Werfen wir zuerst einmal einen kurzen Blick auf die phantastischen Filme, die Ishiro Honda unmittelbar vor und nach Matango (1963) gedreht hat.
Das Jahrzehnt beginnt mit Mothra / Mosura (1961), dem ungeheuer charmanten Debüt der Riesenmotte und ihrer zwei kleinen, singenden Feen. Es folgt Gorath / Yosei Gorasu (1962), in dem die Bedrohung durch einen ultraschweren Planetoiden die Menschheit über alle nationalen und ethnischen Grenzen hinweg zu einer Gemeinschaft zusammenschweißt. Lange vor The Wandering Earth (2019) wird dabei die Erde mittels riesiger Raketentriebwerke aus ihrer Umlaufbahn manövriert. King Kong vs. Godzilla / Kingu Kongu tai Gojira (1962) wirkt eher farcenhaft. Der Flick parodiert das TV-Business der Zeit mit seinem ewigen Kampf um Einschaltquoten, enthält nebenbei aber auch eine mit einem friedvolleren Ausgang versehene Hommage an das berühmte Finale des klassischen King Kong von 1933. In ihrem zweiten, kaum weniger charmanten Auftritt Mothra vs. Godzilla / Mosura tai Gojira (1964) rettet unsere geliebte Riesenmotte dann Japan vor dem erneut herumrandalierenden Big G. Über den Ton von Dogora / Uchu daikaiju Dogora (1964) dürfte kein Zweifel bestehen, wenn schon nach wenigen Minuten ein Besoffener singend durch Tokios nächtliche Straßen schwebt. Der Streifen ist eine putzige Mischung aus SciFi- und Gangsterflick. Und in Ghidorah, the Three-Headed Monster / Sandai Kaiju: Chikyu Saidai no Kessen (1964) kommt es schließlich zum ersten Kaiju - Gipfeltreffen, wenn sich nach einigem hin und her Godzilla, Rodan und Mothra zusammentun, um dem außerirdischen dreiköpfigen Drachen King Ghidorah Saures zu geben.
Allesamt recht positiv und optimistisch gestimmte Filme.
Das Jahrzehnt beginnt mit Mothra / Mosura (1961), dem ungeheuer charmanten Debüt der Riesenmotte und ihrer zwei kleinen, singenden Feen. Es folgt Gorath / Yosei Gorasu (1962), in dem die Bedrohung durch einen ultraschweren Planetoiden die Menschheit über alle nationalen und ethnischen Grenzen hinweg zu einer Gemeinschaft zusammenschweißt. Lange vor The Wandering Earth (2019) wird dabei die Erde mittels riesiger Raketentriebwerke aus ihrer Umlaufbahn manövriert. King Kong vs. Godzilla / Kingu Kongu tai Gojira (1962) wirkt eher farcenhaft. Der Flick parodiert das TV-Business der Zeit mit seinem ewigen Kampf um Einschaltquoten, enthält nebenbei aber auch eine mit einem friedvolleren Ausgang versehene Hommage an das berühmte Finale des klassischen King Kong von 1933. In ihrem zweiten, kaum weniger charmanten Auftritt Mothra vs. Godzilla / Mosura tai Gojira (1964) rettet unsere geliebte Riesenmotte dann Japan vor dem erneut herumrandalierenden Big G. Über den Ton von Dogora / Uchu daikaiju Dogora (1964) dürfte kein Zweifel bestehen, wenn schon nach wenigen Minuten ein Besoffener singend durch Tokios nächtliche Straßen schwebt. Der Streifen ist eine putzige Mischung aus SciFi- und Gangsterflick. Und in Ghidorah, the Three-Headed Monster / Sandai Kaiju: Chikyu Saidai no Kessen (1964) kommt es schließlich zum ersten Kaiju - Gipfeltreffen, wenn sich nach einigem hin und her Godzilla, Rodan und Mothra zusammentun, um dem außerirdischen dreiköpfigen Drachen King Ghidorah Saures zu geben.
Allesamt recht positiv und optimistisch gestimmte Filme.
Einzig Atragon / Kaitei Gunkan (1963) fällt ein wenig aus dem Rahmen. Der Streifen basiert locker auf dem gleichnamigen nationalistisch-imperialistischen Roman Kaitei Gunkan (ungefähr "Unterwasser-Kriegsschiff") des Science Fiction - Pioniers Shunro Oshikawa (1876-1914). Und so verwundert es nicht, dass Honda die Geschichte für eine kritische Auseinandersetzung mit Patriotismus und Krieg verwendet. Insbesondere in der Gestalt von Captain Jinguji, für den der 2. Weltkrieg nie zu Ende gegangen ist und der sein Super-U-Boot eigentlich als die ultimative "Wunderwaffe" gebaut hat, mit der Japan zwanzig Jahre nach der Kapitulation doch noch den Sieg erringen werde. Das böse Mu-Imperium seinerseits, das seine "alten Kolonien" zurückerobern will und dessen Herrscher ständig von ihrer "rassischen Überlegenheit" schwafeln, ließe sich durchaus als Parabel auf japanischen Revanchismus lesen. Der Film endet zwar mit einem Sieg der "Guten", aber nicht auf einer triumphalen Note. In der letzten Einstellung wirken unsere Helden vielmehr erschüttert angesichts der apokalyptischen Zerstörung, die sie gegen das Mu-Imperium entfesselt haben. Dennoch ist auch Atragon ein alles in allem eher optimistisches Werk. (1)
Vor diesem Umfeld sticht der düstere Ton von Matango besonders deutlich hervor. Auch spielt interessanterweise soziale Klasse eine nicht unwichtige Rolle in dem Film. Ein Thema, das in keinem der anderen Werke berührt wird. Wenn man von der karrikaturenhaften Figur des raffgierigen Kapitalisten in den Mothra - Filmen absieht, die ihre Existenz eindeutig dem Vorbild von Carl Denham aus King Kong verdankt. Doch kann ich diese in ihrer Eindimensionalität nicht wirklich ernst nehmen. Matangos Figuren sind da doch um einiges komplexer. Alles in allem scheint mir der Film ein Kommentar Hondas auf soziale Entwicklungen im Boom-Japan der 60er Jahre zu sein. Was etwas eigenartig klingen mag, wenn man an die Kurzgeschichte denkt, auf der der Film basiert.
William Hope Hodgsons (2) erstmals 1907 im Blue Book Magazine veröffentlichte Story The Voice in the Night erzählt vom Schicksal eines schiffbrüchigen Paares, das sich auf ein vor der Küste einer unbekannten Insel auf Grund gelaufenes Wrack rettet. Auf dem Deck und in den Kabinen des verlassenen Schiffes wuchert ein eigentümlicher, flechtenartiger Pilz. So sehr sich die beiden auch bemühen, einen pilzfreien Raum für sich zu erkämpfen, das Zeug regeneriert unglaublich schnell und findet sich schließlich auch auf ihrem Bettzeug und Teilen ihrer Vorräte. Eine Flucht auf die Insel erweist sich als relativ sinnlos, ist diese doch gleichfalls völlig überwuchert. Wenigstens entdecken sie ein kleines Fleckchen freie Erde. Doch dann werden sie selbst von dem Pilz befallen. Die Vorräte werden immer knapper. Der Hunger treibt sie schließlich dazu, von den Flechten zu kosten, woraufhin sie ein suchtartiges Verlangen nach dem Pilz entwickeln. Wie eine kurze Begegnung mit einer grotesken Gestalt im Inselinneren nahelegt, steht den beiden eine monströse Metamorphose bevor, ohne dass auch nur die geringste Chance auf Heilung bestehen würde.
Die Geschichte wurde schon einmal 1958 im Rahmen von Alfred Hitchcocks TV-Serie Suspicion mit Barbara Rush (When Worlds Collide [1951], It Came From Outer Space [1953]) in der weiblichen Hauptrolle verfilmt. Diese Adaption hält sich relativ eng an ihre Quelle, auch wenn die Beziehung zwischen den beiden Schiffbrüchigen einen sehr viel größeren Raum einnimmt, das drogenartige Motiv gänzlich fehlt und die finale Metamorphose nur zaghaft angedeutet wird.
Matango schlägt da eine völlig andere Richtung ein. In der Sonderausgabe August 1961 des S-F magajin, Japans wohl bedeutendstem Science Fiction - Magazin der Zeit (3), war eine Übersetzung von Hodgsons Geschichte von Kazuo Okado unter dem Titel Yami no koe erschienen. Auf dieser Grundlage hatten Herausgeber Masami Fukushima und der bekannte SF-Autor Shinichi Hoshi das Drehbuch für den Film verfasst. Dabei erfuhr die Story eine Reihe tiefgreifender Veränderungen und ihr Fokus verschob sich merklich. (4)
Zuerst einmal erhalten wir eine völlig andere Rahmenhandlung.
Hodgsons Story beginnt mit zwei Seeleuten, zu denen während einer Flaute plötzlich ein Anruf aus dem Dunkel der Nacht dringt. Ein Ruderboot geht längsseits, dessen Insasse um Essensvorräte bittet, aber panische Angst davor zu haben scheint, dass Licht auf seine Gestalt fallen könnte. Es handelt sich um den männlichen Schiffbrüchigen, der schließlich die eigentliche Geschichte erzählt. Ein solch nautisches Ambiente ist für den Autor nicht untypisch. (5)
Am Beginn von Matango hingegen bekommen wir das nächtliche, von grellen Neonleuchtreklamen dominierte Panorama Tokios zu sehen. Die Kamera fährt zurück und wir finden uns im Inneren einer psychiatrischen Anstalt wieder. Der Insasse, von dem wir später erfahren werden, dass er selbst ein Professor der Psychologie mit dem Namen Kenji Murai (Akira Kubo) ist, erklärt stockend, niemand werde ihm glauben, wenn er erzählt, was ihm und seinen verschollenen Begleitern widerfahren ist.
Diese sehr düster gehaltene Eröffnungsszene wirkt beinah ein bisschen lovecraftianisch. Doch dann springt der Film zu Bildern einer Segelyacht, die bei prächtigstem Wetter über die Wellen gleitet, unterlegt mit fröhlicher Swing-Musik.
Der reiche Industrielle Masafumi Kasai (Yoshio Tsuchiya) hat eine Gruppe von "Freunden" zu einem kleinen Törn eingeladen: Professor Murai, Schriftsteller Etsuro Yoshida (Hiroshi Tachikawa), Sängerin und TV-Star Mami Sekiguchi (Kumi Mizuno) und die Universitätsangestellte Akiko Soma (Miki Yashiro). Skipper Naoyuki Sakuda (Hiroshi Koizumi) ist selbst ein Angestellter von Kasai Industries und wird unterstützt von dem Seemann Senzo Koyama (Kenji Sahara).
Das Bild, das wir von der Gruppe bekommen, ist von Anfang an nicht das allergünstigste. Als sie sich in der Kabine zu einem Umtrunk versammeln, schlägt Yoshida als Toast vor: "We are on the open sea away from the masses of humanity." (6) Worauf Mami ironisch einwendet: "Aren't we supposed to be humans too?" (7) Doch sie selbst hatte zuvor erklärt, wie froh sie sei, weit weg von Tokio "and all her dust" zu sein, was Yoshida zu dem Kommentar veranlasst hatte: "You shouldn't say that ... That's were your money and your men are." Es ist klar, dass diese Leute sich selbst über eine möglichst große Distanzierung von der Masse der Menschheit, dem "Pöbel", definieren. Mit der möglichen Ausnahme der etwas schüchternen Akiko, die neu in diesen Kreisen ist und der es schwer fällt, sich einzufügen. In einem Versuch, ihr Mut zuzusprechen, lässt Murai die doppeldeutige Bemerkung fallen: "They would be good friends to have." Will er damit bloß seine Aussage unterstreichen, die Gruppe bestehe aus "nice fellows", oder andeuten, es sei von Vorteil, diese Leute zu Freunden zu haben? Zumindest Mami macht keinen Hehl aus ihren materiellen Motiven, wenn sie begeistert davon erzählt, Kasai werde sie nach Europa mitnehmen, wo sie in den großen Metropolen auftreten werde. Und es kann kaum ein Zweifel bestehen, dass sich der Industrielle in seiner blütenweißen "Kapitänsuniform" seiner überlegenen Position in der Gruppe sehr bewusst ist, auch wenn er anfangs einen eher jovial-freundschaftlichen Eindruck zu vermitteln versucht. Skipper Sakuda verleiht seiner Verachtung für den ganzen Trupp gegenüber Koyama deutlichen Ausdruck: "They'll always be boys. They live and play around on their fathers' money." Eine der Inspirationen für Matango waren News-Berichte über eine Gruppe von Jugendlichen aus reichem Haus, die mit einer Yacht hinaus auf den Ozean gesegelt waren und schließlich geretttet werden mussten.
Als ein Sturm aufzieht und die Gruppe Sakudas Empfehlung, umzukehren, ignoriert, kommt es zur Katstrophe. Funk und Motor fallen aus, der Mast bricht und die Jacht treibt steuerlos durch den Nebel. Allgemeine Verzweifelung macht sich breit. Yoshidas Alptraum von einem gewaltigen Ozeandampfer, der plötzlich wie ein Monster über dem Segelschiff aufragt, ist ein erstes beeindruckendes Beispiel für den düster-atmosphärischen visuellen Stil, den Honda seinem Film zusammen mit Kameramann Hajime Koizumi und Art Director Shigekazu Ikuno verliehen hat.
Schließlich treibt die Yacht an die Küste einer Insel. Nach einem Marsch durch den Dschungel entdecken die Schiffbrüchigen das Wrack eines großen Schiffes, dessen Mission es scheinbar gewesen war, die Auswirkungen von Atombombentests auf die örtliche Tier- und Pflanzenwelt zu untersuchen. Seine nationale Herkunft bleibt mysteriös. Im Inneren wuchern gewaltige Schimmelkulturen, und in einem Labor wird ein riesiger Pilz mit der Kennzeichnung "Matango" entdeckt.
Doch das fungoide Grauen bleibt vorläufig noch im Hintergrund. Der Fokus des Films liegt ganz auf den wachsenden Spannungen innerhalb der Gruppe.
Die ursprünglichen Hierarchien zerfallen sehr rasch. Wenn Kasai entdeckt, dass sich Yoshida und Koyama über die von ihnen gefundenen Konserven hergemacht haben, und diese ihm lachend erklären: "Finder's keepers", wird deutlich, dass seine Autorität nicht länger anerkannt wird. Dazu gehört auch eine Art symbolischer "Entmannung", wenn Kasais ehemalige Geliebte Mami sich immer offener Yoshida zuwendet. Der Industrielle sichert sich daraufhin eine eigene Kajüte, was wie der Versuch wirkt, seine alte Stellung erneut demonstrativ zu unterstreichen. Und vielleicht auch sein angeknackstes Selbstbewusstsein zu stärken. Dass er nur zögerlich an den Beratungen der Gruppe teilnimmt und sich lieber damit beschäftigt, ein von ihm gefundenes Gewehr in Schuss zu bringen, deutet an, dass er im Extremfall auch nicht davor zurückschrecken würde, dabei Gewalt anzuwenden.
Sakuda macht zwar einige praktische Vorschläge und Murai bemüht sich um allgemeine Kooperation, aber die Entwicklung hin zu immer größerer Aggressivität und Selbstsucht ist nicht aufzuhalten. Der erste Auftritt der Pilzmutanten, deren Erscheinungsbild das zeitgenössische Publikum angeblich an die Opfer von Hiroshima und Nagasaki erinnert haben soll, beschleunigt diesen Prozess möglicherweise noch etwas, bleibt im Grunde aber ein Randphänomen.
Koyama gibt sich immer ungezügelter seinen primitivsten Impulsen hin, Gier und sexuellem Verlangen. In einer besonders krassen Szene verkündet er im Prinzip ganz offen, dass er vorhabe, Mami zu vergewaltigen, worauf die übrigen Männer nur mit Schweigen reagieren.
Sakuda genießt es ganz offensichtlich, seinen ehemaligen Boss Kasai herumzuschubsen. Als dieser ihn daran erinnert, dass er seine Collegeausbildung bezahlt und ihm anschließend einen Job gegeben habe, antwortet der Skipper: "Yeah. Presumably as a friend, but actually you bought me." In Szenen wie dieser wird die Sympathie des Publikums vermutlich noch ganz auf Sakudas Seite liegen. Er hat sich bislang als eines der vernünftigsten und tatkräftigsten Mitglieder der Gruppe erwiesen und seine Ressentiments gegen den vormals so arroganten Industriellen sind gut nachvollziehbar. Aber in einer überraschenden Plotwendung zeigt es sich dann, dass der Skipper die ganze Zeit über nur an sich selbst gedacht hat.
