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- SFFaudio Podcast: The Sowers Of The Thunder by Robert E. Howard
- SFFaudio Podcast: The Hound by H.P. Lovecraft
- The Video Nasties Podcast: Nightbeast
- The Folklore Podcast: Literary Fairy Tales. Professor Jack Zipes discusses Madame D'Aulnoy
- Sunday Gothics: British Girl's Gothic Comics with Julia Round
- Appendix N Book Club: Charles R. Saunders’s Imaro with special guest Pete Petrusha
- Rogues in the House: Sara Frazetta Interview
- Lovecraft eZine Videocast: Kathe Koja & Christopher Laine
- The Black Dog Podcast: Captain Phillips * Llamageddon * The Dead Zone
- The Rotten Horror Picture Show: Jennifer’s Body
- Rotten Horror Picture Show Special: Friday the 13th!
- The BATTASS Podcast: The Ultimate Thrill & Over the Edge * Mean Seasons & Critters
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- Movies Silently: Comic Costume Race (1896) - A Silent Film Review von Fritzi Kramer
- Movies Silently: William McKinley at Home, Canton, Ohio (1896) - A Silent Film Review
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- Black Gate: Fantasia 2021, Part I: Introduction and Preview von Matthew David Surridge
- Diabolique Magazine: No Wave: The Early Films of José Bénazéraf (1961-1966) von Tom Clark
- Diabolique Magazine: We’re Still In Danger: An Examination of
Consumerism and Fascism in Pier Paolo Pasolini’s Salò o le 120 giornate
di Sodoma (Salò, or the 120 Days of Sodom, 1975) von Jerome Reuter
- Film International: Tobe Hooper and the American Twilight von Christopher Sharrett
- The Nitrate Diva: 10 Favorite B Noirs with Eddie Muller
- Scifist 2.0: Pekka ja Pätkä lumimiehen jäljillä * The Snow Creature * The Atomic Kid * The Invisible Avenger * Carolina Cannonball * Revenge of the Creature
- Ellsworth's Cinema of Swords: Premium Peplum * The Book was Better
- At the Mansion of Madness: Demons 5: The Devil's Veil / La maschera del demonio (1989)
- Eight Miles Higher: The Earth Dies Screaming von Andrew Darlington
- Hugo Book Club: Ignoring Foreign Films in 1964
- Deep Cuts in a Lovecraftian Vein: FAQ von Bobby Derie
- Deep Cuts in a Lovecraftian Vein: The Tale of Toad Loop (1998) by Stanley C. Sargent * Cthulhu on Lesbos (2011) by David Jalajel
- Deep Cuts in a Lovecraftian Vein: Her Letters To Lovecraft: Annie Emeline Phillips Gamwell
- Gothic Girl: Victorian Ghost Vigilantes: The Hackney Ghost Hunt of 1895 von Georgina Gale
- CrimeReads: Seven of the Best Noir Novels of the 1960s and 1970s von Silvia Moreno-Garcia
- Front Lines and Frontiers: In Service to God and Science: A Canticle for Leibowitz by Walter M. Miller, Jr. von Alan Brown
- Black Gate: A Hero Named Mayhem von
- My Robert A. Heinlein Problem von Thomas Parker
- Andre Norton Reread: Collecting the Plot Coupons in Andre Norton’s Seven Spells to Sunday von Judith Tarr
- Nightmare Magazine: The H Word: Post-Human Horror von Christa Carmen
- Five Fictional Space Colonies From the Post-Disco Era von James Davis Nicoll
- Julia Round: Gothic for Girls: Misty and British Comics. Introduction
- Horrified: [Review] Harvest
- Diabolique Magazine: Electronic Voyager: In Praise of Ruth White von Heather Drain
Seiten
"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."
Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."
Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten
Mittwoch, 18. August 2021
Strandgut
Dienstag, 17. August 2021
Let Me Tell You Of The Days Of High Adventure
M. John Harrisons Viriconium - Zyklus (Teil 3)
I'm not cut out to be cannon fodder
in someone else's
movement.
M. John Harrison
The Pastel City beginnt mit Szenen des Bürgerkriegs. In Viriconium kämpfen die Anhänger der "jungen" und der "alten" Königin gegeneinander. Teile der Stadt stehen in Flammen. "Refugees packed the Viriconium road like a torchlit procession in some lower gallery of Hell."
