Nachdem sich unser letzter Ausflug in die grünen Wälder von Filmfantasyland als ein eher unerfreuliches Erlebnis herausgestellt hat, dachte ich mir, wir könnten es zur Abwechselung ja mal mit den atomar verseuchten Wüsten des Postapokalyptischen Films versuchen. Schließlich erfreute sich der – spätestens nach dem Erfolg von Mad Max 2: The Road Warrior (1981) – in den 80er Jahren mindestens ebenso großer Beliebtheit wie das Barbarengenre. Eher zufällig fiel meine Wahl dabei auf Robert Hayes' ultrabilligen Flick She-Wolves of the Wasteland aus dem Jahre 1988, auch bekannt als Phoenix the Warrior.
Was soll ich sagen, ich war selbst etwas überrascht, aber der Streifen ist wirklich ein Riesenspaß! Vorausgesetzt man teilt meine Liebe zu absurdem B-Movie-Trash.
Daneben ist er der letzte Film, in dem Persis Khambatta mitgewirkt hat – den meisten vermutlich vor allem als Lt. Ilia aus Star Trek: The Motion Picture (1979) bekannt. Für mich Grund genug, diese Besprechung mit einem kurzen Abriss von Leben und Werk der indischen Schauspielerin zu beginnen.
Daneben ist er der letzte Film, in dem Persis Khambatta mitgewirkt hat – den meisten vermutlich vor allem als Lt. Ilia aus Star Trek: The Motion Picture (1979) bekannt. Für mich Grund genug, diese Besprechung mit einem kurzen Abriss von Leben und Werk der indischen Schauspielerin zu beginnen.
Als Tochter eines parsischen Ehepaares aus der Mittelklasse am 2. Oktober 1948 in Mumbai/Bombay geboren, gelangte Persis Khambatta bereits im Alter von vierzehn Jahren zu landesweiter Bekanntheit, als die beliebte Seifenmarke Rexona mit ihrem Konterfei beworben wurde. Sie startete eine Karriere als professionelles Model und gewann 1965 den Titel der Femina Miss India. Als solche nahm sie an dem in Florida stattfindenden Miss Universum - Wettbewerb teil. Bei dieser Gelegenheit soll ihr die Rolle in einem James Bond - Film angeboten worden sein (You Only Live Twice oder On Her Majesty's Secret Service?), doch sie lehnte ab, hatte sie ihrer Mutter doch versprochen, nach Abschluss des Wettbewerbs umgehend in die Heimat zurückzukehren. Ihr Einstieg ins Filmgeschäft fand deshalb erst 1967 und in Bollywood statt. Ihr Auftritt als Cabaret-Sängerin Leela in Bambai Raat Ki Bahon Mein (Bombay By Night) von Khwaja Ahmad Abbas erregte zwar Aufsehen, doch der Mangel an Professionalität, der ihrer Meinung nach in der indischen Filmindustrie jener Zeit herrschte, ließ sie anderswo nach Karierechancen Ausschau halten. Sie ging nach Deutschland, wo sie 1969 in Kobi Jaegers Kamasutra mitspielte – einem Film, der heute höchstens noch aufgrund der Musik von Can bekannt sein dürfte. Bald darauf siedelte sie nach London über, wo sie weiter als Model arbeitete, zugleich Schauspielunterricht nahm und in einigen Theateraufführungen mitwirkte. Nachdem sie kleinere Rollen in Ralph Nelsons The Wilby Conspiracy (1975) und Michael Andersons Conduct Unbecoming (1975) gespielt hatte, versuchte sie in Hollywood Fuß zu fassen. 1977 spielte sie die indische Prinzessin Siri in dem TV-Film The Man with the Power {der übrigens nichts mit der Outer Limits - Episode des gleichen Titels zu tun hat}, doch der wirkliche Durchbruch gelang ihr erst, als sie von Gene Roddenberry und seinem Team unter unzähligen Bewerberinnen für die Rolle der Lt. Ilia ausgewählt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Plan, eine weitere Star Trek - Serie (Phase II) zu produzieren, noch nicht gestorben, und so schien sich für Persis Khambatta die Möglichkeit eröffnet zu haben, über Jahre hinweg eine führende Rolle in einer prestigeträchtigen TV-Serie zu spielen. Immerhin hatte Paramount vorgehabt, Phase II zum Zugpferd für ihren geplanten neuen Fernsehkanal zu machen. Als es schließlich doch nicht dazu kam, und das Projekt in Reaktion auf den gewaltigen Erfolg von Star Wars und Close Encounters of the Third Kind stattdessen in einen Kinofilm umgewandelt wurde, war Khambatta zugleich begeistert und etwas enttäuscht: "I was thrilled, because I like the big screen and I could then move
