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Donnerstag, 26. März 2015

Houdini & Doyle? – Nicht mit mir!

Nach wie vor finde ich es problematisch, wenn aus Figuren der Geschichte die Protagonisten phantastischer Abenteuergeschichten gemacht werden. {Es sei denn, das Ganze ist als Farce angelegt.} 

Ich will gar nicht grundsätzlich ausschließen, dass man dabei zu interessanten Resultaten gelangen könnte. Unabdingbare Voraussetzung wäre allerdings, dass man dem realen Charakter der jeweiligen Personen und dem, wofür sie stehen, treu bleibt. Sich einfach irgendeine berühmte Persönlichkeit aus der Vergangenheit zu schnappen und eine generische Story um sie herum zu entwickeln, ist in meinen Augen schlicht respektlos. Noch schlimmer wird es, wenn diese Story all dem widerspricht, womit wir ihren Helden oder ihre Heldin eigentlich assoziieren.

Die Nachricht, dass Fox eine zehnteilige phantastische Fernsehserie mit Harry Houdini und Arthur Conan Doyle als den Protagonisten zu produzieren gedenkt, erfüllt mich deshalb nicht eben mit den freudigsten Gefühlen:         
In Houdini And Doyle, two of the great characters of the 20th century Houdini, master magician, escape artist and paranormal debunker, and Doyle, creator of the world’s greatest detective and a paranormal aficionado grudgingly join forces to investigate crimes with a supernatural slant. Although they’re both rich, famous and brilliant, they’re the original odd couple, with Houdini believing in nothing, Doyle in everything.
Stefan Holzhauer von PhantaNews schreibt ganz richtig: "Na­tür­lich fühlt man sich da an Mul­der und Scully erinnert …" Und genau da liegt für mich das Problem. 

Schon bei den X-Files fand ich das Konzept, die Ansichten eines "Gläubigen" und einer Skeptikerin einander gegenüberzustellen, nur um letztenendes stets den "Gläubigen" recht behalten zu lassen, irgendwann ziemlich irritierend. Die anfangs als intelligente und kompetente Wissenschaftlerin gezeichnete Dana Scully musste dabei schon bald als verbohrte Fanatikerin erscheinen, die offensichtliche Tatsachen nicht akzeptieren will, weil sie nicht in ihr "wissenschaftsgläuiges" Weltbild passen.

Mit anderen Worten: Ihr Verhalten glich aufs Haar demjenigen, das wir in Wirklichkeit gerade bei vielen Anhängern des "Paranormalen" beobachten können. Und ausgerechnet Sir Arthur Conan Doyle ist dafür ein ausgezeichnetes Beispiel.
In einem Artikel für den Skeptical Inquirer beschreibt Massimo Polidoro eine erstaunliche Demonstration scheinbarer Hellseherei, mit deren Hilfe Harry Houdini seinen Freund davon zu überzeugen versuchte, dass "unerklärliche Phänomene" keine übernatürlichen Ursachen haben müssen. Doch alle Beteuerungen Houdinis, dass es sich bei dem Experiment um einen mundanen Zauertrick gehandelt hatte, konnten Conan Doyle nicht davon abbringen, zu glauben, der Illusionist habe sich in Wahrheit übersinnlicher Methoden bedient. 
Die Leichtgläubigkeit des Schriftstellers gegenüber allen Arten "paranormaler" Phänomene kannte keine Grenzen und führte schließlich zum Bruch mit Houdini.

Die reale Geschichte der Beziehung zwischen Arthur Conan Doyle und Harry Houdini ist unauflöslich verbunden mit dem Thema des Kampfes zwischen Aberglaube und Rationalität. 
Selbst wenn die geplante TV-Serie nicht hundertprozentig dem X-Files - Format folgen sollte, und wir einige Folgen zu sehen bekommen würden, in denen Houdinis Skeptizismus sich als die korrekte Sichtweise herausstellt, finde ich es deshalb schwer, mich mit der Grundidee von Houdini And Doyle anzufreunden. 
Der große Magier und Entfesselungskünstler widmete in den 20er Jahren viel Zeit und Energie dem Entlarven von "Medien" und anderen "esoterischen" Scharlatanen. Damit wurde er zum Begründer einer sehr erfreulichen Tradition unter Zauberkünstlern und Illusionisten, ihre Expertise in den Dienst der Aufklärung vermeintlich "paranormaler" Phänomene und der Überführung "mystischer" Trickbetrüger zu stellen. Was bisher über den Inhalt von Houdini And Doyle bekannt ist, wirkt auf mich wie eine (unbewusste) Beleidigung dieses Vermächtnisses.  

Man verstehe mich bitte nicht falsch: Ich habe absolut nichts gegen das Genre der "okkulten Detektivgeschichte". Ganz im Gegenteil! Aber könnten die Fernsehmacher statt Houdini And Doyle nicht lieber eine Adaption von William Hope Hodgsons Stories um Carnacki, the Ghost Finder auf die Beine stellen? Die würde ich wirklich gerne sehen.   


PS: Die Nachricht, dass die X-Files nach dreizehn Jahren eine Wiederauferstehung feiern werden, hat mich aus ganz anderen Gründen nicht recht vom Hocker zu reißen vermocht. Als Chris Carters Serie nach neun Staffeln 2002 zu einem Ende gelangte, hatte sie ihr Verfallsdatum schon lange überschritten. Und so nett der Gedanke an eine Wiederbegegnung mit dem charismatischen Duo Gillian Anderson / Dana Scully und David Duchovny / Fox Mulder auch klingen mag, meine Erwartungen sid nicht besonders hoch. Es sei denn, Carter & Co würden für das Comeback den ganzen öden und blödsinnigen Alien-Weltverschwörungs-"Mytharc" über Bord werfen und uns ganz einfach sechs nette kleine "Monster of the Week" - Episoden präsentieren. Doch dass es dazu kommen könnte, halte ich nicht für besonders wahrscheinlich ...

1 Kommentar:

  1. Na, mal abwarten! Wer sagt denn, dass das einen AKTE-X-Dreh kriegen wird? Bis jetzt sind das nur Projektionen ... Im Originalartikel heißt es "crimes with a supernatural slant", also "Verbrechen mit einem übernatürlichen Einschlag", bei Holzhauer wird gleich eine "übernatürliche Fernsehserie" daraus.

    Ich finde diese schwierige Freundschaft mit ihrem krassen Kontrast als Thema für Erzählungen jedenfalls gut.

    Und Doyles Lebensgeschichte hat ja auch ihre Tragik. Zunächst war er sehr aufgeschlossen gegenüber Erfindungen und wissenschaftlichen Theorien etc., und dann haben ihn, wenn ich es richtig erinnere, mehrere Todesfälle so sehr mitgenommen, dass er sein Heil im Spiritismus gesucht hat.

    Daraus und aus dem Kontrast Wissenschaft/Spiritismus ließe sich schon sehr schön etwas spinnen ...

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