Zwar rückt im weiteren Verlauf der Handlung schon bald das Motiv der Invasion aus dem "barbarischen" Norden ins Zentrum, das sehr viel stärker den Konventionen der Heroic Fantasy entspricht. Dennoch frage ich mich, ob dieses Eröffnungsszenario nicht einen Widerhall der realen Entwicklungen der Zeit enthält.
Natürlich weiß ich nicht, wann genau der Roman geschrieben wurde. Er erschien im September 1971. Die im selben Jahr in New Worlds Quarterly #1 veröffentlichte Kurzgeschichte The Lamia and Lord Cromis enthält ganze Passagen, die sich identisch in The Pastel City wiederfinden. Man darf also wohl davon ausgehen, dass die Story vor dem Roman entstand und dieser nicht über längere Zeit als unveröffentlichtes Manuskript auf Harrisons Schreibtisch herumgelegen hatte.
Wie ich in meinem ersten Beitrag bereits kurz angedeutet hatte, begannen sich die Verhältnisse in Großbritannien Ende der 60er Jahre dramatisch zuzuspitzen.
Soziologisch betrachtet war die New Wave eine ziemlich typische Bohème-Revolte und als solche Teil der allgemeineren Counter Culture - Bewegung der Sixties gewesen. Doch am Ende des Jahrzehnts änderte sich die soziale Dynamik auf grundlegende Weise, als es zu einem explosiven Ausbruch des Klassenkampfes kam.
Zum Teil sehr heftige Arbeitskämpfe hatte es natürlich auch vorher schon gegegeben. Besondere Erwähnung verdient dabei der Streik der Seeleute 1966, der von Labour-Premier Harold Wilson als eine Art "kommunistische Verschwörung" diffamiert und mit dem Ausnahmezustand beantwortet worden war. Doch die gewaltige Streikwelle, die ab 1969 unablässig ansteigend das Land erfasste, unterschied sich nicht allein in der Zahl der Streiktage und der beteiligten Arbeiter*innen von allem bisher dagewesenen. Sie erfasste auch Teile der Arbeiterklasse, die bislang kaum aktiv gewesen waren, zeichnete sich durch eine besonders große Militanz aus (so kam z.B. es während des Bergarbeiterstreiks von 1969 erstmals zum Einsatz "mobiler Streikposten" ["flying pickets"]) und entzog sich immer wieder der Kontrolle der Gewerkschaftsbürokratie. Edward Heaths Tory-Regierung versuchte die Bewegung mit dem "Industrial Relations Act" von 1971 zu brechen, erreichte damit aber nur das Gegenteil.
Die Streiks waren Teil einer internationalen Entwicklung: Der französische Generalstreik vom Mai-Juni 1968; Italiens "Heißer Herbst" 1969/70; Ghettoaufstände und militante Arbeitskämpfe in den USA usw. Hierzulande assoziieren wir mit den späten 60ern zwar hauptsächlich APO und Studentenrevolte, doch gab es auch in Deutschland immerhin die "Septemberstreiks" von 1969. Hintergrund des Ganzen war eine tiefe Krise des Weltkapitalismus. Der Nachkriegsboom war zuende. Das Bretton-Woods-System, das den Rahmen für die wirtschaftliche Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg gebildet hatte, brach in sich zusammen. 1971 erklärte die Nixon-Administration schließlich mit der Goldbindung des Dollars eine seiner wichtigsten Grundfesten offiziell für aufgehoben. Zwar kam es in den folgenden Jahren zum Sturz der faschistischen und autoritären Regime in Portugal, Spanien und Griechenland, doch der Kapitalismus als solcher überlebte seine bislang tiefste Krise seit der Großen Depression. Um die Gründe dafür zu diskutieren, ist hier jedoch sicher nicht der richtige Ort.
