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Mittwoch, 30. Januar 2019

Willkommen an Bord der "Liberator" – S02/E13: "Star One"

Ein Blake's 7 - Rewatch

Es ist eine halbe Ewigkeit her seit unserem letzten Besuch im grandiosen Universum von Blake's 7, doch endlich ist es so weit – wir kehren zurück auf die Liberator, um mitzuerleben, ob es unserem ebenso charismatischen wie egomanischen Freiheitskämpfer und seinen Genossen im großen, von Chris Boucher geschriebenen Finale der 2. Staffel tatsächlich gelingt, "Star One" – das ultrageheime Computer-Nervenzentrum der totalitären Föderation – zu zerstören und die langersehnte Revolution gegen das Regime und Supreme Commander Servalan einzuleiten.

Die Episode beginnt mit Szenen einer fürchterlichen Katastrophe, als zwei Raumschiffe – ein Personentransporter mit 4000 Passagieren an Bord und ein unbemanntes Lastschiff, das irgendwelche Erze befördert – miteinander kollidieren, obwohl das automatisierte Lotsensystem ihre Flugbahnen eigentlich aufeinander abgestimmt haben sollte. 
Und das ist offenbar kein vereinzeltes Ereignis, wie der Offizier Durkim (John Bowen) der Obersten Befehlshaberin in ihrem Hauptquartier berichtet. Nicht nur die Flugkoordination ist offenbar im Begriff, zusammenzubrechen, die Wetterkontrollsysteme auf den Koloniewelten spielen verrückt, mit verheerenden Folgen für die betroffenen Planeten. Die einzig vernünftige Erklärung scheint die Sabotage von "Star One" zu sein, was Servalan jedoch nur schwer zu akzeptieren vermag. Schließlich ist der Standort des Kontrollzentrums selbst der Führungsriege der Föderation nicht bekannt. Wie also könnte man so einen Angriff zurückschlagen?
Diese Eröffnungssequenz ist wirklich intelligent konstruiert. Sie zeigt uns, welch furchtbare Verheerungen unter der unschuldigen Zivilbevölkerung angerichtet werden würden, wenn Blake seinen Plan, "Star One" zu zerstören, tatsächlich durchführte. Allerdings würde selbst Blake's 7 nicht so weit gehen, den nominellen Helden der Serie zu einem Massenmörder zu machen. Und so bekommen wir im direkten Anschluss daran zu sehen, dass diese Katastrophen nicht auf das Konto der Liberator - Crew gehen. Diese hat zwar den ungefähren Standort von "Star One" lokalisiert, der sich ominöserweise jenseits der Grenzen der Milchstraße im sternenlosen Raum zwischen unserer Galalxis und Andromeda befindet, ist sich aber noch nicht im Klaren darüber, ob man den letzten und entscheidenden Schritt wirklich machen soll. 
Erstaunlicherweise ist es Avon, der am heftigsten auf einer Durchführung des Plans beharrt: "Why are you listening to this drivel, Blake? We can take Star One, let's get on with it." Der Grund dafür ist natürlich nicht, dass der alte Zyniker plötzlich zu einem überzeugten Anhänger der Revolution geworden wäre. Er will das Ganze bloß endlich hinter sich bringen und Blake damit ein für alle Mal loswerden: 
Avon: As far as I am concerned you can destroy whatever you like. You can stir up a thousand revolutions, you can wade in blood up to your armpits. Oh, and you can lead the rabble to victory, whatever that might mean. Just so long as there is an end to it. When Star One is gone it is finished, Blake. And I want it finished. I want it over and done with. I want to be free.
Cally: But you are free now, Avon. 
Avon: I want to be free of him.
Blake: I never realized. You really do hate me, don't you?
Avon: When we have dealt with Star One, I will take you back to Earth and then the Liberator is mine, agreed?
Blake: Agreed. Assuming the others go along with it.
Worauf Jenna und Vila mit der berechtigten Frage "Why should we?" reagieren. Doch Avon scheint sich ausreichend sicher zu sein, dass er die Kontrolle über die Liberator übernehmen kann, wenn Blake erst einmal aus dem Weg ist, unabhängig davon, was die anderen darüber denken. Für ihn gilt der Handel.
Es ist Cally, die die eigentlich wichtige Frage ausspricht: "Are we fanatics? ... Many, many people will die without Star One ... Are you sure that what we're going to do is justified?" Blakes Antwort ist entlarvend: 
