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Freitag, 12. April 2019

Willkommen an Bord der "Liberator" – S03/E01: "Aftermath"

Ein Blake's 7 - Rewatch

Ich nehme einmal an, es gibt nicht gar zu viele TV-Serien, die sich nach der Hälfte ihrer Laufzeit mit dem Problem konfrontiert sehen, ohne ihren namensgebenden Protagonisten auskommen zu müssen. Wie also sollte es weitergehen, nachdem Gareth Thomas von der Brücke der Liberator auf die Bühne der Royal Shakespeare Company gewechselt hatte? 
Die Option, die Rolle einfach von einem anderen Darsteller weiterspielen zu lassen, wurde sehr schnell ausgeschlossen, wenn sie denn überhaupt je ernsthaft in Erwägung gezogen worden war. Stattdessen stand das bloße Überleben der Serie eine Zeit lang ernsthaft auf der Kippe. Zumindest wenn man der Schilderung des Produzenten David Maloney folgt: "...a decision had to be made to go with a third series or stop it completely. Terry Nation, naturally, was for going on with it, and I think Ronnie Marsh was too, because of the viewing figures. [...] I think it was felt that they couldn't take it off, so why not be cheeky and do Blake's 7 without Blake?"
Die erste Idee, die in den Raum geworfen wurde, war, die Suche nach dem verschwundenen Blake zum übergreifenden Handlungsbogen der dritten {und wie alle glaubten letzten} Staffel zu machen. Doch recht bald wurde allen Beteiligten klar, dass das nicht wirklich funktionieren würde. Mit dem Ausscheiden ihres alten Anführers würde sich Avons Position in der Liberator - Crew automatisch deutlich verstärken, auch wenn es ihm nicht gelingen sollte, das alleinige Kommando an sich zu reißen. Und das zynische Computergenie hatte sich die ganze zweite Staffel über ja nichts sehnlicher gewünscht, als den fanatischen Revolutionär endlich loszuwerden. Warum sollte er sich nun plötzlich bereit erklären, nach ihm zu suchen? Avon zu einem idealistischeren, selbstloseren Charakter zu machen, wurde von Darsteller Paul Darrow entschieden abgelehnt. Die große Beliebtheit der Figur beruhe ja gerade auf ihrem Antiheldentum. Ein Argument, das allgemein zu überzeugen vermochte. 
Und so startete man schließlich ohne eine allgemeine "Vision" in die dritte Staffel. Natürlich musste man trotzdem für einen Ersatz für Blake und Sally Knyvettes Jenna sorgen. Die Liberator - Crew würde zwei neue Mitglieder bekommen. Eines davon werden wir heute kennen lernen.