In Großbritannien erreichte die Bewegung ihren Höhepunkt 1974 mit dem dritten Bergarbeiterstreik und dem Sturz der Heath-Regierung. Nachdem er im Laufe von drei Jahren fünfmal den Ausnahmezustand verhängt hatte, sah sich der Premier endlich gezwungen, Neuwahlen anzuberaumen. Aus diesen ging Labour als (knappe) Siegerin hervor, doch Heath weigerte sich vier Tage lang 10 Downing Street zu räumen. Sowohl auf der radikalen Linken als auch in Teilen des Establishments glaubte man sich am Vorabend einer Revolution. Während Gerry Healy, der Führer der trotzkistischen Workers Revolutionary Party (WRP), seiner Anhängerschaft immer wieder wortgewaltig verkündete, dass der Sturz der Tories den Startschuss für eine sozialistische Umwälzung bilden werde, spielten Elemente in Militär, Sicherheitsapparat und konservativer Partei ernsthaft mit der Idee eines Putsches und der Errichtung einer Junta unter Lord Mountbatten. Eine führende Rolle kam dabei General Sir Walter Walker zu, der von 1969-72 Oberkommandierender der NATO in Nordeuropa gewesen war und zusammen mit einer Kabale anderer Offiziere
begonnen hatte, paramilitärische Einheiten aufzubauen, die im Falle eines
Generalstreiks den regulären Truppen dabei helfen sollten, "die Ordnung
wiederherzustellen" und eine "Regierung des nationalen Notstands" zu
installieren.
Am Ende kam es weder zu Revolution noch Coup d'Etat. Die Autorität der
Labour Party war immer noch groß genug, um die Lage einigermaßen zu
stabilisieren. Die Wirklichkeit verändern konnte sie allerdings nicht.
Eine Rückkehr zum Sozialreformismus der Nachkriegszeit war nicht
möglich. Stattdessen initiierte die neue Regierung deflationäre
Kürzungsmaßnahmen und leitete in einigen Punkten bereits die
monetaristische Wirtschaftspolitik ein, die Margaret Thatcher in den
80ern dann mit ungebremster Brutalität durchsetzen würde. Die
Labour-Regierung wurde rasch immer instabiler. 1977/78 konnte sie sich
nur noch mit Hilfe der Liberalen halten. Ihr
endgültiger Zusammenbruch kam mit den Massenstreiks des "Winter of
Discontent" 1978/79. Im Mai 1979 zog dann schließlich die Eiserne Lady in 10 Downing
Street ein. Von da ab lag die Initiative wieder ganz bei der
herrschenden Elite, die in den folgenden Jahren einen offenen Klassenkrieg gegen die arbeitende
Bevölkerung eröffnete.
Wie genau sich diese gesellschaftlichen Entwicklungen im Schicksal der New Wave widerspiegelten, kann ich nicht sagen. Dazu fehlt mir das Detailwissen. Es ist jedoch sicher kein Zufall, dass die Bewegung in der ersten Hälfte der 70er Jahre allmählich zerfiel. Die Atmosphäre des rebellischen Optimismus der Swinging Sixties, in der die Counter Culture floriert war, konnte unter den Verhältnissen sich dramatisch zuspitzender Klassengegensätze, rasant steigender Arbeitslosigkeit und Inflation, der "Three-Day Week" mit ihren regelmäßigen Stromsperren usw. nicht ungebrochen fortbestehen. Das musste letztenendes auch auf die New Wave zurückwirken. Natürlich hörten ihre wichtigsten Vertreter nicht mit dem Schreiben auf, aber die Bewegung als Bewegung mit ihren äußerst ehrgeizigen Zielen begann auseinanderzubrechen.
Im April 1970 erschien die zweihundertste und letzte Ausgabe von New Worlds als Magazin. Auch in den Jahren davor hatte das Überleben des Flagschiffs der New Wave oft an einem seidenen Faden gehangen. Aber wie Charles Platt, der am Ende Chefradekteur war, in Gestalter der Zukunft erzählt, war es stets irgendwie gelungen, sein Fortbestehen zu sichern:
1967 kaufte er (Moorcock) den Titel und wurde sowohl Verleger als auch Herausgeber (...) Das Leben wurde schnell zu einem Alptraum aus fehlenden Manuskripten, unberechenbaren Terminen und unbezahlten Rechnungen. Bald darauf hatten wir drei Bankkonten, denn wir richteten immer ein neues ein, sobald die Finanzen des letzten so hoffnungslos verstrickt waren, daß sie niemand mehr durchschauen konnte. Manche Beiträge wurden zweimal bezahlt, andere gar nicht, und an eine Reihe von Druckereien hatten wir alptraumhafte Schulden; wir gingen jedesmal zu einer neuen Firma, wenn wir bei der alten keinen Kredit mehr hatten. Unser Stab gewöhnte sich daran, das Licht auszuschalten und nicht ans Fenster zu gehen, um so vorzugeben, nicht zu Hause zu sein, wenn irgendein Gläubiger anklingelte und hoffnungsvoll durch den Briefschlitz rief -- vergeblich natürlich. [...] Erstaunlicherweise hatte dieser Hickhack mehrere Jahre Bestand. Das Magazin erschien regelmäßig jeden Monat und wurde im ganzen Land vertrieben.*Doch zu Beginn der 70er Jahre hatte sich schließlich ein so gewaltiger Schuldenberg angehäuft, dass es unmöglich war, das Magazin mit dieser Mischung aus Idealismus und Trickserei weiter am Leben zu erhalten. Moorcock setzte New Worlds zwar als eine Reihe von halbjährlich erscheinenden Anthologien (New Worlds Quarterly) fort, doch war das sicher nur ein schwacher Ersatz für den Fokus, den die Bewegung in Gestalt des Magazins bis dahin gehabt hatte.
Was M. John Harrison anbelangt, so begann er sich in den folgenden Jahren allmählich innerlich von der New Wave zu emanzipieren. Was er stets als einen positiven und notwendigen Schritt erachtet hat: "Movements, like 'influences', are too Saturnian. Eat Father quickly,
before he eats you. The same is true of Mother".
Als er sich der Bewegung 1967 angeschlossen hatte, war er von einem tiefen Glauben an deren "Mission" erfüllt gewesen. Was er im Rückblick durchaus selbstkritisch sieht:
The New Wave exploded F/SF out of the grip of a tired regime of control-freaks who were terrified of everything from foreigners to their own sexuality. I'm proud to have been a small part of that. But because I was an enthusiast and a latecomer, I rather got absorbed by the myth of itIm Verlauf der ersten Hälfte der 70er Jahre begann er die New Wave dann mehr und mehr als einengend zu empfinden.
I'm someone who needs to be able to do exactly what he wants. The New Wave was supposed to "free" us to do that. But it became a series of proscriptions. I wanted to be free to do anything, even the things we disapproved of. I wanted to be able to choose what I looked at and how I looked at it. I'm not cut out to be cannon fodder in someone else's movement.
Michael Moorcock hatte zwar immer darauf beharrt, dass die New Wave keine "Bewegung" sei. Doch in Wirklichkeit besaß sie alle Züge einer solchen. Und dazu gehörte es eben auch, dass sie mehr oder minder autoritative Regeln aufstellte, wie und über was ihre Mitglieder schreiben "durften". Und daran stieß sich Harrison mehr und mehr:
I felt that I'd become extremely limited by the forms of thinking that were current within the New Worlds school - I felt that we were rejecting far too much. Not that most of what we rejected we were not correct to reject, obviously one rejects Robert Heinlein for ever and ever, bad writing for ever and ever - but it became very limiting, especially towards the end of the large-size New Worlds. The range of subject matter which it was acceptable to write about if you were a new-wave author had become very limited. You weren't allowed to be sentimental, you weren't allowed to laugh except in certain ways at certain things, and I found that cramping. Not that I particularly wanted to do anything else, only that I don't like to be cramped.
Ab Mitte der 70er Jahre begann Harrison dann in eine immer tiefere künstlerische Krise zu schliddern. Die Phantastik als Ganzes erschien ihm mehr und mehr fragwürdig. Mitunter packte ihn ein "real sense of horror [...] that
this was not useful fiction." Gegen Ende des Jahrzehnts hatte er schließlich das Gefühl, zehn Jahre seines Lebens verschwendet zu haben. ("At the end of the 70s
I believed I'd wasted ten years."). Ihn packte ein immer stärkerer Widerwille gegen das Schreiben an sich:
I was so sick of writing I just didn't do much of it for a while. I was so sick of publishing that when I did write something, I put it away in a drawer. I felt that I had written myself not just into a corner but into someone else's corner.Zwischen 1975 und 1980 erschien nur eine einzige Kurzgeschichte aus Harrisons Feder: The Incalling (1978) in einer Anthologie aus David Britton & Michael Butterworths gerade gegründetem Verlag Savoy Books, der in den 80ern zu einem bevorzugten Hassobjekt der zensurwütigen Thatcher-Meute werden sollte.
