[T]hat’s the trouble with mainstream science fiction filmmaking these days: there’s no expectation that an audience is capable of putting things together or waiting for a payoff, and there certainly aren’t many filmmakers or executives willing to take the risk. The problem, it seems, is the desire of those who greenlight movies to lump science fiction in with action, and it’s easy to guess why: Star Wars. Before 1977, there were occasional crossovers, but for the most part, science fiction was a genre purely unto itself, concerned with alien invasions and post-apocalyptic scenarios and subtextual parallels. After Lucas mashed up spaceships and swashbucklers, sci-fi was never the same.
Ich finde das Bild der Entwicklung des SciFi-Films, das Bailey hier entwirft, aus einer ganzen Reihe von Gründen recht merkwürdig.
Zuerst einmal scheint mir der gute Jason eine über alle Maßen idealisierte Vorstellung der Prä -
Star Wars - Ära zu besitzen. Gute Science Fiction hat seiner Meinung nach "
brainy and smart" zu sein, "
fueled by Big Concepts and Grand Ideas". Doch die überwältigende Mehrheit der SciFi-Filme der 50er und 60er Jahre gehörten zur fröhlichen Gemeinde des B-Movie-Schlocks. Ein Klassiker wie Fred Wilcox'
Forbidden Planet (1956) bildete da eine einsame Ausnahme.
Bailey selbst erwähnt die weite Verbreitung des Motivs der außerirdischen Invasion. Nun gibt es zwar einige wirklich intelligente Vertreter dieses Subgenres {nennen wir es einfach mal so}:
Quatermass II (1955),
Invasion of the Body Snatchers (1956),
Village of the Damned (1960). {Und zwei davon sind auch noch britische Produktionen!} Doch die meisten der "Flying Saucer" - Flicks aus der guten alten Zeit beschäftigten sich ganz sicher nicht mit "
Big Concepts and Grand Ideas". Was nicht bedeuten soll, dass sie nicht trotzdem ein Heidenspaß sein können. {Man denke bloß an das Original von
The Thing [1951], an
Invaders from Mars [1953],
It Came From Outer Space [1953] oder
Earth vs. The Flying Saucers [1956]}.
Was die postapokalyptischen Szenarien angeht, die Bailey als zweite Erscheinungsform des "guten" SciFi-Films der Vergangenheit anführt, so handelt es sich dabei eigentlich um eine Spezialität der späten 60er und der 70er Jahre.
The Last Man on Earth mit Vincent Price flimmerte zwar bereits 1964 über die Kinoleinwände, doch bin ich mir ziemlich sicher, dass unser
Star Wars - Basher hier eher an
Planet of the Apes (1968),
Beneath the Planet of the Apes (1970) oder
Logan's Run (1976) gedacht hat.
Und damit kommen wir zu einem der grundsätzlicheren Probleme, die ich mit seinem Artikel habe. Vielleicht ist das ein dummes Vorurteil, aber ich habe das Gefühl, dass viele SciFi-Fans sich beinahe ausschließlich in ihrer bevorzugten Nische der Filmwelt auskennen. Bei Bailey jedenfalls scheint mir das offensichtlich der Fall zu sein. Er kommt gar nicht auf den Gedanken, dass man den SciFi-Film vielleicht im Rahmen der Gesamtentwicklung des amerikanischen Kinos** betrachten sollte, von allgemeineren sozialen, politischen und kulturellen Trends einmal ganz zu schweigen.
In den späten 60er und den 70er Jahren können wir tatsächlich das vermehrte Auftauchen "ernsthafterer" SciFi-Filme beobachten. Neben der
Planet of the Apes - Reihe u.a.
2001 (1968),
The Andromeda Strain (1970),
Silent Running (1972),
Soylent Green (1973),
Westworld (1973),
The Stepford Wives (1975),
Rollerball (1975)
Logan's Run (1976),
Close Encounter of the Third Kind (1977),
Capricorn One (1978),
Invasion of the Body Snatchers (1978) und
Alien (1979). Eine in inhaltlicher, stilistischer und qualitativer Hinsicht heterogene Gruppe, die sich dennoch sehr deutlich von allem unterscheidet, was vorher da war. Die Erklärung für dieses Phänomen ausschließlich oder auch nur hauptsächlich im Genre selbst, seiner angeblichen Verbundenheit mit "
Big Concepts and Grand Ideas", zu suchen, scheint mir verfehlt. Stattdessen sollte man diese Filme lieber im Kontext der Veränderungen betrachten, die sich zu dieser Zeit ganz allgemein im amerikanischen Kino abspielen. Ich würde sie als eine Erscheinungsformen dessen betrachten, was man gemeinhin mit dem Schlagwort "New Hollywood" umschreibt.