Kasai wiederum wird mehr und mehr zu einer wirklich erbärmlichen Figur. Erst versucht er, heimlich einige der Konserven an sich zu bringen. Als das nicht klappt, kauft er dem grinsenden Koyama für Abertausende Yen Schildkröteneier ab, die dieser in einer Höhle gehortet hat. Sich betont unterwürfig gebärdend versucht er schließlich, Sakuda dazu zu überreden, dass sie zu zweit mit der halb wieder hergestellten Yacht abhauen und den Rest im Stich lassen sollten. Als auch dieser Plan scheitert und es zu offenen Gewalttätigkeiten kommt, bricht sein Wille endgültig zusammen. Er bettelt Murai an, ihn zu töten, da er nicht einmal dazu fähig sei, Selbstmord zu begehen.
Yoshida ist der erste in der Gruppe, der eine von bizarren Pilzen bewachsene Lichtung im Dschungel entdeckt und von diesen kostet. In der Folge wird sein Verhalten immer psychotischer. Schließlich versucht er Murai und Kasai zu töten, doch in dem folgenden Handgemenge kommt stattdessen Koyama ums Leben. In einer Art letztem Aufbäumen seines Willens verbannt Kasai mit dem Gewehr in der Hand Yoshida und Mami in den Urwald.
Die einzigen, die sich in diesem immer stärker werdenden Strudel aus Egoismus, Wahnsinn und Gewalt ihre Menschlichkeit bewahren, sind Murai und Akiko.
Als Matanga in einer synchronisierten Fassung in den 60ern im amerikanischen Fernsehen gezeigt wurde, verpasste man ihm den trashigen Untertitel Attack of the Mushroom People. Tatsächlich jedoch spielen die Pilzmonster eigentlich nur in der letzten Viertelstunde des Films eine zentrale Rolle. Dann wird's allerdings wirklich psychedelisch.
Eine seltsam entrückt wirkende Mami kehrt auf das Schiff zurück und führt den praktisch willenlosen Kasai hinauf in den Dschungel, wo die Pilze in immer fremdartigeren und gigantischeren Formen aus dem Boden sprießen. Der Halbverhungerte beginnt die Pilze in sich hineinzustopfen, hat plötzlich Visionen von verführerichen Tänzerinnen und Tokios Leuchtreklame, nur um kurz darauf sehen zu müssen, wie die riesigen Pilzkulturen rund um ihn herum humanoide Gestalt annehmen.
Derweil überfallen die Mutanten unser Heldenpaar und entführen Akiko. Als der die Monster verfolgende Murai die Lichtung erreicht, hat die junge Frau bereits von den Pilzen gekostet und ist ihnen gleichfalls verfallen. Yoshida und Mami, deren Körper erste Anzeichen der beginnenden Metamorphose aufweisen, beäugen irre grinsend das Geschehen. Als auch unser Held von den humanoiden Riesenpilzen bedrängt wird, verfällt er in Panik und flieht kreischend zum Strand, die wiederholten Rufe der zurückbleibenden Akiko ignorierend.
Der Handlungsverlauf von Matango weist einige eigenartige Sprünge auf. Es fällt mitunter schwer, zu sagen, wieviel Zeit zwischen einzelnen Szenen verflossen ist, und manchmal scheinen Figuren über ein Wissen zu verfügen, von dem wir nicht erkennen können, wie sie es erworben haben sollen. Das kann im ersten Moment etwas irritierend wirken, unterstreicht im Grunde aber bloß den leicht alptraumartigen Charakter, den der Film annimmt, sobald die Gruppe die Insel und das Wrack erreicht hat. Dazu tragen vor allem die großartigen Setdesigns von Shikegazu Ikuno bei, das heruntergekommene Schiff, die stets leicht nebelverhangene Dschungelszenerie und vor allem natürlich die bizarre Anderswelt der Pilzlichtung. Interessant auch die außergewöhnlich intensive Farbpalette des Streifens. In einigen Szenen betreten wir da beinah schon Terence Fisher - oder Mario Bava - Territorium.
Das Grundthema von Matango findet sich in einem inneren Monolog Murais gegen Ende des Films offen ausgesprochen: "Under trying conditions, man tends to become selfish and cruel. That's when we must act in a rational manner. We must help each other." Wir dürfen annehmen, dass dies auch Ishiro Hondas eigene Überzeugung war. Doch anders als in den meisten seiner Filme, scheitert diese humanistische Position in Matango an der Selbstsucht der Beteiligten. Diese erscheint jedoch nicht unbedingt als Ausdruck der "menschlichen Natur". Ich würde dem Film deshalb auch keine grundsätzliche Misanthropie unterstellen. Vielmehr verknüpft Honda das egoistische und irrationale Verhalten seiner Figuren mit dem Charakter der Gesellschaft, der sie entstammen. Nicht zufällig ist das nächtliche Tokio mit seinen Neonlichtern eines der Leitmotive des Films. Es steht am Beginn und am Ende des Streifens und wird im Falle Kasais auch direkt mit der drogenhaften Wirkung der Pilze verknüpft. Was auf der Insel geschieht ist im Grunde bloß ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Entwicklungen im modernen Japan. Unter den extremen Bedingungen des Schiffsbruchs zeigt sich nicht etwa die "wahre Natur" der Beteiligten, sondern das, was die sozialen Umstände aus ihnen gemacht haben. Hondas Kritik richtet sich dabei zwar in erster Linie gegen die mondänen Kreise der Upper Class mit ihrer Oberflächlichkeit, Eitelkeit und Arroganz, aber wie die "plebejischen" Figuren Koyama und Sakuda zeigen, bleibt keine soziale Schicht von dieser moralischen Deformierung verschont. Neben dem ebenso eingebildeten wie prinzipienlosen "Künstler" Yoshida, dürfte der primtive und von Gier zerfressene Koyama sogar die abstoßendste Gestalt des Filmes sein. Die Verwandlung in monströse Pilzmutanten erscheint so bloß als Metapher für eine psychische und moralische Deformation. Dabei bewahrt Ishiro Honda jedoch stets den für ihn so typischen, von warmer Menschlichkeit geprägten Blick auf seine Figuren. Matango ist sicher eines der pessimistischsten Werke des Filmemachers, aber auch in ihm finden wir nicht die Spur von Zynismus.