Es mag bloßer Zufall sein, dass Harrisons künstlerische Krise mit dem Gipfelpunkt der Klassenkämpfe in Großbritannien und der anschließenden Desillusionierung unter den Labour-Regierungen von Harold Wilson und James Callaghan zusammenfiel. Jedenfalls wüsste ich nicht, dass der Schriftsteller selbst da je eine Verbindung gezogen hätte. Dennoch scheint mir das Zusammentreffen zumindest symbolisch bedeutungsvoll zu sein. Die New Wave war mit dem Anspruch angetreten, eine Literatur zu schaffen, die fähig sein sollte, sich auf eine profundere Weise kritisch mit der modernen Gesellschaft auseinanderzusetzen als der traditionelle Sozialrealismus. Doch als die inneren Widersprüche des Kapitalismus in den 70er Jahren auf dramatische Weise zum Ausbruch gelangten, musste man sich die Frage stellen, ob sie ihr Versprechen wirklich einzulösen vermocht hatte, ob sie den Herausforderungen der Zeit tatsächlich gewachsen war.
Harrisons Ausweg aus der Krise war ein sehr individualistischer: Er begann mit dem Bergsteigen.
I took it up as an antidote to sitting behind a desk all day writing bullshit about people hitting one another with swords. I wanted to do something in the world, something which made it impossible to evade the feeling of being alive.
To begin with I saw climbing as an opposite to fantasy, a basically "realistic" act with massively realistic consequences. Fall and you get badly hurt; or die.
Bergsteigen war für Harrison offenbar der Versuch, einen unmittelbareren, "roheren" Kontakt zur physischen Welt und zu seiner eigenen Körperlichkeit zu finden. Ungefähr zur selben Zeit startete er seine "Alltagsbeobachtungen". Er begann sich Gesprächsfetzen zu notieren, die er im Café oder während einer Busfahrt aufschnappte; schoss Polaroid-Fotos von wildfremden Leuten und nahm sie als Vorlagen für literarische Skizzen; kaufte auf dem Flohmarkt stapelweise alte Postkarten, deren Inhalt er in Geschichten einbaute. "I wanted the real,
but at the same time I wanted to dissociate."
Auf unterschiedliche Weise scheint mir beides Ausdruck des Verlangens zu sein, näher an die "Wirklichkeit" heranzukommen. Und vielleicht stand dahinter die (intuitive?) Erkenntnis, dass die New Wave trotz all ihrer "großen Ideen" (was Harrison später als ihre "Mythen" bezeichnete) ihr selbstgestecktes Ziel nicht erreicht hatte. Dass es ihr nicht gelungen war, zum Kern der modernen Realität vorzustoßen. Und dass man sich nach neuen Wegen umschauen musste.
Der zweite Viriconium - Roman A Storm of Wings, der 1980 erschien, bildet so etwas wie den Abschluss dieser Phase von Harrisons schriftstellerischer Laufbahn. Zugleich würde ich ihn als ein Werk des Übergangs bezeichnen, auch wenn die eigentliche Wende erst danach stattfand. Doch all das werden wir uns im nächsten Beitrag genauer anschauen. Heute wollen wir nur noch einen kurzen Blick in den 1975 erschienenen Sammelband The Machine in Shaft Ten and Other Stories werfen, der die meisten Kurzgeschichten enthält, die Harrison in der ersten Hälfte der 70er geschrieben hatte. Abhängig davon, wen man fragt, lassen sich drei oder vier von ihnen dem Viriconium-Zyklus zurechnen. Neben einer Version von Lamia Mutable mit dem neuen Titel The Bringer with the Window sind das The Lamia and Lord Cromis, Events Witnessed from a City und The Causeway.
In seinem Essay Climbing to Viriconium schreibt Rhys Hughes über die in The Machine in Shaft Ten gesammelten Stories: "At the same time [wie seine Jerry Cornelius - Beiträge], Harrison was writing short pieces that had much more
in common with the ‘condensed novels’ of J.G. Ballard. These tales are
difficult to read and have not worn particularly well".
Dass Harrison am Anfang seiner Karriere deutlich von Ballard beeinflusst war, ist allgemein anerkannt. Allerdings muss ich gestehen, dessen "condensed novels" nicht aus eigener Leseerfahrung zu kennen. Um einen ungefähren Eindruck zu vermitteln, zitiere ich darum noch einmal Charles Platts Gestalter der Zukunft:
Im Juni 1966 publizierte New Worlds den Text You: Coma: Marilyn Monroe, ein erstes Teilstück dessen, was Ballard (in typischem Overstatement) "komprimierte Romane" nannte und aller traditionellen Erzählelemente entledigt war: Die Charaktere bewegten sich nicht mehr herum, sagten nichts mehr und hatten keine Konflikte, die sie lösen mußten. Was übrigblieb, waren Bilder, Metaphern, Landschaften und Mythenfiguren -- einige davon waren der Phantasie entwachsen, andere kamen aus der zeitgenössischen Welt der Medien: der Werbung, des Films und des Fernsehens.**In der Tat sind einige der Stories in The Machine in Shaft Ten ziemlich experimentell, und keine von ihnen würde ich als leicht zugänlich beschreiben. Aber von The Bait Principle einmal abgesehen, bei der ich wirklich gar nichts mehr kapiert habe, fand ich sie alle zumindest interessant.
