsenfest überzeugt war}, verdanken wir es doch ihrem Eingriff, dass die Hauptfigur eine Frau wurde.
Wie dem auch sei, jedenfalls öffnete der Erfolg von Alien Dan O'Bannon zumindest einige Türen in Hollywood. Zum Startpunkt einer glanzvollen Karriere wurde der Streifen für ihn dennoch nicht. 1981 lieferte er einen Beitrag zu Heavy Metal, 1984 zu C.H.U.D. Dazwischen durfte er miterleben, wie sein Drehbuch für Blue Thunder (1983) entstellt und seines politischen Inhalts beraubt wurde. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Mitte der 80er Jahre beging O'Bannon den Fehler, seine Karriere mit der Tobe Hoopers zu verbinden. {Oder war es Hooper, der hier den Fehler beging?}
Nachdem er sich mit The Texas Chainsaw Massacre (1974) den Ruf eines ebenso talentierten wie unkonventionellen Horror-Regisseurs erworben hatte, war Hoopers Werdegang in Hollywood eher von Enttäuschungen und Demütigungen geprägt gewesen. Zu keiner Zeit gelang es ihm, den Erwartungen, die sein furioses Debüt geweckt hatten, gerecht zu werden. Und als er mit Poltergeist (1981) zum ersten Mal die Chance erhielt, für ein großes Studio (MGM) zu arbeiten, musste er miterleben, wie Produzent Steven Spielberg die Kontrolle an sich riss und er selbst zum bloßen Handlanger des De Facto - Regisseurs degradiert wurde. Drehbuchschreiber Bob Gale berichtete später, "whenever Hooper gave an instruction to cinematographer Matthew F. Leonetti, Leonetti would look over his shoulder at Spielberg, who would nod or shake his head". (8) Dem folgte eine nicht nur finanziell desaströse Kooperation mit der B-Movie-Schmiede Cannon Films, welche zur Produktion von Lifeforce (1985), Invaders from Mars (1986) und The Texas Chainsaw Massacre 2 (1986) führte. An den ersten beiden war Dan O'Bannon als Drehbuchautor beteiligt.
Lifeforce – diese eigenartige SciFi-Mixtur aus Vampirflick und Zombieapokalypse – besitzt zumindest einige interessante {wenn auch eher unangenehme} Facetten, auf die ich vielleicht einmal in einem eigenen Post etwas näher eingehen werde. Doch Invaders from Mars war ganz ohne Zweifel von Anfang an ein missgeleitetes Projekt. Niemand brauchte ein Remake von Menzies' UFO-Klassiker aus dem Jahr 1953. (9) Jedenfalls nicht, wenn dem alten Stoff dabei kein neuer, den Zeitumständen enstprechender Geist eingehaucht wurde, wie dies bei Philip Kaufmans Invasion of the Body Snatchers (1978) oder John Carpenters The Thing (1982) der Fall gewesen war.
Zur selben Zeit hatte O'Bannon bei The Return of the Living Dead (1985) zum ersten Mal die Gelegenheit, selbst Regie zu führen. Ursprünglich war Tobe Hopper für den Posten vorgesehen, aber als dieser es vorzog, den Möchtegern-Blockbuster Lifeforce zu drehen, wandte sich Indie-Produzent Tom Fox an O'Bannon, der zuvor bereits John Russos Script überarbeitet hatte. Glaubt man ihm, so war er nicht wirklich begeistert von dem Angebot. Er hatte schon immer eine Abneigung gegen Sequels, und Return war in gewisser Weise eine Fortsetzung zu George Romeros Night of the Living Dead (1968). (10) Auch erklärte er später mehrfach, "that if he had known he were going to direct, he would have written a somewhat different script, more tailored to his own strengths than to Hooper's". Dennoch machte er sich mit einigem Enthusiasmus an die Arbeit:
I came from USC, and when I was studying there the auteur theory was the big thing – the director has to do it all. And I believed them, and in fact I taught myself how to do every job on a movie. So when my turn came on Return, I indeed micro-managed everybody, as a result of which they all hated my guts, and it was a very unpleasant experience.Meiner Meinung nach allerdings ist das Ergebnis dieser Bemühungen nicht so recht überzeugend, auch wenn der Film bei vielen inzwischen Kultstatus genießt.
