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Freitag, 31. Januar 2014

Strandgut der Woche

Mittwoch, 29. Januar 2014

Der Ritt auf der Bombe

Heute vor fünfzig Jahren, am 29. Januar 1964, erlebte Stanley Kubricks Dr. Strangelove or How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb seine Premiere in amerikanischen Kinos. 
Selbst ein halbes Jahrhundert später darf der Streifen immer noch als eine der besten, bösesten und witzigsten Politsatiren gelten, die je gedreht worden sind. Figuren wie der durchgeknallte US-General Jack D. Ripper (Sterling Hayden), der einen atomaren Erstschlag einleitet, weil er glaubt, die Kommunisten seien dabei, die "wertvollen Körperflüssigkeiten" der Amerikaner zu vergiften; der irre Ex-Nazi-Wissenschaftler Dr. Strangelove (Peter Sellers in einer von drei Rollen); und Major T.J. "King" Kong (Slim Pickens) mit seinem Ritt auf der Bombe haben zurecht Unsterblichkeit erlangt. 
Es sagt eine Menge über die kulturelle und politische Entwicklung der letzten fünfzig Jahre aus, dass man sich die Produktion eines vergleichbaren Filmes heutzutage beim besten Willen nicht vorstellen könnte. Dabei gäben die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse wahrlich mehr als genug Material für eine ähnlich giftige Satire ab.

       



Dienstag, 28. Januar 2014

There's one thing I'm certain of: Return I will to old Brazil

Ich glaube, es ist wirklich höchste Zeit, dass ich mir endlich einmal wieder Terry Gilliams Brazil anschaue. Nicht nur das unbestreitbar beste Werk des Ex - Monty Pythons, sondern auch einer der großartigsten phantastischen Filme, die ich überhaupt kenne. {Schade bloß, dass Kate Bushs Gesang letztlich nicht in ihn aufgenommen wurde.}

Samstag, 25. Januar 2014

Strandgut der Woche

Donnerstag, 23. Januar 2014

R.I.P. Riz Ortolani

Heute starb in Rom im Alter von siebenundachtzig Jahren der Komponist Riz Ortolani. Der jüngeren Generation mag er {wenn überhaupt} als Mitschöpfer der Soundtracks von Tarantino-Streifen wie Kill Bill und Django Unchained bekannt sein. Für mich wird sein Name auf ewig verbunden bleiben mit Ruggero Deodatos berüchtigtem Film Cannibal Holocaust (1980). Wer diesen gesehen hat, wird verstehen, warum mir bei dieser wunderschönen Musik jedesmal eisige Schauer über den Rücken laufen:

Happy Birthday, Two-Gun Bob

Mit einem Tag Verspätung möchte ich Robert E. Howards gedenken, der gestern einhundertacht Jahre alt geworden wäre.

Die meisten werden ihn vermutlich ausschließlich als Schöpfer von Conan dem Barbaren und (Mit)Begründer der Sword & Sorcery kennen. Doch Two-Gun Bob war in seinem viel zu kurzen Leben {er beging 1936 Selbstmord} in fast allen Provinzen des klassischen Pulp-Universums schriftschellerisch aktiv. Neben den Fantasystories um Conan, Kull, Solomon Kane und Bran Mak Morn verfasste er u.a. "historische" Abenteuergeschichten, Western, Detektivgeschichten, Boxerstories und Horrorerzählungen. Sehr viel mehr als H.P. Lovecraft und Clark Ashton Smith, die zusammen mit ihm das legendäre Triumvirat der Weird Tales bildeten, war er bereit, den Ansprüchen des Marktes entgegenzukommen und zu schreiben, was sich verkaufte. Was nicht abwertend gemeint ist, sahen sich doch auch so anerkannte literarische Größen wie der deutsche Romantiker Ludwig Tieck immer wieder gezwungen, auf diese Weise ihren nicht eben üppigen Lebensunterhalt zu verdienen. Ja, Howard hatte etwas von einem Pulp Hack, aber wenn, dann war er ein sehr talentierter Pulp Hack, der seine Arbeit außerdem verdammt ernst nahm.

Howards bekannteste Horrorstory dürfte The Black Stone sein, die seinen wohl bedeutendsten Beitrag zum Cthulhu-Mythos darstellt. Lovecraft seinerseits bezog sich in The Thing on the Doorstep direkt auf sie, indem er den unglücklichen Décadent Edward Pickman Derby zu einem großen Verehrer des dem Wahsinn verfallenen Dichters Justin Geoffrey machte.*
Doch so sehr ich The Black Stone auch schätze, finde ich in gewisser Weise Pigeons from Hell noch sehr viel interessanter, trotz des etwas ulkig klingenden Titels. Schon in jungen Jahren hatte Robert E. Howard eine große Faszination für die Tall Tales, Geistergeschichten und Volksüberlieferungen seiner texanischen Heimat entwickelt. Ein Interesse, das sich in seinem späteren Leben noch verstärkte, und stilistisch wie motivisch einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf sein literarisches Werk ausübte. Sein Biograph Mark Finn vertritt in Blood & Thunder mit recht überzeugenden Argumenten die These, dass man Howard am besten versteht, wenn man ihn als einen Erben der mündlichen Erzähltradition von Texas betrachtet. Pigeons from Hell ist dafür ein ziemlich gutes Beispiel. Die Inspiration für die Story stammte aus einem offenbar sehr populären Typus mündlich überlieferter Geschichten, von denen Howard in einem Brief an Lovecraft vom September 1930 berichtete: 
Two or three men – usually negroes – are travelling in a wagon through some isolated district – usually a broad, deserted river-bottom. They come on to the ruins of a once thriving plantation at dusk, and decide to spend the night in the deserted plantation house. This house is always huge, brooding and forbidding, and always, as the men approach the high columned verandah, through the high weeds that surround the house, great numbers of pigeons rise from their roosting places on the railing and fly away. The men sleep in the big front-room with its crumbling fire-place, and in the night they are awakened by a jangling of chains, weird noises and groans from upstairs. Sometimes footsteps descend the stairs with no visible cause. Then a terrible apparition appears to the men who flee in terror. This monster, in all the tales I have heard, is invariably a headless giant, naked or clad in shapeless sort of garment, and is sometimes armed with a broad-axe. This motif appears over and over in negro-lore.**
Howard verlegte die Story in das sumpfige Hinterland von Louisiana und verwandelte die umherziehenden Schwarzen in zwei "Touristen" aus Neuengland, doch im Kern haben wir hier den Plot des ersten Kapitels der 1934 verfassten Pigeons from Hell vor uns. Freilich ist es kein kopfloser Riese, der Griswell und Branner in dem verfallenen Herrenhaus der Blassingvilles erwartet, sondern ein weibliches, zombieartiges Ungeheuer, Produkt der von Sklaverei, aristokratischem Hochmut, Grausamkeit und Hass geprägten Vergangenheit der Plantage. 
Es wäre sinnlos, leugnen zu wollen, dass Robert E. Howards Denken sehr stark von rassistischen Ideen geprägt war. Und auch Pigeons from Hell enthält dafür mehr als genug Belege. Um so faszinierender finde ich es, dass man die Geschichte zugleich als eine Erzählung darüber lesen kann, wie die Misshandlung und Ausbeutung der Farbigen schließlich zu einem Verlangen nach Rache führen muss, das, selbst wenn es solch maßlose Dimensionen annimmt wie hier, nicht völlig unverständlich ist.
Hinzu kommt, dass ich das Gefühl nicht loswerde, Pigeons from Hell stelle eine Art Antwort an H.P. Lovecraft dar, mit dem Howard seit Juni 1930 eine intensive Korrespondenz unterhielt. Der Gentleman von Providence benutzte die Geographie und Geschichte von Neuengland nicht nur immer wieder als Hintergrund für seine Erzählungen, sein persönliches Selbstverständnis war auch aufs engste damit verknüpft, ein Vertreter der "zivilisierten" Ostküste zu sein. Schon früh war es deshalb zu leidenschaftlichen Diskussionen zwischen den beiden gekommen, war Howard doch nicht nur ein Sprössling des "barbarischen" Texas, sondern zog außerdem die "Barbarei" der von Lovecaft verehrten "Zivilisation" vor.
Ich finde es schwer, mir vorzustellen, es sei bloß ein Zufall, dass der Protagonist von Pigeons from Hell  Griswell aus Neuengland stammt. Ein Umstand, den die Erzählung immer wieder ausdrücklich betont. Indem Howard die Geschichte aus seiner Perspektive erzählt, vermittelte er seinem Freund Lovecraft zugleich einen Eindruck davon, warum der Süden der USA ein mindestens ebenso gutes Setting für unheimliche Erzählungen abgibt wie Massachusetts oder Rhode Island:   
A scent of decay and moldering vegetation blew on the faint wind, and Griswell grew faint with nausea, that rose from a frantic abhorrence of these black woods, these ancient plantation houses that hid forgotten secrets of slavery and bloody pride and mysterious intrigues. He had thought of the South as a sunny, lazy land washed by soft breezes laden with spice and warm blossoms, where life ran tranquilly to the rhythm of black folk singing in sunbathed cottonfields. But now he had discovered another, unsuspected side – a dark, brooding, fear-haunted side, and the discovery repelled him.
Noch deutlicher hier:
"Voodoo!" he [Griswell] muttered. "I'd forgotten about that – I never could think of black magic in connection with the South. To me witchcraft was always associated with old crooked streets in waterfront towns, overhung by gabled roofs that were old when they were hanging witches in Salem; dark musty alleys where black cats and other things might steal at night. Witchcraft always meant the old towns of New England, to me – but all this is more terrible than any New England legend – these somber pines, old deserted houses, lost plantations, mysterious black people, old tales of madness and horror – God, what frightful, ancient terrors there are on this continent fools call 'young'!"
Und wenn dem eher furchtsamen und sensiblen Neuengländer Griswell dann auch noch der harte, bodenständige und nüchterne Südstaatensheriff Buckner zur Seite gestellt wird, wirkt dies auf mich wie eine freundschaftliche Neckerei auf Kosten Lovecrafts.

Pigeons from Hell wurde 1961 im Rahmen der von Boris Karloff präsentierten TV-Serie Thriller verfilmt:
 
   

Nicht unbedingt ein Juwel des phantastischen Fernsehens, aber im Großen und Ganzen doch eine erstaunlich getreue Adaption von Howards Story. Interessant ist allerdings, dass der Film sich heftig bemüht, das Motiv eines der sklavenhalterischen Vergangenheit entsprungenen Rassenkonfliktes in den Hintergrund zu drängen. Nicht ein einziges Mal fällt das Wort "slave" (wir hören bloß von "plantation workers"), und das rachelüsterne Dienstmädchen ist keine Mulattin wie bei Howard, sondern stellt sich am Ende gar als Halbschwester der Blassingvilles heraus. Möglicherweise erschien den Machern von Thriller die Story in ihrer ursprüglichen Gestalt vor dem Hintergrund der immer stärker anwachsenden Bürgerrechtsbewegung gegen die rassistische Jim Crow - Ordnung in den Südstaaten als zu heikel. 1961 war das Jahr der sog. "Freedom Rides". Ironischerweise allerdings wirkt die Figur des alten Jacob hier sehr viel rassistischer als in der literarischen Vorlage. Howard beschreibt den Voodoo-Priester als eine weitgereiste und in gewisser Hinsicht "gebildete" Persönlichkeit. Ausdrücklich betont er: "[H]is voice was mellow and rich, his speech not the patois of the piny woods darky." In der Thriller - Adaption hingegen bedient sich Jacob des typisch klischeehaften "Negerdialekts". Ich würde zu gerne wissen, was sich Drehbuchautor John Kneubuhl und Regisseur John Newland dabei gedacht haben.
 

* Man kann sich The Black Stone hier von Mr. Jim Moon vortragen lassen. Eine weitere Audioversion findet sich in den Archiven von SFFaudio.
** Zit. nach: Mark Finn: Blood & Thunder. The Life & Art of Robert E. Howard. S. 158.

