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Donnerstag, 9. Januar 2014

Conans Konkurrent

Ah ja, die 80er Jahre – für Freundinnen & Freunde des Fantasyfilms ein äußerst fruchtbares, vielleicht sogar ein goldenes Zeitalter.

Im vorangegangenen Jahrzehnt hatte das Genre mehr oder weniger aus Zeichentrickfilmen (Bass/Rankins Hobbit [1977]; Ralph Bakshis Wizards [1977] & Lord of the Rings [1978]) sowie aus Ray Harryhausens letzten großen Orientabenteuern (The Golden Voyage of Sinbad [1974]; Sinbad and the Eye of the Tiger [1977]) bestanden. Mit Beginn der 80er änderte sich dies auf dramatische Weise. Zwar lieferten Bass/Rankin 1980 mit The Return of the King rasch noch die {grausliche} Quasi-Fortsetzung zu Bakshis Lord of the Rings, und ein Jahr später bewies Harryhausen mit Clash of the Titans der Welt zum letzten Mal, dass er der unangefochtene Großmeister der Stop-Motion-Technik war. Doch parallel dazu entwickelte sich überraschend schnell eine neue, deutlich andere Form des Fantasyfilms. Dasselbe Jahr, in dem Perseus gegen Medusa antrat, erlebte die Kinopremiere von Matthew Robbins' Dragonslayer, John Boormans Excalibur und Terry Gilliams Time Bandits. 1982 folgten Klassiker wie John Milius' Conan the Barbarian, Jim Hensons The Dark Crystal und Bass/Rankins The Last Unicorn. Fantasy war offenbar der Trend der Zeit. Nichts beweist dies besser, als dass der Altmeister der Cash-ins Roger Corman in wenigen Jahren ein halbes Dutzend billiger Fantasystreifen produzierte – von Sorceress (1982) bis Amazons (1986).

Fragt man nach dem Ursprung dieses Booms, so sollte man sich zuallererst klarmachen, dass die Fantasy bereits in den 70er Jahren zu einem festen Bestandteil der amerikanischen Populärkultur geworden war. Die Tolkienbegeisterung der zweiten Hälfte der 60er hatte sich ungebrochen ins nächste Jahrzehnt fortgesetzt. Daneben hatten Lin Carter & L. Sprague de Camp 1966 begonnen, Robert E. Howards Conan-Stories in {ähem} "edierter" Fassung neu aufzulegen, was alsbald zu einer Flut von Clonans und Conan-Pastiches geführt hatte. Diesem Trend folgend hatte Marvel ab 1970 Conan-Comics zu produzieren begonnen, denen drei Jahre später die Spin-Off-Serie Red Sonja gefolgt war. 1974 war die erste Version von Gary Gygax' Dungeons & Dragons auf den Markt gekommen, und es hatte nicht lange gedauert, bis auf jedem Campus der USA am Wochenende die zwanzigseitigen Würfel rollten. Schließlich war es Terry Brooks 1977 mit The Sword of Shannara als erstem Fantasyautor gelungen, in die Bestsellerliste der New York Times vorzustoßen. Angesichts dieser Entwicklungen müsste man sich eigentlich eher fragen, warum Hollywood erst so spät auf den fahrenden Zug aufgesprungen war.

Es gehört zu den Binsenweisheiten der Filmgeschichte, dass jeder derartige Boom durch einen besonders erfolgreichen Film ausgelöst werde: Star Wars und die Space Operas; Friday the 13th und die Slasher-Filme; Dawn of the Dead und die Zombieflicks; The Blair Witch Project und der Found Footage - Horror etc. Freilich ist dieser Trendsetter für gewöhnlich nie der erste Film seiner Art. Und so ist es zwar irgendwie ulkig, aber auch nicht so verwunderlich, dass am Anfang der Fantasywelle der 80er Jahre ein so gnadenlos trashiger Streifen wie Hawk the Slayer (1980) zu stehen scheint. Man darf getrost davon ausgehen, dass nicht er es war, der die Sache ins Rollen brachte. Dragonslayer wäre da schon ein wahrscheinlicherer Kandidat. Kommerziell zwar ein Flop, erregte der von Disney und Paramount produzierte Film doch gehöriges Aufsehen, vor allem durch seine Tricktechnik. Der Drache Vermithrax war ein echtes Meisterwerk der von Phil Tipett für The Empire Strikes Back entwickelten Go-Motion-Technik. Andererseits verwiesen eine Reihe von Kritikern nicht ohne Grund auf gar zu offensichtliche Ähnlichkeiten mit Star Wars. Und damit hätten wir vermutlich auch den eigentlichen Trendsetter: George Lucas' Weltraumabenteuer. Von dort bezogen viele der Fantasyepen der 80er ihre "Inspiration".

