Im Jahr 1982 nahmen die argentinischen Filmproduzenten Hector Olivera und Alejandro Sasso Kontakt mit Roger Corman auf und schlugen ihm vor, gemeinsam Low-Budget-Streifen "in der Pampa" zu drehen. Als Köder diente ihnen neben den niedrigen Produktionskosten die Aussicht auf staatliche Subventionen. Der alte Schlockmeister zögerte nicht lang, und bald darauf begannen in der Nähe von Buenos Aires die Dreharbeiten für Deathstalker – ein Conan - Knock-off, das ich vermutlich nicht besprechen werde, da ich momentan keine Möglichkeit sehe, es mir anzuschauen. Der Film bildete nicht nur den Startpunkt für Lana Clarksons Aufstieg zu einer Art Genre-Ikone, sondern erwies sich auch als erfolgreich genug, um eine kleine Reihe von Corman und Olivera coproduzierter und in Argentinien gedrehter Fantasystreifen nach sich zu ziehen.
Den ersten davon haben wir mit The Warrior and the Sorceress bereits kennengelernt. Ihm folgte 1985 der Sword, Sorcery & Sexploitation - Flick Barbarian Queen, den wir vermutlich gleichfalls nicht werden besuchen können, was ich etwas bedauerlich finde, gerade weil es sich um einen recht unappetitlichen Streifen handelt, der gut geeignet gewesen wäre, um zu zeigen, in welch wenig erbauliche Gefilde der S&S - Film der 80er mitunter abdriften konnte.
Für den Moment müssen wir uns mit dem vierten Eintrag in ihrem gemeinsamen Fantasyoeuvre begnügen, bei dem Olivera wie schon bei Barbarian Queen auf dem Regiestuhl Platz nahm: Wizards of the Lost Kingdom (1985):
Es fällt schwer zu beschreiben, was genau dieser Streifen eigentlich ist, doch es ist glorios! Hier dürfen wir den Großmeister des Low Budget - Films bei einer seiner schamlosesten Operationen beobachten, und das Ergebnis ist ein Riesenspaß.
Wizards of the Lost Kingdom besteht aus einer Aneinanderreihung von Szenen, die sich einfach nicht zu einer flüssig fortlaufenden Einheit zusammenfügen wollen. Oberflächlich betrachtet gibt es natürlich einen Plot, der sie irgendwie zusammenhält und in einer bestimmten Reihenfolge anordnet, doch in Optik, Ton, Musik und z.T. auch Inhalt wirken sie wie aus unterschiedlichen Filmen herausgerissene und willkürlich zusammengestoppelte Versatzstücke. Zum Teil trügt dieser Eindruck nicht einmal. Roger Corman kannte keinerlei Skrupel, wenn es darum ging, ganze Sequenzen aus seinen Filmen in späteren Produktionen erneut zu verwenden. So finden sich z.B. die Weltraumschlachten aus Battle Beyond the Stars (1980) auch in Space Raiders (1983). Auf gleiche Weise recycelt Wizards of the Lost Kingdom u.a. die Opferszene aus The Sorceress. {Und bevor jemand fragt: Ja, auch dieser Film enthält Teile von James Horners Soundtrack für Battle Beyond the Stars. Allmählich frage ich mich, ob Corman die Musik in jedem seiner 80er Jahre - Filme verwendet hat, ganz gleich, ob sie passte oder nicht. Und in diesem Fall passte sie so überhaupt nicht.} Aber selbst die Szenen, die eindeutig für diesen Film gedreht wurden, hinterlassen einen ähnlichen Eindruck. Manchmal bestehen diese merkwürdigen Brüche sogar zwischen einzelnen Kameraeinstellungen.
Ich weiß, das klingt jetzt nicht unbedingt wie ein Empfehlungsschreiben. Als Film ist Wizards of the Lost Kingdom eine einzige Katastrophe. Aber mir zumindest macht es mitunter Spaß, zuzuschauen, wie ein solches Debakel sich Schritt für Schritt vor meinen Augen entfaltet. Und da der Flick bei all seinen Verbrechen an der filmischen Handwerkskunst keinerlei wirklich unangenehme Elemente enthält – keine pubertär-sexistischen Witzeleien wie in Sorceress, keine Vergewaltigungs- und Folterorgien wie in Barbarian Queen – kann man sich gemütlich zurücklehnen, um sich immer wieder aufs Neue davon überraschen zu lassen, welch bizarren Unsinn uns Corman, Olivera und Drehbuchautor Ed Naha jetzt wieder auftischen.