Am Ende von Star One hatten sich unsere Helden & Heldinnen der gewaltigen Invasionsflotte aus der Andromeda-Galaxie entgegengestellt, in der Hoffnung, diese lange genug aufhalten zu können, bis die Streitkräfte der Föderation das intergalaktische Schlachtfeld erreichen würden. Das scheint ihnen gelungen zu sein, auch wenn wir, wie wohl nicht anders zu erwarten war, nur wenig von der gewaltigen Weltraumschlacht zu sehen bekommen. Immerhin dürfen unter dramatischer Musik ein paar hübsche Raumschiffmodelle durch die Schwärze des Alls gleiten und recht effektvoll explodieren, während wir aus einem Funkspruch an Servalans Flagschiff erfahren, dass "Star One" zerstört wurde. 
Die Liberator ist schwer beschädigt, der Teleporter ausgefallen. Das völlig überlastete Autoreperatur-System ist nicht länger in der Lage, die Lebenserhaltung aufrechtzuerhalten. Evakuierung in Fluchtkapseln scheint die einzige Option. Von Blake und Jenna getrennt, deren Schicksal ungewiss ist, verfrachten Cally und Vila den ohnmächtigen Avon zusammen mit Supercomputer Orac in eine der Kapseln und schießen sie in die Atmosphäre eines nahegelegenen Planeten.   
Dorthin hat es bereits zwei Föderations-Soldaten verschlagen, die sich froh dem großen Gemetzel entkommen zu sein – über das gerade durchgestandene unterhalten, während sie sich durch die Dünen schleppen:
Trooper 2: Historic victory, that's what they'll call it ... How does it feel to have made history?
Trooper 1: Very painful, sir.
Doch unglücklicherweise lebt auf diesem Planeten ein barbarisches Kriegervolk, dessen Mitglieder das von ihnen beobachtete Feuerwerk am Himmel für die Erfüllung einer apokalyptischen Prophezeiung halten, die davon berichtet, dass Fremde von den Sternen zu ihnen herabsteigen und sie vernichten werden. Kein Wunder, dass sie die auf ihrer Welt Gestrandeten nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Den beiden Soldaten bleibt nicht viel Zeit, sich über ihre gelungene Flucht zu freuen ... 
Avon entgeht dem gleichen Schicksal nur knapp, als eine mit  Pfeil und Bogen bewaffnete junge Frau (Josette Simon) auftaucht, die einen der Barbaren niederstreckt, woraufhin der Rest fürs erste die Flucht ergreift.  Seine amazonenhafte Retterin stellt sich ihm als Dayna vor. Ihr Vater, der geniale Waffenkonstrukteur Hal Mallenby (Cy Grant), kam mit ihr auf diesen Planeten, als sie selbst noch ein Baby war, um sich vor den Häschern der Föderation zu verstecken. Seitdem leben die beiden hier für sich allein, zusammen mit der von Mallenby als Tochter adoptierten Ureinwohnerin Lauren (Sally Harrison). 
Auf dem Weg zur unterseeischen Basis der Mallenbys läuft den beiden niemand anderes über den Weg als Supreme Commander Servalan. Die frisch zur Präsidentin ausgerufene Weltraum-Despotin hat es nach der Zerstörung ihres Flagschiffs hierher verschlagen. Dabei hatte sie doch klugerweise abgewartet, bis der Sieg der Föderation sicher erschien, bevor sie auf dem Schlachtfeld aufzutauchen geruhte. Die Absurdität dieser Begegnung wird von Terry Nations Drehbuch durch den Mund Avons anerkannt:
Servalan: You don't sound surprised.
Avon: Why should I be? It has a perverse kind of logic to it. Our meeting is the most unlikely happening I could imagine. Therefore we meet. Surprise seems inappropriate somehow.  
Das erneute Auftauchen der barbarischen Sarrans zwingt das Trio zu einer zeitweiligen Kooperation. Gemeinsam findet man schließlich Unterschlupf in Hal Mallenbys Heimstatt. 
Der Waffenkonstrukteur und ehemalige Widerstandskämpfer erweist sich als blind. Die Folterknechte der Föderation waren weiland etwas übereifrig und zerstörten seine optischen Nerven. Was ihm jedoch dank seines "Image Amplifiers" keine großen Probleme bereitet und ihm außerdem erlaubt, eine hübsch coole Sonnenbrille zu tragen. 
Während Avon mit Hilfe von Orac Kontakt zur Liberator aufnimmt, deren Zustand sich dank Autoreperatur stündlich verbessert, beginnt Servalan allsogleich ihre gewohnt intriganten Spielchen zu spielen. Die Zerstörung von "Star One" dürfte zum Zerfall der Föderation geführt haben, doch gerade das könnte die Gelegenheit sein, sich eine absolute Machtstellung zu sichern. Wenn es ihr gelingen sollte, den Supercomputer in die Finger zu bekommen ...

Ich habe keine Ahnung, warum die Science Fiction eine so große Vorliebe für William Shakespeares The Tempest zu haben scheint. Der wohl berühmteste Fall dürfte der MGM-Klassiker Forbidden Planet (1956) von Fred M. Wilcox sein, aber es gibt da z.B. auch noch die TOS-Episode Requiem for Methuselah. Und in Aftermath finden sich gleichfalls recht deutliche Anklänge an das Bühnenstück, mit Mallenby als Prospero und Dayna als Miranda. Allerdings ist die figurentypische Naivität der getrennt von der Menschheit aufgewachsenen jungen Frau in diesem Fall gekoppelt mit einer Faszination für Waffen aller Art, einer Vorliebe für Kampf und Gefahr sowie einer recht nonchalanten Haltung gegenüber dem Töten möglicher Feinde. Terry Nation hat einmal über Dayna gesagt: "[I] thought it would be interesting to have a girl who was aggressive, to have somebody who would kill first and ask questions later, and it was nice to give what are generally masculine attitudes to a woman". Keine schlechte Ergänzung für die Liberator - Crew. Außerdem stellt Josette Simon, die antiguanischer Abstammung ist, in der bislang doch arg "weißen" Welt von Blake's 7 auch in dieser Hinsicht einen begrüßenswerten Neuzugang dar.

Am Ende von Aftermath sind Hal Mallenby und seine Adoptivtochter Lauren ermordet worden. Dayna hat Servalan ewige Rache geschworen. Und nachdem Avon zusammen mit seiner neuen Kameradin auf die Liberator zurückgekehrt ist, sehen sich die beiden einem Fremden in der Uniform eines Föderationsoffiziers gegenüber, der sie mit folgenden Worten begrüßt:
Summary execution is the usual punishment for boarding a Federation ship without authority. What are you doing on my ship?   
Auch wenn die Episode einige etwas holprige Passagen enthält, ist Aftermath alles in allem doch ein recht gelungener Auftakt für die neue Staffel. Außerdem mag ich den von Alan Lake gespielten Barbarenhäuptling Chel. Er ist so putzig, wenn er wütend ist ...

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