Allerdings gilt dies in erster Linie für die "High Fantasy" – von Dragonslayer über Krull (1983) und Legend (1985) bis Willow (1988). Daneben erlebten die 80er Jahre aber auch eine veritable Invasion lendeschurzbewehrter Barbaren und ähnlich leicht bekleideter Amazonen. Und was die angeht, scheint auf den ersten Blick kein Zweifel daran bestehen zu können, dass sie durch John Milius' Conan the Barbarian ausgelöst wurde. Wenn es da nicht The Beastmaster gäbe. Der erlebte seine Premiere zwar drei Monate nach Conan, aber sollten Don Coscarelli und sein Team tatsächlich in so kurzer Zeit ein Rip-off produziert haben? Und der Film gehört ganze ohne Zweifel zu genau demelben Subgenre von Lendenschurz und Bizeps, auch wenn Marc Singers Muskelmasse bei weitem nicht der entspricht, die Arnold Schwarzenegger durch die Gegend wuchtete.




Über die Jahrzehnte hat The Beastmaster eine recht ansehnliche Anhängerschaft unter B-Movie-Fans gewinnen können. Einer der Gründe für seinen Kultstatus mag allerdings ganz einfach darin bestehen, dass er so oft wie kein anderer Fantasyflick im US-Fernsehen gezeigt wurde. {HBO z.B. wurde eine Zeit lang gerne spöttisch mit "Hey, Beastmaster is On" übersetzt.} Mir jedenfalls fällt es etwas schwer, eine bessere Begründung dafür zu finden. So mies, wie Molly Tanzer & Jesse Bullington in Films of High Adventure behaupten, ist der Flick zwar nicht, aber er ist mies. Womit ich nicht leugnen will, dass er vor allem gegen Ende seinen ganz eigenen Charme entwickelt.
Als ich ihn mir vor einigen Tagen zum ersten Mal angeschaut habe, durchlief ich dabei eine Reihe sehr unterschiedlicher emotionaler Phasen:
  1. Unser Held wird geboren – "Hey, das könnte ja richtig cool werden." – Coscarelli, dem wir so grandiose Filme wie Phantasm (1979) und Bubba Ho-Tep (2002) verdanken, ist im Herzen ein Horrorregisseur, und das zeigt sich in der Eröffnungssequenz von The Beastmaster sehr deutlich. Wenn eine fürchterlich verunstaltete Hexe auf Befehl des fanatischen Priesters Maax den ungeborenen Dar aus dem Leib seiner Mutter entfernt und in den einer Kuh verpflanzt, um selbige kurz darauf aufzuschlitzen und das so zur Welt gekommene Baby den finsteren Mächten zu opfern, wirkt das hübsch gruselig und fast ein bisschen verstörend. Nicht das, was ich von einem 08/15-Barbarenflick erwartet hätte.
  2. Unser Held wächst heran, verliert seine Familie und schwört Rache – "Gähn! Bei Conan hat das besser ausgesehen ..." – Leider jedoch begibt sich der Film schon sehr bald in Gefilde, die kaum klischeehafter sein könnten. Ein zufällig vorbeikommender Bauer rettet den kleinen Dar, bringt ihn in sein Dorf und zieht ihn wie seinen eigenen Sohn auf. Der jugendliche Held entdeckt seine besondere Begabung (er kann telepathisch mit Tieren kommunizieren) und bekommt von seinem Ziehvater ein paar Sprüche über sein künftiges "großes Schicksal" zu hören. Und es kommt, wie es kommen muss: Die mit dem bösen Maax verbündeten Jun (barbarische Krieger mit Hörnerhelmen) metzeln die Bewohner des Dorfes nieder, und Dar, der das Massaker als einziger überlebt hat, macht sich auf, um Rache zu nehmen. All das ist einfach fürchterlich langweilig. Gegen Ende dieser Sequenz gibt es allerdings erste Anzeichen dafür, dass mit dem Film noch recht eigentümliches geschehen wird. Die Szenen, in denen Dar schwertschwingend auf einer schroffen Felsklippe posiert, lassen berechtigte Zweifel darüber aufkommen, ob diese Story wirklich ernst gemeint ist.  