Die 80er Jahre waren eine Zeit, in der ironische Horrorgrotesken einen immer prominenteren Platz im Genre einzunehmen begannen. Ich denke da an Streifen wie Don Coscarellis Phantasm (1979), George Romeros Creepshow (1982), Stuart Gordons Re-Animator (1985) oder Sam Raimis The Evil Dead II (1987), die ich allesamt sehr schätze, aber auch an Tom Hollands Fright Night (1985) und Joel Schumachers The Lost Boys (1987). Return of the Living Dead lässt sich als Teil dieses Trends verstehen, ist jedoch sehr viel eindeutiger als die meisten anderen Filme der Sorte als regelrechte Horrorkomödie angelegt. An sich ist dagegen natürlich nichts einzuwenden, aber Humor ist halt so eine Sache. Bei dem einen klickst, bei der anderen nicht. Cinefantastiques Steve Biodrowski schreibt in seiner Besprechung des Films: "The standout among the cast is James Karen, who overplays his role as Frank, long-time employee at the mdeical warehouse; his broad performance hits exactly the right tone in the context of the outrageous scenario". Das mag schon stimmen, aber mich spricht dieser Ton halt einfach nicht so recht an. Ich finde Karens überzogenes Spiel sehr schnell ermüdend, ganz wie den Großteil des Films. Aber das ist wohl einfach Geschmackssache.
Kim Newman hat den Streifen in seinem Buch Nightmare Movies als "opportunist" und "too hip and goofy for its own good" bezeichnet. (11) Möglicherweise ein etwas zu harsches Urteil, aber auch wenn Return of the Living Dead fraglos einige hübsch groteske Szenen enthält, denke ich, dass der gute Kim da nicht so ganz Unrecht hat. Vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, dass einen Monat vor dem Streifen Romeros Day of the Dead in den US-Kinos angelaufen war. O'Bannons Flick will offensichtlich zugleich eine Hommage an und eine Parodie auf Night of the Living Dead sein. Aber er hat nichts wirklich interessantes oder geistreiches über das Zombiegenre zu sagen, während Romero dasselbe beinah zeitgleich weiter ausbaute. Da können dann auch ein nackt über den Friedhof tollendes Punk-Girl, zum Teil recht coole Musik und das inzwischen zum Klischee gewordene "Brainssss ...." der Zombies nicht mehr viel retten.
Im Kontext der Zombiehistorie gebührt The Return of the Living Dead dennoch ein nicht unbedeutender Platz. Immerhin giert es die Lebenden Toten hier erstmals nach menschlichen Gehirnen. Und lange bevor Romero-Puristen eine bizarre Diskussion um die gesteigerte Zombiemobilität in Zack Snyders Remake von Dawn of the Dead (2004) entafchten, durften die untoten Kameraden bereits bei O'Bannon erstaunlich leichtfüßig über die Leinwand flitzen.
Kommen wir zu O'Bannons neben Alien vielleicht bekanntestem Beitrag zum phantastischen Film.
Der Erfolg von Ridley Scotts Bladerunner (1982) hatte in Hollywood-Kreisen das Interesse an Philip K. Dick geweckt. Da traf es sich ganz ausgezeichnet, dass Ronald Shusett weiland die Verfilmungsrechte an einigen Stories des Autors erworben hatte – zu einer Zeit, als das noch für wenig Geld möglich gewesen war. Eine dieser Kurzgeschichten war We Can Remember It For You Wholesale. Der Prozess, in dem daraus schließlich das Drehbuch für Paul Verhoevens Total Recall (1990) wurde, zog sich über Jahre hin und war offenbar ziemlich verworren. Doch den Hauptteil der Arbeit leistete, da scheint man sich einig zu sein, Shusetts alter Kumpel Dan O'Bannan.