Die stilistischen Experimente der 60er und 70er Jahre waren sicher nicht immer erfolgreich, und manches von dem, was damals als ungeheuer "revolutionär" und "antibürgerlich" galt, erscheint im Rückblick als oberflächlich-prätenziöse Spielerei mit wenig echter Substanz. Das gilt für einige Stories der New Wave sicher ebenso wie z.B. für manche Filme der Nouvelle Vague. Doch wenn ich mir zum Vergleich die heutige Mainstream-Phantastik anschaue, bei der man manchmal das Gefühl hat, dass schon die kleinsten Abweichungen von einer simpel-stromlinienförmigen Norm tabu sind, erschiene es mir durchaus wünschenswert, wenn etwas von der alten Experimentierfreude zurückkehren würde.
Wie dem auch sei, Lamia Mutable/The Bringer with the Window einmal beiseite gelassen, sind die beiden Stories in The Machine in Shaft Ten, die mich am stärksten beeindruckt haben, Visions of Monad und Running Down. Und interessanterweise handelt es sich bei diesen um eine der ältesten und eine der jüngsten, eine der experimentellen und die formal vielleicht "konventionellste" der Sammlung.
ISFDB zufolge war Visions of Monad die allererste Geschichte Harrisons, die 1968 in John Carnells New Writings in S.F. erschien. Stilistisch bestehen klare Ähnlichkeiten zu Lamia Mutable, und auch inhaltlich stehen sich die beiden Stories nahe, geht es doch einmal mehr um die Londoner Künstler- und Intellektuellenszene der Swinging Sixties. Bailey ist ein in seinen jugendlichen Bohèmekreisen recht angesehener Maler und Dichter. Doch dann entwickelt er eine unkontrollierbare und sich immer weiter steigernde Angst vor der Unüberschaubarkeit und Komplexität der modernen Gesellschaft, die sich für ihn im Bild der "Stadt" manifestiert.
At its simplest level, the city is a maze in four dimensions, a purely physical ant-heap; over-large, overcomplex, and over-populated. I am continually frightened that the size and complexity of the hive will one day cause it to implode, to fall in on itself in a million slivers of coloured glass and lumps of rotting concrete. Yet, this fear aside, I catch myself wishing it would do just that: anything to escape this incredible multiplicity of directions and vectors. I hardly dare leave the studio; outside it becomes impossible to choose from a thousand ways to go; I lose my identity immediately and travel blindly, in a frantic nightmare of Underground maps and back streets. This morning I set out for Reynolds the Publishers in East 4, with the ‘Unicorn’ manuscript. I came to myself in Kingsbury, shivering feverishly and wondering why I had gone there.Über seinen Psychiater lernt er den Mediziner Hollis kennen, der ihm anbietet, an einem Sensory Deprivation - Experiment teilzunehmen. Nach Tagen im "Tank" erlebt er eine sehr spezifische Halluzination (oder Vision?). Nachdem er in den Alltag zurückgekehrt ist, wird er zunehemend lethargisch, liegt im Grunde nur noch kettenrauchend in der Wohnung seiner Freundin Monad herum. Während diese an einem abstrakten Gemälde arbeitet, wartet er bloß noch auf Wiederholungen seiner "Vision", wenn sich die äußere Welt für ihn auflöst und er sich in einer geometrisch reinen Realität wiederfindet, die er "die Perspektive" nennt.
Bailey was standing in the middle of a road. His feet were placed on either side of the unbroken white line which extended in front of him without a curve. The horizon, too, was a perfectly straight line, clearly visible and unfogged by distance; a horizon a child might have drawn, dividing its picture into two equal, symmetrical rectangles. It existed merely as a dividing line: a separation of empty, light-grey sky and sick-green earth.
This sharp definition was repeated where the sides of the road met its surroundings. There was no sign of a kerb, nor was there gutter or peripheral vegetation: solely a precise, geometrical line.
