"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Freitag, 10. August 2018

Willkommen an Bord der "Liberator" – S02/E11: "Gambit"

Ein Blake's 7 - Rewatch

Bevor wir in die Episode selbst einsteigen, ein kurzes Travis-Update. Bei unserer letzten Begegnung war der Ex-Commander eine Art inoffizieller Undercover-Agent für Servalan, der sich {über einen beträchtlichen Zeitraum, möchte man meinen} das Vertrauen der Verschwörergruppe um Ven Glynd und Gouverneurin Le Grand erschlichen hatte. In Gambit ist er plötzlich wieder ein einsamer Renegat, der auf eigene Faust seine Rache an Blake zu vollstrecken versucht und nicht gerade auf gutem Fuß mit der Obersten Befehlshaberin steht. Sinn macht das zwar nicht, soll uns aber auch nicht weiter stören. Denn wenn man bereit ist, über dieses eigenartige Kontinuitätsproblem hinwegzuschauen, macht Gambit wirklich eine Menge Spaß.

In Pressure Point hatte Blake von Servalan selbst, die im Augenblick ihres scheinbaren Triumphes in den äonenalten Fehler aller Erzbösewichter -- Geschwätzigkeit -- verfallen war, erfahren, dass "Control", das Computer-Nervenzentrum der Föderation, auf einen fernen Planeten verlegt wurde, dessen genaue Lage nicht einmal der Führungsriege des Regimes bekannt ist. In Countdown war es unserem Helden dann gelungen, dem sterbenden Offizier Provine den Namen des Cyberchirurgen Docholli zu entlocken, der als einziger wissen soll, wo sich der mysteriöse "Star One" befindet.

Dochollis Aufgabe war es, die Erinnerungen der Techniker zu löschen, die "Star One" gebaut hatten. Am Ende setzte er sich jedoch selbst ab und befindet sich seitdem auf der Flucht vor Servalans Agenten. Und auch wenn er einmal einer der führenden Cyberchirurgen der Föderation war -- reich und privilegiert -- dürfte seine Lage inzwischen deutlich anders aussehen, wie Blake ganz richtig bemerkt: "When you've been on the run for as long as Docholli has, everything costs: false identity papers, phony visas. I mean no one's going to stick out their neck helping him unless they stick out their hand first."
Wenn wir Docholli (Denis Carey) zum ersten Mal zu sehen bekommen, macht er denn auch wirklich einen reichlich heruntergekommenen Eindruck. Es hat ihn in die unabhängige Kolonie Freedom City verschlagen, wo er nun in einer billigen Kneipe hockt und seiner Gewohnheit entsprechend versucht, Schuldgefühle und Hoffnungslosigkeit in Alkohol zu ertränken. Als einer seiner letzten, ganz und gar nicht zufriedenen "Patienten" aufkreuzt und den Cyberchirurgen umlegen will, tritt überraschenderweise Travis als sein Beschützer in Aktion. Der einäugige Ex-Commander hat sich zu Dochollis "Leibwächter" erklärt, da er hofft, dass früher oder später Blake auftauchen wird, um nach dem Arzt zu suchen.

Servalan ist unseren Helden diesmal einen Schritt voraus und befindet sich gleichfalls bereits in Freedom City. Da die Station nicht der Juridisktion der Föderation untersteht, ist die Oberste Befehlshaberin gezwungen, die Hilfe des dekadenten Krantor (Aubrey Woods) in Anspruch zu nehmen. Der Besitzer des Spielkasinos "The Big Wheel" scheint so etwas wie der örtliche Pate und der ungekrönte König von "Freedom City" zu sein. Wie sehr schnell deutlich wird, haben die beiden denkbar wenig füreinander übrig. Servalan weist die schleimigen sexuellen Avancen Krantors mit kaum verhohlener Verachtung zurück. Etwas später wird sie gegenüber ihrem Handlanger Jarriere (Harry Jones) erklären: "When the Federation finally cleans out this cesspit, I shall have that vulpine degenerate eviscerated with a small and very blunt knife." Für den Moment braucht sie zwar Krantors Hilfe bzw. die seiner Totschläger, um Docholli und Travis in die Hände zu bekommen, aber um die zu erhalten, sollte ein Mindestmaß an professioneller Höflichkeit und das In-Aussicht-Stellen einer angemessen hohen finanziellen Entschädigung wohl genügen.

Derweil hat endlich auch die Liberator Freedom City erreicht. Blake begibt sich zusammen mit Jenna und Cally auf die Oberfläche, um nach Docholli zu suchen.
Dass Vila auf dem Schiff bleiben soll, ist nach seiner Drogeneskapade auf der ähnlich freizügigen Station Space City in Shadow im Grunde nur vernünftig. Aber diesmal findet er einen unerwarteten Verbündeten in Avon. Eigentlich sind die beiden ja nicht gerade gute Freunde. Avon hält Vila für einen ausgemachten Idioten, Vila Avon für einen arroganten Egoisten. Aber eines verbindet sie: Die Gier nach Geld. Und so beschließen sie, gemeinsam mit der Hilfe von Supercomputer Orac im "Big Wheel" die Bank zu sprengen.

Gambit war Robert Holmes' zweiter Beitrag zu Blake's 7. Und nach seinem eher mittelmäßigen Einstand in Killer, legt er hier ein echtes Prachtstück hin.
Krantor und sein Kompagnon Toise (John Leeson), die die ganze Zeit über zur Feier von Mardi Gras in Pseudo-Rokoko-Aufmachung durch die Gegend laufen, geben ein wirklich grandios dekadentes Gauner-Pärchen ab. Und ein Gutteil der Episode besteht aus ihren und Servalans´Versuchen, sich gegenseitig auszutricksen.
Einen Strich durch die Rechnung machen ihnen dabei das unerwartete Auftauchen von Blake & Genossinnen, sowie die patente Bardame Chenie (Nicolette Roeg), die Docholli in ihr (goldenes) Herz geschlossen hat. Der größte Verlierer ist jedoch Travis, der von allen Parteien ausgenutzt wird und völlig gedemütigt zurückbleibt. Eine Erfahrung, die seine Rolle in der finalen Episode der Staffel vielleicht etwas nachvollziehbarer erscheinen lässt.
Und ganz nebenbei ziehen auch noch Vila und Avon mit großem Erfolg ihren Coup im "Big Wheel" durch.

Am Ende wissen unsere Helden & Heldinnen zwar immer noch nicht, wo sich "Star One" befindet, aber immerhin haben sie erfahren, dass sich der einzige Techniker, dessen Gedächtnis nicht von Docholli gelöscht wurde, auf dem barbarischen Planeten Goth aufhalten soll.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen