"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Mittwoch, 31. August 2022

Let Me Tell You Of The Days Of High Adventure

Sorcery Against Caesar von Richard L. Tierney (3/3)

"Die, server of masters!"
The Soul of Kephri

"Things are not justified; things simply are. We must do what we can about the possible; beyond that, we can do no more."

The Dragons of Mons Fractus

 

 

Dies ist der dritte und letzte Teil einer Miniserie über Dick Tierneys Kurzgeschichtenzyklus um Simon of Gitta. Die ersten beiden finden sich hier & hier.
 
Am Ende von The Seed of the Star-God hatte Simon seinem Mentor Dositheus eröffnet, dass er von nun an allein durch die Welt wandern werde. Doch bis es tatsächlich dazu kommt, wird noch etwas Zeit vergehen. Zuallererst machen wir ohnehin einen kleinen Sprung zurück und wenden uns in The Blade of the Slayer (Erstveröffentlichung: Pulse Pounding Adventure Stories #1, Dezember 1986) einer außergewöhnlichen Begegnung zu, die Simon auf seiner Reise von Persepolis nach Italien hatte.
 
Nachdem die Karawane, der er sich angeschlossen hatte, von einer besonders sadistischen Räuberbande überfallen wurde, befindet sich der waffenlose Simon auf der Flucht durch das östlich von Sumer.gelegene Ödland. In der Hoffnung, damit seine Verfolger in die Irre führen zu können, trennt er sich von seinem Pferd und verbirgt sich im Schatten einer eigenartigen Felsformation. Wie aus dem Nichts taucht plötzlich ein Graubart in klassischer Magiergewandung auf, der kryptische Warnungen von sich gibt: "Why do you come here to the site of the First City? [...] And have you not heard that the spirit of the First Slayer, who founded it, still lingers about this ridgetop, waiting for unwary strayers?" Aber so leicht lässt sich unser Held natürlich nicht ins Bockshorn jagen. Und nachdem er sich selbst als Adept der arkanen Künste zu erkennen gegeben hat, wird der Alte auch gleich sehr viel hilfsbereiter und führt ihn in seine unterirdische Behausung, wo er sich als K'shasthra, "priest of the Order of the High Guardians" vorstellt. Seine Aufgabe sei es, ein unter diesen Felsen begrabenes Geheimnis zu bewachen, das vielleicht auch für Simon von Interesse sein könnte.
 
Spätestens wenn im Zusammenhang mit der "ersten Stadt" der Name "Enoch" fällt, werden bibelfeste Leser*innen wissen, um wen es sich bei dem "First Slayer" handelt. Denn wie heißt es im Ersten Buch Mose: "Kain erkannte seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Henoch. Kain wurde Gründer einer Stadt und benannte sie nach seinem Sohn Henoch." (Gen 4, 17) Noch deutlicher wird es, wenn K'shasthra ein uraltes Gedicht zu rezitieren beginnt, das in Osthanes' Sapientia Magorum überliefert sei. Darin ist die Rede von jemanden, der "in grim, rebellious hate" gegen seinen Schöpfer aufbegehrte, "vowing that he would serve no god so vile": "Freedom he chose, defying the mad god, / Slaying with his own hands his very brother --/ The being's most favored toy and servitor." Allerdings könnten einem diese Verse merkwürdig bekannt vorkommen, wenn man mit der Sword & Sorcery der 70er Jahre vertraut ist. Ahnung wird zur Gewissheit, sobald der alte Zauberer Simon in eine tiefer gelegen Kaverne geführt hat. Denn dort liegt am Grunde eines Schachtes, sozusagen in "suspended animation", der "First Slayer":
The man on the dais seemed tall, though Simon could not be sure because of the striking massiveness of his build -- as if the muscles of three powerful men had been strung upon one frame! Yet it was not the build of a gorilla not a dwarf; rather, it suggested the solidity of the bole of a mighty oak that had assumed human form. [...] But it was the face that held Simon's fascination most intensely -- the cruel, rugged, yet strangely expressive features that even in death seemed tensed -- or ready to tense -- into a snarl of menace. Red shoulder length hair and a short ruddy beard framed those menacing features --
Das ist nicht der biblische Kain, sondern Karl Edward Wagners Kane! Und die zuvor zitierten Verse sind die abgewandelte Version eines Gedichtes, das in Reflections for the Winter of My Soul vorkommt! (1)
 
Die High Guardians haben den Slayer mit einem Trick hierher gelockt und gefangengesetzt, da sie davon überzeugt sind, dass er allein für all die Gewalt und das Blutvergießen unter den Menschen verantwortlich ist.  Simon ist da mehr als skeptisch und möchte außerdem wissen, warum die Priester ihn dann nicht einfach erschlagen haben. K'shasthra versucht der Frage auszuweichen, muss aber schließlich doch antworten: "
So that when humanity finally ends its madness and subsides into worldwide peace, we of the Order may show them the originator of their former wickedness -- and enjoin upon them the paths they must follow in the future lest that scourge be loosed upon them anew. And should they choose not those paths, there is a way to waken the Slayer!
Simon reagiert mit unverhohlenem Abscheu auf den selbstgerechten Fanatismus des Alten: "In other words, you and your fellow sorcerers hope to subjugate mankind to your will."
Ich schätze, Tierney hatte wenig übrig für Leute, die im Namen eines höheren Guten anderen vorschreiben wollen, was sie zu tun und zu lassen haben.
 
Alsbald stellt sich heraus, dass die Banditen, vor denen Simon hierher geflohen ist, selbst für den Orden arbeiten und mit ihren Raubzügen unerwünschte Besucher abschrecken sollen. Doch K'shasthra hat offensichtlich die Goldgier und Brutalität ihres Anführers Gutakh unterschätzt. Ihm bleibt nicht viel Zeit, um seinen Fehler zu bedauern. 
Und so sieht sich unser Held plötzlich einer Gruppe mordgieriger Halunken gegenüber, ohne die Möglichkeit einer erneuten Flucht und ohne eine eigene Waffe. Da er nicht der Typ ist, kampflos zu kapitulieren, angelt er sich kurzerhand die Klinge des Slayers. Als er mit dieser einem seiner Gegner das Haupt abschlägt, wird Kane durch das umherspritzende Blut geweckt und macht sich sogleich mit Feuereifer ans Metzeln.
 
Bob Price vergleicht die Story in seinem einleitenden Kommentar mit Robert E. Howards Kings of the Night, "where the champions Kull of Atlantis and Bran Mak Morn meet to fight side by side against a common peril". Aber The Blade of the Slayer ist nicht einfach bloß ein Gipfeltreffen zweier S&S-Heroen. Auch wenn die beiden am Ende gemeinsam eine Weinamphore leeren. Indem er seinen eigenen Helden Kane gegenüberstellt, hebt Tierney zugleich bestimmte Eigenheiten Simons hervor. Zuerst einmal wird schnell deutlich, dass Kane der sehr viel bessere Killer ist:   
Never had he seen a fighter such as this man! Eight or nine bandits had attacked him, and he had killed all but one. True, his mighty chest now heaved from his great exertion, and some of that blood upon him was his own, oozing from a few slight cuts on his arms and face. That proved him mortal, at least. Yet Simon knew that if the Slayer chose to attack him, he stood no chance.
Damit werden nicht etwa Simons Fähigkeiten abgewertet. Er schlägt sich ausgesprochen gut im Kampf gegen mehrere Gegner. Aber er besitzt nicht die übernatürlichen Kräfte von Wagners unsterblichem Krieger. Trotz allem ist er halt doch bloß ein gewöhnlicher Mensch, keine quasi-mythische Figur.
Noch wichtiger aber ist die Art, in der Simon auf Kane reagiert. Schon beim ersten Blick auf seine leblose Gestalt überkommt ihn ein vages Angstgefühl : "Simon suddenly felt a strange fear -- what if those death-closed eyes should open? -- and immediately drew back from the pit." Dieses verstärkt sich noch, als ihm der erwachte Slayer gegenübertritt: "He felt himself cringe inwardly at the blue glare of hate that still smoldered in the Slayer's eyes." Und selbst als sie nach dem gemeinsam bestrittenen Kampf zusammensitzen und friedlich plaudern, fühlt sich Simon merkwürdig unwohl in seiner Gegenwart: 
Simon took another swig of the wine. In spite of the red-haired warrior's casual, even occasionally humorous, manner, he did not feel easy in his presence. The smoldering hatred was always eveident in those blue eyes, ready to blaze out again. Suddenly Simon realized the significance of that intimidating glare of hate: This was the Mark that had been placed utpon the Slayer, that all men might know and fear him.
Die Erwähnung des "Kainsmals" verweist zurück auf das von K'shasthras zitierte Gedicht. Dort heißt es am Ende: "Then the defiant one he cursed in rage/ To bleak, eternal wanderings, and laid/ On him the Slayer's Mark, that all might know". In Wagners Original lauten die letzten Zeilen interessanterweise so: "This rebel he cursed in rage to bleak, eternal, wandering,/ And gave him eyes of a killer, so all know the Mark of Kane." Simon realisiert also das, was bei Wagner offen ausgesprochen worden war.
In Reflections for the Winter of My Soul heißt es außerdem von Kanes Augen:
It was his eyes that bothered Troylin. He had noticed them from the first. It was to be expected, for Kane's eyes were the eyes of Death! They were blue eyes, but eyes that glowed with their own light. In those cold blue gems blazed the fires of blood madness, of the lust to kill and destroy. They poured forth infinite hatred of life and promised violent ruin to those who sought to meet them.
Beim Abschied sagt Kane zu Simon: "I think that you wander under a bit of the same curse that drives me, and I see some of the same hatred in your eyes". Und tatsächlich ist Hass, vor allem auf Rom, ja eines seiner beherrschenden Gefühle und Motivationen. Aber sein instinktives Zurückschrecken vor Kane zeigt meines Erachtens, dass dieser Hass eben gerade nicht dieselbe quasi-dämonische Qualität  besitzt wie bei Wagners Held (oder Anti-Held?). Auch in dieser Hinsicht ist Simon of Gitta eine menschlichere Figur.
 