on to the next thing. It was the biggest break for me. In a way, though,
I wish it had been a TV series because then you are working for five
years." Ich selbst halte Star Trek: The Motion Picture (1979) bei all seinen unleugbaren Schwächen übrigens für einen recht interessanten Film, und sein kommerzieller Erfolg war seinerzeit gewaltig. Für Persis Khambatta hätte der Streifen – sollte man meinen – der Start einer großen Hollywoodkarriere werden müssen. Doch es kam anders. Zwar trat sie 1981 mit Nighthawks noch einmal in einem großen Blockbuster auf, doch schon ein Jahr später begann ihre Übersiedelung in das Universum der B-Movies mit ihrer Rolle in dem legendären Eighties-Action-Schlock Megaforce. Dem folgte 1983 Warrior of the Lost World, 1985 First Strike und 1988 schließlich She-Wolves of the Waste Land. Dass sie zur selben Zeit auch in einer winzigen Nebenrolle in My Beautiful Laundrette (1985) von Stephen Frears & Hanif Kureishi zu sehen war, halte ich für ein faszinierendes kleines Detail. Ebenso, was man in Kuldip Singhs für den Independent verfassten Nachruf auf die 1998 verstorbene Schauspielerin lesen kann: "In the United States, [Persis Khambatta] used her film success to campaign hard for
ethnic minority actors to play ethnic roles, which were being cornered
by white men in dark make-up."
Doch genug über die Karriere von Persis Khambatta – Was genau hat man denn nun von She-Wolves of the Wastland zu erwarten?
Nach einem alles verheerenden bakteriologischen und atomaren Weltkrieg ist nicht nur die Zivilisation wie wir sie kennen zusammengebrochen, sondern auch der männliche Teil der Bevölkerung vollständig ausgerottet worden. Über die ausschließlich von Frauen bewohnten Wüsteneien der neuen Barbarei herrscht die greise "Reverend Mother" (Sheila Howard), deren gentechnische Experimente offenbar zur Entstehung der zum Zeitpunkt der Handlung lebenden Generation geführt haben, und die mit Hilfe ihrer brutalen Handlangerin Cobalt (Persis Khambatta) alle beseitigen lässt, die sich ihrem Willen zu widersetzen wagen. Als die junge Keela (Peggy McIntaggart), eines der Objekte ihres Zuchtprogramms, mit einem männlichen Embryo schwanger wird und aus ihrem Labor entkommt, schickt die "Reverend Mother" ihr deshalb augenblicklich Cobalt und ihren Trupp schießwütiger Killerinnen hinterher. Nicht so sehr, weil sie etwas gegen die Geburt eines männlichen Kindes hätte, als vielmehr, weil sie ihr unnatürlich langes Leben dem Aussaugen der Lebenskraft anderer Menschen verdankt, und Männer sind offenbar besonders nahrhaft. Mehr noch – wie es aussieht, ist sie ohne das Kind dazu verurteilt, in absehbarer Zukunft zu sterben. Ziemlich ärgerlich also, dass es der werdenden Mutter mit Hilfe der umherwandernden Kriegerin Phoenix (Kathleen Kinmont) gelingt, ihren Scherginnen zu entkommen, wenn auch unter massiven Kollateralschäden {der Ausrottung einer kleinen Kolonie "freier Frauen" (?)}. Als sich einige Jahre später Phoenix, Keela und der kleine Junge auf ihrer Suche nach einem sicheren Zufluchtsort gezwungen sehen, erneut den Herrschaftsbereich der "Reverend Mother" zu betreten, ist der Ärger vorprogammiert ...