Über das, was sich frecherweise als Plot des Films auszugeben versucht, braucht man nicht all zu viele Worte zu verlieren. Der böse Zauberer Shurka (Thom Christopher) stürzt und tötet mit Hilfe der verräterischen Königin Udea (Barbara Stock) den guten König Tylor. Simon (Vidal Peterson), der Sohn des gleichfalls ermordeten Hofmagiers Wulfric, macht sich zusammen mit seinem knuffigen Monsterfreund Gulfax und dem Abenteuerer Kor "the Conqueror" (Bo Svenson) auf, dies Unrecht wiedergutzumachen und Prinzessin Aura (Dolores Michaels) aus den Klauen des verbrecherischen Shurka zu befreien.
Wizards of the Lost Kingdom bildet so etwas wie das ergänzende Gegenstück zu der im selben Jahr auf den Markt geworfenen Barbarian Queen. Während diese mit viel Sex und Gewalt {und häufig beidem zugleich} eine "erwachsene" Zuschauerschaft anzusprechen versuchte, hatte man hier ganz offensichtlich ein eher kindliches Publikum im Auge. Deshalb die überraschend unblutigen Kampfszenen, und deshalb auch solch neckische Figuren wie bärtige Wichtel oder Edgardo Moreira in einem putzigen Yeti-Teddybär-Kostüm als Gulfalx. Dass der Film auch halbverweste Untote und heulende Gespenster zu bieten hat, spricht keineswegs gegen diese Einschätzung. Auch Kids wollen sich mitunter ein bisschen gruseln.
Allerdings wird ebenso rasch klar, dass die Rolle des Simon ursprünglich für jemanden konzipiert war, der älter gewirkt hätte als Vidal Peterson. Denn obwohl der Jungschauspieler, der nebenbei bemerkt zwei Jahre zuvor in Jack Claytons Adaption von Ray Bradburys Something Wicked This Way Comes mitgespielt hatte, zum Zeitpunkt des Drehs ungefähr sechzehn Jahre alt gewesen sein muss, vermittelt er doch den Eindruck, deutlich jünger zu sein. Und das verleiht einigen Szenen einen – wie soll ich mich ausdrücken? – ziemlich eigenartigen Vibe. Das beginnt bereits ganz am Anfang, wenn die deutlich älter wirkende Aura den guten Simon fragt, warum sie nicht auf der Stelle heiraten könnten. Noch bizarrer wird es etwas später, wenn Acrasia (Maria Socas – die barbusige Schöne aus The Warrior and the Sorceress) – eine von Shurka ausgesandte "Nymphe", die sich am Ende als monströses Rieseninsekt entpuppt – den Magiersohn zu verführen und auf "die dunkle Seite der Macht" herüberzuziehen versucht. Sie erinnerte mich sehr stark an Figuren wie Kirke aus der Odyssee, die Lamiae aus einigen Stories von Clark Ashton Smith oder Klingsors Blumenmädchen aus Wagners Parsifal – allesamt Verkörperungen sinnlich-sexueller Versuchung.
Anfangs mögen solche Szenen etwas "creepy" wirken. Doch sobald man realisiert, dass sie nicht so intendiert waren, sondern diesen Charakter nur angenommen haben, weil der Held des Ganzen möglichst jung wirken sollte, um eine Identifikationsfigur für das angepeilte Publikum abgeben zu können, tragen sie um so mehr zum trashigen Charme des Ganzen bei.
Von schauspielerischen Leistungen wollen wir lieber gar nicht erst reden, aber der stets verlässliche Bo Svenson als Glücksritter Kor, für den ein gutes Glas Wein {oder besser noch drei oder vier} das Schönste auf Erden ist, fügt dem Film doch ein weiteres sympathisches Element bei. Auch wenn er seine Dialoge ebenso uninspiriert runterleiert wie alle anderen, und sämtliche Versuche, seiner Figur etwas mehr Tiefe zu verleihen, so mitleiderregend wirken wie der Rest des Flicks.