Trotzdem hatte Tierney die Geschichte natürlich in erster Linie als eine Hommage an Karl Edward Wagner geschrieben. Dieser würde zehn Jahre später etwas ganz ähnliches machen, indem er in The Gothic Touch ein Treffen zwischen Kane und Michael Moorcocks Elric von Melniboné arrangierte. Doch interessanterweise war sich Tierney Mitte der 80er Jahre unsicher, ob es nicht vermessen wirken könnte, wenn er seinen eigenen Helden dem damals schon legendären Kane gegenüberstellte. Und so erschien The Blade of the Slayer in Pulse Pounding Adventure Stories nicht in der Form, in der die Story in Sorcery Against Caesar abgedruckt ist. Vielmehr überarbeitete Tierney sie noch einmal und strich alle direkten Bezüge auf Wagners Helden. Der Slayer entpuppt sich in dieser Version (2) am Ende als der biblische Nimrod und schaut dementsprechend auch eher wie ein mesopotamischer Herkules aus. Ein akzeptabler Ersatz, galt der "tüchtige Jäger vor dem Herrn" (Gen 10, 9) in der Überlieferung doch gleichfalls als ein Rebell gegen Gott. Dennoch verliert die Geschichte damit natürlich viel von ihrem eigentlichen Charakter. Von einigen wenigen Zeilen des hier deutlich anders lautenden Gedichtes abgesehen, das K'shasthra auch hier zitiert, ist der einzige subtile Verweis auf Kane, den auch diese Fassung enthält, die Wortwahl des Slayers. Dieser benutzt nämlich einige Ausdrücke wie "old coot" und "such blather", die nicht ganz zum Stil der Simon of Gitta - Geschichten passen. Ich nehme an, Tierney wollte damit (sehr zurückhaltend) auf eine Gepflogenheit Karl Edward Wagners anspielen, die ihm selbst eigentlich gar nicht so behagte -- "[his] view that foul twentieth century anachronisms are O.K. in Sword-&-Sorcery fiction".
 
Tierney bettet die biblische Geschichte von Kain in seine eigene "dark cosmology" ein: "[T]he Slayer was under the curse of the great world-creator Achamoth -- the Demiurge who had fashioned the First Men to serve him". Wie stark wir dabei an reale gnostische Traditionen denken sollen, halte ich für ungewiss. Am Ende des Ersten Buches von Gegen die Häresien erwähnt Irenäus eine "kainitische" Spielart der Gnosis: "Andere wiederum lassen den Kain von der oberen Macht abstammen und bekennen Esau, Kore, die Sodomiten und ähnliche als ihre Verwandten, die zwar von ihrem Schöpfer gehaßt würden, aber doch nichts Schlimmes von ihm erlitten hätten. Denn die Sophia nahm das von ihnen, was ihr Eigentum war, zu sich". Ob es diese "Kainiten" als distinkte Gruppierung tatsächlich gegeben hat, scheint umstritten zu sein. Aber dass Kain in den Augen mancher Gnostiker eine positive Figur war, ist wohl historisch dokumentiert. Dennoch halte ich es für sinnvoller, das Hauptaugenmerk darauf zu legen, dass der Geschichte einige Verse aus Lord Byrons "Mysterienspiel" Cain vorangestellt sind.  
… by Heaven, which He holds, and the abyss,
And the immensity of worlds and life…
Homage he has from all – but none from me:
I battle it against him… till the great
Conflict shall cease, if ever it shall cease
Which it ne’er shall, till he or I be quenched!
And what can quench our immortality,
Or mutual and irrevocable hate?
Das romantisch-luziferische Aufbegehren gegen göttliche und weltliche Autoritäten scheint mir der geeignetere Kontext, in dem man diese Geschichte betrachten sollte.
 
Wirklich gnostisch wird's dann allerdings in The Throne of Achamoth (Erstveröffentlichung: Weirdbook #21 [Herbst 1985]). Nicht zufällig ist es diese Geschichte, die Tierney zusammen mit Robert M. Price geschrieben hat, der sich ja professionell mit theologischen und bibelwissenschaftlichen Themen beschäftigt. Statt einem actiongeladenen Sword & Sorcery - Abenteuer bekommen wir darin eine mystische Jenseitsreise präsentiert, eine Art gnostisch-blasphemische Version des dritten Teils von Dantes Divina Comedia.
 
Dositheus und Daramos hatten Simon immer wieder versichert, dass er und Helen(a) sich zur vorherbestimmten Zeit wiederbegegnen würden. Selbst der Tod könne sie nicht auf Dauer voneinander trennen, da sie menschliche Inkarnationen eines göttlichen Zwillingsprinzips seien. Doch Simon kann sich mit solch vagen Prophezeiungen nicht zufrieden geben. Er will auf keine künftige Reinkarnation warten, sondern die Geliebte jetzt wiedersehen. Der Weg dorthin: Eine Astralreise, die ihn über die sieben Sphären der materiellen Existenz hinaus in die göttliche Pleroma ("Fülle") führen soll. Dabei schlägt er alle Warnungen seines Mentors vor den Gefahren eines solchen Unternehmens in den Wind.
 
Was die wahre Natur Helen(a)s und ihrer Beziehung zu Simon betrifft, greift Tierney erneut Motive aus der frühkirchlich-patristischen Literatur auf, die dort natürlich als eine Lügenmär erscheinen, die Simon Magus verbreitet habe, um seiner sexuellen Beziehung zu Helena eine heilige Aura zu verleihen. Wenn Simons Gedanken am Anfang der Geschichte beim Anblick des Mondes zu seiner verlorenen Geliebten schweifen – "Luna – Selene – Helen" –, dann ist das eine Anspielung auf die pseudo-klementinischen Recognitionen (II, 2, 8&12), in denen die Gefährtin des Erzhäretikers den Namen Luna trägt. Dort wird außerdem erzählt, dieser habe gelehrt, sie sei die irdische Manifestation von "Wisdom [Sophia], the mother of all things". Bei Irenäus (Gegen die Häresien I, 23, 3) und Epiphanius (Panarion, XXI, 2, 2-5) heißt es hingegen, er habe sie mit Ennoia (dem "Gedanken") identifiziert und behauptet, durch sie die Engel und Mächte geschaffen zu haben, die ihrerseits die materielle Welt ins Dasein gerufen hätten. An diese Tradition knüpft Tierney in The Throne of Achamoth an. Schon vor dem Beginn von Simons Astralreise bezeichnet Dositheus ihn und Helen(a) als "syzgy", ein Begriff aus der gnostischen Philosophie, der ein männlich-weibliches Paar göttlicher Emanationen (Äonen) bezeichnet, zu denen auch Sophia und Ennoia gehören.

All das klingt vermutlich ziemlich trocken und esoterisch. Und ich gebe gerne zu, dass auch ich nach einem kurzen Blick in verschiedene Sachbücher den Versuch aufgegeben habe, mir ein detailliertes Bild der gnostischen Lehren zu verschaffen, die den Geschehnissen von Throne of Achamoth zugrundeliegen. Was die Geschichte in meinen Augen dennoch ziemlich faszinierend macht, ist die Schilderung der Astralreise selbst.
Der geläufigste Typus der Jenseitsreise in der antiken Literatur ist der Abstieg in die Unterwelt (Gilgamesch, Odysseus, Aeneas). Und da es hier um die Suche nach einer verstorbenen Geliebten geht, wäre man vielleicht geneigt, zuallererst an die Geschichte von Orpheus und Eurydike zu denken. Doch was Simon erlebt ist kein Abstieg, sondern eine Himmelfahrt. Womit im Grunde noch einmal unterstrichen wird, dass seine Sehnsucht nach Helen(a) nichts eigentlich romantisch-sexuelles an sich hat. Dieser Typ Erzählung findet sich vor allem in der jüdischen, christlichen und islamischen (3) Tradition. Es gibt wohl auch "echte" gnostische Versionen, aber Simons Astralreise hat mich vor allem an Dantes Aufstieg im Paradiso durch die einzelnen Planetensphären hinauf zum Empyreum erinnert.
Tierney & Price verschmelzen dabei das antike Bild des Kosmos mit seinen um die Erde gelegten Kristallschalen, auf denen sich die Planeten bewegen, mit der astronomischen Realität. Kaum hat sich Simons Geist über die irdische Sphäre erhoben, als er sich auch schon der ungeheuren Weite und Lebensfeindlichkeit des Weltalls gegenübersieht: 
A momentary terror gripped him. The air, which some philosophers felt pervaded all things, was but a thin blanket about the earth. Nature, far from abhorring a vacuum, appeared ro be almost entirely one colossal vacuum extending to the ultimate boundary of space!    
Außerdem stellt er überrascht fest, dass Aristarchos recht hatte mit seinem heliozentrischen Weltbild. Dementsprechend findet er jenseits der Mondsphäre anders als erwartet nicht die "inneren Planeten" Sonne, Merkur und Venus, sondern direkt die Sphäre des Mars.  Physische Kristallschalen existieren natürlich ebensowenig. An deren Stelle stößt Simon vielmehr auf mentale Membranen, die entlang der planetaren Umlaufbahnen gespannt sind. Gemäß der gnostischen Lehren sind die Planeten Sitz der Archonten, böser "Untergötter", die bei Tierney zu den "Primal Gods", den "Lords of Pain" gehören. Die Membranen dienen dazu, die durch Leid, Schmerz und Tod freigesetzten psychischen Energien der Erdbewohner einzufangen, von denen sich diese finsteren Wesenheiten nähren. Im Falle von Mond und Mars erscheinen die Archonten als klassisch cthulhuide Monstergötter:
The thing was monstrous -- a gigantic, pusling, toadlike entity, eyeless, and snouted with a cluster of slowly-waving feelers like those of an anemone. Its non-material flesh appeared to Simon's senses as of a blotchy, fungoid texture and color; the moon seemed to him to float at its center in lieu of a heart.
This one seemed a bladdery, reddish-purple head, smooth like an octopus, feature-less save for two great opening eyes and two writhing masses of more than a dozen tenatcles.
Noch sehr viel eindrucksvoller und bedrohlicher wirken die äußeren Planeten. Denn hier ist es die schiere Größe von Gasriesen wie Jupiter, vermischt mit dem beunruhigenden Gefühl eines verborgenen, monströsen Lebens, das auf die Existenz der Archonten hinweist:
Simon gaped as that monstrous world swelled and grew in his vision [...] It was huge beyond conception; he sensed that more than a thousand worlds like the earth could easily be swallowed by it. Its banded surface roiled and seethed as it rolled, and at eache pomderous rotation he saw a great reddish eye-shaped splotch upon its equator, widening or narrowing as it swirled like a planet-devouring whirlpool. This time there was no nebulous Archon surrounding the globe, but Simon sensed that the seething world was itself infused with a monstrous life. Its many-clolored bands seemed to pulse as upon the flesh of a spinning jellyfish, its reddish eye-splotch to wrinkle and writhe as if it glowered malevolently ...  
Und natürlich stößt Simon jenseits der Saturnbahn unerwarteterweise auf zwei weitere Planeten und ihre Sphären -- die der Antike unbekannten Uranus und Neptun. Außerdem auf Lovecrafts Yuggoth ("Iukkoth"), der hier offenbar nicht mit Pluto gleichgesetzt wird, denn nicht nur kreuzt seine Umlaufbahn diejenige Neptuns, er wird außerdem von einem zweiten Kleinplaneten begleitet, der mit dem von Ramsey Campbell populär gemachten Shaggai ("Chag-hai") identifiziert wird.  
Die rotierenden Membranen erzeugen durch ihre Vibration tatsächlich eine Art "Sphärenmusik", wie Pythagoras und andere postuliert hatten, doch im Einklang mit dem gesamten eher bedrückenden Bild des Kosmos, das sich Simon eröffnet, ist auch diese alles andere als "himmlisch":
This was the Music of the Spheres that Pythagoras and other exceptionally psychic humans had long ago sensed -- but, how naively optimistic had been their interpretation of it! Simon recalled the old tale of the king who roasted his enemies alive inside a hollow bronze bull whose nostrils were fashioned in such a way that the death-screams emerged as lovely, haunting harmonies ...
Als Simon den Punkt erreicht, der in der antiken Weltvorstellung der Fixsternhimmel gewesen wäre, überkommt ihn die kurze Vision unzähliger Galaxien und eines auf ewig expandierenden und wieder in sich zusammenfallenden Universums. Dann hat er die Grenzen der Materialität überschritten und findet sich in der Pleroma wieder.
 
Dort kommt es zwar zur ersehnten Wiederbegegnung mit Helen(a), doch bizarrerweise ist das, was sich in der Folge abspielt, vor allem eine Version des gnostischen Schöpfungsmythos. Simon erscheint dabei als "The One Who Stands Alone" (eine weitere Anspielung auf die Recognitionen [II, 2, 7]), Helen(a) als Ennoia: "They were syzgys, the Twin Aeons of the Fullness -- twins, but mirrored, opposites, yet somehow One". Ihre "Liebe" ist damit endgültig von allem Sinnlich-Realen abstrahiert. Dass sie sich einmal als samaritanischer Ex-Gladiator und befreite Sklavin aus Ephesos gekannt haben, ist bloß noch eine vage, traumartige Erinnerung.  Doch gerade diese Erinnerung führt dazu, dass Ennoia erneut den Prozess in Gang setzt, der zur Entstehung der materiellen Welt führt. Und so findet sich Simon schließlich vor dem Thron des Demiurgen wieder. Achamoth ist in der gnostischen Philosophie eigentlich eine Bezeichnung für die in die gottferneren Daseinsbereiche herabgesunkene Sophia. Doch wie schon in The Fire of Mazda erscheint er auch hier als der lovecraftsche Azathoth -- inklusive der traditionellen Flötenspieler.
 
Für den Zyklus als Ganzen und die Charakterentwicklung Simons spielt The Throne of Achamoth in meinen Augen eine doppelte Rolle:
  
Zuerst einmal wird damit die Helen(a)-Geschichte zu einem (vorläufigen) Abschluss gebracht. Simon realisiert, dass eine dauerhafte Wiedervereinigung in der Pleroma unmöglich ist. Nur in der materiellen Welt können die beiden sich wiedertreffen. Doch bis dahin wird viel Zeit vergehen. Wie seine Lehrmeister ihm schon zuvor immer wieder erklärt haben, hat er sich also in Geduld zu üben. Damit wird Simon weitgehend frei von seiner Fixiertheit auf Helen(a), die in den folgenden Abenteuern denn auch nur noch selten Erwähnung findet. Ich werde späer noch einiges über diese eigenartige Beziehung und die Figur Helen(a) zu sagen haben, aber für den Moment ist es erst einmal wichtig, dass unser Held nicht länger darauf fixiert ist, sie (oder ihre Reinkarnation) wiederzufinden.
Damit verbunden ist der zweite wichtige Punkt: Tierney benutzt Elemente der gnostischen Lehre, um die fundamentale Ungerechtigkeit der Welt zu thematisieren. Aber das bedeutet nicht, dass er daraus auch dieselben Konsequenzen ziehen würde wie die antiken Gnostiker. Die Frage des Leids beschäftigte ihn offenbar sehr stark. In seinen Gesprächen mit E. Hoffman Price in den 60ern/70ern war es oft um den Buddhismus gegangen, dem sich der alternde Pulpster zugewandt hatte. Und die erste der "Vier Edlen Wahrheiten" des Buddha lautet ja: "Leben ist Leid." In The Seed of the Star-God gibt Daramos denn auch tatsächlich buddhistisch anmutende Sentenzen à la "One can lose only that which one clings to" von sich. Dennoch ist der Geist der Simon of Gitta - Geschichten keiner der Abwendung von der Welt. Wichtiger noch als die finale Wendung von The Throne of Achamoth scheint mir dabei eine Bemnerkung zu sein, die Dositheus vor dem Beginn der Astralreise macht. Der Gnostizismus enthält ein stark elitäres Element. Er ist eine Philosophie der Auserwählten und Eingeweihten. Und auch Tierney teilt die Menschheit in seinen Geschichten in drei Klassen ein, abhängig davon, wieviel der göttlichen Essenz sie in sich tragen: Die "Great Ones", die "True Spirits" und die große Masse der "Unbeseelten". (4) Dennoch beschwört Dositheus seinen Schüler beim Anblick des nächtlichen Antiochia:
Out there lie hundreds of thousands of other humans, preparing for sleep, or thievery, or lovemaking, or who knows what else -- and beyond them in this wide, nighted world lie millions more. Only a small fraction of them are True Spirits such as we, Simon -- yet, who is to judge which those few are? But tonight I ask you to identify yourself with those unsouled millions who wrangle and fight, breed and strive and die only for gain or that their progeny might live. Think of them, Simon, feel for them, make of them an anchor for your soul, otherwise, you might never return ...
Chronologisch folgt auf The Throne of Achamoth der Roman The Drums of Chaos, in dem unser Held dann tatsächlich Jesus von Nazareth begegnet. Vielleicht werde ich das Buch in einem eigenen Blogpost noch einmal genauer besprechen. Die Grundidee -- die apokaylptische Naherwartung der Evangelien mit okkulten Verschwörungen und etwas "Dunwich Horror" zu vermischen -- hat mir jedenfalls ganz gut gefallen. Und auch dort geht es letztlich darum, dass die Ordnung des Universums zwar ungerecht, das menschliche Dasein bei aller Leidhaftigkeit aber dennoch nicht wertlos ist oder verworfen werden sollte. Die nächste Kurzgeschichte des Zyklus greift ebenfalls dieses Thema auf und vertieft es noch einmal.
 
