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Freitag, 2. Juni 2017

Willkommen an Bord der "Liberator" – S01/E10: "Breakdown"

Ein Blake's 7 - Rewatch
 
Wie ich in meinem letzten Eintrag in unseren Blake's 7 - Rewatch beschrieben habe, besteht eines der größten Probleme der neunten Episode Project Avalon im ziemlich ungelenken Aufbau der Geschichte, die nur äußerst schwerfällig in Gang kommt, um dann völlig überhastet in einem äußerst unbefriedigenden Finale zum Abschluss gebracht zu werden. Im Gegensatz dazu ist die Konstruktion von Breakdown sehr gut gelungen. Terry Nation lässt keine Längen aufkommen und scheint genau zu wissen, wieviel Zeit er jedem Teil der Story zuzumessen hat, um einerseits das Pacing aufrechtzuerhalten und andererseits keine Wendung unterentwickelt erscheinen zu lassen. Darüberhinaus gibt er uns erneut einige interessante Einblicke in die Persönlichkeiten der Protagonisten und ihr Verhältnis zueinander. Auch legt Bordcomputer Zen erstmals ein beunruhigend eigenwilliges Verhalten an den Tag. 

Seit Time Squad die Idee eingeführt hatte, dass Gan ein Hirnimplantat besitz, das ihn davon abhält, zu töten, war es eigentlich bloß eine Frage der Zeit, bis es zu einer Fehlfunktion des Chips kommen würde. Als es schließlich soweit ist, verfällt der sanfte Riese in eine Art Berserkerrausch und versucht Jenna und Blake zu töten. Nur mit vereinten Kräften gelingt es seinen Kameraden, ihn zu überwältigen und auf der Krankenstation der Liberator mit unsichtbaren "Energiefesseln" auf dem Krankenbett festzuschnallen.
Es stellt sich schnell heraus, dass Gan in akuter Lebensgefahr schwebt und die dringend nötige Reperatur des Implantats nur von einem erfahrenen Gehirnchirurgen durchgeführt werden kann. Die Auswahl an erreichbaren bewohnten Sternensystemen ist nicht eben berauschend, doch Avon bring eine vielversprechend klingende Alternative ins Spiel: Die neutrale Forschungsstation XK-72. Wie Vila ganz richtig vermutet, hat sich der Computerspezialist die Station ursprünglich als möglichen Unterschlupf ausgeguckt, falls ihm ein weiteres Verbleiben auf der Liberator zu riskant erscheinen sollte.
Unglücklicherweise führt die direkte Route zu XK-72 durch eine Region des Weltraums, die von Zen als "verboten" eingestuft wird. Der Computer besitzt zwar keine genaueren Informationen über die dort lauernden Gefahren, weigert sich jedoch kategorisch, einen entsprechenden Kurs einzuschlagen. Als Jenna manuelle Kontrolle über die Liberator übernimmt, schaltet das Elektronenhirn sich einfach ab. Zu spät realisiert die Crew, dass Zen nicht nur die eigene Künstliche Intelligenz runtergefahren, sondern auch alle Hilfssysteme lahmgelegt hat. Ohne diese kann der kleinste Fehler dazu führen, dass die Liberator vollständig vom Kurs abkommt und ziellos durchs All irrt. Während Avon versucht, die Hilfssysteme wieder online zu bringen, befreit Cally dummerweise Gan von seinen Fesseln, da man in ihrer Kultur solche Maßnahmen für barbarisch hält. Während der geistig verwirrte Riese Amok laufend durch das Schiff rennt, gerät die Liberator in den Sog eines kosmischen "Vortex" {wohl so eine Art Wurmloch} ...
Mit viel Glück gelingt es unseren Helden zwar, der Katastrophe zu entrinnen und ihr Ziel zu erreichen, doch Avon hat endgültig genug von diesem Unsinn und beschließt, das Schiff baldmöglichst zu verlassen: "I'm finished. Staying with you [Blake] requires a degree of stupidity of which I no longer feel capable." Und so versucht er auf XK-72 sofort einen Deal mit dem Leiter der Station zu schließen: Asyl im Austausch für die Transportertechnologie der Liberator. Zusätzliche Bedingung: Der Rest der Gang muss ungefährdet abreisen dürfen.
Unglücklicherweise erweist sich der brillante Hirnchirurg Kayn (mit viel Verve von dem großen Julian Glover gespielt) als ein ebenso eitler wie faschistoider Schurke, der nicht zögert, das nächste Jagdgeschwader der Föderation zu alarmieren, nachdem ihm klargeworden ist, dass er es mit Blake & Genossen zu tun hat. Gegen den Protest seines Assistenten Renor (Christian Roberts) zögert er Gans Operation immer weiter hinaus, um den Jägern Zeit zu geben, die Station zu erreichen.