Er wird von dem immer stärkeren Verlangen erfüllt, den Fluchtpunkt ("vanishing point") der "Perspektive" zu erreichen, da er glaubt, dass ihn dort ein orgasmisches Nirvana erwartet. Der Weg dorthin führt über Erinnerungen an den Tod eines Bekannten aus Unizeiten, der bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist. Als Monad schließlich ihr Gemälde vollendet, verschmilzt dieses mit der "Perspektive" und Bailey hat sein Ziel erreicht.
He conjured back the Perspective and compared the two overlapping images in his field of vision. Then he manipulated them gently, and they came together, matching perfectly, the world on the canvas and the weariness of his mind.Visions of Monad enthält Motive, die in M. John Harrisons Oeuvre in unterscheidlicher Gestalt immer wieder auftauchen werden: Die Sehnsucht nach einer quasi überirdischen "Erfüllung", einem "absoluten Glück", und damit einhergehend die eskapistische Abwendung von einer Wirklichkeit, die als unbefriedigend und zu widersprüchlich und komplex empfunden wird. Dass der Autor sie hier mit dem (leicht satirisch gezeichneten) Bohème-Milieu der Swinging Sixties verknüpft, gibt diesen Motiven in meinen Augen eine zusätzliche Stoßkraft, da er ihnen damit eine soziale Basis verleiht. Es geht weniger um "den Menschen" als vielmehr um einen bestimmten sozialen Typus.
Tired, doggedly, he began to walk.
‘Do you like it?’ said Monad, anxious.
But Bailey could hear only the monochrome wind.
Running Down gehört zu den Geschichten, die extra für The Machine in Shaft Ten geschrieben wurden. Stilistisch unterscheidet sie sich sehr deutlich von Visions of Monad. Statt an ballardianische Avantgardismen fühlt man sich eher an viktorianische Spukgeschichten à la M.R. James (ein bisschen auch an H.P. Lovecraft) erinnert. Der Icherzähler berichtet darin von Lyall, einem alten Bekannten aus Cambridge-Tagen, den späteren Begegnungen der beiden und dem Zusammenhang, der zwischen diesen und den unheimlichen "events of that autumn in the late ‘70s" im Great Langdale Valley, besteht.
Running Down ist die am deutlichsten politische Geschichte in dem Sammelband. In einem Interview mit David Matthew hat Harrison sie einmal selbst als eine Art Wendepunkt in seinem Schaffen beschrieben: "Everything since 'Running Down'" [...] has been designed to reflect the state of Britain". In seiner Mischung aus Selbstmitleid, Boshaftigkeit und Zynismus ist Lyall ganz offensichtlich als ein Porträt des britischen Kleinbürgertums gedacht. Alles, was mit ihm in Berührung kommt (Dinge wie Menschen), wird von Zerfall und Zersetzung angesteckt. Der Gipfelpunkt der Erzählung, wenn Lyall mit der fluchhaften, übernatürlichen Macht seiner Erbärmlichkeit und Misanthropie die zerstörerischen Gewalten einer Naturkatastrophe entfesselt, fällt mit Radioberichten über den Sturz einer "minority government" zusammen, dem ein Putsch der faschistischen "Patriotic Front" folgt.
Es ist klar, dass Harrison hier sehr direkt Bezug auf die Lage im Großbritannien der Mitt-70er nimmt. Das erste Labour-Kabinett nach dem Fall von Edward Heath war eine Minderheitsregierung (erst die Wahlen im Oktober 1974 verschafften der Partei eine parlamentarische Mehrheit). Und John Tyndalls National Front hatte in den letzten Jahren einen nicht unbeträchtlichen Aufschwung erlebt.
Keine der beiden Geschichten hat irgendetwas mit Viriconium zu tun. Wie also steht es um die Stories, die manchmal dem Zyklus zugeordnet werden?
