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Samstag, 16. Juni 2012

Mit den fahrenden Schiffen ...

Es mag für manche keine Neuigkeit sein, aber mir ist soeben erst bewusst geworden, dass sich in Ann & Jeff VanderMeers Weird Fiction Review ein Artikel von Gio Clairval über den deutschen frühexpressionistischen Dichter Georg Heym findet. Ich habe ihn noch nicht gelesen, aber da Heym zu meinen poetischen Göttern gehört, dachte ich mir, ich könnte meiner Leserschaft rasch eines meiner Lieblingsgedichte von diesem viel zu jung verstorbenen Meister des Phantastischen und Makabren präsentieren. Und mal sehen, vielleicht schaffe ich es ja in Zukunft, an jedem Sonntag ein phantastisches Gedicht zu posten.

Mit den fahrenden Schiffen
Sind wir vorübergeschweift,
Die wir ewig herunter
Durch glänzende Winter gestreift.
Ferner kamen wir immer
Und tanzten im insligen Meer,
Weit ging die Flut uns vorbei,
Und Himmel war schallend und leer.

Sage die Stadt,
Wo ich nicht saß im Tor,
Ging dein Fuß da hindurch,
Der die Locke ich schor?
Unter dem sterbenden Abend
Das suchende Licht
Hielt ich, wer kam da hinab,
Ach, ewig in fremdes Gesicht.

Bei den Toten ich rief,
Im abgeschiedenen Ort,
Wo die Begrabenen wohnen;
Du, ach, warest nicht dort.
Und ich ging über Feld,
Und die wehenden Bäume zu Haupt,
Standen im frierenden Himmel,
Und waren im Winter entlaubt.

Raben und Krähen
Habe ich ausgesandt,
Und sie stoben im Grauen
Über das ziehende Land.
Aber sie fielen wie Steine
Zur Nacht mit traurigem Laut
Und hielten im eisernen Schnabel
Die Kränze von Stroh und Kraut.

Manchmal ist deine Stimme,
Die im Winde verstreicht,
Deine Hand, die im Traume,
Rühret die Schläfe mir leicht;
Alles war schon vorzeiten.
Und kehret wieder sich um.
Gehet in Trauer gehüllet,
Streuet Asche herum.

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