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Dienstag, 9. September 2014

Gemischte Gefühle

Erinnert sich hier noch jemand an den Avengers - Kinofilm von 1998? {Nein, nicht Marvels Superhelden, sondern Großbritanniens coolste Geheimagenten John Steed und Emma Peel.} Ja? Dann herzliches Beileid! 
Bei dem Streifen ist sicher vieles schiefgelaufen, aber er beweist u.a. auch, dass es ein heikles Unterfangen ist, den Charme der Sixties im Format eines modernen Blockbusters wiederbeleben zu wollen. Kein Wunder also, dass ich dem kommenden Remake von The Man From U.N.C.L.E. eher skeptisch entgegenschaue.



Die 60er Jahre ließen sich mit gutem Grund als eine Art goldenes Zeitalter für Spione und Agenten auf Kinoleinwand und Fernsehschirm beschreiben. Das gilt insbesondere für Film und Fernsehen aus dem Vereinigten Königreich.
Zuallererst wird man dabei natürlich an James Bond denken müssen, der spätestens mit Guy Hamiltons Goldfinger (1964) zum wohl erfolgreichsten und einträglichsten Produkt der englischen Filmindustrie wurde. Ich habe bereits vor Jahren beschlossen, mir nie wieder einen Bond-Film anzuschauen. Eine Geschmacks- und keine Prinzipenfrage. Der Spaß, den die ohne Zweifel vorhandenen unterhaltsamen Elemente des Franchises mir früher einmal bereitet haben, reicht einfach nicht mehr aus, den Ekel und die Wut aufzuwiegen, die seine extrem abstoßenden Seiten (Sadismus, Misogynie, Männlichkeitswahn, Homophobie) in mir auslösen. Und mehr als bloßen Unterhaltungswert besaßen die Streifen nie.
Doch glücklicherweise ist 007 zwar der prominenteste, aber bei weitem nicht der einzige Vertreter des Agentenbooms der Sixties. Als angenehme Alternative bietet sich z.B. Michael Caines Anti-Bond Harry Palmer in The Ipcress File (1965), Funeral in Berlin (1966) und Billion Dollar Brain (1967) an. Und dann gibt es da ja auch die ersten Le Carré - Adaptionen The Spy Who Came In From The Cold (1965), The Deadly Affair (1966) und The Looking Glass War (1969).
ITV steuerte u.a. die Serie Danger Man (1960-62) mit Patrick McGoohan in der Hauptrolle bei. Vor allem aber kreierte der Sender mit The Avengers (1961-69) eine der coolsten und charmantesten Fernsehserien aller Zeiten. Das gilt zumindest bis zum Ausstieg von Diana Rigg im Jahre 1968. 
Die Abenteuer von John Steed und Emma Peel enthielten nicht selten eine ordentliche Dosis Phantastik – da bereiteten außerirdische Monsterpflanzen die Invasion der Erde vor, Roboter zerlegten mit Karateschlägen Büros und ihre Insassen oder putzige Kätzchen wurden mit Hilfe elektronischer Konditionierung zu ferngesteuerten Killertigern umfunktioniert. Damit gehörten The Avengers zu den frühen und stilbildenden Vertretern eines Subgenres, das man später einmal als "Spy-fi" bezeichnen würde.
Die phantastischen Elemente dienten dabei in erster Linie dazu, den exzentrischen Charakter der Serie noch zusätzlich zu verstärken. Dass man mit ihrer Hilfe auch ganz andere Effekte erzielen konnte, sollte die 1967/68 erstmals ausgestrahlte Miniserie The Prisoner – erneut mit Patrick MacGoohan als Hauptdarsteller – zeigen. In mancherlei Hinsicht erreichte das Agenten-Fernsehen der 60er mit ihr seinen Höhepunkt, doch das wäre ein Thema für einen anderen Post.

