"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Freitag, 24. Mai 2013

Im Herbst von Hammer

Der Cushing-Woche dritter Teil

Anfang der 70er Jahre zeichnete sich immer deutlicher ab, dass die Ära des klassischen Brit-Horrors ihrem Ende entgegen ging. Hammer versuchte diesem Trend zuerst einmal mit etwas mehr Blut und nackten Brüsten entgegenzuwirken, wobei man sich in Filmen wie The Vampire Lovers (1970), Dr. Jekyll and Sister Hyde (1971) oder Vampire Circus (1972) allerdings immer noch an den "gotischen" Stil hielt, für den die Firma in ihrer Blütezeit bekannt geworden war. Schließich jedoch gelangte man zu der Überzeugung, dass ein modernes Setting und etwas Counterculture - Zeitgeist besser geeignet wären, um das junge Zielpublikum ins Kino zu locken. Zugleich jedoch wollte man nicht auf die bewährten Protagonisten verzichten, vor allem nicht auf Christopher Lees Dracula. Also versetzte man den Fürsten der Finsternis in Dracula AD 1972 (1972) und The Satanic Rites of Dracula (1973) ins Swinging London der Gegenwart. Für Lee war mit diesen Filmen eine Grenze überschritten, jenseits derer er nicht länger bereit war, den Grafen zu spielen. Seinen letzten Dracula-Film The Legend of the 7 Golden Vampires (1974), in dem der berühmte Untote sein Unwesen im China der Shaw-Brüder treibt, musste das House of Hammer ohne ihn drehen.
"[F]atuous, pointless, absurd" das waren die  Bezeichnungen, mit denen Christopher Lee The Satanic Rites of Dracula belegte. Und er fügte hinzu, dass er ebensogut noch zwanzig weitere Adjektive aufzählen könnte, von denen sicher keines besonders schmeichelhaft für Alan Gibsons Film gewesen wäre. Doch ist der Streifen wirklich so mies? Schaun wir mal:


Die Antwortet lautet leider JA.
Ich hatte gehofft, der Film sei verrückt genug, um einen eigenen Charme entwickeln zu können, doch dem ist nicht so. The Satanic Rites of Dracula ist nicht bizarr, sondern einfach bloß dumm und langweilig. Es wäre reine Zeitverschwendung, wollte man die ganze Sinnlosigkeit der Story um einen satanischen Vampirkult, mit dessen Hilfe ein als millionenschwerer Großindustrieller zurückgekehrter Dracula die Ausrottung der Menschheit mittels eines Supervirus plant, hier im Detail darlegen. Die Idee, dass der Graf die Apokalypse herbeisehnt, weil er seines ewigen Lebens überdrüssig geworden ist, hätte der Ausgangspunkt für eine ganz interessante Geschichte werden können. Nicht jedoch in diesem Machwerk. Man kann nur zu gut verstehen, warum Christopher Lee nach dieser Tortur endgültig die Schnauze voll hatte, wirkt sein Vampirfürst doch bloß noch wie eine traurige Karrikatur seiner selbst.
Einen besonders peinlichen Eindruck hinterlässt das offensichtliche Bemühen der Macher von Satanic Rites, sich beim rebellischen Zeitgeist der 70er Jahre - Jugend anzubiedern. So besteht die Führungsriege besagten Kultes aus vier Stellvertretern des bösen Establishments {ein General, ein Minister, ein Grundbesitzer und Dracula selbst als Großindustrieller}, und an einer Stelle faselt der Graf plötzlich etwas von einem Staatsstreich, den er und seine Anhänger planen würden, um der herrschenden Dekadenz Einhalt zu gebieten. {Dass solche Ideen von Teilen der britischen Elite jener Zeit tatsächlich erwogen wurden, macht die Art, wie mit diesem Thema umgegangen wird, nur noch unerträglicher.}
Peter Cushings Bemühen, seinem Lorrimar Van Helsing selbst inmitten dieses Sumpfes von cineastischem Stumpfsinn einen Rest an Würde und Ernsthaftigkeit zu bewahren, wirkt beinahe heroisch, kann den Film aber ebensowenig retten wie Joanna Lumleys Sexappeal. Und dass letztere als Van Helsings Enkelin und angebliche "rechte Hand" selbstredend ganz auf die Rolle der {wenig überzeugenden} Scream Queen und Damsel in Distress reduziert bleibt, will ich gar nicht erst groß kommentieren.
Das Beste, was man zur Verteidigung dieses traurigen Beispiels für Hammers Niedergang, vorbringen könnte, ist, dass der Flick das Material für folgenden Clip zu Skodiacs' Song Hey Little Vampire abgegeben hat:


Nebenbei bemerkt ist das die wahrscheinlich beste Szene des ganzen Films. Das kleine Vampirmädchen wirkt wirklich unheimlich ... Shit, jetzt versuch ich doch tatsächlich, selbst in diesem Bockmist noch irgendwas gutes zu finden ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen