For if Zelazny keeps coming up with heroic fantasy as sinewy as "The
Bells of Shoredan," then Conan the Conqueror, Fafhrd and the Gray
Mouser, and Cugel the Clever had better make room for one more - Dilvish
the Deliverer, called the Damned.
So konnte man auf den Seiten der Märzausgabe 1966 von Fantastic in den einleitenden Bemerkungen zu Roger Zelaznys dritter Kurzgeschichte um Dilvish the Damned lesen. Interessant ist, dass dabei zugleich eine Art Pantheon der "ikonischen" Sword & Sorcery - Helden etabliert wurde. Noch interessanter vielleicht, dass zu den dort versammelten Heroen neben den zu erwartenden -- Conan, Fafhrd und dem Gray Mouser -- auch Cugel the Clever gezählt wird. Dabei waren zu diesem Zeitpunkt überhaupt erst zwei der fünf Stories um den Spitzbuben erschienen, aus denen Jack Vance dann seinen zweiten Dying Earth - Roman The Eyes of the Overworld basteln würde. Und das nicht etwa in Fantastic, sondern bei der Konkurrenz, im Magazine of Fantasy and Science Fiction. Also entweder waren The Overworld (Dezember 1965) und The Mountains of Magnatz (Februar 1966) echt wie eine Granate im Fandom eingeschlagen oder Vance hatte einen besonders großen Bewunderer in der Redaktion von Fantastic. Doch wie auch immer es sich damit verhalten haben mag, in gewisser Hinsicht war es durchaus angebracht, Jack Vance's Dying Earth mit ins Spiel zu bringen, wenn es um Dilvish the Damned ging. Denn Zelaznys Geschichten um den aus der Hölle zurückgekehrten Krieger mit Elfenblut in den Adern gehören meines Erachtens zu einer ähnlichen Spielart der Sword & Sorcery, die sich deutlich von der durch Howard und Leiber vertretenen unterscheidet.
Doch bevor wir uns den Details zuwenden, wollen wir erst einmal einen kleinen Sprung zehn Jahre weiter zurück in die Vergangenheit machen.
Um die Mitte der 50er Jahres schien die Sword & Sorcery nämlich ein weitgehend totes Genre zu sein. Nach The Seven Black Priests (1953) hatte Fritz Leiber aufgehört, weitere Geschichten über die Abenteuer von Fafhrd und dem Gray Mouser zu schreiben. Ungefähr um die selbe Zeit war auch L. Sprague de Camps Pusadian - Zyklus zu einem (vorläufigen) Ende gekommen. Roboter und Raumschiffe standen in der Lesergunst der Zeit offenbar deutlich höher als schwertschwingende Helden und Halunken.
Das sollte sich ändern, als Cele Goldsmith (später Lalli) 1958 die Leitung der Magazine
Amazing und
Fantastic übernahm. Eine ihrer ersten Großtaten bestand darin, für November 1959 eine ausschließlich Fritz Leiber gewidmete Ausgabe von
Fantastic zusammenzustellen. So etwas war ein Novum für ein SF&F-Magazin. Goldsmith muss Leiber also wirklich sehr geschätzt haben. Und es gelang ihr, ihn davon zu überzeugen, für diesen Anlass eine neue Fafhrd & The Gray Mouser - Story zu schreiben. Was dabei herauskam, war einer meiner persönlichen Favoriten:
Lean Times in Lankhmar. Der Bann war gebrochen und über die nächsten fünf Jahre erschienen sieben weitere neue Geschichten um das legendäre Halunkenpaar auf den Seiten von
Fantastic, wobei ihnen beinahe immer die Ehre zuteil wurde, auch das Motiv für die jeweilige Cover-Illustration zu liefern. (1)
Wie Michael Moorcock 1995 in seinem Vorwort zum ersten Band der
White Wolf - Ausgabe von Fafhrd & The Gray Mouser
geschrieben hat, war Goldsmith ein nicht unbedeutendes Risiko eingegangen, als sie begonnen hatte, diese Stories zu veröffentlichen:
In those days the kind of
supernatural romance which dominates today’s best-seller lists had virtually no
commercial market. Leiber had done no better with his first Gray Mouser book [Two Sought Adventure]
than I had done with my first Elric book [The Stealer of Souls?]. Not only publishers scoffed at the
notion of mass-market editions of these books, we authors scoffed equally. We
knew there were only about twenty of us -- readers and writers -- spread thin across
Britain and America… So Cele Goldsmith, when she commissioned Fritz Leiber to
write a new series of Fafhrd and the Gray Mouser stories for Fantastic, was taking a big gamble with
her circulation figures.
Doch damit nicht genug. Unter ihrer Ägide begannen in den folgenden Jahren auch Sword & Sorcery - Geschichten aus der Feder anderer Autoren in Fantastic zu erscheinen. So brachte sie ab Mai 1963 (Devils in the Wall) die ersten Abenteuer von John Jakes' Brak the Barbarian raus. Und ein Jahr später präsentierte sie dem amerikanischen Lesepublikum mit Master of Chaos erstmals eine Geschichte aus Moorcocks Elric-Universum. Ironischerweise handelte es sich dabei allerdings nicht um eine Elric-Story, sondern um eine Erzählung aus der fernen Vergangenheit der Jungen Königreiche, deren Held Herzog Aubec von Malador ist, dessen legendäres Schwert Elric später führen wird, bevor er Stormbringer erringt. Vor allem aber bereitete sie die Bühne, auf die Roger Zelaznys Dilvish the Damned im Februar 1965 mit Passage to Dilfar treten konnte.
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Cele Goldsmith auf der WorldCon 1962 (hinter ihr Fritz Leiber). Quelle.
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Es mag von Vorteil gewesen sein, dass Cele Goldsmith keine Vergangenheit im Fandom gehabt hatte, als sie die Redaktion der beiden Magazine übernahm. Die dort herrschenden Dogmen und kalzifizierten Vorstellungen darüber, was "echte" Science Fiction ausmache, waren ihr gleichgültig, vielleicht sogar unbekannt. Sie veröffentlichte, was sie persönlich ansprach. Wie offen ihr Blick dabei war, zeigte sich u.a. darin, dass sie von Anfang an auch über nationale Grenzen hinausschaute. So erschien im Mai 1958 eine Übersetzung von Arkadi & Boris Strugazkis Спонтанный рефлекс unter dem Titel Initiative in Amazing. Die erste russisch-sowjetische Phantastikerzählung aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, die ihren Weg in ein amerikanisches SF&F-Magazin gefunden hatte. Später machte sie ihre Leserschaft u.a. mit J.G. Ballard bekannt. Außerdem verhalf sie einer ganzen Reihe von Autor*innen zu ihrem Debüt, die schon bald in die Riege der ganz Großen des Genres aufsteigen sollten, u.a. Thomas Disch, Phyllis Gotlieb, Ursula K. Le Guin und eben Roger Zelazny.
Le Guin charakterisierte Goldsmith in ihrem 1973 erschienenen Essay A Citizen of Mondath als "the kindly and outrageous editor of Amazing and Fantastic". (2) Damit umschrieb sie sehr treffend zwei der Eigenschaften, die Goldsmith zu einer so bedeutenden Herausgeberin machten. Neben ihrer offenen und unvoreingenommenen Herangehensweise an das Genre war es ihre ehrlich interessierte und freundschaftliche (dabei aber nie kritiklose) Zusammenarbeit mit den Autor*innen. Viel bezahlen konnte sie ihnen zwar nicht, aber gerade die Neueinsteiger*innen erinnerten sich ihrer stets mit viel Wärme und Dankbarkeit. So erklärte z.B. Thomas Disch Jahrzehnte später: "She was the most faithful editor, and it was her taste that steered me in the direction(s) I would take in my first years, both by what she accepted and by what she rejected". (3) Und Zelazny schrieb ihr 1965 in einem Brief:
You were what encouraged my writing during that first, difficult year when I began to sell. If I had not been able to market some of those early stories, I probably would never have had the confidence to try some of the later, more complicated ones. Most of anything I have learned was stimulated by those first sales; and then I learned, and possibly even learned more, from some of the later rejections. (4)
Die herausragende Rolle, die Cele Goldsmith dabei gespielt hat, den Boden für die Renaissance der Sword & Sorcery in den späten 60er Jahren zu bereiten, wird leider immer noch viel zu oft mit Schweigen übergangen. So wird sie z.B. kein einziges Mal in Brian Murphys
Flame and Crimson: A History of Sword-and-Sorcery erwähnt. (5)
In Nr. 1 des
New Edge Sword & Sorcery Magazines findet sich ein Essay von Cora Buhlert über
Cele Goldsmith Lalli - Midwife to the Second Sword & Sorcery Boom, aber auf den habe ich momentan leider keinen Zugriff, nur auf ihren älteren
Beitrag aus
Galactic Journey. Coras Wissen über die Entwicklung des Genres ist zweifelsohne sehr viel umfassender als das meinige, und was sie über Cele Goldsmith zu sagen hat, deshalb auch sicher sehr viel fundierter. Doch wenn ich mir den Beitrag der Herausgeberin zur Sword & Sorcery anschaue, dann fällt mir vor allem eines auf: Zwar verschaffte sie mit John Jakes' Brak einem der ersten jener Clonans eine Bühne, für die das Genre in den 70er Jahren berüchtigt werden sollte. Doch präsentierte sie ihrer Leserschaft zugleich in Gestalt von Dilvish den Vertreter einer Sword & Sorcery, die ganz ohne muskelbepackte Barbaren auskommt und auch sprachlich-stilistisch völlig anders geartet ist. Noch vor dem großen S&S-Boom, der 1967/68 einsetzen sollte, erhielt das Genre so dank ihrer die Gelegenheit, seine Vielgestaltigkeit unter Beweis zu stellen. (6)
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Gray Morrows Cover für die Juniausgabe 1965 von "Fantastic" |
Ursprünglich hatte Roger Zelazny nicht beabsichtigt, nach Passage to Dilfar noch weitere Geschichten über Dilvish the Damned zu schreiben. Doch Cele Goldsmith war sofort der Ansicht, "[it] begs for a series". Und offenbar brauchte es nicht viel Überredungskunst, den Autor von der Richtigkeit dessen zu überzeugen. Noch im selben Jahr 1965 erklärte Zelazny in einem Brief, dass er nunmehr einen ganzen Dilvish-Zyklus zu schreiben plane, "to culminate in a possible novel, Nine Black Doves". (7)
Doch dieses Projekt zerschlug sich schnell, nachdem
Fantastic und
Amazing an Sol Cohen verkauft worden waren und Goldsmith nicht länger Heraugeberin der beiden Magazine war. Zelazny brachte die vierte Dilvish-Story
A Knight for Merytha zwar
anscheinend 1967 noch in irgendeinem Fanzine unter, aber danach verschwand sein S&S-Held erst einmal für über zehn Jahre von der Bildfläche.
Ich möchte mich heute auf diese vier ersten Kurzgeschichten beschränken, zumal sie anders als der Rest des Zyklus erzählerisch aufeinander aufbauen und eine Art Einheit bilden. Was ich über sie zu sagen habe, lässt sich nicht immer auch auf die späteren Stories oder den Roman The Changing Land übertragen.
When Dilvish the Damned came down from Portaroy they tried to stop him at Qaran, and again at Tugado, then again at Maestar, Mycar, and Bildesh. Five horsemen had waited for him along the route to Dilfar; and when one flagged, a new rider with a fresh horse would replace him. But none could keep the pace of Black, the horse out of steel, for whom it was said the Colonel of the East had bartered a part of his soul.
So beginnt die im Februar 1965 veröffentlichte Kurzgeschichte
Passage to Dilfar. Und dieser Absatz vermittelt bereits einen recht guten Eindruck davon, in welchem Stil die frühen Dilvish-Geschichten gehalten sind. Zelazny versucht das Gefühl zu evozieren, man lausche dem Vortrag einer mythischen Erzählung aus uralter Zeit.
Das zeigt sich auch im Aufbau der Geschichte. Dilvishs Ritt von Portaroy nach Dilfar bildet eine Kette von "Herausforderungen", die nacheinander überwunden werden müssen, und die zum einen aus vier "Barrieren" (die mysteriösen "stars of death"; ein versperrter Pass; der Fluss Kethe; herabstürzende Baumstämme), zum anderen aus den fünf Verfolgern bestehen, welche alle namenlos bleiben und nur durch die Fellfarbe ihrer Pferde charakterisiert werden. Dilvishs Erfolg verdankt sich in erster Linie seinem stählernen (und sprechenden) Ross Black, das nie ermüdet und zu den unvorstellbarsten Sprüngen und Manövern fähig ist. Erst ganz am Ende, als er sich bereits in Sichtweite von Dilfar befindet, stellt sich ihm ein Herausforderer entgegen, dem er nicht ausweichen kann und den er mit der Waffe in der Hand bekämpfen muss. Und erst dieser erhält einen Namen, wenn auch einen angemessen "mythisch" klingenden: "Lance of the Invincible Armor". Doch selbst in diesem Fall ist es am Ende Black, der Dilvsih mit einem Trick zum Sieg verhilft. Weshalb unser Held auch darauf verzichtet, seinem Gegner den Todesstoß zu versetzen, "as I did not down thee fairly". Ausdruck eines "heroischen" Ehrgefühls und eines grimmigen Respekts vor einem "würdigen" Gegner.
Von den größeren Zusammenhängen erfahren wir kaum etwas. Portaroy ist gefallen, die Armee von "Lylish, Colonel of the West" rückt nun gegen Dilfar vor. Das ist alles, was wir wissen müssen. Und auch in Bezug auf Dilvish bietet der Text wenig konkretes. Warum wird er "the Damned" genannt? Und woher stammt sein Ross aus Stahl? Hat er es tatsächlich für einen Teil seiner Seele erkauft? Und um was für ein Wesen handelt es sich bei Black überhaupt? Dazu gibt es nur eine äußerst vage Andeutung:
“They think you are a demon, my mount,” he said to Black.
The horse chuckled.
“Perhaps ’twere better an’ I were.”
Doch dieser fragmentarische Charakter der Geschichte hat mich nicht weiter gestört. Im Gegenteil, er verstärkt noch den Eindruck, es mit einem Teil aus einer größeren Saga zu tun zu haben.
Zelazny benutzt eine bewusst archaisierende Sprache. Was Fletcher Vredenburgh 2017 in einer
Besprechung für
Black Gate zu folgendem abfälligen Kommentar veranlasste: "
The early Dilvish stories are written in a pseudo-archaic style. While not as clotted as William Hope Hodgson’s in The Night Land or William Morris‘ in anything, it will readily remind the reader of them." Nun gehöre ich ja zu denen, die selbst William Morris' zugegeben sehr gekünstelten Sprachstil oft für eigenartig poetisch halten. Und im Vergleich zu dem ist Zelaznys wirlich "harmlos". Und enthält dafür so großartig lyrische Passagen wie diese Beschreibung der geheimnisvollen "
stars of death": "
The tiny silver eyes, which looked out from the space beneath space and
contained the hellspecks of starstuff, blinked and shimmered ahead."
Im Juni 1965 erschien Thelinde's Song. Obwohl Dilvish eigentlich gar nicht unmittelbar in ihr auftritt, liefert uns diese Geschichte sehr viel mehr Details über die Herkunft und Geschichte unseres Helden. In einer geschickten Wendung verwandelt Zelazny das, was sonst vielleicht als schwerfälliger Infodump eine Handlung unterbrochen hätte, in eine eigene kleine Erzählung. Zugleich erweitert er ein wenig die Welt, wenn auch nicht im Sinne eines pseudo-realistischen Worldbuildings, sondern mehr in der Art, wie man es von Lord Dunsany oder aus H.P. Lovecrafts Dreamlands kennt.
Die Hohe Hexe und Mondpriesterin Mildin hört eines Abends, wie ihre Tochter Thelinde unten am Fluss ein Lied über Dilvishs Heldentaten singt. Doch als dabei der Name Jelerak fällt, schreckt sie auf und eilt flugs in Vogelgestalt zu der Sängerin. Sie fragt, von wem sie diese Verse gelernt habe.
"From a thing in the cave," she answered, "where the river called Midnight makes a pool as it passes on its way underground [...] He was a dark-traveler, one of the frog-kind, I think, who rested there on his way to the Council of Beasts."
Über diesen geheimnisvollen amphibischen Fremden erfahren wir weiter nichts, doch dafür klärt Mildin ihre Tochter anschließend darüber auf, warum es mehr als unklug sei, den Namen Jelerak auszusprechen. Dafür führt sie Thelinde an einen Teich, dessen Oberfläche sich im Mondlicht in einen magischen Spiegel verwandelt, der Bilder aus der Vergangenheit zeigt. Und so bekommen wir zusammen mit Thelinde die Hintergrundsgeschichte von Dilvish erzählt.