Mit The Soul of Kephri (Erstveröffentlichung: Space and Time, Sommer 1984) beginnen Simons Ägypten-Abenteuer. 
Nach seinen Erlebnissen in Judäa, die ihn ziemlich erschüttert haben, hat sich unser Held in den Ptah-Tempel von Theben zurückgezogen, ist quasi zum Mönch geworden. Aber im fernen Capri schmiedet Imperator Tiberius bereits wieder finstere Pläne. Wie so viele größenwahnsinnige Despoten gelüstet es auch ihn nach Ewigem Leben. Bislang hat er den Verfall seines Körpers mit ausgiebigstem rituellem Vergießen von Kinderblut einigermaßen in Schach gehalten, aber auf Dauer ist das keine Lösung. Da eröffnet ihm das Studium der Sapientia Magorum eine vielversprechendere Perspektive: Alsbald schon wird der Phönix nach Jahrhunderten in den Sonnentempel von Heliopolis zurückkehren, um dort im Feuer wiedergeboren zu werden. Wenn es ihm gelänge, den legendären Vögel -- die "Seele Kephris" (der Morgendämmerung) -- zu fangen und den Alten Göttern als Opfer darzubringen, würde sich ihm das Tor zur wahren Unsterblichkeit öffnen.         
Einmal mehr greift Tierney hier auf die Annales des Tacitus zurück, denn dort heißt es im 28. Kapitel des Sechsten Buches:
During the consulship of Paulus Fabius and Lucius Vitellius (34 u. Z.), the bird called the phoenix, after a long succession of ages, appeared in Egypt and furnished the most learned men of that country and of Greece with abundant matter for the discussion of the marvellous phenomenon.
Also schickt Tiberius seinen Hofastrologen Thrasyllus (5) mit einem entsprechenden Auftrag nach Ägypten.
Derweil erhalten Simon und sein Mentor, der Hohepriester Ka-nephru, prophetische Träume, in denen ihnen ein mysteriöser Greis erscheint, der sich "Epimetrius, Protector of Civilization" nennt, und der sie davor warnt, dass "the madman who sits on the throne of Rome" die Seele Kephris stehlen wolle. Ka-nephru realisiert sofort, dass es um den Phönix geht und der Menschheit ein neues dunkles Zeitalter droht, wenn Tiberius mit seinem Unterfangen Erfolg haben sollte. Also schickt er seinerseits Simon nach Heliopolis, um dies zu verhindern.
Howard-Fans werden aufgehorcht haben, sobald der Name Epimetrius fällt. Denn das ist ja der alte Weise, der Conan in The Phoenix on the Sword in einem ganz ähnlichen Traum erscheint. Tatsächlich tritt Simon in dieser Geschichte ganz direkt das Erbe des Cimmeriers an:
Over ten thousand years ago, when the minions of Set and Apophis threatened to burst forth upon the world, he chose as the world's defender a king who was a barbarian -- and the king was victorious, aided by the sign of the Phoenix which Epimetrius caused to be inscribed upon his sword blade.
Um den dämonischen Megroth zu bezwingen, den Thrasyllus mit Hilfe der Scroll of Thoth als Helfer für seine finstere Queste heraufbeschworen hat, muss Simon eben dieses Schwert, die geborstene Klinge Conans, finden. Wobei er unerwartete Hilfe von der jungen Merit und ihrem Bruder Ptahor, zwei Fellachenkindern aus der Nachbarschaft von Heliopolis, erhält.
 
Die Howard-Bezüge könnten etwas platt und aufdringlich wirken, wenn die Geschichte nicht zugleich eine unausgesprochene Zurückweisung der howard'schen Weltsicht enthalten würde. Den Conan-Geschichten liegt bekanntlich der Gegensatz von Zivilisation und Barbarei zugrunde. Wobei "Two Gun" Bobs Sympathie eindeutig auf Seiten der letzteren lag, während er die Zivilisation vor allem mit Repression, Heuchelei und Dekadenz identifizierte. Klar ausgedrückt findet sich das in den Versen, die dem letzten Kapitel von Phoenix on the Sword vorangestellt sind:    
What do I know of cultured ways, the gilt, the craft and the lie?
I, who was born in a naked land and bred in the open sky.
The subtle tongue, the sophist guile, they fail when the broadswords sing;
Rush in and die, dogs -- I was a man before I was a king.
  
In The Soul of Kephri hingegen steht die Zivilisation für das Streben des Menschen nach Wissen und einer besseren Zukunft. Der Phönix verkörpert die damit verbundene Hoffnung. Und sie ist es, die Simon gegen die Mächte der Finsternis verteidigen muss. Sein Hass auf Rom spielt zwar auch in dieser Geschichte wieder eine Rolle. Aber anders als etwa in Howards Bran-Mak-Morn - Story Worms of the Earth steht das Imperium im Simon of Gitta - Zyklus nicht für die Zivilisation an sich, sondern für eine tyrannische Ordnung, die auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert. Am Ende der Geschichte wird sie ganz ausdrücklich als eine von Korruption und Grausamkeit zerfressene Niedergangsform der Zivilisation beschrieben. 
Aber die Geschichte ist nicht nur eine implizite Zurückweisung des howardschen Barbaren-Ideals. Sie enthält darüberhinaus auch eine Auseinandersetzung mit Tierneys eigener zutiefst pessimistischer "dark cosmology". Am Ende fragt Simon den Phönix, der tatsächlich in Heliopolis erscheint:
Is not hope but a torture in such a world as this -- a device of the Elder Gods, to extract as much pain as possible from us earthly creatures, that they might feed upon that pain --?
Der mystische Vogel weiß darauf überraschenderweise keine eindeutige Antwort zu geben:
I do not know. I am not a god, as these Khemites seem to believe, but only a finite being even as you, longing to correct the things that lead to horror and darkness.
Erneut sehen wir hier die gegensätzlichen Impulse in Tierneys literarischem Schaffen. Auf der einen Seite die Wut über all das Leid und die Ungerechtigkeit der Welt, die sich mitunter zu blanker Verzweifelung steigern kann. Wobei interessanterweise aber kaum je misanthrope Untertöne herauszuhören sind. Auf der anderen das Aufbegehren dagegen. Und ohne Hoffnung ist Aufbegehren nicht möglich. Was The Soul of Kephri dabei von anderen Tierney-Geschichten unterscheidet, ist, dass diese Hoffnung sich hier nicht auf die Handlungen von Einzelpersonen beschränkt (obwohl Simon hier stärker als sonst als "Auserwählter" dargestellt wird), sondern das kollektive Streben der Menschheit nach einer besseren Zukunft umfasst. Dabei spielt auch die ganze Einteilung in "True Spirits" und "Unbeseelte" ausnahmsweise mal keine Rolle.  
 
Ein weiteres Element der Geschichte, das nicht unerwähnt bleiben darf, hat nichts mit Inhalt und Thematik zu tun: Der einleitende Kommentar von Robert M. Price hatte mich bereits vorgewarnt, dass diese Story erneut Star Wars - Reminiszenzen enthalten werde. Als der übergroße Megroth mit seinem düsteren Helm dann tatsächlich auftaucht, musste ich allerdings weniger an Darth Vader als vielmehr an Voltan aus Hawk the Slayer denken. (Ob das wirklich besser ist, überlasse ich dem Urteil meiner Leser*innen). Aber der finale Kampf zwischen ihm und Simon im Ra-Tempel von Heliopolis ist tatsächlich eine Art "Light Saber Duel". Conans Schwert ist ja geborsten, aber im entscheidenen Moment entwächst ihm plötzlich eine "Energieklinge". Und auch wenn's mich schmerzt, das zu sagen: Das fand ich dann doch etwas albern. (6)

Eine sehr viel gelungenere Vermischung von Sword & Sorcery mit Motiven aus einem klassischen SciFi-Flick bietet The Worm of Urakhu (Erstveröffentlichung: Weirdbook #23/24 [1988]). 
In der inneren Chronologie des Zyklus ist der Geschichte The Ring of Set vorangegangen. Simon hat das magische Schmuckstück inzwischen nach Ägypten zurückgebracht. Doch der jüngst zum Imperator aufgestiegene Gaius Caligula hat ein fettes Kopfgeld auf ihn ausgesetzt und lässt ihn von seinen Legionären jagen, da er Thoth-Amons Artefakt immer noch in die Finger zu bekommen wünscht. Und so befindet sich unser Held am Anfang der Geschichte auf der Flucht westwärts in die Tiefen der Libyschen Wüste. Mit einer römischen Kohorte dicht auf seinen Fersen.
Im Dritten Buch (25./26. Kap.) seiner Historien erzählt Herodot, dass der persische König Kambyses (II.) während seines ägyptischen Eroberungsfeldzugs eine 50.000 Mann starke Armee in Richtung der Oase Siwa in Marsch gesetzt hätte, "to make slaves of the Ammonians and to set fire to the seat of the Oracle of Zeus". Doch das gesamte Heer sei in der Wüste zugrunde gegangen: "[W]hile they were taking their morning meal a violent South Wind blew upon them, and bearing with it heaps of the desert sand it buried them under it, and so they disappeared and were seen no more.
In nun schon gewohnter Weise greift Tierney diesen historischen Bericht auf und verknüpft ihn mit Mythos-Elementen. So erzählt der einheimische Führer Anguiculus den römischen Offizieren in Bezug auf die Wüste: "It is said that Apophis, the Great Serpent, sleeps -- out there". Als einer von ihnen einwendet, dass die persische Armee in einem Sandsturm -- und nicht durch irgendwelche mythischen Ungeheuer -- untergegangen sein soll, erwiedert er: "Aye. But Apophis is known to you Greeks and Romans as Typhon. And is not Typhon lord of the great winds that come out of the south?" Als sich die Kohorte wieder in Bewegung setzt, warnt der Wüstenbewohner die Römer außerdem davor, im Gleichschritt zu marschieren: "The nomads avoid crossing this area in large numbers and in marching order, fearing that the rhythmic tread of many might awaken the Great Serpent who slumbers beneath the sands."
Das könnte einem irgendwie bekannt vorkommen, oder? Tatsächlich enthält The Worm of Urakhu eine ganze Reihe mehr oder weniger offensichtlicher Anspielungen auf Dune. Wobei allerdings weniger Frank Herberts Roman als vielmehr David Lynchs Film von 1984 als Vorlage gedient haben dürfte.
Dem Verdursten nahe stolpert Simon inmitten der Dünen über die halbzerfallenen Überreste eines uralten Tempels. Überraschenderweise erwartet ihn dort bereits die Priesterin und Zauberin Thoueris, Hüterin des "Sixth Pylon", "shrine of Shai-urt-ab, the Worm of Destiny". Der Name der Gottheit soll natürlich an Shai-Hulud, den großen Sandwurm von Arrakis erinnern, ist aber zugleich eine Kombination aus zwei altägyptischen Begriffen aus dem Ani-Papyrus ("Totenbuch"), die zusammengesetzt ungefähr "The Fate of the Stilled Heart" bedeuten. Von dort stammt auch die Vorstellung der einundzwanzig Pylonen, die die Seele des Verstorbenen auf ihrem Weg in die Unterwelt durchschreiten muss. Simon rezitiert deshalb auch sofort die entsprechenden Verse:
When unto the Sixth Pylon thou dost come, speak these words: Lady of Light, mighty in the power of thy voice, none knows thy sorcerous reach not yet thine age. Its like has not been known from the beginning. (7)  
Man wird gar nicht anders können, als die erwähnte Lady mit Thoueris zu identifizieren, deren Name zudem die griechische Bezeichnung für die ägyptische Göttin Taweret ist. Allerdings ist es nun nicht so, als habe es Simon bei seiner Flucht vor den Römern tatsächlich in die Unterwelt verschlagen. Vielmehr verbirgt sich hinter den Schilderungen des Ani-Papyrus die vage Erinnerung an ein längst untergegangenes Zeitalter. In The Worm of Urakhu stellt sich Tierney nämlich u.a. die Aufgabe, konkreter darzulegen, wie aus dem Stygia des Hyborian Age "unser" Ägypten wurde.  
Der Proto-Nil Styx fließt in Conans Welt für die zweite Hälfte seines Verlaufs von Osten nach Westen, da es das Mittelmeer ja noch nicht gab, in das er hätte münden können. Er wäre also durch das spätere Nordafrika geflossen. (8) Hinter den einundzwanzig Pylonen verbirgt sich eine Kette von Tempeln, die einst an seinem Ufer standen und Stationen einer Großen Pilgerfahrt waren. Da die Wüste westlich des Niltals von den späteren Bewohnern des Landes mit dem Totenreich identifiziert wurde, wurde daraus in ihrer Vorstellung irgendwann eine Reise durch die Unterwelt. Erhalten haben sich von diesen Tempeln/Pylonen nur zwei: Das (historische) Orakel des Zeus-Amon in der Siwa-Oase und Thoueris' Schrein. (9) 
Im Verlauf der "wahren" Vor- und Frühgeschichte Ägyptens, die Tierney uns hier erzählt, begegnen wir u.a. Lovecrafts "dunklem Pharao" Nephren-ka und erfahren, woher der Name Nyarlathotep stammt. Die historischen Hyksos, die während der Fünfzehnten Dynastie (ca 1650-1550 v.u.Z.) über das Land geherrscht hatten, werden dabei als Verehrer der Großen Alten und vor allem Sets dargestellt, "whom they worshipped under the name Ah-Set-ur" (=Hastur/Assatur). (10)
 
Bei einem derartigen Unternehmen besteht natürlich sehr leicht die Gefahr, dass das zu einem plumpem Worldbuilding-Infodump ausartet. Aus drei Gründen war dies für mich hier nicht der Fall.
Zuerst einmal wird die Geschichte nicht einfach bloß erzählt. Simon gerät unter den Einfluss einer Droge (der örtlichen Spice-Variante), die seine Wahrnehmung der Zeit verändert, Auf eigenartig pulsierende Weise weitet sich sein Blick immer weiter in Vergangenheit und Zukunft aus. Als Thoueris' Gesicht vor ihm erscheint und die lange Geschichte des Tempels zu erzählen beginnt, hört er nicht allein ihre Worte, sondern sieht zugleich die Ereignisse, von denen sie berichtet. Die Szene ist ganz klar nach dem Vorbild des Prologs aus Lynchs Dune gestaltet und Thoueris' Erzählung enthält sogar einige "Halbzitate" aus Prinzessin Irulans Monolog: "The dawn-time was a strange time ... Know that this was originally the fane of Shuddam-El, Devourer of the Earth, who aeons ago came with his worm-minions to this world from the world of Urakhu." ... "a desolate, dry world of vast deserts" ..."whose pollen extends life and expands vision".
Außerdem ist zumindest ein Teil der Geschichte notwendig, um Thoueris' Motivationen zu verstehen. Nachdem der Große Alte Shuddam-El vor Urzeiten auf die Erde herabgestiegen war, wurde er nach langem Ringen von den Älteren Göttern in der vergessenen Metropole Ka-Harne eingekerkert. (11) Jahrtausende später ließ der Hyksos-Herrscher Apophis drei Eier dieser monströsen Wurmkreatur von dort fortschaffen und zum Tempel des Sechsten Pylonen bringen. Aus einem von ihnen schlüpfte der fürchterliche Shai-urt-arb. Die übrigen zwei befinden sich nach wie vor in der Obhut der Priesterschaft, die seit der persischen Invasion nur noch aus einer Person besteht. Das Schicksal führt der jeweiligen Priesterin oder dem Priester zur rechten Zeit einen Partner bzw. eine Partnerin zu, damit der Fortbestand der Dynastie gesichert ist. Denn Shuddam-Els Nachkommen müssen bewacht und behütet werden, damit sie eines Tages den Kerker von Ka-Harne aufbrechen, "[so] that the Old Ones may rise once more and cleanse the earth from all evil." Thoueris hält Simon für diesen vom Schicksal gesandten Gefährten. Und er selbst sieht in seiner Vision, wie eine solche Zukunft aussehen würde: Einerseits eine glükliche Partnerschaft und eine wundervolle Tochter, andererseits das Erwachen der Großen Alten und die Vernichtung der Menschheit ...
Als drittes kommt hinzu, dass wir im Hintergrund ja die Bedrohung durch die immer näher heranrückenden Legionäre haben. Und wir Szenen aus deren Perspektive zu sehen bekommen, so dass die Gefahr stets präsent bleibt.
 
Man muss zugeben, dass der Simon of Gitta - Zyklus nicht gerade mit einer Unmenge interessanter Frauenfiguren gesegnet ist. Auch Thoueris ist jetzt sicher kein besonders vielschichtiger Charakter, aber sie sticht doch in mehrfacher Hinsicht hervor. So ist sie alles andere als eine Damsel-in-distress, was schon mal positiv auffällt. Als es schließlich zum Überfall der Römer kommt, erweist sie sich vielmehr als beinahe so kampfgeschickt wie Simon selbst. Und obwohl sie eine Dienerin der Großen Alten ist, handelt es sich bei ihr auch nicht um den Stereotyp der "bösen Zauberin". Es gehört zur Eigenart des "Tierney-Mythos", dass Leute mit völlig lauteren Motiven das Erwachen der Großen Alten herbeisehnen können. Denn gibt es nicht genug Argumente dafür, dass die Welt, so wie sie ist, es verdient hat, unterzugehen? In The Drums of Chaos ist das eines der zentralen Themen. Und auch Thoueris erscheint am Ende keineswegs als Bösewicht. Im Gegenteil. Dass Simon dennoch nicht auf ihr Ansinnen eingeht, ist aber wohl auch nachvollziehbar. 
Auffällig ist außerdem, dass sich hier wieder einmal eine Frau aus "metaphysischen" Gründen in Simon "verliebt" und nicht etwa, weil er so furchtbar "männlich" wäre, wie man es bei Sword & Sorcery - Helden sonst ja gar zu oft gewöhnt ist.
Dass die Story selbstverständlich mit einem fulminanten Auftritt Shai-ut-arbs persönlich endet, den keiner der Legionäre überlebt, versteht sich denk ich von selbst.
 
Die anderen beiden Ägypten-Abenteuer Simons werde ich eher flüchtig abhandeln. Sie sind zwar sicher nicht ohne ihren Reiz, stechen aber auch nicht besonders hervor.
 
In The Curse of the Crocodile (Erstveröffentlichung: Crypt of Cthulhu #47  Roodmas 1987) schafft der Nomarch (Provinzstatthalter) Valerius Argonius ein uraltes Kultbild des Krokodilgottes Sebek (Sobek) von  Krokodilopolis (Shedet/Al-Fayyūm) nach Memphis, um es erneut in den verfluchten Gewölben, die sich unter dem Ptah-Tempel befinden, aufzustellen. Er glaubt, der finstere Gott werde ihm dann nach einer entsprechenden Zeremonie (einschließlich Jungfrauenopfer) den Weg zur Weltherrschaft eröffnen. Das muss selbstverständlich verhindert werden.
Kurioserweise wurde diese Kurzgeschichte u.a. geschrieben, um eine Zeile aus Robert Blochs The Secret of Sebek (Weird Tales, November 1937) zu "erklären". Dort wird nämlich ein "Inner Temple at Memphis" erwähnt. Doch in Wirklichkeit war das Zentrum des Sobek-Kultes immer die Fayyūm-Region. Also führt Tierney ein urzeitliches Heiligtum des Krokodilgottes in Memphis ein, das vor Jahrhunderten versiegelt und beim Volk in Vergessenheit geraten ist. Wie Simons Freund, der Ptah-Priester Menophar, erzählt:
The Inner Temple is old, older than Memphis itself. It was already here when Menes, the first pharaoh, established the city. Within it, according to the writings of the ancient sorcerer Zazamamkh (12), stood the Eidolon of Sebek -- the Golden Crocodile between whose jaws countless screaming virgins were torn. Such sacrifices, dating back to ancient Stygian times, caused Menes to expel the priests of the crocodile god, level their temple, and seal off the nether fane -- the Inner Temple [...] The memory of Sebek's worship was expunged from the land  
Gleichfalls
von Bloch entlehnt ist "mad Luveh-Keraph, priest of Bast", dessen Schriften Menophar nebenbei erwähnt. Bloch hatte den Priester der Katzengöttin für The Suicide in the Study (Weird Tales, Juni 1935) als Anspielung auf H.P. Lovecraft und dessen leidenschaftliche Liebe zu Katzen erfunden.
Viel mehr habe ich über die Geschichte nicht zu sagen. Wir bekommen eine letzte Dune - Anspielung, denn der mächtig übergewichtige Argonius und sein ranker, schlanker Neffe Fabian sollen sicher an Baron Vladimir Harkonnen und Feyd-Rautha erinnern. Allerdings ohne irgendwelche sexuellen Untertöne. Und es ist ein nettes Detail, dass der Endkampf zwischen Simon und Fabian off-screen stattfindet. Nicht nur, weil damit die makabre finale Wendung vorbereitet wird, sondern auch weil das auf subtile Weise unterstreicht, wie leicht unser Held seinen Kontrahenten bezwingt. Der wurde zwar die ganze Zeit als arroganter Meisterfechter dargestellt, hat aber noch nie ums nackte Überleben kämpfen müssen, sondern immer nur mit Trainingspartern oder hilflos unterlegenen Opfern "herumgespielt". Keine wirkliche Herausforderung für einen Simon of Gitta.

In The Treasure of Horemkhu (Erstveröffentlichung: Pulse Pounding Adventure Stories #2, Dezember 1987) besucht Simon dieselben uralten Gewölbe unter der großen Sphinx von Gizeh, in die es Jahrhunderte später in Lovecrafts Under the Pyramids Harry Houdini verschlagen sollte, und begegnet dabei ganz denselben Schrecken. (13) Was die Geschichte zu mehr als einer bloßen Hommage auf die einzige echte Ägypten-Story des alten Gentleman macht, sind die Umstände, die unseren Helden in die vorzeitlichen Katakomben führen.
Nach den Ereignissen von Curse of the Crocodile steht Simon erst recht ganz oben auf den Fahndungslisten des Imperiums. Und so tauchen alsbald schon Centurio Aemilius und seine Soldaten im Ptah-Tempel von Memphis auf, um den "Mörder und Rebellen" zu arretieren. Der Offizier, der Argonius' rechte Hand war und dabei auch einiges von dessem okkulten Studien mitbekommen hat, ist allerdings mehr noch daran interessiert, von Menophar den Zugang zu den Gewöben unter der Sphinx gezeigt zu bekommen. Denn er hat in Luve-Keraphs Scroll of Bubastis gelesen, dass dort "Egypt's greatest treasure" verborgen liege. Falls der Priester nicht bereit sein sollte zu kooperieren, droht der Centurio ein Massaker unter der Stadtbevölkerung anzurichten
Zur selben Zeit befindet sich Simon zufällig selbst auf dem Weg zur Großen Sphinx. Als einheimischer Fremdenführer verkleidet soll er ein reiches griechisches Ehepaar unterhalten, das eine abendliche Party vor dem Monument veranstaltet. Womit er sich gleichzeitig dem suchenden Blick der Römer zu entziehen hofft. Natürlich ist genau das Gegenteil der Fall. Als erst irgendwelche ägyptischen Halunken und dann auch noch Aemilius mit seinen Soldaten dort aufkreuzen, kommt es zu einem blutigen Gemetzel, bei dem die Römer rasch die Oberhand gewinnen. Doch statt umgehend mit dem gefangenen Simon nach Memphis zurückzukehren, will der von Gier verblendete Centurio zuerst einmal in die verbotenenen Katakomben hinabsteigen, deren Zugang ihm Menophar geöffnet hat. Und schleppt dabei auch noch die Griechin Catella mit, da er irrigerweise glaubt, diese verfüge über okkultes Wissen, das ihm bei seiner Schatzsuche von Nutzen sein könnte. Glücklicherweise ist Simon von Dositheus nicht nur in Magie, sondern auch in der Kunst der Entfesselung unterrichtet worden (Houdini-Bezug!), und so können unser Held und Catellas Ehemann Spargos schließlich eine mutige Rettungsaktion starten.
Mit Abstand am besten gefallen hat mir an The Treasure of Horemkhu das griechische Ehepaar. Die Simon of Gitta - Geschichten werden hauptsächlich bevölkert von schwertschwingenden Helden, brutalen Bösewichtern, mysteriösen Magiern etc. Wie sympathisch mutet es da an, einmal zwei "ganz gewöhnlichen" Leuten zu begegnen, die einfach gutherzig, nett und liebenswert erscheinen.  
Spargos of Megalopolis was evidently no piker when it came to funding a party, and Simon decided he liked both him and his wife; they were frank of speech and, despite a bit of genteel reserve, repectful and friendly toward their guide and even their own slaves -- unlike so many of the haughty Roman and Greek tourists he had guided these last few weeks. Moreover, both were genuinely and deeply interested in Egypt's ancient monuments and the stories Simon told them.
Insbesondere Catella wirkt mit ihrer offenen und selbstbewussten Art und ihrem leidenschaftlichen Interesse an den Altertümern Ägyptens sehr einnehmend. Und der schon etwas ältere Spargos ist zwar ganz sicher nicht der heroische Typ, zögert aber keinen Augenblick, zusammen mit Simon in die dämonischen Abgründe unter der Sphinx hinabzusteigen, um seine Frau aus den Klauen der Römer (und noch sehr viel gruseligeren Gefahren) zu befreien.    
In seinen einleitenden Bemerkungen schreibt Bob Price: "[Tierney] incorporates some of the wild speculations on the Sphinx from Zechariah Sitchin's The Stairway to Heaven". Beim Überfliegen der relevanten Passagen des Präastronautik-Schmökers habe ich allerdings keine nennenswerten Parallelen entdecken können. Womit ich aber nicht gesagt haben will, dass Tierney keine Einflüsse aus dieser Ecke aufgegriffen hätte. Vertraut wird er mit der entsprechenden Literatur auf jedenfall gewesen sein. Schließlich schrieb er selbst Artikel für diverse Eso-Publikationen. Um noch einmal Price zu zitieren: "Tierney used to write for Fate magazine and Gnostica News". Und zumindest die Idee, dass die Pyramiden von Gizeh nicht von Menschen, sondern von Außerirdischen erbaut wurden, wird in der Story mehrfach erwähnt. Aber das hatte ja auch schon Freund Däniken im siebten Kapitel seiner Erinnerungen an die Zukunft "angedeutet" ...