Ende der 60er Jahre machten sich eine Reihe größtenteils noch junger Filmemacher daran, die amerikanische Kinolandschaft tiefgreifend zu verändern. Sie arbeiteten zwar nicht außerhalb des Studiosystems, aber gelockerte Kontrollen und das Ende des Production Codes (1966) erlaubten es ihnen, sehr viel unabhängiger und experimentierfreudiger zu Werke zu gehen. Oft verrieten ihre Filme einen kritischen Blick auf Aspekte der US-Gesellschaft, wie es ihn in dieser Offenheit seit der McCarthy-Ära in Hollywood so gut wie nicht mehr gegeben hatte. Zu den bekanntesten Beispielen für diese nicht viel länger als ein Jahrzehnt dauernde Periode gehören u.a. Arthur Penns
Bonnie and Clyde (1967), Norman Jewisons
In the Heat of the Night (1967), Dennis Hoppers
Easy Rider (1969), Sydney Pollacks
They Shoot Horses, Don't They? (1969), Robert Altmans
McCabe & Mrs. Miller (1971),
The Long Goodbye (1973),
Thieves Like Us (1974) und
Nashville (1975), Francis Ford Coppolas
Godfather (1972) und
Apocalypse Now (1979), Terrence Malicks
Badlands (1973), Sam Peckinpahs
Pat Garrett and Billy the Kid (1973) und
Bring Me the Head of Alfredo Garcia (1974), John Cassavetes'
A Woman Under the Influence (1974), Roman Polanskis
Chinatown (1974) sowie Woody Allens
Annie Hall (1976),
Manhattan (1979) und
Stardust Memories (1980). Auch wenn das die realen Zusammenhänge natürlich übermäßig simplifiziert und keine Rücksicht auf die einzelnen Künstler und ihre individuellen Entwicklungen nimmt, lässt sich zusammenfassend doch sagen, dass dieser Trend die allgemeine Radikalisierung der Zeit widerspiegelte: Bürgerrechtsbewegung, Vietnamkriegsproteste, Gegenkultur und Studentenrevolte.
Das Ende von "New Hollywood" kam an der Wende von den 70er zu den 80er Jahren. Oberflächlich betrachtet waren dafür einerseits eine Reihe spektakulärer kommerzieller Flops {berühmtestes Beispiel: Michael Ciminos
Heaven's Gate [1980]} und andererseits die Geburt des Blockbusterschemas verantwortlich. Doch hielte ich es für ziemlich absurd, wollte man die Richtung, in der der amerikanische Film sich von nun an entwickelte, ganz einfach aus dem Größenwahn einiger Regisseure oder der Gier und Cleverness der Studiobosse erklären. Ebensowenig halte ich es für angebracht, von irgendwelchen "immanenten Gesetzen der Kulturindustrie" zu sprechen. Wenn "New Hollywood" auf die eine oder andere Weise den rebellischen Geist der 60er und 70er widerspiegelte, so fällt sein Ende mit dem Triumph der Reaktion unter Ronald Reagan zusammen. Soviel zumindest sollte eigentlich offensichtlich sein. Dass die konservativen Kräfte diesen Sieg scheinbar so mühelos erringen konnten, deutet allerdings auch auf einige Schwächen der vorhergehenden Bewegung hin, deren Kritik an der US-Gesellschaft oft eher diffus blieb und deren Rebellentum selten über die Attitüde des Outsiders oder Underdogs hinauskam. Auch hierin war "New Hollywood" ein Abbild der allgemeineren "Revolte" jener Jahre.
Die Ironie besteht nun darin, dass
Star Wars selbst ein Produkt von "New Hollywood" war und zugleich neben Steven Spielbergs
Jaws zum wichtigsten Vorbild für das Blockbusterformat wurde.***
George Lucas begann seine Karriere als ein erklärter Rebell gegen Hollywoods Establishment. Der Erfolg seines gegen zahllose Widerstände seitens Universal Pictures realisierten
American Graffiti (1973) war ein gehöriger Schock für die großen Bosse gewesen, eine Art Menetekel des zusammenbrechenden Studiosystems. Und auch die Produktion von
Star Wars ähnelte ganz und gar nicht den kommenden Blockbuster-Gepflogenheiten. Es muss viel Leidenschaft erfordert haben, all die Hindernisse zu überwinden, die der Fertigstellung des Filmes im Wege standen, und von denen die Skepsis der Mächtigen bei 20th Century Fox nicht die geringste war. Inhaltlich gesehen ist
Star Wars im Vergleich zu den meisten anderen großen SciFi-Filmen der 70er Jahre zwar schrecklich kindisch, enthält aber trotzdem noch deutliche Spuren des rebellischen Geistes jener Zeit.
