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Samstag, 26. Juli 2014

"I Vampiri"

Am Einundreißigsten dieses Monats können wir den einhundertsten Geburtstag des großen Mario Bava feiern. Anlass genug sich in den nächsten Wochen etwas eingehender mit einigen Filmen des Maestros zu beschäftigen, der als einer der Gründerväter des klassischen italienischen Horrorfilms zu gelten hat, und zugleich einer der stilprägenden und talentiertesten Vertreter dieses Genres war. 
Meine Absicht ist es, eine Auswahl von Werken aus unterschiedlichen Schaffensperioden Bavas vorzustellen, um so die Vielgestaltigkeit seines Talents {und zugleich auch ein Bisschen die Vielfalt des italienischen B-Movies} zu demonstrieren. Bisher umfasst mein Plan für diese kleine Serie {für dich ich mir wohlweislich keinen zeitlichen Rahmen gesetzt habe} folgende Titel:
  • La maschera del demonio (Black Sunday aka The Mask of Satan) von 1960
  • Ercole al centro della terra (Hercules in the Haunted World) von 1961
  • Sei donne per l'assassino (Blood and Black Lace) von 1964
  • Operazione paura (Kill, Baby, Kill) von 1966
  • l rosso segno della follia (Hatchet for the Honeymoon) von 1970
  • Gli orrori del castello di Norimberga (Baron Blood) von 1972
Zum Auftakt möchte ich heute jedoch erst einmal einen kurzen Blick auf den Film werfen, der ganz am Anfang des italienischen Horrorkinos stand und zu dessen Produktion Mario Bava nicht nur als Kameramann einen entscheidenden Beitrag leistete: Riccardo Fredas I Vampiri von 1956.

Das Horrorgenre war zu Zeiten des Faschismus mit einem offiziellen Bann belegt gewesen, und so existierte zumindest im italienischen Tonfilm keine entsprechende Tradition. Als Freda und Bava mit der Idee für einen solchen Streifen an verschiedene Produzenten herantraten, schlug ihnen deshalb zuerst einmal Misstrauen entgegegen. Erst als Freda versprach, den Flick in zwölf Tagen fertigzustellen, fanden sich Geldgeber. Doch als es nach zehn Drehtagen so aussah, als könne er sein Versprechen nicht einlösen, kam es zu heftigen Konflikten, und der temperamentvolle Freda stieg aus. Kameramann Bava übernahm für die letzten zwei Tage die Regie und stellte den Film tatsächlich in der vorgegebenen Zeit fertig.
Kennt man diese Hintergrundsgeschichte, so wirkt es vielleicht nicht mehr so verwunderlich, dass I Vampri einen etwas wirren und unausgegorenen Eindruck hinterlässt. Man mag auch die wirklich fürchterlich miese Schlussszene etwas gnädiger betrachten. In ein Meisterwerk des Horrorkinos verwandelt das den Flick allerdings nicht. Vor allem der Plot besitzt einfach zu deutliche Schwächen. Trotzdem ist I Vampiri in mancherlei Hinsicht ein recht faszinierender Film.
Zum einen weist das streckenweise sehr eindrucksvolle Spiel mit Schatten und Silhouetten bereits deutlich auf Bavas grandiose diesbezügliche Leistungen in  La maschera del demonio voraus. Zum anderen zeichnet sich der Streifen durch eine interessante stilistische Mischung aus. Die Geschichte von I Vampiri ist mehr oder weniger eine Übertragung der Legende von Gräfin Elisabeth Báthory in die Gegenwart. Das magische Ritual des Badens in Jungfrauenblut ist dabei durch eine "wissenschaftliche" Methode ersetzt worden, die jedoch dem gleichen Ziel dient {ewige Jugend & Schönheit} und ebensoviele Opfer erfordert. Rein inhaltlich betrachtet halte ich diese Adaption der alten Legende für weit weniger interessant und gelungen als etwa Peter Sasdys Countess Dracula (1971) mit Ingrid Pitt. Doch die Transplantation in die Gegenwart hat dazu geführt, dass der Film in stilistischer Hinsicht in zwei deutlich unterschiedliche Teile zerfällt, was ihn irgendwie verdammt faszinierend macht. Auf der einen Seite haben wir "realistisch" gehaltene Szenen im Paris der 50er Jahre, wenn Journalist Pierre und die Polizei eine Mordserie aufzuklären versuchen. Und dann plötzlich finden wir uns in einem klassischen "Gothic" - Universum mit alten Schlössern, staubigen Grüften, Skeletten, Folterkammern, Geheimgängen und einem frankensteinmäßigen Laboratorium wieder. Zwischen diesen beiden Szenarien springt der Film immer wieder hin und her, was ihm einen ganz eigenartigen Charakter verleiht. Die streckenweise geradezu opernhaft-wagnerianisch anmutende Musik von Roman Vlad & Franco Mannino wirkt dabei noch zusätzlich verstärkend.
I Vampiri ist sicher nicht der Film, den ich als Einstieg in den italienischen Horror oder das Werk von Mario Bava empfehlen würde. Einen kleinen Abstecher ist er jedoch allemal wert.

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