Vermutlich werde ich es nicht schaffen, meinen Leserinnen und Lesern zu vermitteln, warum mir der Anblick der Wichtelwohnstatt oder der Seejungfrau mit ihrer Regenbogenbrücke ein so überwältigendes Vergnügen bereitet hat. Wer meine leicht perverse Neigung zu absurdem Schlock nicht teilt, wird Wizards of the Lost Kingdom wahrscheinlich einfach bloß peinlich und langweilig finden. Allen meinen Brüdern und Schwestern im Geiste jedoch kann ich einen Besuch nur wärmstens empfehlen. Dieser Flick befindet sich wahrlich jenseits von Gut und Böse. Und wer könnte so herz- und humorlos sein, um einem Film, in dem die Zeile "We're running out of dwarves" vorkommt, nicht wenigstens ein bisschen Sympathie entgegen zu bringen?
Den ersten davon haben wir mit The Warrior and the Sorceress bereits kennengelernt. Ihm folgte 1985 der Sword, Sorcery & Sexploitation - Flick Barbarian Queen, den wir vermutlich gleichfalls nicht werden besuchen können, was ich etwas bedauerlich finde, gerade weil es sich um einen recht unappetitlichen Streifen handelt, der gut geeignet gewesen wäre, um zu zeigen, in welch wenig erbauliche Gefilde der S&S - Film der 80er mitunter abdriften konnte.
Für den Moment müssen wir uns mit dem vierten Eintrag in ihrem gemeinsamen Fantasyoeuvre begnügen, bei dem Olivera wie schon bei Barbarian Queen auf dem Regiestuhl Platz nahm: Wizards of the Lost Kingdom (1985):
Es fällt schwer zu beschreiben, was genau dieser Streifen eigentlich ist, doch es ist glorios! Hier dürfen wir den Großmeister des Low Budget - Films bei einer seiner schamlosesten Operationen beobachten, und das Ergebnis ist ein Riesenspaß.
Wizards of the Lost Kingdom besteht aus einer Aneinanderreihung von Szenen, die sich einfach nicht zu einer flüssig fortlaufenden Einheit zusammenfügen wollen. Oberflächlich betrachtet gibt es natürlich einen Plot, der sie irgendwie zusammenhält und in einer bestimmten Reihenfolge anordnet, doch in Optik, Ton, Musik und z.T. auch Inhalt wirken sie wie aus unterschiedlichen Filmen herausgerissene und willkürlich zusammengestoppelte Versatzstücke. Zum Teil trügt dieser Eindruck nicht einmal. Roger Corman kannte keinerlei Skrupel, wenn es darum ging, ganze Sequenzen aus seinen Filmen in späteren Produktionen erneut zu verwenden. So finden sich z.B. die Weltraumschlachten aus Battle Beyond the Stars (1980) auch in Space Raiders (1983). Auf gleiche Weise recycelt Wizards of the Lost Kingdom u.a. die Opferszene aus The Sorceress. {Und bevor jemand fragt: Ja, auch dieser Film enthält Teile von James Horners Soundtrack für Battle Beyond the Stars. Allmählich frage ich mich, ob Corman die Musik in jedem seiner 80er Jahre - Filme verwendet hat, ganz gleich, ob sie passte oder nicht. Und in diesem Fall passte sie so überhaupt nicht.} Aber selbst die Szenen, die eindeutig für diesen Film gedreht wurden, hinterlassen einen ähnlichen Eindruck. Manchmal bestehen diese merkwürdigen Brüche sogar zwischen einzelnen Kameraeinstellungen.
Ich weiß, das klingt jetzt nicht unbedingt wie ein Empfehlungsschreiben. Als Film ist Wizards of the Lost Kingdom eine einzige Katastrophe. Aber mir zumindest macht es mitunter Spaß, zuzuschauen, wie ein solches Debakel sich Schritt für Schritt vor meinen Augen entfaltet. Und da der Flick bei all seinen Verbrechen an der filmischen Handwerkskunst keinerlei wirklich unangenehme Elemente enthält – keine pubertär-sexistischen Witzeleien wie in Sorceress, keine Vergewaltigungs- und Folterorgien wie in Barbarian Queen – kann man sich gemütlich zurücklehnen, um sich immer wieder aufs Neue davon überraschen zu lassen, welch bizarren Unsinn uns Corman, Olivera und Drehbuchautor Ed Naha jetzt wieder auftischen.
Über das, was sich frecherweise als Plot des Films auszugeben versucht, braucht man nicht all zu viele Worte zu verlieren. Der böse Zauberer Shurka (Thom Christopher) stürzt und tötet mit Hilfe der verräterischen Königin Udea (Barbara Stock) den guten König Tylor. Simon (Vidal Peterson), der Sohn des gleichfalls ermordeten Hofmagiers Wulfric, macht sich zusammen mit seinem knuffigen Monsterfreund Gulfax und dem Abenteuerer Kor "the Conqueror" (Bo Svenson) auf, dies Unrecht wiedergutzumachen und Prinzessin Aura (Dolores Michaels) aus den Klauen des verbrecherischen Shurka zu befreien.