William Hope Hodgsons (2) erstmals 1907 im Blue Book Magazine veröffentlichte Story The Voice in the Night erzählt vom Schicksal eines schiffbrüchigen Paares, das sich auf ein vor der Küste einer unbekannten Insel auf Grund gelaufenes Wrack rettet. Auf dem Deck und in den Kabinen des verlassenen Schiffes wuchert ein eigentümlicher, flechtenartiger Pilz. So sehr sich die beiden auch bemühen, einen pilzfreien Raum für sich zu erkämpfen, das Zeug regeneriert unglaublich schnell und findet sich schließlich auch auf ihrem Bettzeug und Teilen ihrer Vorräte. Eine Flucht auf die Insel erweist sich als relativ sinnlos, ist diese doch gleichfalls völlig überwuchert. Wenigstens entdecken sie ein kleines Fleckchen freie Erde. Doch dann werden sie selbst von dem Pilz befallen. Die Vorräte werden immer knapper. Der Hunger treibt sie schließlich dazu, von den Flechten zu kosten, woraufhin sie ein suchtartiges Verlangen nach dem Pilz entwickeln. Wie eine kurze Begegnung mit einer grotesken Gestalt im Inselinneren nahelegt, steht den beiden eine monströse Metamorphose bevor, ohne dass auch nur die geringste Chance auf Heilung bestehen würde.
Die Geschichte wurde schon einmal 1958 im Rahmen von Alfred Hitchcocks TV-Serie Suspicion mit Barbara Rush (When Worlds Collide [1951], It Came From Outer Space [1953]) in der weiblichen Hauptrolle verfilmt. Diese Adaption hält sich relativ eng an ihre Quelle, auch wenn die Beziehung zwischen den beiden Schiffbrüchigen einen sehr viel größeren Raum einnimmt, das drogenartige Motiv gänzlich fehlt und die finale Metamorphose nur zaghaft angedeutet wird.
Matango schlägt da eine völlig andere Richtung ein. In der Sonderausgabe August 1961 des S-F magajin, Japans wohl bedeutendstem Science Fiction - Magazin der Zeit (3), war eine Übersetzung von Hodgsons Geschichte von Kazuo Okado unter dem Titel Yami no koe erschienen. Auf dieser Grundlage hatten Herausgeber Masami Fukushima und der bekannte SF-Autor Shinichi Hoshi das Drehbuch für den Film verfasst. Dabei erfuhr die Story eine Reihe tiefgreifender Veränderungen und ihr Fokus verschob sich merklich. (4)
Zuerst einmal erhalten wir eine völlig andere Rahmenhandlung.
Hodgsons Story beginnt mit zwei Seeleuten, zu denen während einer Flaute plötzlich ein Anruf aus dem Dunkel der Nacht dringt. Ein Ruderboot geht längsseits, dessen Insasse um Essensvorräte bittet, aber panische Angst davor zu haben scheint, dass Licht auf seine Gestalt fallen könnte. Es handelt sich um den männlichen Schiffbrüchigen, der schließlich die eigentliche Geschichte erzählt. Ein solch nautisches Ambiente ist für den Autor nicht untypisch. (5)
Am Beginn von Matango hingegen bekommen wir das nächtliche, von grellen Neonleuchtreklamen dominierte Panorama Tokios zu sehen. Die Kamera fährt zurück und wir finden uns im Inneren einer psychiatrischen Anstalt wieder. Der Insasse, von dem wir später erfahren werden, dass er selbst ein Professor der Psychologie mit dem Namen Kenji Murai (Akira Kubo) ist, erklärt stockend, niemand werde ihm glauben, wenn er erzählt, was ihm und seinen verschollenen Begleitern widerfahren ist.
Diese sehr düster gehaltene Eröffnungsszene wirkt beinah ein bisschen lovecraftianisch. Doch dann springt der Film zu Bildern einer Segelyacht, die bei prächtigstem Wetter über die Wellen gleitet, unterlegt mit fröhlicher Swing-Musik.
Der reiche Industrielle Masafumi Kasai (Yoshio Tsuchiya) hat eine Gruppe von "Freunden" zu einem kleinen Törn eingeladen: Professor Murai, Schriftsteller Etsuro Yoshida (Hiroshi Tachikawa), Sängerin und TV-Star Mami Sekiguchi (Kumi Mizuno) und die Universitätsangestellte Akiko Soma (Miki Yashiro). Skipper Naoyuki Sakuda (Hiroshi Koizumi) ist selbst ein Angestellter von Kasai Industries und wird unterstützt von dem Seemann Senzo Koyama (Kenji Sahara).