It has to be. Don't you see, Cally? If we stop now then all we have done is senseless killing and destruction. Without purpose, without reason. We have to win. It's the only way I can be sure that I was right. 
Wieder einmal zeigt es sich, dass am Ende von Blakes Gedankengängen immer er selbst steht. Die Frage, ob Millionen Menschenleben möglicherweise ein zu hoher Preis für die Freiheit sein könnten, interessiert ihn nicht wirklich. Für ihn geht es letztenendes nur darum, recht behalten zu haben. Wenn er vor dem letzten entscheidenden Akt zurückschreckte, würde sein ganzes Selbstbild in sich zusammenbrechen.
Derweil hat sich Servalan dazu durchgerungen, die Realität der Lage zu akzeptieren, und nutzt das wachsende Chaos für einen Militärcoup gegen die zivile Führung. Ihre offizielle Rechtferigung für diesen Schritt ist, dass unter den gegebenen Umständen nur die Armee in der Lage sei, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Doch natürlich wissen wir, dass es schon seit längerem heftige Spannungen zwischen dem zivilen und dem militärischen Flügel der Föderation gegeben hat. Wir dürfen also davon ausgehen, dass die Krise, so bedrohlich sie für sich genommen auch ist, der Obersten Befehlshaberin als willkommener Anlass erscheinen musste, einen schon seit längerem gehegten Plan in die Tat umzusetzen und sich selbst zur Diktatorin zu machen. Durkim erhält von ihr den Befehl, "Star One" umgehend zu lokalisieren, wenn er nicht das Schicksal anderer "Verräter" gegen die neue Führung teilen will: "I will not be President of a ruined empire."
Inzwischen hat die Liberator einen Planeten erreicht, der um einen einsamen Weißen Zwerg kreist. Das muss der Standort von "Star One" sein. Doch Avon entdeckt noch etwas anderes: Jenseits des Minisystems, in Richtung auf die Andromedagalaxie, befindet sich ein gigantisches Minenfeld. Sollte "Star One" also nicht nur ein Kontrollzentrum, sondern ein Verteidigungsbollwerk gegen eine potentielle intergalaktische Invasionsstreitmacht sein? {Und nein, wir diskutieren jetzt nicht die Unsinnigkeit von Minenfeldern im Weltraum. Wenn TNG in Redemption mit was ganz ähnlichem durchkommt, hab' ich keine Probleme, das auch in Blake's 7 zu akzeptieren.} 
Auf der Station selbst währenddessen glaubt die Technikerin Lurena (Jenny Twigge) einer Verschwörung ihrer Kollegen auf der Spur zu sein, die scheinbar dabei sind, die Anlage zu sabotieren. Doch die Wahrheit ist noch sehr viel bedrohlicher. Tatsächlich ist Lurena die einzige Überlebende der ursprünglichen Besatzung. Alle anderen wurden bereits von gestaltwandlerischen Außerirdischen ersetzt. Die Invasion von der Andromeda ist schon in vollem Gange ...
Von all dem wissen unsere Helden & Heldinnen natürlich nichts, also beginnen sie mit ihrer eigenen Sabotageaktion. Zumal Blake keine weitere Zeit verschwenden will, nun, da sie soweit gekommen sind. Allerdings dauert es nicht lange, bis er und Cally auch schon der {scheinbaren} Besatzung von "Star One" in die Hände gefallen sind. Deren Anführer Stott (David Webb) allerdings hält Blake verwirrenderweise für Ex-Commander Travis, der gekommen sei, um den "finalen Akt" seines "großen Verrats" persönlich durchzuführen. Doch warum sich mit Rätseln aufhalten, wenn man die relative Freiheit, die unser Heldenpaar aufgrund dieses Missverständnisses genießt, nutzen kann, um die mitgebrachten Sprengsätze zu montieren?
Zu spät realisiert Blake seinen fatalen Fehler. Wenigstens ist Jenna klug genug, umgehend eine Nachricht an Servalan zu schicken, sobald die Liberator die herannahende Invasionsflotte entdeckt. Cally und Avon versuchen, die Sprengsätze zu entschärfen. Doch es ist zu spät. Es wurde bereits eine Bresche in das Minenfeld geschlagen. Am Ende stellt sich die Liberator alleine der gewaltigen Übermacht der Angreifer entgegen. Es besteht zwar keine Chance auf Sieg {und nur eine geringe auf Überleben}, aber vielleicht gelingt es wenigstens, die Flotte solange aufzuhalten, bis die Streitkräfte der Föderation den Sektor erreicht haben ...