Wer sich jetzt denkt: Das klingt ja wie absoluter Nonsense, der hat natürlich vollkommen recht. Doch gerade dass der Plot so hanebüchen ist, trägt viel zum Spaß bei, den man mit diesem Flick haben kann.
Es ist sicher nicht ganz falsch, in der postapokalyptischen Mode der 80er Jahre zumindst auch eine Reaktion auf die gesellschaftlichen Entwicklungen der Zeit zu sehen. Nach den großen Massenkämpfen der 60er und 70er Jahre, in deren Verlauf die arbeitende Bevölkerung der USA noch einmal eine Reihe politischer, sozialer und wirtschaftlicher Zugeständnisse hatte erringen können, setzte Ende der 70er Jahre unter Jimmy Carter der Gegenangriff der herrschenden Elite ein. Die 80er erlebten deren uneingeschränkten Triumph während der Präsidentschaft von Ronald Reagan. Derweil der Zerfall der alten Kernindustrien der USA immer schneller voranschritt, was katastrophale Folgen für große Teile der Bevölkerung hatte, wurden an der Spitze der Gesellschaft und in der oberen Mittelklasse immer obszönere Bereicherungsorgien gefeiert. Wer nicht zur schmalen Schicht der Nutznießer dieser Entwiclung gehörte, hatte wenig Grund, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen. Zugleich beschwor der von Reagan neu entfachte Kalte Krieg den Alptraum eines drohenden Atomkriegs herauf. Die Furcht vor dem nuklearen Holocaust war vermutlich nie so stark und weitverbreitet wie in diesem Jahrzehnt.
Auch wenn etwas von dem allgemeinen Gefühl dieser Zeit in ihnen mitschwingen mochte, versuchte die überwältigende Mehrheit der postapokalyptische Filme natürlich nicht, sich ernsthaft mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Sie waren als bloße Unterhaltungsfilme konzipiert, nicht als actionangereicherte Versionen von Konstantin Lopuschanskis Pisma myortvogo cheloveka / Briefe eines Toten (1986). Doch immer dann, wenn sie den Eindruck etwas größerer Ernsthaftigkeit zu erwecken versuchten, endeten sie beinah ausnahmslos in einer wenig ansprechenden Mischung aus misanthropem Pessimismus und Vigilante-Verherrlichung. {Letzteres selbst aufs engste verbunden mit jenem ultraindivudalistischen Ethos, das in der Reagan-Ära zum höchsten Ideal der amerikanischen Gesellschaft erklärt worden war.}
So gesehen finde ich es äußerst begrüßenswert, wenn ein Flick wie She-Wolves of the Wasteland die Kulisse der postapokylptischen Ödlande dazu benutzt, uns ganz einfach sexy Ladies mit coolen Knarren zu präsentieren, die sich wilde Schießereien liefern, mit umgebauten Dune-Buggies durch die Wüste preschen, Wellblechhütten in die Luft jagen oder in einer ärmlichen Gladiatoernarena gegeneinander antreten. Die Absurdität des Plots erhöht noch den trashigen Charme des Spektakels und verhindert zugleich, dass man auf die verrückte Idee verfallen könnte, hinter dem Ganzen verberge sich irgendeine ernstgemeinte Idee über die Gesellschaft oder die menschliche Natur.