Nun gehöre ich nicht zu Verhoevens großen Verehrern, und Total Recall besitzt nicht einmal die subversiven Ambitionen von RoboCop (1987) oder Starship Troopers (1997). Dennoch habe ich eine Schwäche für den Flick. Meine Beziehung zu ihm ähnelt meiner Beziehung zu seinem Star. Ich weiß, Arnold Schwarzenegger war stets ein miserabler Schauspieler {und ist es immer geblieben}, aber in seinen besten Tagen, damals in der Ära der testosteronüberfluteten Actioners der 80er, umgab ihn ein gewisses Charisma. Es macht einfach Spaß, ihn in Filmen wie Conan the Barbarian, Terminator oder Predator seine Muskeln durch die Gegend wuchten zu sehen. Ähnlich verhält es sich mit Total Recall. Sicher kein gehaltvoller Film und ebenso sicher keine wirklich gelungene Dick-Adaption, aber wie Molly Tanzer es einmal so hübsch ausgedrückt hat: "[I]t's still fucking awesome in the way only big-budget sci-fi action movies can be: loud and bullet-riddled, and filled with questionably-futuristic technology, hot babes, awesome dudes, evil corporations, and cool stuff." Außerdem kann man, wenn einem der Sinn danach steht, eine wirklich fiese Wendung in den Film hineinlesen, die ihn zwar nicht unbedingt intelligenter, aber zumindest ambivalenter macht.
Einige Jahre nach Total Recall wandte sich O'Bannon ein zweites Mal dem Werk von Philip K. Dick zu. Angesichts des finanziellen Erfolgs von Verhoevens Film hielt man es bei Sony Pictures Unterabteilung Triumph Films offenbar für eine gute Idee, gleichfalls eine PKD-Adaption produzieren zu lassen. Die Wahl fiel auf Dicks Story Second Variety (12), heraus kam dabei der unter der Regie von Christian Duguay gedrehte Flick Screamers (1995) mit "RoboCop" Peter Weller in der Hauptrolle. Für das Drehbuch zeichneten Miguel Tejada-Flores und O'Bannon verantwortlich.
Der Streifen erwies sich als gewaltiger Flop an den Kinokassen. Dennoch handelt es bei ihm um eine erstaunlich gelungene PKD-Verfilmung. Wie Jason P. Vest in seinem Buch Future Imperfect: Philip K. Dick at the Movies schreibt:
Screamers [...] reproduces Dick's original text more faithfully than most other movies adapted from his writing. Its ominous atmosphere occasionally verges into outright misery, which captures the sinister tone of Second Variety remarkably well. [...] Duguay honors the short story's focus on what Dick himself has identified as "my grand theme – who is human and who only appears (masquerades) as human?" Perri Gorrara's set design reflects the short story's malevolent atmosphere, while Rodney Gibbon's cinematography plunges the audience into a world of unsightly nuclear devastation that gives way to uncomfortably constricted interiors. Most impressive is Peter Weller's textured performance as Commander Joseph Hendricksson, a man who like the short story's Major Hendricks, is so exhausted by fighting an endless war that his desire to establish peace with his enemies leads to disastrous consequences for humanity. (13)Screamers ist bei weitem kein makelloser Film. Neben Wellers Hendricksson muten die meisten anderen Charaktere blass und klischeehaft an, und insbesondere die erzwungen wirkende Liebesbeziehung zwischen ihm und Jessica hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Mit seiner intensiven, bedrückenden Atmosphäre und der recht intelligenten Umsetzung des zentralen Themas von simpel-brutalen Tötungsmaschinen, die sich zu einer eigenständigen Lebensform weiterentwickeln, gehört er dennoch zu den sehenswerteren SciFi-Flicks seiner Ära.