Damit kommen wir zu einem persönlichen Highlight des Zyklus. The Dragons of Mons Fractus (Erstveröffentlichung: Weirdbook #19, Frühling 1984) spielt nach den Ereignissen von The Scroll of Thoth. Caligula ist tot und Claudius hat den Thron des Imperiums bestiegen. Simon befindet sich erneut auf einem Rachefeldzug. Diesmal hat er sich auf die Jagd nach Pontius Pilatus gemacht. Denn der ehemalige Prokuartor von Judäa ist für den Tod von Dositheus verantwortlich, der beim Massaker auf dem Berg Garizim ums Leben gekommen ist, von dem Flavius Josephus im XVIII. Buch (Kap. 4,1) seiner Jüdischen Altertümer berichtet. Angeblich wurde Pilatus von Caligula nach Gallien verbannt. Also reist Simon nach Vienne, wo er einmal wieder als Schausteller und Zauberkünstler auftritt. Das Publikum ist begeistert, den Großteil der Einnahmen lässt er allerdings dem trunksüchtigen Exilierten Coponius zukommen, der ihm im Gegenzug den Aufenthaltsort von Pilatus verraten soll. Was ihm dieser schließlich erzählt, ist eine abenteuerliche Geschichte: Aus Judäa zurückgerufen, habe Pilatus den Zorn von Tiberius und Caligula auf sich gezogen, "for crucifying a Nazorean wizard who claimed to have the secret of eternal life". Denn beide Kaiser hatten nach Unsterblichkeit gedürstet. Caligula habe Pilatus schließlich gezwungen, an einem magischen Ritual teilzunehmen, das offenbar ähnlichen Zielen dienen sollte, den ehemaligen Statthalter aber bloß in eine untote Kreatur verwandelte. Der von Panik erfasste Imperator habe ihn auf einer Tiberinsel verscharren lassen, doch alsbald schon sei es zu mysteriösen Todesfällen und unnatürlichen Gewittern in der Nachbarschaft gekommen. Also habe man ihn wieder ausgegraben und unter Coponius Aufsicht nach Vienne geschafft. Hier wiederholte sich das Ganze. Ebenso in Genf.
At last, with great toil and expense, I had it [den untoten Leichnam] conveyed to  wild, remote region far to the northeast, near the border of Rhaetia, and there caused it to be sunk in a tarn near the top of a high and uninhabited mountain.
Um diese beunruhigende Geschichte zu verschleiern, hat Coponius außerdem das Gerücht in Umlauf gesetzt, der exilierte Pilatus sei in Vienne gestorben und ließ ihm sogar ein Grabmal errichten. (14)
Tierney benutzt hier eine ganze Reihe von Pilatus-Legenden -- vor allem die mittelalterliche Legenda Aurea, die von den wiederholten Begräbnissen des Statthalters berichtet -- und verknüpft sie mit Motiven einer Vampirerzählung, wobei er zugleich auf Elemente aus seiner eigenen Caligula-Geschichte The Scroll of Thoth zurückgreift.
Simon macht sich auf den Weg zum Mons Fractus (lateinischer Name des schweizer Pilatus-Massivs), auf dessen Anhöhe sich der See befinden soll, in den der Leichnam versenkt wurde. Als er in der Regfion angekommen ist, stößt eines nachts überraschenderweise die entlaufene Sklavin Gretchen zu ihm, die er bei Coponius kennengeklernt hatte. Sie stammt aus dieser Gegend und erzählt u.a. davon, dass ihr Volk die Drachen verehrt, die in dem Berg hausen sollen. Auf eigenartige Weise erinnert sie ihn an Helen(a), obwohl kaum äußerliche Ähnlichkeiten zwischen den beiden Frauen bestehen. Zum ersten (und einzigen) Mal im Simon of Gitta - Zyklus kommt es am abendlichen Lagerfeuer zu einer Art Liebesszene, doch das Idyll währt nicht lang, denn noch in derselben Nacht taucht Vampir-Pilatus auf und schlägt seine Fangzähne in Gretchens Kehle.
Am nächsten Tag stoßen die beiden auf Gretchens Volk, das an den Ufern des Alpnachersees (?) lebt. Der alte Druide Karanoch hat Simon wenig Gutes mitzuteilen: Zuerst einmal ist Gretchen zwar auch ein "True Spirit", weshalb Simon sich so stark zu ihr hingezogen fühlt, aber sie ist nicht seine komplementäre Seelenpartnerin. Vielmehr sind sie und der Häuptlingssohn Brennus ein solches metaphysisches Paar. Simons Hoffnung, in ihr die verlorene Helen(a) wiedergefunden zu haben, muss der Alte also enttäuschen. Aber es kommt noch schlimmer: Da sie von dem Vampir gebissen wurde, steht ihr ein grausiges Ende bevor, falls es unserem Helden nicht gelingen sollte, den untoten Pilatus zu erledigen. Und die einzige Hilfe, die der Druide ihm dabei anbieten kann, ist ein mysteriöser Stein, ein altes Relikt seines Volkes, von dessen Kräften er selbst allerdings wenig genaues weiß.
In der zweiten Hälfte der Erzählung bedient sich Tierney ausgiebigst im Fundus der Sagen, die sich um Pilatus-Massiv und Pilatus-See spinnen. Dazu gehört neben dem Luzerner Drachenstein auch die Geschichte von dem Küfer, der in eine Felsspalte stürzt, dort zwei recht freundlichen Drachen begegnet und zusammen mit diesen in der Kluft den Winter verbringt. Letztere deutet er auf faszinierende Weise um, indem er aus den Lindwürmern die letzten Überlebenden der Velusischen Schlangenmenschen aus Robert E. Howards Kull-Story The Shadow Kingdom macht. Doch anders als dort erscheinen sie hier als nette, äußerst zivilisierte und hilfsbereite Gesellen.
 
Eine ähnliche Umkehrung der gängigen Völker- und Rassenklischees des Cthulhu-Mythos finden wir auch in der nächsten Geschichte The Wedding of Sheila-Na-Gog (Erstveröffentlichung: Crypt of Cthulhu #29, Candlemas 1985), die Tierney zusammen mit Glenn Rahman verfasste.
Simon hält sich immer noch in Gallien auf, ist aber etwas weiter nach Westen in die Auvergne gewandert, die Tierney mit Clark Ashton Smiths Averoigne identifiziert. In seinem letzten Brief an Fritz Leiber hatte Lovecraft  über die phantastische französische Provinz seines Freundes erzählt:
I have helped C.A.S. give Averoigne a pseudo-history extending back to Gallic days, when the Averones trickled in from a sunken western land & brought with them the hellish tome known in later years as Liber Ivonis or Livre d'Eibon. This dark people set up the worship of Tsathoggua, or Sadoqua in the region where they settled, so that by the Gallo-Roman period the Regio Averonum or Averonia was feared as the abode of black and unearthly sorcery. (15) 
Von dort stammen auch die der Geschichte vorangestellten Verse:
Black & unform'd, as pestilent a Clod
As dread Sadoqua, Averonia's God. (16)
Doch erstaunlicherweise erweisen sich die Averoni, die durch Hautfarbe und Statur ("short, swarthy") eigentlich ganz den klassischen "primitiven Kultisten" Lovecrafts gleichen, in The Wedding of Sheila-Na-Gog als Simons wahre Verbündete und er verdankt sein Überleben am Ende einzig ihnen und den dämonischen "Katzen von Sadoqua", wobei letztere vielleicht auch eine Anspielung auf The Dream-Quest of Unkown Kadath sein könnten.
Eigentlich ist der samaritanische Zauberer nach Averonia gekommen, um sich in die Mysterien der Druiden einweihen zu lassen und unter ihnen Verbündete im Kampf gegen Rom zu rekrutieren. Doch Ferchobhar, "first among the Black Goat Druids" hat ein heimliches Bündnis mit dem ehrgeizigen Proconsul Mettius Aelius Scaevola geschlossen. Und so sieht Simon sich schon bald nicht nur von römischen Legionären, sondern auch von den chimärenhaften Monstern gejagt, die von der Göttin der Druiden, Sheila-Na-Gog, "erschaffen" wurden. Dabei droht ihm diesmal ein grausigeres Schicksal als das Kreuz. Denn Sheila-Na-Gog kreiert keine Lebewesen, sondern mutiert sie bloß zu Ungeheuern. Und je stärker und geschickter der Ausgangsstoff, desto beeindruckender auch das Ergebnis ...
Der Name des Druidenkultes lässt einen erneut an Shub-Niggurath, "The Black Goat with a Thousand Young" denken. Und das Wesen, das sie verehren, ist auch sicher so etwas wie die perverse Variante einer Fruchtbarkeitsgöttin. Aber Sheila-Na-Gog ist vor allem eine Anspielung auf Sheela na gig, ein an mittelalterlichen Kirchen zu findender Typus von Steinfiguren, die weibliche Gestalten mit einer grotesk hervorgehobenen Vagina darstellen. Ich will's mal so ausdrücken: Man sollte diese Geschichte lieber nicht einem Freudianer zur Interpretation vorlegen. Denn was würde der wohl sagen, wenn er die Beschreibung der monströsen Kreatur liest: "Bubbling within the vast cavern was a huge gray pool, some thirty yards across. It churned silently, constantly putting forth gigantic mouths, eyes, pseudopods and animate creatures.
Der Schluss der Geschichte enthält noch einen kleinen "Insider-Joke", wenn Scaevola selbst in den mutierenden Monsterpfuhl stürzt und in einer Gestalt wieder auftaucht, die frappierende Ähnlichkeit mit Brown Jenkin aus Lovecrafts Dreams in the Witch-House hat ...

