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Dienstag, 9. Oktober 2012

Tolkiens "Arthur"

Anubis hat vor einiger Zeit bereits auf die Gerüchte hingewiesen, die bezüglich einer möglichen Veröffentlichung von J.R.R. Tolkiens The Fall of Arthur in diesem Sommer die Runde im Internet machten. Letzten Sonntag hat der Verlag Houghton Mifflin Harcourt nun offiziell verkünden lassen, dass er die US-Rechte zur Veröffentlichung des unvollendeten Epos erworben hat und das Werk im Mai nächsten Jahres auf den Markt bringen will.  Edition und Kommentierung werden einmal mehr in der Verantwortung von Christopher Tolkien liegen.
Als jemand, der die Stabreimdichtungen des 'Professors' wie The Lay of the Children of Húrin und The Homecoming of Beorhtnoth Beorhthelm's Son sehr schätzt, freue ich mich natürlich über diese Ankündigung. Zumal es interessant werden dürfte, zu sehen, wie Tolkien sich der Artussage angenommen hat. In einem Brief an Milton Waldman bezeichnete er sie einmal als "zu üppig und phantastisch, zu inkohärent und repetitiv", um seine Sehnsucht nach einem wirklich englischen Mythos befriedigen zu können.* Andererseits spielte die Auseinandersetzung mit Sir Gawain and the Green Knight, den er zusammen mit E.V. Gordon neu edierte und zu dem er eine Übersetzung/Nachdichtung anfertigte, eine wichtige Rolle in seiner wissenschaftlichen Arbeit. Über den Inhalt seines eigenen, in den 30er Jahren entstandenen Artusgedichtes ist bisher wenig bekannt. Humphrey Carpenter schreibt in seiner Tolkien-Biographie darüber bloß, dass "der König und Gawain zum Krieg ins 'Sachsenland' ziehen, durch die Nachricht von Mordreds Verrat aber wieder heimgerufen werden." Außerdem erfahren wir dort, dass Tolkien sich in der Darstellung von Guinever offenbar an dem negativen Bild der Königin orientiert hat, das in älteren Fassungen der Sage wie Geoffrey of Monmouths Historia Regum Britanniae oder dem Lai de Lanval der Marie de France üblich war. Carpenter zitiert die folgende Charakterisierung aus The Fall of Arthur:
lady ruthless,
fair as fay-woman and fell-minded,
in the world walking for the woe of men.**
Anna Smol schreibt in ihrem Blog, das Gedicht drehe sich hauptsächlich um den Krieg und den Charakter Gawains (was angesichts von Tolkiens Essay über Sir Gawain and the Green Knight recht interessant sein könnte). John Rateliff wiederum hat erklärt, es weise "clear affinities" zur alliterierenden Fassung des Morte Arthure auf.
Viel mehr ist bisher nicht in Erfahrung zu bringen. Wir dürfen also gespannt sein.

* An Milton Waldman [wahrscheinlich 1951]. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 131. S. 192.
** Humphrey Carpenter: J.R.R. Tolkien. Eine Biographie. S. 193.

1 Kommentar:

  1. Im "Guardian" ist inzwischen ein Artikel erschienen, der die Eröffnungszeilen des Gedichtes enthält. (http://www.guardian.co.uk/books/2012/oct/09/jrr-tolkien-new-poem-king-arthur)
    Auch wenn ich nicht ganz einverstanden bin mit Christopher Tolkiens abfälliger Bemerkung über die "clutches of Malory's romantic treatment", aus denen sein Vater die Finger Arthurs angeblich befreit habe, bin ich nun doch noch gespannter darauf, was wir da nächsten Mai zu lesen bekommen werden.

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