Die interessantesten Charaktereinsichten gewinnen wir über Avon und Blake.

Dass Avon zuallererst einmal an sich selbst denkt, hat sich nicht geändert. Dabei ist er durchaus bereit, hinter dem Rücken seiner Gefährten zu agieren. Zugleich jedoch wird immer deutllicher, dass ihm deren Wohlergehen nicht gleichgültig ist. Er ist sehr schnell bereit, einen seiner ausgespähten Zufluchtsorte zu opfern, wenn es um Gans Überleben geht. Auch gehört er zu den lautstärksten Befürwortern eines Flugs durch die "verbotene Zone", auch wenn sich das sehr schnell ändert, als er Probleme damit bekommt, die Computersysteme der Liberator neu zu starten. Er hat keinerlei Skrupel, die Transportertechnologie zu "stehlen", um zu einer Übereinkunft mit dem Leiter von XK-72 zu kommen, will aber doch sicherstellen, dass den übrigen Crewmitgliedern nichts zustößt. Als er von Kayns Verrat erfährt, weist er das nachwievor bestehende Angebot von Asyl ohne zu zögern zurück und macht sich auf, die anderen zu warnen.

Blake wiederum zeigt in Breakdown unverhüllter als je zuvor, wie brutal und kaltblütig er sein kann. Schon immer war ihm eine gewisse Neigung zu autoritärem Verhalten eigen, was sich in dieser Episode erneut recht deutlich zeigt. Zuerst wenn er Callys Einwände gegen das Fesseln von Gan brüsk beiseiteschiebt. Dann in seiner Reaktion auf Avons Erklärung, die Liberator verlassen zu wollen. Cally versucht die Situation mit ihm zu besprechen:
Cally: Why are you angry with Avon?
Blake: I'm not.
Cally: You sound as if you are.
Blake: He has a decision to make. If he wants to stay with us, it's got to be for his reasons.
Cally: You'll do nothing to persuade him?
Blake: Nothing at all.      
Man könnte das zweifellos so interpretieren, als zeige Blake hier seinen Respekt für Avons persönliche Entscheidungen. In meinen Augen jedoch sieht es eher so aus, als weigere er sich, irgendwelche Kompromisse zu machen. Wenn Avon auf der Liberator bleiben will, muss er sich einfügen. Blake ist nicht bereit, ihm auch nur einen Zentimenter entgegenzukommen.
Der zweite große Moment kommt gegen Ende der Episode. Vila realisiert als erster, dass Kayn ein falsches Spiel spielt. Der sonst so unsichere und ängstliche Dieb versucht den Chirurg daraufhin mit der Waffe in der Hand dazu zu zwingen, mit der Operation zu beginnen. Als Kayn ihn fragt, warum Blake nicht persönlich gekommen sei, um ihn zu bedrohen, antwortet Vila: "Blake doesn't know anything about it. I thought it was better that way. He's got a conscience. He might not be prepared to kill you." Als Blake kurz darauf dann doch auftaucht, widerlegt er Vilas Einschätzung auf äußerst eindringliche Weise. Sein Ultimatum an Kayn ist in gewisser Hinsicht sehr viel perfider und grausamer als Vilas. Und er trägt es mit eisiger Gelassenheit vor: Wenn der Arzt die Operation nicht in zwanzig Minuten abgeschlossen hat, wird Blake ihn nicht etwa töten, sondern seine Hände verkrüppeln! Mit anderen Worten, er droht, ihm das zu nehmen, was ihn "außergewöhnlich" macht, was die Basis sowohl seiner Karriere als auch seines aufgeblasenen Egos ist. Und nichts spricht dafür, dass Blake diese Drohung nicht wahrgemacht hätte, wenn Kayn halsstarrig geblieben wäre.

Der schwächste Teil der Episode ist ohne Frage das Ende. Kayns finale Verwandlung in einen astreinen Psychopathen wirkt reichlich unmotiviert, und dass keiner unserer Helden und Heldinnen auch nur einen Gedanken an die zahllosen Opfer der Zerstörung von XK-72 durch die Föderations-Jäger zu verschwenden scheint, ist doch etwas eigenartig.

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