Sonntag, 19. Januar 2014

Ligeia

Vincent Price war nicht nur der unangefochtene Star der wundervoll atmosphärischen und dekadenten Edgar Allan Poe - Adaptionen, die Roger Corman in den 60er Jahren schuf, wir verdanken ihm auch einige wirklich exzellente Lesungen von Werken des Meisters des Makabren. Und da wir heute Poes zweihundertundvierten Geburtstag feiern können, dachte ich mir, dies sei der richtige Moment, um mit Ligeia ein besonders schönes Beispiel dafür vorzustellen:

Samstag, 18. Januar 2014

Strandgut der Woche

Freitag, 17. Januar 2014

Ein neuer Lieblingssong

Manchmal wird mir wieder so richtig bewusst, wie cool das Internet sein kann. Über den Twitter von Fantasyautor Steven Brust lerne ich den von Gamedesigner Jonas Kyratzes kennen, wo ich wiederum auf Eric Brasure stoße, der zusammen mit seinem Kumpel Richard Goodness den wunderbaren Star Trek - Podcast Trekabout moderiert. Der gute Richard seinerseits war bis Ende letzten Jahres der Sänger und Gitarrist der Punkband Riot Fox, für deren Songs er in den meisten Fällen auch die Texte verfasst hat. Deren Alben Riot Fox und Tentacles kann man sich bei bandcamp anhören und natürlich auch käuflich erwerben. Auf letzterem schließlich habe ich eines meiner neuen Lieblingslieder entdeckt: 

When I caught you in my net
You said you'd give me anything
I cut you free
You swam away
Now I go to the seaside every day

Come back down
I need to feel your fins around
The current never slows me down
See, I don't even miss the ground

Come to me, my sweet undine
I need your tentacles in me

Though I know that it's a sin
I need to feel your scaly skin
Caress you by your dorsal fin
I'll fill your gills with oxygen

Undertow
Take me from the world I know
Embrace me in your ebb and flow
Coral, tell me where to go

So go on and let the water take me

I once was lost
But now I've drowned
I've said goodbye to solid ground
And every day I'll serve my queen
My seafoam darling
My undine
 Und die übrigen Songs von Riot Fox sind ebenfalls verdammt cool.

Montag, 13. Januar 2014

Klarkash-Tons Stimme

Ich muss schamerfüllt eingestehen, dass es mir wieder nicht gelungen ist, anlässlich des Geburtstags von Clark Ashton Smith einen Post zu erstellen, der meiner tiefen Bewunderung für diesen Meister des Phantastisch-Poetischen und Makabren entsprechen würde. Einer meiner guten Vorsätze für 2014 lautet allerdings, mich in diesem Blog in Zukunft etwas eingehender mit Person, Leben und Werk des großen Klarkash-Ton zu beschäftigen. Für den Moment habe ich jedoch nicht mehr zu bieten, als ein paar Links, unter denen man den Barden von Auburn einige seiner Gedichte vortragen hört:
Diese Links führen sämtlichst zu der ausgezeichneten Website The Eldritch Dark, auf der man sich die Gedichte auch noch einmal in aller Ruhe durchlesen kann.

Vielleicht sollte ich darauf hinweisen, dass ich in der Vergangenheit zumindest einen etwas ausführlicheren Blogeintrag über Clark Ashton Smith verfasst habe. 

Mitternacht auf dem Friedhof der Vergessenen Franchises



Hollywoods Gilde der Nekromanten plant ihren nächsten infernalischen Coup. Für gewöhnlich variieren ihre Wiedererweckungspläne zwischen unverschämt (The Wild Bunch; Gremlins) und unverständlich (Logan's Run; WarGames). Ab und an jedoch legen die finsteren Kuttenträger auch einen verqueren Sinn für Humor an den Tag. Ich nehme an, das ständige Aufschaufeln cineastischer Gräber ist auf Dauer halt doch nicht so gut für die geistige Gesundheit. Jedenfalls konnte ich ein leicht hysterisches Kichern nicht unterdrücken, als mich die Nachricht erreichte, man plane eine Rückkehr von He-Man auf die Kinoleinwände dieser Welt.
Ehrlich gesagt scheint dieser Plan schon vor etwas längerer Zeit vom Columbia-Zirkel der Gilde ausgeheckt worden zu sein, und außer den üblichen "Insider"-Gerüchten ist es nach dem Absprung von Jon M. Chu (G.I. Joe 2) im letzten Oktober offenbar eher ruhig um das Projekt geworden. Aber die Idee ist so bizarr, dass ich es mir einfach nicht verkneifen konnte, meinen Kommentar dazu abzugeben.
Masters of the Universe – Das ist nicht nur die verrückte Welt der 80er Jahre, es ist auch die Welt meiner Kindheit. Ich selbst besaß zwar keine einzige der muskelbepackten Gestalten mit den etwas zu kurz geratenen Beinen. {Die 80er waren auch das Jahrzehnt von Arnie, Bodybuilding und Steroiden.} Dafür befand sich ein sehr guter Freund von mir nicht nur im Besitz solch illustrer Bewohner Eternias wie He-Man & Battle Cat, Man-At-Arms, Skeletor und Whiplash, sondern war sogar in der Lage, meinen neiderfüllten Blicken Castle Grayskull in all seiner Pracht zu präsentieren. Ja, im unschuldigen Alter von zehn Jahren fand auch ich die Masters of the Universe richtig cool, vor allem natürlich Skeletor. Was Actionfiguren anging, konzentrierte ich mich dennoch lieber auf Star Wars.
Den wunderbar trashigen Kinofilm von 1987 mit Dolph Lundgren als He-Man und Frank Langella als Skeletor habe ich erst sehr viel später kennengelernt. Und noch länger dauerte es, bis ich auch mit der ursprünglichen Zeichentrickserie (1983-85) Bekanntschaft schloss. {Nicht, dass ich mir je alle Episoden angeschaut hätte. Der Spaßfaktor hält da nicht gar zu lange vor.}
Nun also ein neuer Masters of the Universe - Film, und die erste Frage lautet wie immer: Warum?
Vom geschäftlichen Standpunkt aus {und der dürfte in diesem Zusamenhang der allein entscheidende sein}, könnte ich vielleicht sogar verstehen, warum man bei Columbia Pictures mit dieser Idee spielt. Gespeist von den unvergleichlichen Kräften der Nostalgie existiert offenbar eine recht große, wenn auch in die Jahre gekommene Fangemeinde für He-Man. Und wie das bei Fans dieser Sparte oft der Fall ist, bekommen selbige bei der Vorstellung, ihr Held könne statt in einem ulkigen B-Movie aus den 80ern in einem modernen Blockbuster {mit einem Drehbuch von Terry Rosio und Special Effects im Stile von 300!?} auftreten, feuchte Träume. Ob man damit bereits eine ausreichend große Publikumsbasis bei der Hand hätte, auf der man dann aufbauen könnte, sei dahingestellt. Irgendwelche Hollywood-Marktforscher haben sich da sicher schon ihre Gedanken drüber gemacht. Und dass Masters of the Universe ganz gut in den nach wie vor anhaltenden Trend zu hirnloser Phantastik-Action passt, dürfte auf jedenfall klar sein.
Ich freilich würde mir einen neuen He-Man - Film vermutlich nicht einmal für umme anschaun. Nicht, weil ich einen so tiefen Abscheu vor dieser Gestalt aus meinen Kindertagen hegen würde. Vielmehr denke ich, dass eine so absurde Figur am besten im Bereich billiger B-Movies und bizarrer Zeichentrickserien aufgehoben ist. Das Witzigste, was ich im Zusammenhang mit den Reboot-Plänen gelesen habe, war ein Kommentar bei Den of Geek: "I would like to see Peter Jackson make a serious trilogy of MOTU movies. It deserves special treatment, not a throwaway knock-off 90 minute PG crapfest." Der gute Jackson wäre vielleicht wirklich keine schlechte Wahl, aber ein "ernsthafter" Masters of the Universe - Film? Was soll ich mir darunter vorstellen? Das hier ist He-Man, und nur ein in diesem "Geist" produziertes Reboot könnte Spaß machen. Doch dazu wird es wohl so oder so nicht kommen:

Sonntag, 12. Januar 2014

Holmes, der Ripper und die schmutzige Welt der Politik

Die von  Stephen Knight in seinem 1976 veröffentlichten Buch Jack the Ripper: The Final Solution entwickelte Theorie, die Whitechapel-Morde von 1888 seien das Werk einer Regierungsverschwörung mit dem Ziel gewesen, alle Mitwisserinnen einer Affäre zwischen Königin Victorias Enkel Prinz Albert Victor und der aus einfachen Verhältnissen stammenden Annie Elizabeth Crook zu beseitigen, ist von Historikerseite zwar nie wirklich ernst genommen worden, hat sich in künstlerischer Hinsicht jedoch als erstaunlich fruchtbar erwiesen. Das zu Recht wohl bekannteste Beispiel dafür dürfte Alan Moores & Eddie Campbells Comic From Hell sein. Doch bereits drei Jahre nach Erscheinen von Knights Buch hatte die Idee als Grundlage für Bob Clarks Film Murder by Decree gedient



Nicht zum ersten Mal begegneten sich hier Sherlock Holmes und Jack the Ripper auf der Leinwand. Schon vierzehn Jahre zuvor war es in James Hills A Study in Terror* zu einem derartigen Aufeinandertreffen gekommen. Doch ausgehend von Knights Verschwörungstheorie und dem bereits etwas älteren Buch The Ripper File von Elwyn Jones & John Lloyd verwendeten Bob Clark und Drehbuchautor John Hopkins anders als Hill die Konfrontation zwischen Meisterdetektiv und Serienkiller als Aufhänger für eine Geschichte mit deutlich politischer und sozialkritischer Stoßrichtung. Für einen Holmes-Film Ende der 70er Jahre sicher eine ziemlich originelle Idee. Ihre Umsetzung scheint mir jedoch leider nicht sonderlich geglückt.

Der wichtigste Grund zuerst: Christopher Plummers Sherlock Holmes und James Masons Dr. Watson wirken auf mich wenig überzeugend. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, wenig ansprechend. Die beiden sind ohne Zweifel talentierte Schauspieler, aber für diese Rollen scheinen sie mir nicht recht zu passen. Sie umgibt einfach nicht das richtige Flair. Das Drehbuch ist in dieser Hinsicht allerdings auch nicht eben hilfreich. Watson wirkt wie eine unglückliche Mischung aus dem trotteligen Sidekick à la Nigel Bruce und dem kompetenten und respektablen Gentleman und Mediziner aus der Granada-Serie.** Die Dialoge der beiden sollen vermutlich witzig wirken, doch in den meisten Fälle haben sie bei mir eher den Eindruck einer Beziehung hinterlassen, die ich kaum als wirklich freundschaftlich bezeichnen würde.
Ganz gleich, was die Geschichte sonst noch zu bieten hat, ein Holmes-Film ohne überzeugenden Holmes hat ein echtes Problem. Der Meister des deduktiven Denkens ist eine ikonische Figur. Sein Charakter, seine Manierismen, seine physische Erscheinung, sie alle bilden einen wichtigen Bestandteil dessen, was den Reiz einer Holmes-Story ausmacht. Weshalb ich mir z.B. selbst die schlechteren der Flicks mit Basil Rathbone immer mal wieder ganz gerne anschaue, war er doch eine wirklich gelungene {wenn auch nicht die beste} filmische Inkarnation des großen Detektivs.
Die übrige Besetzung von Murder by Decree lässt allerdings kaum etwas zu wünschen übrig: Susan Clark als Mary Kelly, Geneviève Bujold als Annie Crook, Donald Sutherland als Mystiker Robert Lees, Frank Finlay als Inspektor Lestrade, Anthony Quayle als Sir Charles Warren. Sie alle wirken überzeugend in ihren Rollen.