Star One ist ein wirklich würdiger Abschluss der zweiten Staffel. 
Einmal mehr ist Travis der größte Schwachpunkt der Story. Der Mann ist zwar ein ausgewachsener Psychopath, und es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass er das Gefühl hat, von allen verraten worden zu sein. Aber ist das wirklich Grund genug, um mit gestaltswandlerischen Schleimmonstern aus der Andromedagalaxie zu kooperieren und vergnügt den Knopf zu drücken, der die gesamte Menschheit zum Untergang verdammt? 
Seine Verwicklung in die Geschichte macht eigentlich nur Sinn, wenn man einen Blick hinter die Kulissen der Produktion wirft. 
Als Chris Boucher die Episode schrieb, war klar, dass Gareth Thomas und Sally Knyvette in der dritten Staffel nicht mehr mit von der Partie sein würden. Thomas hatte sich entschieden, auszusteigen, nachdem seinem Wunsch, einmal selbst bei einigen Episoden Regie zu führen, nicht nachgekommen worden war, und er ein Angebot der Royal Shakespeare Company erhalten hatte. Knyvette ihrerseits wollte die Schauspielerei zumindest vorerst an den Nagel hängen und stattdessen ein Drama- und Literaturstudium beginnen {was sie dann auch getan hat}.
Ursprünglich hatte man sogar mit dem Gedanken gespielt, Blake und Jenna in der Folge sterben zu lassen, doch offenbar glaubte man, das wäre für das Publikum dann doch etwas zu schockierend. {Was fast ein bisschen lustig wirkt, wenn man an das legendär niederschmetternde Finale der vierten und letzten Staffel von Blake's 7 denkt.} Doch wie dem auch sei, auf jedenfall war man der Überzeugung, dass Travis ohne seine Nemesis Blake als Figur nicht länger funktionieren würde, also entschied man sich dazu, ihm in Star One wenigstens einen dramatischen Abgang zu ermöglichen, auch wenn seine Anwesenheit psychologisch vielleicht nicht unbedingt Sinn macht.
Doch davon einmal abgesehen, ist das Finale eine wirklich starke Folge. Durch den Auftritt der außerirdischen Invasoren erscheinen sowohl Blakes revolutionärer Fanatismus als auch Servalans Griff nach der Macht plötzlich gegenstandslos. Beide scheinen zwar für einen Moment ihr Ziel erreicht zu haben, doch löst sich ihnen dieses zwischen den Fingern in Nichts auf. 
Der Cliffhanger am Ende der Folge erscheint sehr viel düsterer und dramatischer als im Finale der ersten Staffel. Im Grunde übernimmt die Liberator - Crew hier ein Selbstmordkommando. Und auch wenn wir natürlich wissen, dass sie dabei nicht alle sterben werden, ist die letzte Szene, in der unsere Helden & Heldinnen der herannahenden Invassionsflotte entgegen schauen, doch ziemlich packend.

Übrigens spielte Terry Nation eine Zeit lang mit der Idee, aus den außerirdischen Angreifern die von ihm in den 60er Jahren kreierten Daleks zu machen! Ich bin mir nicht ganz sicher, warum das schließlich verworfen wurde. Aber ob ein solches Crossover mit Doctor Who wirklich klug gewesen wäre?

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