Und noch aus einem anderen Grund, finde ich den Nonsense-Charakter von She-Wolves of the Wasteland sehr erfreulich. Wäre die Story etwas logischer und in sich schlüssiger aufgebaut gewesen, hätte die Gefahr bestanden, dass ein Szenario im Stile von "Männermordendes Matriarchat muss von einem Bündnis aus rebellierenden Frauen und unterdrückten Männern gestürzt werden, um die 'natürliche Ordnung der Dinge' wieder herzustellen" dabei herausgekommen wäre. Ein Szenario, das sich meines Wissens nach zumindest in einigen B-Movies der Zeit findet. Nicht so in Phoenix. Zwar bekommen wir ein-zweimal zu hören, dass offenbar "die Männer" für die Große Katstrophe verantwortlich gemacht werden, doch dieses Motiv wird nie weiter ausgeführt. Die "Reverend Mother" ist keine fanatische "Männerhasserin", vielmehrt kennt sie im Stile der allermeisten B-Movie - Bösewichter nur ein Ziel: Macht {und vielleicht noch Unsterblichkeit}. Wenn sie mit Hilfe ihres Zuchtprogramms dafür gesorgt hat, dass es keine Männer mehr gibt, so nicht weil sie etwas gegen diese hätte, sondern weil sie auf diese Weise ihre Kontrolle über die postapokalyptische Welt aufrechterhalten kann: Da biologische Fortpflanzung nicht mehr möglich ist, hängt das Überleben der Menschheit ganz von ihr und ihren Genlabors ab. {Hier unterstelle ich dem Film vermutlich bereits eine größere Logik als er besitzt, aber was soll's ...}
In diesem Zusammenhang finde ich es recht interessant, was Norbert Aichele in einem Artikel für den Zauberspiegel über den Streifen geschrieben hat:
Von einem Flick wie She-Wolves of the Wasteland hätte man eine Story, wie Aichele sie beschreibt, erwarten können, weshalb es mich auch nicht wundert, dass seine Erinnerung ihm in diesem Punkt einen Streich gespielt hat. Dass es in Wirklichkeit nicht zu besagter Schwängerung kommt, finde ich um so bezeichnender.
In der Tat begegnen unsere Heldinnen irgendwann dem namenlosen "letzten Mann auf Erden". Sobald dies geschieht, befürchtet man natürlich augenblicklich, dass dieser den Part des Haupthelden übernehmen werde und Phoenix sich von nun mit der Rolle der "Frau an seiner Seite" begnügen müsstte. Ebenso naheliegend ist die Vermutung, das die beiden zu einem Paar werden oder wenigstens Sex miteinander haben. Doch nichts von dem geschieht. Phoenix bleibt unangefochten die Heldin der Geschichte.
Schon etwas in die Jahre gekommen und mit Schnauzbart und schütterem Haupthaar sieht der "letzte Mann" (James Emery) nicht nur nicht aus wie ein Held, er ist auch keiner. Es braucht ziemlich lange, bis die Frauen ihn dazu überreden können, ihnen im Kampf gegen die "Reverend Mother" beizustehen, und auch dann erweist er sich als wenig hilfreich. Seine größte Heldentat besteht darin, ein Auto zu fahren. Seine Rolle in den Kämpfen und Feuergefechten ist bestenfalls marginal. Verglichen mit ihm ist selbst die kurz mal auftauchende Gladiatorin Neon (Laurie de Nuccio) eine größere Hilfe. Und was den Sex angeht, so ist Phoenix im ersten Moment zwar durchaus daran interessiert, es mal mit einem Mann zu versuchen, und greift dem von ihr k.o.-geschlagenen Kerl herzhaft zwischen die Beine, doch verliert sie schon bald jedes Interesse an ihm. Stattdessen kommt es zu einer Beziehung zwischen Keela und dem "letzten Mann", die erstaunlich zurückhaltend und sympathisch in Szene gesetzt ist.
Überhaupt ist der Film, anders als man es vielleicht erwarten würde, fast ganz frei von Sexploitation-Elementen. Einzige Ausnahme bildet eine relativ frühe Szene, die ganz augenscheinlich keinen anderen Zweck erfüllt, als uns im pseudoerotischen Soft-Porno-Stil ein paar nackte Frauen beim Baden/Duschen in einem Wasserfall zu zeigen. Irgendwie merkwürdig, dass es keine weiteren Szenen dieser Art gibt, hatten die Macher doch offenkundig nicht grundsätzlich etwas dagegen, ihr Publikum auf diese Weise zu unterhalten.