In cinematographischer Hinsicht enthält Murder by Decree manch sehenswertes. Bereits die Eröffnungsszene mit der Skyline des viktorianischen London vor einem wolkenverhangenen, am Horizont noch leicht rötlich verfärbten Abendhimmel wirkt sehr eindrucksvoll, schafft sie doch augenblicklich eine bedrückende, unheilsschwangere Atmosphäre, welche durch die schrille Pfeife eines Polizisten und den melancholischen Glockenschlag von Big Ben noch verstärkt wird.
Im nächsten Moment finden wir uns bereits in die düsteren Gassen des nächtlichen Whitechapel versetzt, wo ein Großteil des Filmes spielen wird. Und auch wenn die dort angesiedelten Szenen mitunter noch ein wenig an das Klischeebild des "nebelverhangenen London" aus dem Brit-Horror der 60er Jahre erinnern, besitzen sie im ganzen doch eine sehr viel "naturalistischere" Düsternis. Von dem "gotischen" Charme der Kulissen alter Hammer-Filme ist wenig übriggeblieben.
Gleichfalls recht beeindruckend sind die meisten der Morde des Rippers in Szene gesetzt. Bob Clark war von Haus aus ein Horror-B-Movie-Regisseur. {Auch wenn er seine größten Erfolge später mit solch peinlichem Müll wie den Porky's - Filmen feiern konnte.} Bevor er mit Murder by Decree versuchte, von Kanada aus in die respektableren Regionen der Filmindustrie vorzustoßen, hatte er sich unter Genrefans einen Namen mit Children Shouldn't Play With Dead Things (1973), Deathdream aka Dead of Night (1974) und Black Christmas (1974) gemacht. Ich habe noch keinen dieser Filme gesehen, könnte mir jedoch vorstellen, dass er bei der Arbeit an ihnen gelernt hatte, wie man als Regisseur eine Mordszene so gestaltet, dass sie beim Publikum ein Höchstmaß an Grauen hervorruft. Womit ich nicht gesagt haben will, dass die entsprechenden Sequenzen in Muder by Decree geeignet wären, Alpträume hervorzurufen. Aber sie sind auf jedenfall geschickt komponiert und effektiv.
Die mit Abstand beeindruckendste Szene ist für mich allerdings die Begegnung zwischen Holmes und der in einem "Asyl" für Geisteskranke eingesperrten Annie Crook. Das Schicksal der jungen Frau – von ihrem aristokratischen Liebhaber fallengelassen und von den ehrenwerten Männern der Establishments dazu verdammt, den Rest ihres Lebens in der Hölle einer viktorianischen "Irrenanstalt" zu verbringen –  illustriert auf eindringlichere Weise als selbst die Ripper-Morde die Grausamkeit einer herrschenden Elite, die ohne zu zögern das Leben von Menschen zerstört, die nicht zu ihren erlauchten Kreisen gehören, wenn es darum geht, die eigene Macht zu verteidigen. Zugleich ist dies die stärkste Holmes-Szene. Wir sind es gewohnt, den Meisterdetektiv als ruhig, überlegen, fast ein bisschen arrogant zu erleben. Um so heftiger ist der Eindruck, der entsteht, wenn sich Holmes plötzlich wutentbrannt auf den Direktor des "Asyls" stürzt und ihn zu würgen beginnt. Er, der es gewohnt ist, dank seines überlegenen Intellektes jede Situation beherrschen zu können, sieht sich auf einmal mit Mächten konfrontiert, gegen die er hilflos ist. Er kann Annie nicht retten, denn die, die ihr das angetan haben, sind die Herren der Gesellschaft. Ihm bleibt nichts anderes als Wut und Verzweifelung.

Damit kommen wir zum eigentlichen Inhalt von Murder by Decree, und damit zum zweiten großen Problem, das ich mit dem Film habe. In seiner Kritik an der herrschenden Elite des viktorianischen Englands scheint er ziemlich kompromisslos zu sein. Die royalistischen Loyalitätsbekundungen Dr. Watsons müssen erbärmlich wirken vor dem Hintergrund der Bluttaten, die im Namen und zur Verteidigung der Monarchie begangen werden. Und die Ripper-Verschwörung ist da nur das offensichtlichste Beispiel. Wenn zum ersten Mal der Name Charles Warren fällt, wird ganz nebenbei erwähnt, dass der Commissioner of Police ein Jahr zuvor für die Ereignisse vom Blutsonntag*** verantwortlich war. Das Abschlachten der Prostituierten in Whitechapel steht damit stellvertretend für all die Brutalitäten der Klassengesellschaft.
Soweit ist das alles ganz wunderbar, doch leider führen Hopkins und Clark daneben auch noch eine Gruppe von Radikalen ein, die sich als ebenso rücksichtslos herausstellen, wie die Vertreter des Establishments. Sie gedenken, die Whitechapel-Morde auszunutzen, um die Monarchie zu stürzen. Und um dieses Ziel zu erreichen, sind sie bereit, den Tod weiterer Frauen in Kauf zu nehmen, da die Wahrheit über die Verbrechen der Herrschenden auf diese Weise noch erschreckender wirken werde, wenn sie ans Licht kommt.
Was mich daran stört, ist in erster Linie nicht die Diffamierung englischer Revolutionäre des späten 19. Jahrhunderts. Das ist ärgerlich genug. Viel schlimmer jedoch erscheint mir, dass der Film durch die Einführung dieses Elementes einen Großteil seiner kritischen Stoßkraft einbüßt. Die ganze Geschichte läuft damit letztlich auf die demoralisierte Aussage hinaus, dass Politik in jedem Fall ein schmutziges Geschäft sei. Ob Royalisten oder Republikaner, Reaktionäre oder Revolutionäre, alle sind sie bloß skrupellose Macchiavellisten, die nur an die Förderung ihrer eigenen Ziele denken. Die Konsequenz, die wir aus dieser Erkenntnis zu ziehen haben, wird uns in Gestalt von Holmes exemplarisch vor Augen geführt. Angewidert wendet sich der Detektiv von beiden Fraktionen ab und zieht sich auf einen scheinbar "überlegenen", "unabhängigen" Standpunkt zurück, von dem aus er alle beteiligten Parteien moralisch verdammen kann. Diese letztlich zynische Haltung scheint mir auch der Grund für die äußerst enttäuschend wirkende Schlussszene des Filmes zu sein. Nachdem er Jack the Ripper zur Strecke gebracht hat, wird Sherlock Holmes zum Premierminister (Lord Salisbury) bestellt. Was als eine Art Verhör des Detektivs geplant war, endet mit einer Anklagerede desselbigen gegen die mächtigsten Männer des Empire. Doch es ist eine moralische, keine politische Rede. Angeklagt wird nicht das System, sondern eine Handvoll skrupelloser Schurken, die sich hinter Titeln, Positionen und einer perversen Moral verstecken.
Natürlich wäre es völlig absurd gewesen, hätten Hopkins und Clark Holmes am Ende in einen Revolutionär verwandelt. Eine solche Position würde einfach nicht zu ihm passen. Doch einen wieviel stärkeren Eindruck hätte das Finale von Murder by Decree hinterlassen, wenn der Film auf jener wütenden und verzweifelten Note ausgeklungen wäre, die er auf so effektvolle Weise in der Szene in der "Irrenanstalt" angeschlagen hatte! Holmes als integre und humane Persönlichkeit, die an der Ungerechtigkeit der herrschenden Verhältnisse verzweifelt, wäre sehr viel beeindruckender gewesen, als Holmes als moralischer Richter über eine Clique von Politikern.