  3. Unser Held lernt die Liebe seines Lebens kennen – "Nein! Nein! Ich will das nicht sehen!" – Zuerst einmal wird's jedoch recht unappetitlich. Wenn Dar seine Liebste Kira "kennenlernt" {wie nicht anders zu erwarten, geschieht dies, nachdem er sie beim Baden beobachtet hat}, erweist er sich als ein echtes Macho-Arschloch mit leichten Vergewaltigertendenzen. Na ja, Howards Conan war da auch nicht viel anders. Bloß: Eine Entschuldigung ist das nicht.
  4. Unser Held macht auf heldenhaft – "Das ist verrückt ... Das macht überhaupt keinen Sinn ... Das ... das ... das ist großartig! Hahaha!!!" – Wenig später überschreitet der Film die unsichtbare Schwelle zwischen generischem Trash und bizarrem Irrsinn, und aus einem mäßig interessanten Fantasy-B-Movie wird ein grandioses Schlockfest. In immer schnellerer Abfolge bekommen wir völlig absurde Szenen präsentiert. Bald schon kommt man aus dem Staunen, Grinsen und Lachen nicht mehr heraus: {...} Dar und seine Kumpels befreien Kira und einige andere Sklavenmädchen aus den Klauen der bösen Priester. Kaum ist der Kampf mit den fiesen Kahlköpfen entbrannt, da scheinen sich Kiras Leidensgenossinen auch schon in Luft aufgelöst zu haben. Sie werden in der weiteren Handlung halt einfach nicht mehr gebraucht {...}  Dar und seine Kumpels dringen in Maax' Pyramide ein, um König Zed zu befreien. Der Beastmaster schickt seine Frettchen los, um einen Schlüssel zu klauen, der unglaublich wichtig ist. Wenige Minuten später dringen unsere Helden ganz ohne Schlüssel in Zeds Zelle ein {...} Dar ist bereit, sein Leben zu opfern, um seinen Freunden zur Flucht zu verhelfen. Kurz darauf taucht die eben geflüchtete Kira von irgendwoher wieder auf und zeigt unserem Helden einen anderen Fluchtweg {...} Dar und Kira springen von etwas herab, was wie eine Klippe aussieht, und landen im Heuwagen ihres Freundes Sacco, den wir in der nächsten Szene unterhalb der Pyramide entlangfahren sehen (war wohl doch keine Klippe) {...} Bei ihrer Flucht durch das Stadttor lösen Dar & Co. das Fallgatter aus, das genau im richtigen Moment herabfällt, um ihre Verfolger aufzuspießen {...} Der "große Endkampf" gegen die Jun. Ich sage bloß: Explodierendes Öl (oder Teer???), brennende Barbaren und mörderische Monster als rettende Helfer {...} Die Schlussszene, in der sich Dar und Kira {wieder einmal auf einer schroffen Felsklippe stehend} in die Arme sinken {...} Wow!
Ja, wenn man die ersten vierzig Minuten überstanden hat, beginnt The Beastmaster wirklich Spaß zu machen. Scheidepunkt ist folgende grandiose Szene:



Oh Mann, in Fantasyland sind die Adler aber wirklich verdammt stark!

Leider jedoch ist der Film insgesamt gesehen bei weitem nicht so verrückt und eigenwillig wie Coscarellis Meisterwerke Phantasm, Bubba Ho-Tep oder wenn ich Mr. Jim Moons Urteil glauben darf sein jüngster Streich John Dies At The End. Und das ist sein größtes Problem. Über weite Strecken macht er den Eindruck, ein ernstgemeintes Fantasyepos sein zu wollen. Viel zu spät verliert er alle Hemmungen und stürzt sich kopfüber in den Ozean absurden Schlocks.

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