Der gewaltige kommerzielle Erfolg des Streifens machte ihn zu einem der Muster, nach denen die Studios in den 80er Jahren den Blockbuster kreierten. Doch das bedeutet nicht, dass dieselbe Entwicklung nicht auch ohne ihn stattgefunden hätte. Wie eingangs bereits angedeutet, war er bloß der Katalysator für einen Prozess, der sich völlig unabhängig von ihm abspielte. Man könnte George Lucas höchstens vorwerfen, dass er sich dieser Entwicklung ohne zu zögern anschloss und in kürzester Zeit vom idealistischen Rebellen zum milliardenschweren Herrscher eines Filmimperiums mutierte. Aber selbst das wäre wohl nicht ganz fair, denn als Produzent leistete er zumindest in den 80er Jahren noch manch positiven Beitrag zur Filmgeschichte. Vielleicht kommt noch einmal der Tag, an dem man es als seinen größten Verdienst ansehen wird, dass es ohne ihn Filme wie Akira Kurosawas
Kagemusha (1980) oder Jim Hensons
Labyrinth (1986) möglicherweise nie gegeben hätte.
Wie beinahe jeder
Star Wars - Basher, dem ich bisher begegnet bin, stellt auch Jason Bailey dem bösen Machwerk von Lucas als strahlendes Beispiel für den "guten" und "intelligenten" SciFi-Film, den Onkel George angeblich auf dem Gewissen hat, Stanley Kubricks
2001 – A Space Odyssey entgegen. Die kritiklose Verherrlichung dieses Films erscheint mir ebenso problematisch wie die maßlose Dämonisierung von
Star Wars. Natürlich ist er ein echter Klassiker, der in ästhetischer wie inhaltlicher Hinsicht in einer ganz anderen Liga spielt als Lucas' Weltraumabenteuer. Doch das makellose Meisterwerk, das viele in ihm sehen wollen, ist
2001 meiner Ansicht nach nicht. Wie Jim Moon einmal sehr treffend
bemerkt hat: "
Kubrick as a director ... has a fatal flaw, he doesn't understand people" (1:04:00). Bei all seinem formalen Perfektionismus gelingt es ihm nur selten, lebendige, voll ausgeformte und authentisch wirkende Charaktere zu erschaffen. Beinahe könnte man den Eindruck bekommen, Menschen interessierten ihn nicht wirklich. Kubricks Blick auf sie wirkt oft kühl und distanziert.
2001 ist dafür ein besonders extremes Beispiel, was noch dadurch verstärkt wird, dass der Geschichte ein äußerst negatives Bild der Menschheit zugrundeliegt. Kritiker Andrew Sarris beschreibt den Film in
American Cinema als "
so devoid of life and feeling as to render a computer called Hal the most sympathetic charakter".**** Das mag etwas übertrieben sein, trifft es im Großen und Ganzen jedoch ziemlich genau.
2001 ist ein äußerst kalter Film. Was in der Erinnerung haften bleibt sind die beeindruckenden und wunderschönen Panoramabilder; ikonische Szenen wie die Verwandlung des in die Luft geworfenen Knochens in ein Raumschiff; die psychedelische Schlusssequenz und das "Star Child". Die handelnden Personen hingegen sind so blass und unsympathisch, dass es uns nicht einmal wirklich berührt, wenn sie sterben. Der "Tod" ihres Mörders HAL hingegen ist der emotinalste Part des ganzen Films. Irgendetwas stimmt da nicht. Und was die "
Big Concepts and Grand Ideas" angeht, so scheinen mir die Ideen, die sich hinter dem ästhetisch eindrucksvollen Symbolismus von
2001 verbergen, ehrlich gesagt nicht wirklich so großartig oder tiefgründig zu sein. Aber vielleicht bin ich ja auch einfach bloß zu dumm ...?
Wenn der strahlende Stern der Prä -
Star Wars - Ära also vielleicht gar nicht so strahlend gewesen ist, wie verhält es sich dann mit dem SciFi-Film der 80er Jahre? Sieht es da wirklich so duster aus?