* Kein Film, den man unbedingt gesehen haben müsste, aber er hat seine Momente. Und Robert Morleys kurzer Auftritt als furchtbar eitler Mycroft Holmes ist irgendwie putzig.
** Vgl.: 4. Advent: "The Blue Carbuncle"
*** Am 13. November 1887 sprengten ca. 5000 Polizisten & Soldaten mit brutaler Gewalt eine Massendemonstration auf dem Trafalgar Square. Die in großer Mehrheit aus dem armen East End von London gekommenen Menschen hatten sich unter der Führung von Sozialisten und Radikalen wie John Burns, William Morris und Annie Beasant versammelt, um u.a. gegen die grassierende Arbeitslosigkeit und die fortdauernde Unterdrückung Irlands zu protestieren. Das gewaltsame Eingreifen der Staatsmacht führte zu mehreren Toten und zahlreichen schwer Verletzten. 

Samstag, 11. Januar 2014

Strandgut der Woche

Donnerstag, 9. Januar 2014

Conans Konkurrent

Ah ja, die 80er Jahre – für Freundinnen & Freunde des Fantasyfilms ein äußerst fruchtbares, vielleicht sogar ein goldenes Zeitalter.

Im vorangegangenen Jahrzehnt hatte das Genre mehr oder weniger aus Zeichentrickfilmen (Bass/Rankins Hobbit [1977]; Ralph Bakshis Wizards [1977] & Lord of the Rings [1978]) sowie aus Ray Harryhausens letzten großen Orientabenteuern (The Golden Voyage of Sinbad [1974]; Sinbad and the Eye of the Tiger [1977]) bestanden. Mit Beginn der 80er änderte sich dies auf dramatische Weise. Zwar lieferten Bass/Rankin 1980 mit The Return of the King rasch noch die {grausliche} Quasi-Fortsetzung zu Bakshis Lord of the Rings, und ein Jahr später bewies Harryhausen mit Clash of the Titans der Welt zum letzten Mal, dass er der unangefochtene Großmeister der Stop-Motion-Technik war. Doch parallel dazu entwickelte sich überraschend schnell eine neue, deutlich andere Form des Fantasyfilms. Dasselbe Jahr, in dem Perseus gegen Medusa antrat, erlebte die Kinopremiere von Matthew Robbins' Dragonslayer, John Boormans Excalibur und Terry Gilliams Time Bandits. 1982 folgten Klassiker wie John Milius' Conan the Barbarian, Jim Hensons The Dark Crystal und Bass/Rankins The Last Unicorn. Fantasy war offenbar der Trend der Zeit. Nichts beweist dies besser, als dass der Altmeister der Cash-ins Roger Corman in wenigen Jahren ein halbes Dutzend billiger Fantasystreifen produzierte – von Sorceress (1982) bis Amazons (1986).

Fragt man nach dem Ursprung dieses Booms, so sollte man sich zuallererst klarmachen, dass die Fantasy bereits in den 70er Jahren zu einem festen Bestandteil der amerikanischen Populärkultur geworden war. Die Tolkienbegeisterung der zweiten Hälfte der 60er hatte sich ungebrochen ins nächste Jahrzehnt fortgesetzt. Daneben hatten Lin Carter & L. Sprague de Camp 1966 begonnen, Robert E. Howards Conan-Stories in {ähem} "edierter" Fassung neu aufzulegen, was alsbald zu einer Flut von Clonans und Conan-Pastiches geführt hatte. Diesem Trend folgend hatte Marvel ab 1970 Conan-Comics zu produzieren begonnen, denen drei Jahre später die Spin-Off-Serie Red Sonja gefolgt war. 1974 war die erste Version von Gary Gygax' Dungeons & Dragons auf den Markt gekommen, und es hatte nicht lange gedauert, bis auf jedem Campus der USA am Wochenende die zwanzigseitigen Würfel rollten. Schließlich war es Terry Brooks 1977 mit The Sword of Shannara als erstem Fantasyautor gelungen, in die Bestsellerliste der New York Times vorzustoßen. Angesichts dieser Entwicklungen müsste man sich eigentlich eher fragen, warum Hollywood erst so spät auf den fahrenden Zug aufgesprungen war.

Es gehört zu den Binsenweisheiten der Filmgeschichte, dass jeder derartige Boom durch einen besonders erfolgreichen Film ausgelöst werde: Star Wars und die Space Operas; Friday the 13th und die Slasher-Filme; Dawn of the Dead und die Zombieflicks; The Blair Witch Project und der Found Footage - Horror etc. Freilich ist dieser Trendsetter für gewöhnlich nie der erste Film seiner Art. Und so ist es zwar irgendwie ulkig, aber auch nicht so verwunderlich, dass am Anfang der Fantasywelle der 80er Jahre ein so gnadenlos trashiger Streifen wie Hawk the Slayer (1980) zu stehen scheint. Man darf getrost davon ausgehen, dass nicht er es war, der die Sache ins Rollen brachte. Dragonslayer wäre da schon ein wahrscheinlicherer Kandidat. Kommerziell zwar ein Flop, erregte der von Disney und Paramount produzierte Film doch gehöriges Aufsehen, vor allem durch seine Tricktechnik. Der Drache Vermithrax war ein echtes Meisterwerk der von Phil Tipett für The Empire Strikes Back entwickelten Go-Motion-Technik. Andererseits verwiesen eine Reihe von Kritikern nicht ohne Grund auf gar zu offensichtliche Ähnlichkeiten mit Star Wars. Und damit hätten wir vermutlich auch den eigentlichen Trendsetter: George Lucas' Weltraumabenteuer. Von dort bezogen viele der Fantasyepen der 80er ihre "Inspiration".

Allerdings gilt dies in erster Linie für die "High Fantasy" – von Dragonslayer über Krull (1983) und Legend (1985) bis Willow (1988). Daneben erlebten die 80er Jahre aber auch eine veritable Invasion lendeschurzbewehrter Barbaren und ähnlich leicht bekleideter Amazonen. Und was die angeht, scheint auf den ersten Blick kein Zweifel daran bestehen zu können, dass sie durch John Milius' Conan the Barbarian ausgelöst wurde. Wenn es da nicht The Beastmaster gäbe. Der erlebte seine Premiere zwar drei Monate nach Conan, aber sollten Don Coscarelli und sein Team tatsächlich in so kurzer Zeit ein Rip-off produziert haben? Und der Film gehört ganze ohne Zweifel zu genau demelben Subgenre von Lendenschurz und Bizeps, auch wenn Marc Singers Muskelmasse bei weitem nicht der entspricht, die Arnold Schwarzenegger durch die Gegend wuchtete.