Das Bild, das wir von der Gruppe bekommen, ist von Anfang an nicht das allergünstigste. Als sie sich in der Kabine zu einem Umtrunk versammeln, schlägt Yoshida als Toast vor: "We are on the open sea away from the masses of humanity." (6) Worauf Mami ironisch einwendet: "Aren't we supposed to be humans too?" (7) Doch sie selbst hatte zuvor erklärt, wie froh sie sei, weit weg von Tokio "and all her dust" zu sein, was Yoshida zu dem Kommentar veranlasst hatte: "You shouldn't say that ... That's were your money and your men are." Es ist klar, dass diese Leute sich selbst über eine möglichst große Distanzierung von der Masse der Menschheit, dem "Pöbel", definieren. Mit der möglichen Ausnahme der etwas schüchternen Akiko, die neu in diesen Kreisen ist und der es schwer fällt, sich einzufügen. In einem Versuch, ihr Mut zuzusprechen, lässt Murai die doppeldeutige Bemerkung fallen: "They would be good friends to have." Will er damit bloß seine Aussage unterstreichen, die Gruppe bestehe aus "nice fellows", oder andeuten, es sei von Vorteil, diese Leute zu Freunden zu haben? Zumindest Mami macht keinen Hehl aus ihren materiellen Motiven, wenn sie begeistert davon erzählt, Kasai werde sie nach Europa mitnehmen, wo sie in den großen Metropolen auftreten werde. Und es kann kaum ein Zweifel bestehen, dass sich der Industrielle in seiner blütenweißen "Kapitänsuniform" seiner überlegenen Position in der Gruppe sehr bewusst ist, auch wenn er anfangs einen eher jovial-freundschaftlichen Eindruck zu vermitteln versucht. Skipper Sakuda verleiht seiner Verachtung für den ganzen Trupp gegenüber Koyama deutlichen Ausdruck: "They'll always be boys. They live and play around on their fathers' money." Eine der Inspirationen für Matango waren News-Berichte über eine Gruppe von Jugendlichen aus reichem Haus, die mit einer Yacht hinaus auf den Ozean gesegelt waren und schließlich geretttet werden mussten.
Als ein Sturm aufzieht und die Gruppe Sakudas Empfehlung, umzukehren, ignoriert, kommt es zur Katstrophe. Funk und Motor fallen aus, der Mast bricht und die Jacht treibt steuerlos durch den Nebel. Allgemeine Verzweifelung macht sich breit. Yoshidas Alptraum von einem gewaltigen Ozeandampfer, der plötzlich wie ein Monster über dem Segelschiff aufragt, ist ein erstes beeindruckendes Beispiel für den düster-atmosphärischen visuellen Stil, den Honda seinem Film zusammen mit Kameramann Hajime Koizumi und Art Director Shigekazu Ikuno verliehen hat.
Schließlich treibt die Yacht an die Küste einer Insel. Nach einem Marsch durch den Dschungel entdecken die Schiffbrüchigen das Wrack eines großen Schiffes, dessen Mission es scheinbar gewesen war, die Auswirkungen von Atombombentests auf die örtliche Tier- und Pflanzenwelt zu untersuchen. Seine nationale Herkunft bleibt mysteriös. Im Inneren wuchern gewaltige Schimmelkulturen, und in einem Labor wird ein riesiger Pilz mit der Kennzeichnung "Matango" entdeckt.
Doch das fungoide Grauen bleibt vorläufig noch im Hintergrund. Der Fokus des Films liegt ganz auf den wachsenden Spannungen innerhalb der Gruppe.
Die ursprünglichen Hierarchien zerfallen sehr rasch. Wenn Kasai entdeckt, dass sich Yoshida und Koyama über die von ihnen gefundenen Konserven hergemacht haben, und diese ihm lachend erklären: "Finder's keepers", wird deutlich, dass seine Autorität nicht länger anerkannt wird. Dazu gehört auch eine Art symbolischer "Entmannung", wenn Kasais ehemalige Geliebte Mami sich immer offener Yoshida zuwendet. Der Industrielle sichert sich daraufhin eine eigene Kajüte, was wie der Versuch wirkt, seine alte Stellung erneut demonstrativ zu unterstreichen. Und vielleicht auch sein angeknackstes Selbstbewusstsein zu stärken. Dass er nur zögerlich an den Beratungen der Gruppe teilnimmt und sich lieber damit beschäftigt, ein von ihm gefundenes Gewehr in Schuss zu bringen, deutet an, dass er im Extremfall auch nicht davor zurückschrecken würde, dabei Gewalt anzuwenden.
Sakuda macht zwar einige praktische Vorschläge und Murai bemüht sich um allgemeine Kooperation, aber die Entwicklung hin zu immer größerer Aggressivität und Selbstsucht ist nicht aufzuhalten. Der erste Auftritt der Pilzmutanten, deren Erscheinungsbild das zeitgenössische Publikum angeblich an die Opfer von Hiroshima und Nagasaki erinnert haben soll, beschleunigt diesen Prozess möglicherweise noch etwas, bleibt im Grunde aber ein Randphänomen.
Koyama gibt sich immer ungezügelter seinen primitivsten Impulsen hin, Gier und sexuellem Verlangen. In einer besonders krassen Szene verkündet er im Prinzip ganz offen, dass er vorhabe, Mami zu vergewaltigen, worauf die übrigen Männer nur mit Schweigen reagieren.