Er ist der letzte Spross eines einst mächtigen Adelshauses, das vor Jahrhunderten Macht, Ansehen und Besitz verlor, da seine Mitglieder sich mit den Elfen vermischt hatten. Lange Zeit zog Dilvish als Söldner durch die Lande, bis er bei der Verteidigung von Portaroy Ruhm und den Beinamen "the Deliverer" gewann. Doch wenig später geriet er mit dem Schwarzmagier Jelarek aneinander. Als er ein blutiges Opferritual des Finsterlings zu unterbinden versuchte, verwandelte dieser ihn in eine marmorne Statue und verbannte seine Seele in die tiefsten Tiefen der Hölle. Wie es Dilvish schließlich gelang, von dort zu entfliehen und ins irdische Dasein zurückzukehren, weiß auch Mildin nicht zu sagen. Auf jeden Fall geschah dies in dem Moment, als Portaroy erneut von den Heeren des Westens bedroht wurde. Und er brachte aus der Hölle eine gewaltige Kreatur in der Gestalt eines schwarzen Pferdes aus Stahl mit. Doch auch Jelarek weilt nach wie vor unter den Lebenden und ist inzwischen so mächtig geworden, dass das bloße Aussprechen seines Namens Dämonen heraufzubeschwören vermag.
The Bells of Shoredan, erschienen im März 1966, bildet den unbestreitbaren Höhepunkt des frühen "Mini-Zyklus". Die Handlung schließt unmittelbar an Passage to Dilfar an. Inzwischen haben die Heere des Westens die Stadt erreicht und einen Belagerungsring um sie geschlossen. In einer offenen Feldschlacht würde selbst mit der Unterstützung von Dilvish und Black nicht die geringste Chance auf einen Sieg bestehen. Also macht sich unser Held auf, einer alten Legende zu folgen: Wenn ein Spross des elfischen Hauses Selar die uralten Glocken der verfluchten Feste Rahoring im toten Land von Rahoringhast läute, werde die "Legion der Verdammten" erwachen und für ihn in die Schlacht ziehen.
Schon in Thelinde's Song wirkte Zelaznys Stil merklch geschmeidiger als zuvor, doch wie es ihm hier gelingt, in der Schilderung von Rahoringhast eine ebenso bedrückende wie phantasmagorische Atmosphäre und Szenerie heraufzubeschwören, ist noch einmal um ein vielfaches beeindruckender und macht die besondere Stärke dieser Erzählung aus. Als Beispiel möchte ich einfach die Eröffnungspassage zitieren:
No living thing dwelled in the land of Rahoringhast .
Since an age before this age had the dead realm been empty of sound, save for the crashing of thunders and the spit-spit of raindrops ricocheting from off its stonework and the stones. The towers of the Citadel of Rahoring still stood; the great archway from which the gates had been stricken continued to gape, like a mouth frozen in a howl of pain and surprise, of death; the countryside about the place resembled the sterile landscape of the moon.
The rider followed the Way of the Armies, which led at last to the archway, and on through into the Citadel. Behind him lay a twisted trail leading downward, downward, and back, toward the south and the west. It ran through chill patterns of morning mist that clung, swollen, to dark and pitted ground, like squadrons of gigantic leeches. It looped about the ancient towers, still standing only by virtue of enchantments placed upon them in foregone days. Black and awesome, high rearing, and limned in nightmare's clarity, the towers and the citadel were the final visible extensions of the character of their dead maker: Hohorga, King of the World.
In den Ruinen der Zitadelle begegnet Dilvish einem Priester, der hierher gekommen ist, um über das Böse in der Welt zu meditieren. Doch ironischerweise verehrt Korels Orden Jelarek als ihren Schutzpatron, denn der finstere Magier habe sich den Priestern gegenüber stets dankbar gezeigt, seit sie ihm in ferner Vergangenheit einmal aus Mitgefühl Leben und Verstand retteten.
Für Dilvish ist das selbstverständlich kein Grund, seinen brennenden Hass auf den Mann, der ihn für Jahrhunderte in die Hölle verbannt hat, von nun an ruhen zu lassen. Dennoch akzeptiert er die Gesellschaft Korels und gemeinsam dringen die beiden in den Palast des "finsteren Herrschers" Hohorgar the Maleficient ein, erblicken in einer Art Vision dessen luziferisch-schöne Gestalt und erleben mit, wie er vor Äonen von Dilvishs Vorfahr mit seiner unsichtbaren Klinge niedergestreckt wurde.
Doch bevor sie die "Glocken von Shoredan" erreichen, muss Dilvish selbst sich einem gar fürchterlichen Gegner stellen: Dem Höllenfürsten Cal-den, der für seine Folterungen verantwortlich war und seinen entlaufenen "Liebling" gerne wieder zurückhaben würde.
A Knight for Merytha setzt die Handlung unmittelbar fort. Dilvish führt seine "Legion der Verdammten" nach Dilfar, hält dabei aber stets etwas Abstand von der gespenstischen Schar. Man hat gerade das Lager für die Nacht aufgeschlagen, als aus dem Dunkel des anbrechenden Abends die Hilfeschreie einer Frau aus der Ferne an sein Ohr dringen. Und auch wenn Black ihn zur Vorsicht gemahnt, kann Dilvish einfach nicht anders als nach dem Rechten zu sehen.