Über die Jahrzehnte hat The Beastmaster eine recht ansehnliche Anhängerschaft unter B-Movie-Fans gewinnen können. Einer der Gründe für seinen Kultstatus mag allerdings ganz einfach darin bestehen, dass er so oft wie kein anderer Fantasyflick im US-Fernsehen gezeigt wurde. {HBO z.B. wurde eine Zeit lang gerne spöttisch mit "Hey, Beastmaster is On" übersetzt.} Mir jedenfalls fällt es etwas schwer, eine bessere Begründung dafür zu finden. So mies, wie Molly Tanzer & Jesse Bullington in Films of High Adventure behaupten, ist der Flick zwar nicht, aber er ist mies. Womit ich nicht leugnen will, dass er vor allem gegen Ende seinen ganz eigenen Charme entwickelt.
Als ich ihn mir vor einigen Tagen zum ersten Mal angeschaut habe, durchlief ich dabei eine Reihe sehr unterschiedlicher emotionaler Phasen:
  1. Unser Held wird geboren – "Hey, das könnte ja richtig cool werden." – Coscarelli, dem wir so grandiose Filme wie Phantasm (1979) und Bubba Ho-Tep (2002) verdanken, ist im Herzen ein Horrorregisseur, und das zeigt sich in der Eröffnungssequenz von The Beastmaster sehr deutlich. Wenn eine fürchterlich verunstaltete Hexe auf Befehl des fanatischen Priesters Maax den ungeborenen Dar aus dem Leib seiner Mutter entfernt und in den einer Kuh verpflanzt, um selbige kurz darauf aufzuschlitzen und das so zur Welt gekommene Baby den finsteren Mächten zu opfern, wirkt das hübsch gruselig und fast ein bisschen verstörend. Nicht das, was ich von einem 08/15-Barbarenflick erwartet hätte.
  2. Unser Held wächst heran, verliert seine Familie und schwört Rache – "Gähn! Bei Conan hat das besser ausgesehen ..." – Leider jedoch begibt sich der Film schon sehr bald in Gefilde, die kaum klischeehafter sein könnten. Ein zufällig vorbeikommender Bauer rettet den kleinen Dar, bringt ihn in sein Dorf und zieht ihn wie seinen eigenen Sohn auf. Der jugendliche Held entdeckt seine besondere Begabung (er kann telepathisch mit Tieren kommunizieren) und bekommt von seinem Ziehvater ein paar Sprüche über sein künftiges "großes Schicksal" zu hören. Und es kommt, wie es kommen muss: Die mit dem bösen Maax verbündeten Jun (barbarische Krieger mit Hörnerhelmen) metzeln die Bewohner des Dorfes nieder, und Dar, der das Massaker als einziger überlebt hat, macht sich auf, um Rache zu nehmen. All das ist einfach fürchterlich langweilig. Gegen Ende dieser Sequenz gibt es allerdings erste Anzeichen dafür, dass mit dem Film noch recht eigentümliches geschehen wird. Die Szenen, in denen Dar schwertschwingend auf einer schroffen Felsklippe posiert, lassen berechtigte Zweifel darüber aufkommen, ob diese Story wirklich ernst gemeint ist.  
  3. Unser Held lernt die Liebe seines Lebens kennen – "Nein! Nein! Ich will das nicht sehen!" – Zuerst einmal wird's jedoch recht unappetitlich. Wenn Dar seine Liebste Kira "kennenlernt" {wie nicht anders zu erwarten, geschieht dies, nachdem er sie beim Baden beobachtet hat}, erweist er sich als ein echtes Macho-Arschloch mit leichten Vergewaltigertendenzen. Na ja, Howards Conan war da auch nicht viel anders. Bloß: Eine Entschuldigung ist das nicht.
  4. Unser Held macht auf heldenhaft – "Das ist verrückt ... Das macht überhaupt keinen Sinn ... Das ... das ... das ist großartig! Hahaha!!!" – Wenig später überschreitet der Film die unsichtbare Schwelle zwischen generischem Trash und bizarrem Irrsinn, und aus einem mäßig interessanten Fantasy-B-Movie wird ein grandioses Schlockfest. In immer schnellerer Abfolge bekommen wir völlig absurde Szenen präsentiert. Bald schon kommt man aus dem Staunen, Grinsen und Lachen nicht mehr heraus: {...} Dar und seine Kumpels befreien Kira und einige andere Sklavenmädchen aus den Klauen der bösen Priester. Kaum ist der Kampf mit den fiesen Kahlköpfen entbrannt, da scheinen sich Kiras Leidensgenossinen auch schon in Luft aufgelöst zu haben. Sie werden in der weiteren Handlung halt einfach nicht mehr gebraucht {...}  Dar und seine Kumpels dringen in Maax' Pyramide ein, um König Zed zu befreien. Der Beastmaster schickt seine Frettchen los, um einen Schlüssel zu klauen, der unglaublich wichtig ist. Wenige Minuten später dringen unsere Helden ganz ohne Schlüssel in Zeds Zelle ein {...} Dar ist bereit, sein Leben zu opfern, um seinen Freunden zur Flucht zu verhelfen. Kurz darauf taucht die eben geflüchtete Kira von irgendwoher wieder auf und zeigt unserem Helden einen anderen Fluchtweg {...} Dar und Kira springen von etwas herab, was wie eine Klippe aussieht, und landen im Heuwagen ihres Freundes Sacco, den wir in der nächsten Szene unterhalb der Pyramide entlangfahren sehen (war wohl doch keine Klippe) {...} Bei ihrer Flucht durch das Stadttor lösen Dar & Co. das Fallgatter aus, das genau im richtigen Moment herabfällt, um ihre Verfolger aufzuspießen {...} Der "große Endkampf" gegen die Jun. Ich sage bloß: Explodierendes Öl (oder Teer???), brennende Barbaren und mörderische Monster als rettende Helfer {...} Die Schlussszene, in der sich Dar und Kira {wieder einmal auf einer schroffen Felsklippe stehend} in die Arme sinken {...} Wow!
Ja, wenn man die ersten vierzig Minuten überstanden hat, beginnt The Beastmaster wirklich Spaß zu machen. Scheidepunkt ist folgende grandiose Szene:



Oh Mann, in Fantasyland sind die Adler aber wirklich verdammt stark!