Wizards of the Lost Kingdom bildet so etwas wie das ergänzende Gegenstück zu der im selben Jahr auf den Markt geworfenen Barbarian Queen. Während diese mit viel Sex und Gewalt {und häufig beidem zugleich} eine "erwachsene" Zuschauerschaft anzusprechen versuchte, hatte man hier ganz offensichtlich ein eher kindliches Publikum im Auge. Deshalb die überraschend unblutigen Kampfszenen, und deshalb auch solch neckische Figuren wie bärtige Wichtel oder Edgardo Moreira in einem putzigen Yeti-Teddybär-Kostüm als Gulfalx. Dass der Film auch halbverweste Untote und heulende Gespenster zu bieten hat, spricht keineswegs gegen diese Einschätzung. Auch Kids wollen sich mitunter ein bisschen gruseln.
Allerdings wird ebenso rasch klar, dass die Rolle des Simon ursprünglich für jemanden konzipiert war, der älter gewirkt hätte als Vidal Peterson. Denn obwohl der Jungschauspieler, der nebenbei bemerkt zwei Jahre zuvor in Jack Claytons Adaption von Ray Bradburys Something Wicked This Way Comes mitgespielt hatte, zum Zeitpunkt des Drehs ungefähr sechzehn Jahre alt gewesen sein muss, vermittelt er doch den Eindruck, deutlich jünger zu sein. Und das verleiht einigen Szenen einen – wie soll ich mich ausdrücken? – ziemlich eigenartigen Vibe. Das beginnt bereits ganz am Anfang, wenn die deutlich älter wirkende Aura den guten Simon fragt, warum sie nicht auf der Stelle heiraten könnten. Noch bizarrer wird es etwas später, wenn Acrasia (Maria Socas – die barbusige Schöne aus The Warrior and the Sorceress) – eine von Shurka ausgesandte "Nymphe", die sich am Ende als monströses Rieseninsekt entpuppt – den Magiersohn zu verführen und auf "die dunkle Seite der Macht" herüberzuziehen versucht. Sie erinnerte mich sehr stark an Figuren wie Kirke aus der Odyssee, die Lamiae aus einigen Stories von Clark Ashton Smith oder Klingsors Blumenmädchen aus Wagners Parsifal – allesamt Verkörperungen sinnlich-sexueller Versuchung.
Anfangs mögen solche Szenen etwas "creepy" wirken. Doch sobald man realisiert, dass sie nicht so intendiert waren, sondern diesen Charakter nur angenommen haben, weil der Held des Ganzen möglichst jung wirken sollte, um eine Identifikationsfigur für das angepeilte Publikum abgeben zu können, tragen sie um so mehr zum trashigen Charme des Ganzen bei.
Von schauspielerischen Leistungen wollen wir lieber gar nicht erst reden, aber der stets verlässliche Bo Svenson als Glücksritter Kor, für den ein gutes Glas Wein {oder besser noch drei oder vier} das Schönste auf Erden ist, fügt dem Film doch ein weiteres sympathisches Element bei. Auch wenn er seine Dialoge ebenso uninspiriert runterleiert wie alle anderen, und sämtliche Versuche, seiner Figur etwas mehr Tiefe zu verleihen, so mitleiderregend wirken wie der Rest des Flicks.
Vermutlich werde ich es nicht schaffen, meinen Leserinnen und Lesern zu vermitteln, warum mir der Anblick der Wichtelwohnstatt oder der Seejungfrau mit ihrer Regenbogenbrücke ein so überwältigendes Vergnügen bereitet hat. Wer meine leicht perverse Neigung zu absurdem Schlock nicht teilt, wird Wizards of the Lost Kingdom wahrscheinlich einfach bloß peinlich und langweilig finden. Allen meinen Brüdern und Schwestern im Geiste jedoch kann ich einen Besuch nur wärmstens empfehlen. Dieser Flick befindet sich wahrlich jenseits von Gut und Böse. Und wer könnte so herz- und humorlos sein, um einem Film, in dem die Zeile "We're running out of dwarves" vorkommt, nicht wenigstens ein bisschen Sympathie entgegen zu bringen?
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