Nicht unerwähnt bleiben darf auch die Sequenz, in der unsere Heldinnen in die "Bad Lands" vorzustoßen versuchen, die zwischen der Domäne der "Reverend Mother" und dem rettenden Land an der Küste liegen. Hier nämlich geht der Streifen urplötzlich dazu über, auf parodistische Weise Planet of the Apes (1968) und Beneath the Planet of the Apes (1970) zu zitieren. Das gilt nicht nur für die zur Abschreckung an der Grenze drapierten gekreuzigten Leichen, sondern auch für die Musik, die mit einemmal experimentell und "spooky" zu wirken versucht – selbstverständlich ohne dabei auch nur im Entferntesten an die Qualität von Jerry Goldsmiths grandiosem Soundtrack heranzureichen. Die Mutanten, die alsbald auftauchen, beten statt einer Atombombe einen Fernsehapparat an und besingen in ihren Hymnen u.a. die Flintstones, die Jetsons und die Sesame Street. Als Parodie bewegt sich das zugegebenermaßen auf dem Niveau von The Ice Pirates (1984) oder Galaxina (1980), aber mir hat's trotzdem Spaß gemacht.
Was jedem, der sich in die atomar verseuchten Wüsteneien von Phoenix begeben will, allerdings von vornherein klar sein sollte, ist, dass der Flick ganz offensichtlich "für eine Handvoll Dollars" gemacht wurde. Als Drehorte konnte man sich nicht mehr leisten als ein aus ein paar windschiefen Hütten bestehendes Dorf, eine stillgelegte Fabrik und die Wüste. Auch darf man keine ausufernden Verfolgungsjagden und Materialschlachten à la Mad Max erwarten – die meisten Explosionen erinnern eher an neckische Feuerwerkerei. Und von schauspielerischen Leistungen wollen wir lieber gar nicht erst reden.
Wenn ich erklären soll, warum She-Wolves of the Wasteland dennoch so ein Heidenspaß für mich gewesen ist, erscheint es mir am sinnvollsten, wieder auf Persis Khambatta zurückzukommen. Mein Eindruck ist, dass sie ein äuérst lockerer und humorvoller Mensch gewesen sein muss. Natürlich kann man es bedauern, dass sie nie wirklich die Chance erhielt, eine Karriere in den höheren Sphären von Hollywood zu machen, und sich stattdessen mit der Halbwelt des Grindhouse-Kinos begnügen musste. Sie selbst jedoch scheint mir dieser wenig glücklichen Wendung mit der Einstellung begegnet zu sein, nicht zu verzweifeln, sondern das Beste für sich dabei herauszuholen. Sie war Co-Produzentin von She-Wolves of the Wasteland, und hatte ganz offensichtlich einen Riesenspaß, die psychopathische Bösewichtin zu geben, die ihren Opfern hysterisch lachend die Ohren abschneidet, um sie ihrer stets wachsenden Sammlung beizufügen. Es ist eine Freude, mitzuerleben, wie gnadenlos überdreht sie ihre Rolle als Cobalt spielt. Keine Frage – Ms. Khambatta war vollauf bewusst, in was für einem Schlock sie da mitwirkte, und sie genoss es in vollen Zügen. Wer mit einer vergleichbaren Einstellung an She-Wolves of the Wasteland heranzugehen vermag, den erwarten großartige fünfundachtzig Minuten.
Doch genug über die Karriere von Persis Khambatta – Was genau hat man denn nun von She-Wolves of the Wastland zu erwarten?
Nach einem alles verheerenden bakteriologischen und atomaren Weltkrieg ist nicht nur die Zivilisation wie wir sie kennen zusammengebrochen, sondern auch der männliche Teil der Bevölkerung vollständig ausgerottet worden. Über die ausschließlich von Frauen bewohnten Wüsteneien der neuen Barbarei herrscht die greise "Reverend Mother" (Sheila Howard), deren gentechnische Experimente offenbar zur Entstehung der zum Zeitpunkt der Handlung lebenden Generation geführt haben, und die mit Hilfe ihrer brutalen Handlangerin Cobalt (Persis Khambatta) alle beseitigen lässt, die sich ihrem Willen zu widersetzen wagen. Als die junge Keela (Peggy McIntaggart), eines der Objekte ihres Zuchtprogramms, mit einem männlichen Embryo schwanger wird und aus ihrem Labor entkommt, schickt die "Reverend Mother" ihr deshalb augenblicklich Cobalt und ihren Trupp schießwütiger Killerinnen hinterher. Nicht so sehr, weil sie etwas gegen die Geburt eines männlichen Kindes hätte, als vielmehr, weil sie ihr unnatürlich langes Leben dem Aussaugen der Lebenskraft anderer Menschen verdankt, und Männer sind offenbar besonders nahrhaft. Mehr noch – wie es aussieht, ist sie ohne das Kind dazu verurteilt, in absehbarer Zukunft zu sterben. Ziemlich ärgerlich also, dass es der werdenden Mutter mit Hilfe der umherwandernden Kriegerin Phoenix (Kathleen Kinmont) gelingt, ihren Scherginnen zu entkommen, wenn auch unter massiven Kollateralschäden {der Ausrottung einer kleinen Kolonie "freier Frauen" (?)}. Als sich einige Jahre später Phoenix, Keela und der kleine Junge auf ihrer Suche nach einem sicheren Zufluchtsort gezwungen sehen, erneut den Herrschaftsbereich der "Reverend Mother" zu betreten, ist der Ärger vorprogammiert ...