Leider jedoch ist der Film insgesamt gesehen bei weitem nicht so verrückt und eigenwillig wie Coscarellis Meisterwerke Phantasm, Bubba Ho-Tep oder wenn ich Mr. Jim Moons Urteil glauben darf sein jüngster Streich John Dies At The End. Und das ist sein größtes Problem. Über weite Strecken macht er den Eindruck, ein ernstgemeintes Fantasyepos sein zu wollen. Viel zu spät verliert er alle Hemmungen und stürzt sich kopfüber in den Ozean absurden Schlocks.

Samstag, 4. Januar 2014

Leslie Nielsen vs. Die Großen Alten

Nein, Thema dieses Posts ist keine klamaukige Cthulhu-Komödie. Leslie Nielsen war nicht Zeit seines Schauspielerlebens Detective Frank Drebin aus The Naked Gun. Er begann seine Karriere nicht einmal als Komiker. Seine zahllosen Fernsehrollen in den 50er und 60er Jahren umfassten vielmehr die unterschiedlichsten Genres und Charaktere. Und auch im Kino war er vor Airplane! (1980) vor allem als charismatischer Held bekannt. 
Freunde & Freundinnen des Phantastischen werden den Nielsen dieser Ära vermutlich in erster Linie als Commander John J. Adams aus Fred M. Wilcox' SciFi-Klassiker Forbidden Planet (1956) kennen. Aber er spielte u.a. auch den Protagonisten in der ersten filmischen Adaption einer Gespenstergeschichte von M.R. James, dem 1951 ausgestrahlten Fernsehfilm The Last Will of Dr. Rant (basierend auf Montys The Tractate Middoth). Und selbst nach dem Beginn seiner Komikerkarriere kehrte Nielsen 1982 noch einmal ins phantastische Genre zurück und übernahm die Hauptrolle in einer der Episoden von Creepshow, George Romeros Hommage an die legendären EC-Horrorcomics der 50er Jahre.

Mitte der 60er versuchte Alfred Hitchcocks Firma Shamley Productions, die für Alfred Hitchcock Presents (1955-62) und The Alfred Hitchcok Hour (1962-65) verantwortlich zeichnete, eine weitere TV-Serie mit dem Titel The Black Cloak zu starten. Mit einem Drehbuch von Barré Lyndon und unter der Regie von Harvey Hart wurde der knapp einstündige Pilotfilm Dark Intruder gedreht, in dem Leslie Nielsen als Bonvivant und Detektiv des Okkulten Brett Kingsford im San Francisco von 1890 eine brutale Mordserie aufzuklären und ein klauenbewehrtes Monstrum zur Strecke zu bringen hat.      



Zur Produktion der Serie kam es nicht, angeblich weil der Pilotfilm den Verantwortlichen zu düster und zu brutal war. Ein Jammer, hätte das Format doch sicher einiges an Potential gehabt.
Dark Intruder ist ein atmosphärisch dichter kleiner Film mit einem sympathisch hohen Anteil an Pulp-DNA. {Letzteres bedeutet freilich auch, dass wir uns mit einigen der dafür üblichen rassistischen und sexistischen Klischees herumärgern müssen.} Unser Held steht ganz in der ehrwürdigen Tradition okkulter Ermittler wie Algernon Blackwoods John Silence oder William Hope Hodgsons Carnacki und ist zugleich so etwas wie ein entfernter Vorfahr von Carl Kolchak.* Dabei besitzt er seinen ganz eigenen Charakter. Als bohèmienhafter Müßiggänger und Playboy besitzt Brett Kingsford beste Kontakte zur Halbwelt von San Francisco und nur sehr wenig Respekt vor irgendwelchen Autoritäten. Dennoch ist er offenbar immer wieder bereit, der Polizei bei der Aufklärung besonders kniffliger Fälle zu helfen. Insbesondere wenn dabei das Okkulte ins Spiel kommt. Denn selbiges scheint sein besonderes Steckenpferd zu sein, findet sich in seinem Haus doch nicht nur eine umfassende Sammlung entsprechender Bücher und Artefakte, sondern auch eine Mandragora-Pflanze, die auf alle "übernatürlichen Schwingungen" mit wildem Zucken reagiert. Kingsfords engster Vertrauter bei seinen Abenteuern ist der kleinwüchsige Butler Nikola.
Wie Mike Davis in einem kurzen Artikel für die Lovecraft eZine ausführlich dargelegt hat, existieren eine ganze Reihe mehr oder weniger deutlicher Bezüge zwischen Dark Intruder und dem Cthulhu-Mythos. Nicht alle sind so offensichtlich wie die Nennung von Dagon und Azathoth.
Das einzig wirklich ärgerliche an dem Filmchen ist seine Schlussszene. Die Story selbst ist eigentlich ziemlich düster und findet ein entsprechend tragisches Ende. Dennoch entschieden sich die Macher von Dark Intruder dazu, das Ganze auf einer humoristischen Note ausklingen zu lassen. Ich nehme an, sie wollten damit den Entscheidungsträgern ihren Pilotfilm etwas schmackhafter machen. Die Rechnung ging nicht auf, und zurück blieb ein wirklich bizarr anmutender Bruch im Ton der Erzählung.
Doch davon einmal abgesehen lohnt Dark Intruder auf jedenfall einen kurzen Besuch. Interessierte finden den Streifen hier.      


* Ein ziemlich heruntergekommener Reporter mit deutlichem Philip Marlowe - Einschlag, der es im Las Vegas & Seattle der 70er Jahre mit Vampiren und anderen finsteren Kreaturen zu tun bekommt. Seine Abenteuer konnte das amerikanische Fernsehpublikum in den Filmen The Night Stalker (1972) und The Night Strangler (1973), deren Drehbücher aus der Feder des großen Richard Matheson stammten, sowie in einer relativ kurzlebigen TV-Serie (1974-75) miterleben. Wer Genaueres über ihn erfahren will, horche in Episode 122 von Jim Moons Hypnobobs rein oder schaue sich die Filme einmal selbst an. Beides ist empfehlenswert! 

Strandgut der Woche