Sakuda genießt es ganz offensichtlich, seinen ehemaligen Boss Kasai herumzuschubsen. Als dieser ihn daran erinnert, dass er seine Collegeausbildung bezahlt und ihm anschließend einen Job gegeben habe, antwortet der Skipper: "Yeah. Presumably as a friend, but actually you bought me." In Szenen wie dieser wird die Sympathie des Publikums vermutlich noch ganz auf Sakudas Seite liegen. Er hat sich bislang als eines der vernünftigsten und tatkräftigsten Mitglieder der Gruppe erwiesen und seine Ressentiments gegen den vormals so arroganten Industriellen sind gut nachvollziehbar. Aber in einer überraschenden Plotwendung zeigt es sich dann, dass der Skipper die ganze Zeit über nur an sich selbst gedacht hat.
Kasai wiederum wird mehr und mehr zu einer wirklich erbärmlichen Figur. Erst versucht er, heimlich einige der Konserven an sich zu bringen. Als das nicht klappt, kauft er dem grinsenden Koyama für Abertausende Yen Schildkröteneier ab, die dieser in einer Höhle gehortet hat. Sich betont unterwürfig gebärdend versucht er schließlich, Sakuda dazu zu überreden, dass sie zu zweit mit der halb wieder hergestellten Yacht abhauen und den Rest im Stich lassen sollten. Als auch dieser Plan scheitert und es zu offenen Gewalttätigkeiten kommt, bricht sein Wille endgültig zusammen. Er bettelt Murai an, ihn zu töten, da er nicht einmal dazu fähig sei, Selbstmord zu begehen.
Yoshida ist der erste in der Gruppe, der eine von bizarren Pilzen bewachsene Lichtung im Dschungel entdeckt und von diesen kostet. In der Folge wird sein Verhalten immer psychotischer. Schließlich versucht er Murai und Kasai zu töten, doch in dem folgenden Handgemenge kommt stattdessen Koyama ums Leben. In einer Art letztem Aufbäumen seines Willens verbannt Kasai mit dem Gewehr in der Hand Yoshida und Mami in den Urwald.
Die einzigen, die sich in diesem immer stärker werdenden Strudel aus Egoismus, Wahnsinn und Gewalt ihre Menschlichkeit bewahren, sind Murai und Akiko.
Als Matanga in einer synchronisierten Fassung in den 60ern im amerikanischen Fernsehen gezeigt wurde, verpasste man ihm den trashigen Untertitel Attack of the Mushroom People. Tatsächlich jedoch spielen die Pilzmonster eigentlich nur in der letzten Viertelstunde des Films eine zentrale Rolle. Dann wird's allerdings wirklich psychedelisch.
Eine seltsam entrückt wirkende Mami kehrt auf das Schiff zurück und führt den praktisch willenlosen Kasai hinauf in den Dschungel, wo die Pilze in immer fremdartigeren und gigantischeren Formen aus dem Boden sprießen. Der Halbverhungerte beginnt die Pilze in sich hineinzustopfen, hat plötzlich Visionen von verführerichen Tänzerinnen und Tokios Leuchtreklame, nur um kurz darauf sehen zu müssen, wie die riesigen Pilzkulturen rund um ihn herum humanoide Gestalt annehmen.
Derweil überfallen die Mutanten unser Heldenpaar und entführen Akiko. Als der die Monster verfolgende Murai die Lichtung erreicht, hat die junge Frau bereits von den Pilzen gekostet und ist ihnen gleichfalls verfallen. Yoshida und Mami, deren Körper erste Anzeichen der beginnenden Metamorphose aufweisen, beäugen irre grinsend das Geschehen. Als auch unser Held von den humanoiden Riesenpilzen bedrängt wird, verfällt er in Panik und flieht kreischend zum Strand, die wiederholten Rufe der zurückbleibenden Akiko ignorierend.
Der Handlungsverlauf von Matango weist einige eigenartige Sprünge auf. Es fällt mitunter schwer, zu sagen, wieviel Zeit zwischen einzelnen Szenen verflossen ist, und manchmal scheinen Figuren über ein Wissen zu verfügen, von dem wir nicht erkennen können, wie sie es erworben haben sollen. Das kann im ersten Moment etwas irritierend wirken, unterstreicht im Grunde aber bloß den leicht alptraumartigen Charakter, den der Film annimmt, sobald die Gruppe die Insel und das Wrack erreicht hat. Dazu tragen vor allem die großartigen Setdesigns von Shikegazu Ikuno bei, das heruntergekommene Schiff, die stets leicht nebelverhangene Dschungelszenerie und vor allem natürlich die bizarre Anderswelt der Pilzlichtung. Interessant auch die außergewöhnlich intensive Farbpalette des Streifens. In einigen Szenen betreten wir da beinah schon Terence Fisher - oder Mario Bava - Territorium.