Wer sich jetzt denkt: Das klingt ja wie absoluter Nonsense, der hat natürlich vollkommen recht. Doch gerade dass der Plot so hanebüchen ist, trägt viel zum Spaß bei, den man mit diesem Flick haben kann.
Es ist sicher nicht ganz falsch, in der postapokalyptischen Mode der 80er Jahre zumindst auch eine Reaktion auf die gesellschaftlichen Entwicklungen der Zeit zu sehen. Nach den großen Massenkämpfen der 60er und 70er Jahre, in deren Verlauf die arbeitende Bevölkerung der USA noch einmal eine Reihe politischer, sozialer und wirtschaftlicher Zugeständnisse hatte erringen können, setzte Ende der 70er Jahre unter Jimmy Carter der Gegenangriff der herrschenden Elite ein. Die 80er erlebten deren uneingeschränkten Triumph während der Präsidentschaft von Ronald Reagan. Derweil der Zerfall der alten Kernindustrien der USA immer schneller voranschritt, was katastrophale Folgen für große Teile der Bevölkerung hatte, wurden an der Spitze der Gesellschaft und in der oberen Mittelklasse immer obszönere Bereicherungsorgien gefeiert. Wer nicht zur schmalen Schicht der Nutznießer dieser Entwiclung gehörte, hatte wenig Grund, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen. Zugleich beschwor der von Reagan neu entfachte Kalte Krieg den Alptraum eines drohenden Atomkriegs herauf. Die Furcht vor dem nuklearen Holocaust war vermutlich nie so stark und weitverbreitet wie in diesem Jahrzehnt.
Auch wenn etwas von dem allgemeinen Gefühl dieser Zeit in ihnen mitschwingen mochte, versuchte die überwältigende Mehrheit der postapokalyptische Filme natürlich nicht, sich ernsthaft mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Sie waren als bloße Unterhaltungsfilme konzipiert, nicht als actionangereicherte Versionen von Konstantin Lopuschanskis Pisma myortvogo cheloveka / Briefe eines Toten (1986). Doch immer dann, wenn sie den Eindruck etwas größerer Ernsthaftigkeit zu erwecken versuchten, endeten sie beinah ausnahmslos in einer wenig ansprechenden Mischung aus misanthropem Pessimismus und Vigilante-Verherrlichung. {Letzteres selbst aufs engste verbunden mit jenem ultraindivudalistischen Ethos, das in der Reagan-Ära zum höchsten Ideal der amerikanischen Gesellschaft erklärt worden war.}
So gesehen finde ich es äußerst begrüßenswert, wenn ein Flick wie She-Wolves of the Wasteland die Kulisse der postapokylptischen Ödlande dazu benutzt, uns ganz einfach sexy Ladies mit coolen Knarren zu präsentieren, die sich wilde Schießereien liefern, mit umgebauten Dune-Buggies durch die Wüste preschen, Wellblechhütten in die Luft jagen oder in einer ärmlichen Gladiatoernarena gegeneinander antreten. Die Absurdität des Plots erhöht noch den trashigen Charme des Spektakels und verhindert zugleich, dass man auf die verrückte Idee verfallen könnte, hinter dem Ganzen verberge sich irgendeine ernstgemeinte Idee über die Gesellschaft oder die menschliche Natur.
