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Montag, 15. September 2014

Spät auf der Party

Wie so oft bin ich natürlich auch diesmal reichlich spät zur Party gekommen. Macht es überhaupt noch Sinn, irgendetwas zu Guardians of the Galaxy zu schreiben? Wahrscheinlich nicht, aber ich mach's trotzdem, nachdem ich vor vier Tagen endlich die Gelegenheit hatte, ihn mir anzuschauen. Und da dies im Rahmen eines Besuchs bei Molosovsky in Frankfurt geschah {für dessen Gastfreundschaft ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken will}, kam ich sogar in den Genuss der Originalversion.

Gar zu viele Worte will ich nicht verlieren, darum das allerwichtigste zuerst: Selten hat ein Film, auf den ich so große Hoffnungen gesetzt hatte, diese ähnlich bravourös erfüllt wie James Gunns Streifen.

Regelmäßigere Leserinnen & Leser meines Blogs werden wissen, dass ich im heutigen phantastischen Kino besonders schmerzlich jenen bunt-abenteuerlichen Unsinn vermisse, der bis in die frühen 80er Jahre hinein einen Gutteil des Genres ausmachte. Schon der erste Trailer zu Guardians of the Galaxy ließ mich deshalb vor Vorfreude laut aufjubeln, sprach doch vieles dafür, hier endlich einmal wieder ein Weltraumabenteuer im Stil der alten Pulps und B-Movies präsentiert zu bekommen.
Und tatsächlich: Gunns Film ist völlig frei von dem grimmigen Pseudorealismus oder der aufgesetzten und für gewöhnlich schrecklich banalen "Tiefsinnigkeit", die mir den Großteil der Kino- und TV - Phantastik unserer Tage vermiesen. Guardians of the Galaxy ist ein Film, der nur ein Ziel kennt: Er soll Spaß zu machen. Und mit seiner farbenfrohen Ästhetik, gut gemachter Action, klasse Schauspielern & Schauspielerinnen sowie einer human-optimistischen Grundstimmung erreicht er dieses Ziel wie kaum ein anderer Film der jüngeren {und auch der nicht mehr ganz so jungen} Vergangenheit, der mir bekannt wäre.
Letztes Jahr hatten wir zwar Pacific Rim, und der war ein Riesenspaß, aber bei aller Liebe zum Schlock und zu Guillermo del Toro führt kein Weg daran vorbei, sich eingestehen zu müssen, dass der Flick sehr deutliche Schwächen – vor allem in der Charakterzeichnung und -entwicklung – besitzt. Keine seiner Hauptfiguren bleibt lebendig in der Erinnerung. Einem Vergleich mit Guardians of the Galaxy hält er jedenfalls ganz sicher nicht stand.

Hier und da ist mir die Meinung zu Ohren gekommen, der durchgehend selbstironische Ton von Gunns Film führe dazu, die etwas ernsteren Akzente, die hier und da gesetzt werden {vor allem im Zusammenhang mit Groot & Rocket}, mehr oder weniger ihrer Wirkung zu berauben. Dem kann ich mich nicht anschließen. Guardians of the Galaxy zeichnet sich vor allem durch eine lebendige, nie erzwungen wirkende und humorvolle Leichtigkeit aus. Im Rahmen eines solchen Films können die entsprechenden Szenen natürlich nicht die Ernsthaftigkeit entfalten, die ihnen in einem anderen Kontext möglicherweise zugekommen wäre. Aber für die Funktion, die sie in dieser Art Film zu erfüllen haben, scheinen sie mir gerade intensiv genug zu sein. Und diese Funktion ist äußerst wichtig. Ohne sie besäße der Flick nicht jenen sympathisch humanen Grundton, der in meinen Augen sehr viel von seinem Charme ausmacht. Für sich genommen ist keine dieser Szenen zu tiefst berührend oder überwältigend, aber zusammen genommen schaffen sie so etwas wie eine Atmosphäre der Menschlichkeit. Und eine stärkere Wirkung sollten sie im Rahmen eines unterhaltsam-schrägen Weltraumabenteuers dieser Sorte auch gar nicht haben.  
{Wenn Rocket und die Ravagers am Ende die Xandar-Metropole beschützen, während diese evakuiert wird, ist das natürlich außerdem eine nette Antwort auf das Metropolis-Massaker in Zack Snyders Man of Steel.}

Das einzige, was mein Vergnügen an Guardians of the Galaxy ein ganz klein wenig trübt, ist der Umstand, dass der Flick Teil des großen Marvel-Film-Frachises ist. Ich habe halt nicht viel übrig für zeitgenössische Superhelden-Flicks. {Und um das klarzustellen: Guardians of the Galaxy ist in meinen Augen kein Superheldenfilm, sondern ein hübsch schräges SciFi-Abenteuer in bester Pulp-Tradition.} Noch sind die Verbindungen ja eher periphär. Außer Thanos {dem einzigen echten Schwachpunkt des Filmes; der lila Riese ist ebenso überflüssig wie unbeeindruckend} hätten wie da bloß den Infinity-Stone {und so ein unsinniges McGuffin braucht jede ordentliche Pulp-Story}. Doch bei ihrem nächsten Auftritt werden die Guardians dann wohl endgültig in die Welt der Avengers eintreten, und ich fürchte, dass könnte ihnen viel von ihrem Charme rauben. 

Eine  kurze Bemerkung zum Schluss: Als wir uns aufmachten, das Kino zu verlassen, ließ Molo die Bemerkung fallen, Guardians of the Galaxy habe die Latte für Star Wars Episode VII sehr hoch gelegt. Dem konnte ich schwerlich widersprechen. Doch inzwischen hat sich in meinem Kopf {der manchmal etwas langsam arbeitet} die Ansicht herausgebildet, dass eine solche Gegenüberstellung von James Gunns Film und dem kommenden Einstand von JJ Abrams in das Jedi-Universum in gewisser Hinsicht gar nicht angemessen wäre. Wie ich hier schon einmal etwas ausführlicher dargelegt habe, lässt sich Star Wars stestens seit dem Ende der ursprünglichen Trilogie nicht länger als ein neckisches Pulp-Adventure charakterisieren {und hätte deshalb mit Return of the Jedi enden sollen.} Mit den Prequels wollte George Lucas seine kindische Science Fantasy dann in eine "epische Tragödie" verwandeln. Damit ist er zwar grandios gescheitert, doch leider habe ich nicht das Gefühl, dass Star Wars unter Abrams' Leitung in die alten Gefilde zurückkehren wird. {Ob das überhaupt möglich wäre, ist noch einmal eine andere Frage.} Kurz gesagt: Das Franchise nimmt sich selbst viel zu ernst. Es kann deshalb auch überhaupt nicht etwas vergleichbar locker-flockiges wie Guardians of the Galaxy hervorbringen.

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