Die vierte Kurzgeschichte bildet nicht wirklich einen Abschluss für den "Mini-Zyklus". Dafür scheint sie erstmals einige der Elemente zu enthalten, die in den späteren Geschichten deutlicher hervortreten werden. So etwa einen leicht zynischen Humor. Schon der Titel ist eigentlich ein ironischer Scherz. Dilvish stößt zwar auf eine Burg mit einer vermeintlich "holden Maid", die zu allem Überfluss auch noch behauptet, von einem Drachen bedroht zu werden. Doch die feuerspeiende Echse existiert überhaupt nicht und die "Damsel-in-distress" entpuppt sich als eine Vampirin, die sich keinen "rettenden Ritter", sondern frisches Blut wünscht. Und auch Dilvish selbst zeigt hier zum ersten Mal eine Neigung zu trocken-sarkastischen Bemerkungen.
Übrigens erfahren wir in keiner der Geschichten viel über das Gefühlsleben oder die Motive unseres Helden. Diese können wir stets nur aus seinen Handlungen und seinem Auftreten ableiten. Eine Technik der Charakterisierung, die gleichfalls dazu beiträgt, den Geschichten etwas vom Ton einer alten Saga oder mythischen Erzählung zu verleihen. Dabei wirkt Dilvish vor allem in A Knight for Merytha eigenartig kühl und abgeklärt. Das könnte ihn leicht unsympathisch (oder gar "unmenschlich") erscheinen lassen, aber wenn wir uns vor Augen führen, dass er Jahrhunderte unbeschreiblicher Höllenqualen hinter sich hat, erstaunt es eigentlich nicht, dass ihn nur noch wenig zu erschüttern vermag und er eine leicht distanzierte Haltung gegenüber "normalem" menschlichen Leiden entwickelt hat.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal kurz auf das zurückkommen, was ich am Anfang angedeutet habe. In der Vergangenheit habe ich immer mal wieder von einem "erdigen" Realismus gesprochen, der einen Gutteil der Sword & Sorcery auszeichne und für mich einen der besonderen Reize dieses Genres darstelle. Doch existiert daneben auch eine Spielart der S&S, die in vielem beinah das genaue Gegenteil von "erdig" ist, die vielmehr hochgradig stilisiert und bizarr-phantasmagorisch daherkommt. Bedeutende Vertreter dieser Tradition sind Jack Vance und Clark Ashton Smith. In mancherlei Hinsicht ließe sie sich sogar bis auf Lord Dunsany zurückführen. In diese Linie gehört auch Roger Zelaznys Dilvish. Und die Geschichten um den aus der Hölle zurückgekehrten Verdammten sind ein gutes Beispiel dafür, warum mir mein Lieblingsgenre auch in dieser Ausformung gefällt.
(1) When the Sea-King's Away; Scylla's Daughter; The Unholy Grail; The Cloud of Hate; Bazaar of the Bizarre; The Lords of Quarmall und Stardock, sowie ein Neuabdruck von Adept's Gambit.
(2) Ursula K. Le Guin: A Citizen of Mondath. In: Dies.: The Language of the Night. Essays on Fantasy and Science Fiction. S. 23.
(3) Thomas M. Disch: My Life as a Child. Zit. nach: Mike Ashley: Transformations: The Story of the Science-fiction Magazines from 1950 to 1970. S. 225.
(4) Zit. nach: Mike Ashley: Transformations: The Story of the Science-fiction Magazines from 1950 to 1970. S. 225.
(5) Murphy hat diesen Faux-pas inzwischen allerdings realisiert und erklärt, er werde ihn ausbessern, falls es je zu einer zweiten, überarbeiteten Auflage seines Buches kommen sollte.
(6) Die dritte Dilvish-Story erschien zwar erst, nachdem Amazing und Fantastic an Sol Cohen verkauft worden waren und Goldsmith nicht länger die Herausgeberin war, doch scheint gesichert, dass der Inhalt der ersten Ausgaben, die nach ihrem Weggang veröffentlicht wurden, noch weitgehend auf ihre Tätigkeit zurückgeht.
(7) Zit. nach: James Enge: One of the Finest Achievements of Heroic Fantasy in the 20th Century: Dilvish, the Damned by Roger Zelazny.
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