Und noch aus einem anderen Grund, finde ich den Nonsense-Charakter von She-Wolves of the Wasteland sehr erfreulich. Wäre die Story etwas logischer und in sich schlüssiger aufgebaut gewesen, hätte die Gefahr bestanden, dass ein Szenario im Stile von "Männermordendes Matriarchat muss von einem Bündnis aus rebellierenden Frauen und unterdrückten Männern gestürzt werden, um die 'natürliche Ordnung der Dinge' wieder herzustellen" dabei herausgekommen wäre. Ein Szenario, das sich meines Wissens nach zumindest in einigen B-Movies der Zeit findet. Nicht so in Phoenix. Zwar bekommen wir ein-zweimal zu hören, dass offenbar "die Männer" für die Große Katstrophe verantwortlich gemacht werden, doch dieses Motiv wird nie weiter ausgeführt. Die "Reverend Mother" ist keine fanatische "Männerhasserin", vielmehrt kennt sie im Stile der allermeisten B-Movie - Bösewichter nur ein Ziel: Macht {und vielleicht noch Unsterblichkeit}. Wenn sie mit Hilfe ihres Zuchtprogramms dafür gesorgt hat, dass es keine Männer mehr gibt, so nicht weil sie etwas gegen diese hätte, sondern weil sie auf diese Weise ihre Kontrolle über die postapokalyptische Welt aufrechterhalten kann: Da biologische Fortpflanzung nicht mehr möglich ist, hängt das Überleben der Menschheit ganz von ihr und ihren Genlabors ab. {Hier unterstelle ich dem Film vermutlich bereits eine größere Logik als er besitzt, aber was soll's ...}
In diesem Zusammenhang finde ich es recht interessant, was Norbert Aichele in einem Artikel für den Zauberspiegel über den Streifen geschrieben hat:
Gleichwohl sollte man diese Mär von der Erde, auf der nur noch Frauen leben, vergessen (Ich mag den Film, aber das ist eine andere Sache). Plötzlich taucht doch noch ein Mann auf und schwängert eine Frau. Die Herrscherin dieser Endzeitwelt (Persis) will das Kind töten, um dessen Lebensenergie zu ziehen.Übergehen wir den Punkt, dass Persis Khambattas Cobalt nicht die die Herrscherin ist, und konzentrieren wir uns auf die Sache mit dem (letzten) Mann und dem Schwängern.
Von einem Flick wie She-Wolves of the Wasteland hätte man eine Story, wie Aichele sie beschreibt, erwarten können, weshalb es mich auch nicht wundert, dass seine Erinnerung ihm in diesem Punkt einen Streich gespielt hat. Dass es in Wirklichkeit nicht zu besagter Schwängerung kommt, finde ich um so bezeichnender.
In der Tat begegnen unsere Heldinnen irgendwann dem namenlosen "letzten Mann auf Erden". Sobald dies geschieht, befürchtet man natürlich augenblicklich, dass dieser den Part des Haupthelden übernehmen werde und Phoenix sich von nun mit der Rolle der "Frau an seiner Seite" begnügen müsstte. Ebenso naheliegend ist die Vermutung, das die beiden zu einem Paar werden oder wenigstens Sex miteinander haben. Doch nichts von dem geschieht. Phoenix bleibt unangefochten die Heldin der Geschichte.
Schon etwas in die Jahre gekommen und mit Schnauzbart und schütterem Haupthaar sieht der "letzte Mann" (James Emery) nicht nur nicht aus wie ein Held, er ist auch keiner. Es braucht ziemlich lange, bis die Frauen ihn dazu überreden können, ihnen im Kampf gegen die "Reverend Mother" beizustehen, und auch dann erweist er sich als wenig hilfreich. Seine größte Heldentat besteht darin, ein Auto zu fahren. Seine Rolle in den Kämpfen und Feuergefechten ist bestenfalls marginal. Verglichen mit ihm ist selbst die kurz mal auftauchende Gladiatorin Neon (Laurie de Nuccio) eine größere Hilfe. Und was den Sex angeht, so ist Phoenix im ersten Moment zwar durchaus daran interessiert, es mal mit einem Mann zu versuchen, und greift dem von ihr k.o.-geschlagenen Kerl herzhaft zwischen die Beine, doch verliert sie schon bald jedes Interesse an ihm. Stattdessen kommt es zu einer Beziehung zwischen Keela und dem "letzten Mann", die erstaunlich zurückhaltend und sympathisch in Szene gesetzt ist.