Das Grundthema von Matango findet sich in einem inneren Monolog Murais gegen Ende des Films offen ausgesprochen: "Under trying conditions, man tends to become selfish and cruel. That's when we must act in a rational manner. We must help each other." Wir dürfen annehmen, dass dies auch Ishiro Hondas eigene Überzeugung war. Doch anders als in den meisten seiner Filme, scheitert diese humanistische Position in Matango an der Selbstsucht der Beteiligten. Diese erscheint jedoch nicht unbedingt als Ausdruck der "menschlichen Natur". Ich würde dem Film deshalb auch keine grundsätzliche Misanthropie unterstellen. Vielmehr verknüpft Honda das egoistische und irrationale Verhalten seiner Figuren mit dem Charakter der Gesellschaft, der sie entstammen. Nicht zufällig ist das nächtliche Tokio mit seinen Neonlichtern eines der Leitmotive des Films. Es steht am Beginn und am Ende des Streifens und wird im Falle Kasais auch direkt mit der drogenhaften Wirkung der Pilze verknüpft. Was auf der Insel geschieht ist im Grunde bloß ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Entwicklungen im modernen Japan. Unter den extremen Bedingungen des Schiffsbruchs zeigt sich nicht etwa die "wahre Natur" der Beteiligten, sondern das, was die sozialen Umstände aus ihnen gemacht haben. Hondas Kritik richtet sich dabei zwar in erster Linie gegen die mondänen Kreise der Upper Class mit ihrer Oberflächlichkeit, Eitelkeit und Arroganz, aber wie die "plebejischen" Figuren Koyama und Sakuda zeigen, bleibt keine soziale Schicht von dieser moralischen Deformierung verschont. Neben dem ebenso eingebildeten wie prinzipienlosen "Künstler" Yoshida, dürfte der primtive und von Gier zerfressene Koyama sogar die abstoßendste Gestalt des Filmes sein. Die Verwandlung in monströse Pilzmutanten erscheint so bloß als Metapher für eine psychische und moralische Deformation. Dabei bewahrt Ishiro Honda jedoch stets den für ihn so typischen, von warmer Menschlichkeit geprägten Blick auf seine Figuren. Matango ist sicher eines der pessimistischsten Werke des Filmemachers, aber auch in ihm finden wir nicht die Spur von Zynismus.
(1) Jetzt wisst ihr auch, womit ich mir zwischen den Jahren die Zeit vertrieben habe. Kaiju statt Christmas sozusagen ...
(2) Ich habe 2013 anlässlich seines 95. Geburtstags mal diesen Beitrag über den Autor geschrieben.
(3) Wer einen ersten Eindruck von Bedeutung und Geschichte des S-F magajin bekommen will, schaue sich diesen Twitter-Thread des großartigen Pulp Librarian an.
(4) Vgl.: Salvador Jimenez Murguía: The Encyclopedia of Japanese Horror Films. S. 196.
(5) William Hope Hodgson war über ein Jahrzehnt lang zur See gefahren, was deutliche Spuren in seinem Werk hinterlassen hat: The Boats of the "Glen Carrig", The Ghost Pirates, die Sargasso Sea - und Captain Gault - Geschichten. Er, der sich als kleiner Junge nichts sehnlicher gewünscht hatte, als Matrose zu werden, hatte das Meer regelrecht zu hassen gelernt. Einer der Gründe dafür bestand ohne Zweifel in den miserablen Verhältnissen, unter denen Lehrlinge und einfache Matrosen in der britischen Handelsmarine jener Zeit zu leiden hatten. Er selbst schrieb darüber später: "[B]ad treatment, poor food, poor wages ... a comfortless, weariful, and thankless life ... of hardness and sordidness ... [and] being a pawn with the sea for board and the shipowners for players." Doch der Abscheu ging offenbar noch sehr viel tiefer. Alan Gulette schreibt in seiner biographischen Skizze William Hope Hodgson: Reporter from the Borderland: "[A]fter having sailed around the world three times, he realized (belatedly!) that he hated the sea – and with such passion that in nearly all his writings the sea is regarded with a feeling of horror, almost as if it were evil."
(6) Ich zitiere die Untertitel der im Internet Archive zugänglichen japanischen Version.
(7) Wenn ich in der Folge bei den Männern die Nachnamen, bei den Frauen die Vornamen verwende, folge ich damit bloß dem Script des Filmes, auch wenn ich mir der sexistischen Implikationen dessen natürlich bewusst bin.
(2) Ich habe 2013 anlässlich seines 95. Geburtstags mal diesen Beitrag über den Autor geschrieben.
(3) Wer einen ersten Eindruck von Bedeutung und Geschichte des S-F magajin bekommen will, schaue sich diesen Twitter-Thread des großartigen Pulp Librarian an.
(4) Vgl.: Salvador Jimenez Murguía: The Encyclopedia of Japanese Horror Films. S. 196.
(5) William Hope Hodgson war über ein Jahrzehnt lang zur See gefahren, was deutliche Spuren in seinem Werk hinterlassen hat: The Boats of the "Glen Carrig", The Ghost Pirates, die Sargasso Sea - und Captain Gault - Geschichten. Er, der sich als kleiner Junge nichts sehnlicher gewünscht hatte, als Matrose zu werden, hatte das Meer regelrecht zu hassen gelernt. Einer der Gründe dafür bestand ohne Zweifel in den miserablen Verhältnissen, unter denen Lehrlinge und einfache Matrosen in der britischen Handelsmarine jener Zeit zu leiden hatten. Er selbst schrieb darüber später: "[B]ad treatment, poor food, poor wages ... a comfortless, weariful, and thankless life ... of hardness and sordidness ... [and] being a pawn with the sea for board and the shipowners for players." Doch der Abscheu ging offenbar noch sehr viel tiefer. Alan Gulette schreibt in seiner biographischen Skizze William Hope Hodgson: Reporter from the Borderland: "[A]fter having sailed around the world three times, he realized (belatedly!) that he hated the sea – and with such passion that in nearly all his writings the sea is regarded with a feeling of horror, almost as if it were evil."
(6) Ich zitiere die Untertitel der im Internet Archive zugänglichen japanischen Version.
(7) Wenn ich in der Folge bei den Männern die Nachnamen, bei den Frauen die Vornamen verwende, folge ich damit bloß dem Script des Filmes, auch wenn ich mir der sexistischen Implikationen dessen natürlich bewusst bin.
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