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Freitag, 8. Juni 2018

Willkommen an Bord der "Liberator" – S02/E09: "Countdown"

Ein Blake's 7 - Rewatch

Blake mag für viele in der Föderation inzwischen ein legendärer Volksheld sein, und vermutlich gibt es mehr als eine Ballade, die über seine heroischen Taten gesungen wird, aber wenn's darum geht, einen echten Aufstand gegen das totalitäre Regime zu organisieren, sind ihm Cauder (James Kerry), Ralli (Lindy Alexander) und Vetnor (Sidney Kean) auf dem Planeten Albion um Meilen voraus.
Unser fanatischer Freiheitskämpfer hat in der Vergangenheit zwar immer mal wieder kurzzeitige Bündnisse mit Revolutionärinnen wie Avalon (Project Avalon) und Kasabi (Pressure Point) geschlossen, aber seine Vorstellung revolutionärer Aktion bestand eigentlich immer in spektakulären Alleingängen. Kein Wunder also, dass er nichts von der Rebellion auf Albion mitgekriegt hat. Es ist bloßer Zufall, dass die Liberator den Planeten erreicht, kurz nachdem die Aufständischen das Hauptquartier der Besatzer gestürmt haben.
Blake befindet sich auf der Suche nach dem Föderationsoffizier Provine (Paul Shelley), von dem er Informationen über den wahren Standort von "Control" zu erlangen hofft. Auch die niederschmetternden Erlebnisse von Pressure Point haben ihn nicht von seiner Obsession für das Computer-Nervenzentrum der Föderation geheilt, mit dessen Zerstörung er den Sturz des Regimes herbeizuführen gedenkt.
Die siegreichen Revolutionäre von Albion freilich haben ganz andere Probleme. Kurz bevor ihre Kommandozentrale eingenommen wurde, haben die Föderationsoffiziere den Countdown eines nuklearen Sprengkopfs gestartet, dessen Detonation alles Leben auf dem Planeten auslöschen würde, ohne die Infrastruktur zu zerstören oder eine langfristige Verstrahlung der Oberfläche zu verursachen.
Natürlich ist die Liberator - Crew sofort bereit, bei der Entschärfung der Bombe zu helfen. Ein Job, wie geschaffen für Avon. Doch dann entpuppt sich der Söldner Del Grant (Tom Chadbon), den die Rebellen zur militärischen Koordinierung ihres Aufstands angeheuert hatten, als ein alter Bekannter unseres Tech-Genies, der einen mörderischen Hass auf diesen hegt.
Dennoch lassen sich die beiden schließlich gemeinsam in eine verlassene Station auf dem Südpol des Planeten teleportieren, wo sich nach Oracs Berechnungen der Sprengkopf befinden muss. Zuvor schärft Blake dem Söldner allerdings ein: "One more thing: if anything happens to Avon, I will come looking for you."
Nachdem dies erledigt wäre, macht er sich in den Korridoren des Kommadokomplexes auf die Jagd nach Major Provine, der inzwischen seine Uniform losgeworden ist und sich mit einem extra für diesen Zweck bereitgestellten Raumgleiter in den Orbit schießen lassen will, um dort in aller Ruhe die atomare Detonation abzuwarten und danach auf den "gesäuberten" Planeten zurückzukehren.

Nach den eher mittelmäßigen Episoden Killer und Hostage bildet diese von Terry Nation geschriebene Folge den Auftakt für den alles in allem sehr gelungenen finalen Teil der zweiten Staffel.
Die Handlung ist straff erzählt und lässt keine Längen inmitten der ständig steigenden Bedrohlichkeit der Situation aufkommen. Es gibt keine unnötigen Abschweifungen, alles bleibt konzentriert auf die beiden Hauptelemente: Major Provine und die Konfrontation zwischen Avon und Grant, derweil unaufhörlich die Bombe am ticken ist.

Für den abschließenden Handlungsbogen der Staffel bildet Provine zwar den wichtigeren Part, erhält Blake von ihm doch am Ende den Namen des Cyber-Chirurgen Docholli, der als einziger wissen soll, wo sich "Control", oder "Star One" wie das Kontrollzentrum inzwischen genannt wird, befindet. Dennoch sind Avon und Grant die eigentlichen Stars von Countdown.
Der Söldner macht Avon für den Tod seiner Schwester Anna verantwortlich. Offenbar waren die beiden in der Zeit von Avons krimineller Karriere miteinander liiert. Die Polizei war ihnen dicht auf den Fersen, und während Avon unterwegs war, um einen seiner Kontakte in der Unterwelt aufzusuchen und die für ihre Flucht nötigen Visa zu organisieren, wurde Anna verhaftet und starb später unter der Folter.
Wir haben Avon nie als einen Menschen kennengelernt, der es für nötig empfinden würde, seine Handlungen gegenüber anderen zu rechtfertigen. Wenn er dennoch bemüht ist, Grant seine Sicht der Ereignisse darzulegen, während die beiden in der vereisten Südpolstation gemeinsam die Bombe zu entschärfen versuchen, dann macht das deutlich, wie wichtig ihm diese Episode aus seinem Leben ist: Er hatte keine Chance, Anna zu retten. Eine Reihe unglücklicher Umstände verhinderten, dass er rechtzeitig zu ihr zurückkehren konnte. Dabei bleibt er dennoch ganz der alte Avon, nach außen hin stets kühl, beherrscht und leidenschaftslos. Aber wir spüren, dass es unter der Oberfläche in ihm brodelt. Und wenn er die mit Blake getroffene Vereinbarung bricht und sich nicht zum abgemachten Zeitpunkt in Sicherheit bringt, sondern bis zum buchstäblich letzten Moment an der Deaktivierung des Sprengkopfs weiterarbeitet, dann könnte man meinen, er tue dies, um dem Bruder der Frau, die er über alles geliebt hat, zu beweisen, dass er eben nicht der zynische Egoist ist, als der er sich anderen gegenüber so gerne präsentiert. Paul Darrows schauspielerische Leistung in diesen Szenen ist wirklich beeindruckend.

Und wieder einmal schließt die Episode mit einem kurzen und pointierten Wortwechsel zwischen Blake und Avon.
Blake: Are you going to tell me about Anna?
Avon: You wouldn't understand.
Blake: Wouldn't I?
Avon: I doubt it.
Avons Reaktion verrät eine Menge darüber, wie er Blake sieht. Trotz dessen immer wieder aggressiv verkündetem Freiheitsfanatismus hält er ihn für unfähig, die wirklich menschlichen Gefühle individueller Liebe und Verbundenheit nachempfinden zu können. Und diese Einschätzung mag mehr als nur ein Körnchen Wahrheit enthalten.

Interessanterweise wird Blake's 7 die Geschichte von Anna und Avon später noch einmal aufgreifen. Dies wird allerdings erst in der dritten Staffel geschehen. 

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