All dem hatte das US-Fernsehen zu dieser Zeit wenig vergleichbares entgegenzusetzen. Mission: Impossible (1966-73) war zwar sehr erfolgreich, doch leider handelt es sich bei der Serie in erster Linie um eine schamlose Verherrlichung der verbrecherischen Aktivitäten der CIA. The Man from U.N.C.L.E. (1964-68) erscheint da schon sehr viel sympathischer. Interessanterweise gehörte Bond-Schöpfer Ian Fleming zu den ursprünglichen Ideengebern für die Serie, doch glücklicherweise fügte Produzent Sam Rolfe dessen Konzept einige Elemente hinzu, die The Man from U.N.C.L.E. davor bewahrten, zu einem bloßen 007-Abklatsch zu werden. Er war es, der dafür sorgte, dass Napoleon Solo nicht für die CIA oder einen anderen westlichen Geheimdienst, sondern für eine internationale Organisation ("United Network Command for Law and Enforcement") arbeitet. Ihm {sowie den frühen Fans der Serie} haben wir es außerdem zu verdanken, dass unserem Haupthelden der sowjetische Agent Ilya Kuryakin als Partner und Freund zur Seite gestellt wurde. Auch wenn The Man from U.N.C.L.E. in qualitativer Hinsicht zu keiner Zeit auch nur aufs Entfernteste an The Avengers oder The Prisoner hereinreichte, besitzt die Serie doch ohne Zweifel ihre charmanten Seiten.

Und damit wären wir wieder bei den gemischten Gefühlen, die mich angesichts des Reboots, das August 2015 in die Kinos kommen soll, erfüllen. Regisseur und Drehbuchautor ist Guy Ritchie, mit dessen Sherlock Holmes - Filmen ich ehrlich gesagt nur wenig anfangen konnte. Napoleon Solo wird von Henry Cavill (The Tudors, Man of Steel), Ilya Kuryakin von Armie Hammer (The Social Network, J.Edgar, Lone Ranger) gespielt werden. All das für mich nicht unbedingt ein Grund für übergroßen Optimismus. Und erneut darauf hinzuweisen, dass solche Remake-Versuche alter Kultklassiker Ausdruck der erschreckenden Ideenlosigkeit sind, die im heutigen Hollywood herrscht, ist bloß noch ermüdend. Dennoch fühle ich mich nicht dazu getrieben, vorbehaltslos in den Meckeropa-Modus umzuschalten. Grund dafür ist vor allem die Plot-Zusammenfassung auf Wikipedia:
Set against the backdrop of the early 1960s, at the height of the Cold War, The Man from U.N.C.L.E. centers on U.N.C.L.E. agents Napoleon Solo and Illya Kuryakin. The two team up on a joint mission to stop a mysterious international criminal organization, which is bent on destabilizing the fragile balance of power through the proliferation of nuclear weapons and technology. The duo’s only lead is the daughter of a vanished German scientist, who is the key to infiltrating the criminal organization, and they must race against time to find him and prevent a worldwide catastrophe.
Besonders originell klingt das zwar nicht, aber dafür wie eine echte The Man from U.N.C.L.E. - Story. Offenbar soll der Film ganz auf der Nostalgie-Schiene fahren. Das ist zwar wie anfangs bereits gesagt ein heikles Unterfangen, dennoch stimmt es mich in gewisser Hinsicht zuversichtlich, dass man die Story nicht in die Gegenwart verlegt hat. Damit besteht zumindest eine kleine Chance, dass wir mit ihm ein buntes Abenteuerspektakel ohne den modischen Zynismus und Pseurodorealismus unserer Tage vorgesetzt bekommen werden. Das allein würde Ritchies The Man from U.N.C.L.E. natürlich noch nicht zu einem guten {oder auch bloß unterhaltsamen} Film machen, aber es wäre wenigstens ein Anfang.

Auch finde ich es auf bittere Weise amüsant, dass ein gerade in Produktion befindlicher Hollywood-Blockbuster vor dem Hintergrund des Kalten Krieges die Kooperation zwischen Amerikanern und Sowjets feiern wird, während zur selben Zeit die westlichen Medien einen antirussischen Propagandafeldzug eröffnet haben, wie man ihn seit Ronald Reagans Tagen nicht mehr gesehen hat. Wir leben eben in einer Zeit rascher und radikaler Umbrüche ...

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