Bailey kritisiert vor allem die Tendenz, "
to lump science fiction in with action", und in der Tat begegnen wir in diesem Jahrzehnt vielen actionbetonten SciFi-Flicks:
Terminator (1984),
Aliens (1986),
Predator (1987),
RoboCop (1987),
Running Man (1987),
Total Recall (1990). Wie man in diesen allerdings Nachkommen von
Star Wars erblicken kann, ist mir völlig schleierhaft. Bailey selbst charakterisiert Lucas' Werk recht hübsch als "
spaceships and swashbucklers", und die Action der 80er war nun wirklich alles andere als "Swashbuckling" {bei dem Wort denkt man doch eher an Errol Flynn}. Auch ignoriert Bailey einmal mehr den weiteren filmgeschichtlichen Kontext. Eines der Charakteristika des amerikanischen Kinos der 80er Jahre ist nun einnmal ganz allgemein das gehäufte Auftreten von Actionfilmen, und dass sich diese Tendenz auch im SciFi-Genre durchsetzt, ist weiter nicht verwunderlich. In der Person von Arnold Schwarzenegger fand der allgemeine Charakter dieser Entwicklung seine vielleicht prägnanteste Verkörperung. Zu Berühmtheit gelangt als
Conan the Barbarian (1982) prägt Arnie mit seiner Rolle als John Matrix in
Commando (1985) das Bild des Actionhelden, dem er dann in den folgenden Jahren sowohl innerhalb als auch außerhalb der SciFi zig Mal seine tumbe Gestalt verleiht.
Der Actionboom der 80er Jahre und mehr noch die Tatsache, dass dabei ein so gnadenlos untalentierter Schauspieler wie Schwarzenegger zu einem der großen Stars des amerikanischen Kinos werden konnte, sind sicher deutliche Anzeichen des allgemeinen kulturellen Niedergangs, der seine Wurzeln in den gesellschaftlichen und politischen Veränderungen der Reagan-Ära besaß und der bis heute noch nicht zu einem Ende gekommen ist. Damit will ich nicht gesagt haben, dass Flicks wie
Terminator,
Predator oder
Total Recall keinen Unterhaltungswert besitzen würden. Den besitzen sie ganz ohne Zweifel. Und wie ich in der Vergangenheit schon ein paar mal erklärt habe, habe ich selbst eine gewisse Schwäche für den guten alten Arnie. Aber man wird wohl keinem dieser Filme ein erhöhtes Maß an Komplexität oder Intelligenz unterstellen können.
Aber auch wenn sich das amerikanische Kino in den 80er Jahren im Allgemeinen durch einen deutlichen künstlerischen Verfall, intellektuelle Verflachung, Konformismus und zunehmenden Zynismus auszeichnet, bedeutet das natürlich nicht, dass es keine Ausnahmen von diesem Trend gegeben hätte. Und das gilt für den Mainstream- wie für den Genrefilm. {Den sich explosionsartig entwickelnden Videosektor lassen wir dabei mal ganz beiseite.} Viele der interessanteren SciFi-Filme des Jahrzehnts enthalten ein Element der Kritik an den gesellschaftlichen Entwicklungen der Zeit. Bei einigen ist das sehr offensichtlich, so etwa im Fall von Terry Gilliams
Brazil (1985), John Carpenters
They Live (1988) oder Volker Schlöndorffs Adaption von Margaret Atwoods
The Handmaid's Tale (1990). Bei anderen geschieht dies eher auf vermittelte Weise, wie z.B. in
Outland (1981) oder
Bladerunner (1982). Auf gewisse Weise sogar in
Aliens (1986). Paul Verhoevens Versuch, mit
RoboCop (1987) einen Mix aus Brutalo-Action und Satire zu schaffen, scheint mir zwar eher nicht gelungen, aber ich respektiere seine Intention. Die spannendste Einzelfigur im SciFi-Kino der Zeit dürfte David Cronenberg sein, der seine in den 70er Jahren begonnene Karriere mit
Videodrome (1983),
The Dead Zone (1983) und
The Fly (1986) fortsetzt.
Wie in einer Art Paralleluniversum entwickelt sich neben all dem in den 80er Jahren das Franchise der
Star Trek - Kinofilme, deren Qualität von wirklich gut (
Wrath of Khan [1982]) bis zu unterirdisch (
The Final Frontier [1989]) reicht. Doch ganz gleich, wie gut oder schlecht die einzelnen Streifen auch sind, sie alle wirken merkwürdig entrückt von der Realität der Zeit, selbst da, wo sie aktuelle Themen anzusprechen versuchen (die Öko-Botschaft in
The Vogage Home [1986] oder die seeehr oberflächliche Allegorie auf das Ende des Kalten Kriegs in
The Undiscovered Country [1991]). Möglicherweise spiegeln sie damit den angesichts der krassen gesellschaftlichen Veränderungen immer realtitätsferner und schwächlicher wirkenden Charakter von Roddenberrys Vision wider.
Gar so übel sieht das alles doch gar nicht aus, wenn man die Zeitumstände in Betracht zieht, oder?
Ich denke, hiermit lass ich es bewenden. Meine Skizze mag schematisch, unvollständig und in manchem sicher auch korrektionsbedürftig sein, doch denke ich, dass sie genug Argumente enthält, um zu beweisen, dass
Star Wars eben doch nicht an allem schuld ist. Es gibt genug an George Lucas zu kritisieren, aber der "böse Geist" des SciFi-Kinos ist er nicht.