Eindeutig ist diese Zugehörigkeit eigentlich nur bei The Lamia and Lord Cromis. Doch da die Story in einer stark überarbeiteten (und zugleich pointierteren und komplexeren) Form Aufnahme in Viriconium Nights (1984) gefunden hat, werde ich auf ihren Inhalt nicht weiter eingehen. Interessant ist allerdings, dass sie (wie schon gesagt) einige Passagen enthält, die beinah unverändert in The Pastel City übernommen wurden. Das gilt vor allem für die Beschreibung der "Metal-Salt-Marsh", in geringerem Maße für die Schilderung eines nächtlichen Überfalls, wobei der Angreifer aber natürlich kein geteit chemosit ist. Kurioserweise wird der Begriff baan hier nicht als Name für irgendwelche tödlichen Energieklingen, sondern als Synonym für "Verderben" oder "böses Schicksal" verwendet. Die Story erschien erstmals 1971 in New World Quarterly #1 zusammen mit einer Illustration von Mervyn Peake, die man sich auf dem Blog von Joachim Boaz anschauen kann.
Rhys Hughes bezeichnet The Causeway zwar als eine Viriconium-Geschichte, aber eigentlich gibt es kaum Verbindungen zum Zyklus. Es sei denn, man wollte in der Hauptfigur Crome eine Variante von tegeus-Cromis sehen. Was schon etwas weit hergeholt erscheint, handelt es sich bei ihm doch um einen Raumfahrer auf einem fremden Planeten. Der titelgebende "Causeway", eine riesige Betonbrücke, die sich in unbekannte Fernen über einen Ozean schwingt und offenbar das Relikt einer untergegangenen Zivilisation ist, könnte einen an die Afternoon Cultures erinnern. Doch weitere Brerührungspunkte gibt es nicht.
Mit Abstand am faszinierendsten ist sicher Events Witnessed from a City. Hier ist die Verbindung ziemlich eindeutig. Die Stadt aus dem Titel wird zwar nie Viriconium genannt, aber das "derelict observatory up at Alves", in dem Dissolution Kahn (eine der Figuren aus The Lamia and Lord Cromis) und der Zwerg Choplogic ihren philosophischen Gedanken nachhängen, während sie Ratten rösten, wird in späteren Geschichten des Zyklus wieder auftauchen. Auch begegnen wir erneut tegeus-Cromis, der hier allerdings nur Poet, nicht Krieger ist, und in einem "partially organic tower" haust.
Der Inhalt der nur ein paar Seiten umfassenden Geschichte ist schwer zusammenzufassen. Seit Jahrtausenden hat die Erde aufgehört, sich zu drehen (eine Idee, die Harrison aus Brian Aldiss' Hothouse entnommen haben könnte). Als ihre Rotation wieder einsetzt, kommt es zu apokalyptischen Szenen. Cromis wird in seinem Turm von einer geheimnisvollen Frau in Begleitung einer riesigen Schnake ("crane fly") aufgesucht, hält diese Begegnung aber für eine Halluzination oder einen Traum seines Turmes, obwohl dieser ihm immer wieder versichert, dass er nicht fähig sei zu träumen. Die "proctors" verlassen ihre Posten auf der Stadtmauer. Chaos bricht aus. Dabei erhaschen wir auch einen kurzen Blick auf Dr. Grishkin aus Lamia Mutable, der sich seinen rechten Arm absägt. Am Ende schaut der sterbende Choplogic, der sich in sein eigenes Schwert gestürzt hat, von der Ballustrade des verfallenen Observatoriums "at the great grey fleshy towers of the dark side as, hooting and lowering across the cryptic landscape of the twilight sector, they advanced on the city."
Events Witnessed from a City ist eine einzige phantasmagorische Alptraumvision, deren Motivik sich mir jedoch nicht vollständig erschließt.
Auffällig ist allerdings, dass dabei eine gigantische Schnake als Vorbote der Apokalypse auftritt. Wie z.B. auch die Figur des "Zwergs", gehören Insekten zu den Motiven, die immer wieder im Viriconium - Zyklus auftauchen. In The Pastel City waren es vor allem Libellen. Mit London Melancholy enthält The Machine in Shaft Ten interessanterweise eine Geschichte, in der außerirdische Riesenlibellen die menschliche Zivilsation zerstören. Und auch in Coming from Behind begegnen wir Alieninvasoren in Insektenform. Ein Motiv, dem wir (hoffentlich bald) in A Storm of Wings wiederbegegnen werden ...
* Charles Platt: Gestalter der Zukunft. S. 318/19.
** Ebd. S. 339f.
Labels:
fantasy,
lesbares,
sci-fi,
sword and sorcery,
viriconium
Montag, 2. August 2021
Strandgut
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- Movies Silently: From Paper to Newspaper (1919) - A Silent Film Review
- Movies Silently: Patouillard the Newspaper Hawker (1911) - A Silent Film Review
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