Leider endet der Simon of Gitta - Zyklus auf einer etwas unbefriedigenden Note. The Pillars of Melkarth (Erstveröffentlichung: Space & Time, Sommer 1990) spielt etliche Jahre nach The Wedding of Sheila-Na-Gog und offenbar nach den Ereignissen des Romans The Gardens of Lucullus. Simons Lage hat sich dramatisch gewandelt. Er ist nicht länger der von allen Legionären des Imperiums gehetzte "enemy of Rome", sondern steht selbst in den Diensten des Imperators Claudius! Allein das schon fand ich extrem irritierend. Und auch dass unser Held in diesem seinem letzten Abenteuer tatsächlich die reinkarnierte Helen(a) findet, kam bei mir nicht wirklich gut an. Potenziell könnte es ziemlich creepy wirken, dass Simons große Liebe nun plötzlich die Gestalt eines sechzehnjährigen Mädchens besitzt. Aber die Gefühle, die zwischen den beiden bestanden, hatten ja eigentlich nie etwas sexuelles an sich gehabt. Schon in Seed of the Star-God hatte Simon sich gefragt, wie eine erfüllte Beziehung mit Helen(a) eigentlich ausgesehen hätte:
He wondered what his life would have been like had they been reunited -- and found that he could not picture it. What, after all, had he wanted with her? Marriage? Children? No, none of these meaningless things that made up the dismal, eternal whirl of countless human loves generation after generation. His love for Helen had nothing to do with all that.
Aber auch wenn das den Creep-Faktor bei der Wiederbegegnung entschärft, wirft es zugleich die Frage auf, ob es erzählerisch überhaupt Sinn macht, die beiden wieder zusammenzuführen. Denn ihre Beziehung hatte immer etwas entrückt-unmenschliches.
Klugerweise verrät uns Tierney deshalb auch gar nicht, wie es mit den beiden nach The Pillars of Melkarth weitergehen soll. Doch das wiederum bedeutet, dass sie nur in den Zyklus zurückkehrt, um als Damsel-in-distress zu dienen, die von unserem Helden gerettet werden muss.
Das freilich ist ein Problem mit den allermeisten von Tierneys Frauenfiguren. Von Thoueris in The Worm of Urakhu abgesehen, teilen sie eigentlich alle dieses Schicksal. Manche werden zwar durchaus als selbstständig und kompetent gezeichnet, wie etwa Catella und Gretchen, aber früher oder später landen sie dann doch in der Opferrolle. Richtig übel aufgestoßen ist mir das allerdings erst hier, denn in The Pillars of Melkarth bekommen wir gleich zwei junge Mädchen vorgesetzt, die bei einer dämonischen Zeremonie als Jungfrauenopfer enden sollen. Und das ist dann doch etwas zuviel des Guten.
Auch der eigentliche Plot hat mich nicht wirklich vom Hocker reißen können. Ist er doch mehr oder weniger eine Wiederholung von Seed of the Star-God. Nur dass der böse tyrische Hohepriester Mannat ein Portal nicht für Shub-Nigurath, sondern für den derlethschen "Feuergott" Cthuga öffnen will. Dass Simon ein kurzzeitiges Bündnis mit den lovecraftianischen Deep Ones schließt, um diese Bedrohung zu bekämpfen, ist zwar ein nettes Detail. Aber alles in allem hat mich die Erzählung ziemlich kalt gelassen (pun intended). Und Simons neuer Sidekick, der zehnjährige Ex-Sklavenjunge  Nilus, ist zwar eine ganz sympathische Figur, letztlich aber halt doch bloß ein zweiter Menander.
 
Es ist wirklich schade, dass dies der Abschluss des Zyklus ist. Denn insgesamt hatte ich wirklich sehr viel Spaß mit den Simon of Gitta - Geschichten. Hauptgrund dafür war die wilde Mixtur aus Historie, Legenden, Cthulhu-Mythos und anderen Versatzstücken kombiniert mit einem echten Pulp-Flair. Deuce Richardson schreibt in seinem Nachruf auf Tierney über dessen Howard-Pastiches: "Richard was one of the few authors, then or now, who could write in the REH style and who truly grasped what Howard was trying to say." Simon of Gitta ist zwar nicht wirklich ein Held des howard'schen Typs und die Stories besitzen ihre ganz eigene Atmosphäre. Aber auch in ihnen beweist der Autor, dass er ein sehr gutes Gefühl für das besaß, was viele seiner Rezensenten als "pulp sensibilities" beschrieben haben.     

Neben Tierneys Geschichten enthält Sorcery Against Caesar außerdem noch zwei Stories, die von Robert M. Price mit Einwilligung des Autors verfasst wurden. Keine der beiden hat mich wirklich überzeugen können. The Emerald Tablet ist im Grunde Double - FanFic. Denn Simons darin geschilderte zweite Astralreise ist letztenendes bloß eine Variation auf Clark Ashton Smiths Ubbo-Sathla -- ohne die poetische Sprache des Originals, aber dafür angereichert mit  einigen Versatzstücken, die Price' religionswissenschaftliche Interessen widerspiegeln: einem Zitat aus dem Thomas-Evangelium (Logion 18), einigen biblischen Anspielungen und der eponymischen "Smaragdenen Tafel" (Tabula Smaragdina). Ganz nett freilich ist, dass sich Hermes Trismegistos am Ende als eine der Erscheinungsformen von Nyarlathotep entpuppt. The Secret of Nephren-Ka schmeißt auch noch das Buch Mormon in den großen Rührkessel. Ist zwar eine hübsch kuriose Idee, doch die Umsetzung ist leider sehr holprig und hölzern geraten.

Und so schließen wir denn nun diesen dreiteiligen Mega-Beitrag mit einem Song von dem 2001 bei Rainfall Records erschienen Album Strange Aeons. Auf der Platte findet sich u.a. auch Tierneys Gedicht Petition: To Tsathoggua, vorgetragen von Bob Price. The Black Pharaoh hat zwar nichts mit ihm oder Simon of Gitta zu tun, schien mir aber dennoch sehr gut hierhin zu passen. 


 

(1) Bei Wagner heißt es von dem Gedicht: "The song was the work of the long dead and ill famed poet Clem Ginech of ancient Ashertiri, whose efforts had left those of his age uncertain whether he was a poet turned sorcerer or the reverse". Bei Tierney wird der "impious pre-Hyborian poet Klemg'n-Esch" als Verfasser genannt. 

(2) Die man sich auf der Website von Pickman's Press durchlesen kann. 

(3) Mohammeds Himmelfahrt (al-Miʿrādsch), wie sie u.a. im Kitab-al-Miʿrādsch beschrieben wird.

(4) Eine vergleichbare Dreiteilung war unter den Gnostikern offenbar tatsächlich verbreitet. Irenäus beschreibt im 6. und 7. Kapitel des Ersten Buches von Gegen die Häresien eine dreifache Unterteilung der Menschheit durch die Valentinianer. Und auch in der in Nag Hammadi gefundenen gnostischen Schrift Von der Erschaffung der Welt werden drei Klassen von Menschen erwähnt.

(5) Eine historische Persönlichkeit, die hier aber eher nach dem Vorbild von I, Claudius gezeichnet sein dürfte.

(6) Sehr viel cooler ist da schon der "Bennu-Vogel", der Simon auf seiner kleinen Queste beisteht. Denn das göttliche Tier war vermutlich eines der Vorbilder für Herodots Bericht vom Phönix und wurde wohl tatsächlich in Heliopolis verehrt. Warum Tierney ihn allerdings als Storch und nicht als Kranich beschreibt, weiß ich auch nicht. Interessant ist außerdem, dass einigen Kapiteln Verse aus den "Prophezeiungen des Muthsa" vorangestellt sind. Denn ein Prophet dieses Namens wird auch in Demon Night, dem zweiten Red Sonja - Roman von Tierney & David C. Smith erwähnt.

(7) Ich hab' keine Ahnung, welche Übersetzung Tierney vorlag. Aber ein Blick in die von E.A. Wallis Budge zeigt trotz einiger Abweichungen, dass er hier offenbar den authentischen Text zitiert.

(8) Zur Veranschaulichung werfe man einen Blick auf Tim Conrads grandiose Karte des Hyborian Age aus Savage Sword of Conan #9. 

(9) Obwohl darauf im Text nicht direkt angespielt wird, könnte Tierney auch von archäologischen Funden, Felsbildern und Höhlenmalereien wie denen im libyschen Acacus-Gebirge, auf dem Messak-Plateau oder im algerischen Tassili n’ Ajjer beinflusst worden sein, die belegen, dass Teile dieser Region vor Urzeiten einmal Savannen-Landschaften waren.

(10) Hier bezieht sich Tierney vermutlich auf spätere ägyptische Überlieferungen, die von dem Hyksos-Pharao Apepi/Apophis erzählten, dass er "adopted Seth for himself as lord, and he refused to serve any god that was in the entire land ex[cept] Seth." (The Quarrel of Apophis and Seqenenre)

(11) Shuddam-El soll die hebräisch anmutende Namensform von Shudde-M'ell sein, einem wurmgestaltigen Monstergott, der von Brian Lumley in den Mythos eingeführt wurde und erstmals in seiner 1969 in Tales of the Cthulhu Mythos veröffentlichten Kurzgeschichte Cement Surroundings auftaucht, wo auch die irgendwo im Inneren Afrikas gelegene Stadt G'Harne erwähnt wird.

(12) Zazamankh, eigentlich Djadjaemankh, ist der Name eines fiktiven Zauberers aus der Ära von Pharao Sneferu, der im dritten Teil des Westcar Papyrus erwähnt wird. Etwas später werden außerdem die "Texts of Meidum by Teta, chief magician of Khufu" erwähnt. Teta ist gleichfalls eine "reale" Sagengestalt, für die ich aber keine Primärquelle finden konnte. Meidum ist eine altägyptische Nekropole, die u.a. die Mastabas von Nefermaat und Rahotep, sowie die Meidum-Pyramide umfasst.

(13) Wer mehr über den Background dieser Geschichte und die Verbindungen zwischen Harry Houdini, Weird Tales und H.P. Lovecraft erfahren will, sei auf diesen ausführlichen Artikel von Bobby Derie auf Deep Cuts in a Lovecraftian Vein verwiesen.

(14) Die sog. "Pyramide von Vienne" wurde in späteren Jahrhunderten manchmal für die letzte Ruhestätte des Pilatus gehalten.

(15) Brief vom 25. Januar 1937. In: Ben J.S. Szumskyj & S.T. Joshi (Hg.): Fritz Leiber and H.P. Lovecraft. Writers of the Dark. S. 64.

(16) Clark Ashton Smith benutzte die Namensform Sadoqua übrigens in keiner seiner fertiggestellten Averoigne-Geschichten. Sie taucht nur in dem kurzen Entwurf The Oracle of Sadoqua auf, die man in seinem Black Book nachlesen kann.  

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