Überhaupt ist der Film, anders als man es vielleicht erwarten würde, fast ganz frei von Sexploitation-Elementen. Einzige Ausnahme bildet eine relativ frühe Szene, die ganz augenscheinlich keinen anderen Zweck erfüllt, als uns im pseudoerotischen Soft-Porno-Stil ein paar nackte Frauen beim Baden/Duschen in einem Wasserfall zu zeigen. Irgendwie merkwürdig, dass es keine weiteren Szenen dieser Art gibt, hatten die Macher doch offenkundig nicht grundsätzlich etwas dagegen, ihr Publikum auf diese Weise zu unterhalten.
Nicht unerwähnt bleiben darf auch die Sequenz, in der unsere Heldinnen in die "Bad Lands" vorzustoßen versuchen, die zwischen der Domäne der "Reverend Mother" und dem rettenden Land an der Küste liegen. Hier nämlich geht der Streifen urplötzlich dazu über, auf parodistische Weise Planet of the Apes (1968) und Beneath the Planet of the Apes (1970) zu zitieren. Das gilt nicht nur für die zur Abschreckung an der Grenze drapierten gekreuzigten Leichen, sondern auch für die Musik, die mit einemmal experimentell und "spooky" zu wirken versucht – selbstverständlich ohne dabei auch nur im Entferntesten an die Qualität von Jerry Goldsmiths grandiosem Soundtrack heranzureichen. Die Mutanten, die alsbald auftauchen, beten statt einer Atombombe einen Fernsehapparat an und besingen in ihren Hymnen u.a. die Flintstones, die Jetsons und die Sesame Street. Als Parodie bewegt sich das zugegebenermaßen auf dem Niveau von The Ice Pirates (1984) oder Galaxina (1980), aber mir hat's trotzdem Spaß gemacht.
Was jedem, der sich in die atomar verseuchten Wüsteneien von Phoenix begeben will, allerdings von vornherein klar sein sollte, ist, dass der Flick ganz offensichtlich "für eine Handvoll Dollars" gemacht wurde. Als Drehorte konnte man sich nicht mehr leisten als ein aus ein paar windschiefen Hütten bestehendes Dorf, eine stillgelegte Fabrik und die Wüste. Auch darf man keine ausufernden Verfolgungsjagden und Materialschlachten à la Mad Max erwarten – die meisten Explosionen erinnern eher an neckische Feuerwerkerei. Und von schauspielerischen Leistungen wollen wir lieber gar nicht erst reden.
Wenn ich erklären soll, warum She-Wolves of the Wasteland dennoch so ein Heidenspaß für mich gewesen ist, erscheint es mir am sinnvollsten, wieder auf Persis Khambatta zurückzukommen. Mein Eindruck ist, dass sie ein äuérst lockerer und humorvoller Mensch gewesen sein muss. Natürlich kann man es bedauern, dass sie nie wirklich die Chance erhielt, eine Karriere in den höheren Sphären von Hollywood zu machen, und sich stattdessen mit der Halbwelt des Grindhouse-Kinos begnügen musste. Sie selbst jedoch scheint mir dieser wenig glücklichen Wendung mit der Einstellung begegnet zu sein, nicht zu verzweifeln, sondern das Beste für sich dabei herauszuholen. Sie war Co-Produzentin von She-Wolves of the Wasteland, und hatte ganz offensichtlich einen Riesenspaß, die psychopathische Bösewichtin zu geben, die ihren Opfern hysterisch lachend die Ohren abschneidet, um sie ihrer stets wachsenden Sammlung beizufügen. Es ist eine Freude, mitzuerleben, wie gnadenlos überdreht sie ihre Rolle als Cobalt spielt. Keine Frage – Ms. Khambatta war vollauf bewusst, in was für einem Schlock sie da mitwirkte, und sie genoss es in vollen Zügen. Wer mit einer vergleichbaren Einstellung an She-Wolves of the Wasteland heranzugehen vermag, den erwarten großartige fünfundachtzig Minuten.
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