Screamers bezeichnete mehr oder weniger das Ende von Dan O'Bannons Karriere. Spätere Projekte gelangten nie über das Anfangsstadium hinaus. 1997 wurde mit Bleeders aka Hemoglobin noch einmal ein altes Drehbuch von O'Bannon und Shusett verfilmt. Als ich den Streifen vor Jahren zum ersten Mal im Fernsehen sah, hinterließ er einen merkwürdig intensiven Eindruck bei mir. Ein Rewatch des Flicks mit Rutger Hauer in der Hauptrolle hat sich jedoch als eher unbefriedigend erwiesen. Einige Storyelemente sind H.P. Lovecrafts Erzählung The Lurking Fear entlehnt, aber von einer wirklichen Lovecraft-Adaption lässt sich nicht sprechen. Eine solche hatte O'Bannon allerdings bereits fünf Jahre zuvor mit seiner zweiten Regiearbeit The Resurrected geliefert – dem Film, der mich ursprünglich zum Verfassen dieses Blogposts animiert hat, den ich nun aber in einem eigenen Artikel behandeln werde, in welchem ich mich dann auch mit seiner Quelle – HPLs The Case of Charles Dexter Ward – beschäftigen werde.
Es fällt nicht leicht, ein abschließendes Urteil über Dan O'Bannons Oeuvre zu fällen. Seine Karriere in Hollywood litt ohne Zweifel unter seiner mangelnden Bereitschaft, "das Spiel zu spielen" und sich einzufügen. Dennoch finde ich es schwer, in ihm ein Opfer der "seelenlosen Kulturindustrie" zu sehen. Offenbar besaß er die Tendenz, überall persönliche Feinde und gegen ihn gerichtete Verschwörungen zu wittern. Steve Biodrowski präsentiert uns in seinem Nachruf einige entsprechende Anekdoten und Martin Andersons Interview liefert zusätzliches Belegmaterial direkt aus dem Mund des Künstlers. Ob O'Bannons Nonkonformismus auf irgendwelchen ernstzunehmenden künstlerischen Überzeugungen basierte, scheint mir angesichts dessen eher ungewiss. Sicher hegte er einen Abscheu davor, Filmemachen als bloßes Geschäft zu betreiben. Seine kompromisslose Ablehnung des Ausbaus von Alien zu einem ganzen Franchise, zeigt dies sehr deutlich. Doch andererseits gelingt es mir nicht, in seinem Werk irgendwelche Themen ausfindig zu machen, mit denen er sich auf dauerhaftere und intensivere Art auseinandergesetzt hätte. Seine vielleicht größte Leistung bestand darin, dreckige und düstere SciFi-Szenarien (Dark Star, Alien, Screamers) zu entwerfen, ohne dabei in billigen Zynismus zu verfallen. Das ist immerhin etwas, aber für ein ganzes Lebenswerk bleibt es doch ein eher mageres Resultat.
(1) Joseph McBride: Steven Spielberg. A Biography. S. 136.
(2) Die bedeutendste Ausnahme stellt Steven Spielberg dar, der nie eine der großen Filmschulen besuchte.
(3) Zit. nach: Ebd.: S. 137.
(4) Kim Newman: Nightmare Movies. A Critical History of the Horror Film, 1966-86. S. 121.
(5) Das ursprüngliche Script von Dark Star kann man sich hier durchlesen.
(6) Leider ist es mir bisher noch nicht gelungen, Frank Pavichs Dokumentarfilm Jodorowsky's Dune in die Finger zu bekommen.
(7) Wer etwas mehr über diesen Streifen und andere "Vorläufer" von Alien erfahren will, begebe sich gemeinsam mit Mr. Jim Moon und den Black Doggern Lee Medcalf & Darren Barnard auf eine kleine Entdeckungsreise in Episode 80 von Hypnobobs.
(8) Zit. nach: Joseph McBride: Steven Spielberg. A Biography. S. 339.
(9) Über den ich hier bereits einmal einen Beitrag veröffentlicht habe.
(10) Russo hatte sein Drehbuch ursprünglich als direktes Sequel zu dem von Romero und ihm geschaffenen Klassiker angelegt, was von Fox jedoch verworfen wurde. Der Familienstammbaum des modernen Zombiefilms ist eine äußerst verwirrende Angelegenheit
(11) Kim Newman: Nightmare Movies. A Critical History of the Horror Film, 1966-86. S. 207.
(12) Die man sich bei SFFaudio als PDF herunterladen kann,
(13) Jason P. Vest: Future Imperfect: Philip K. Dick at the Movies. S. 78.
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