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Mittwoch, 12. Februar 2014

Wuff wuff fhtagn !


Cats are the runes of beauty, invincibility, wonder, 
pride, freedom, coldness, self-sufficiency, 
and dainty individuality.

H.P. Lovecraft: Cats and Dogs


Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es ein Weiser aus der Stadt Ulthar jenseits des Flusses Skai gewesen ist, der die Menschheit als erster in Hunde- und Katzenmenschen einteilte. Doch wie auch immer es sich damit verhalten haben mag, mir scheint diese Einteilung sehr viel vernünftiger zu sein als all jene Kategorisierungen nach Geschlecht, Hautfarbe, Nation, Religion oder sexueller Orientierung, denen Konservative wie "Progressive" heutzutage eine so große Bedeutung beizumessen scheinen. Ich gebe zu, Leute, die nichts für Katzen übrig haben, sind mir irgendwie suspekt. Andererseits fühle ich mich all jenen, die gleich mir am liebsten Weihrauch am Altar der göttlichen Bastet opfern würden, erst einmal spontan nahe. Ja, auch das ist ein irrationales Vorurteil, und die Rechnung geht beileibe nicht immer auf {Akif Pirinçci *Schauder*}, aber ich gehöre nun einmal zu den frommen Verehrern des felinen Geschlechts.

Wie ich hier schon etliche Male ausgeführt habe, hege ich starke künstlerische wie ideologische Vorbehalte gegenüber H.P. Lovecraft. Zugleich jedoch fühle ich mich dem Gentleman von Providence auf innigere Weise verbunden, als mir eigentlich lieb sein kann. Die Tatsache, dass er ein ganz ausgesprochener Katzenliebhaber war, ist dafür wohl nicht der wichtigste Grund, aber ganz unwichtig ist sie auch nicht.*
Bei all seinem elitären Nietzscheanertum wird z.B. sein 1926 verfasster Essay Cats and Dogs für jeden Verehrer der aristokratischen Felidae eine ausgesprochen anregende Lektüre bleiben. Zumal Lovecraft hier wieder einmal beweist, dass er nicht der humorlose Knochen war, als der er manchmal dargestellt wird.
Oder man schaue sich folgenden Abschnitt aus einem Brief des alten Gentleman an Fritz Leiber an:
I learn with great interest of Messrs. Nemo & Murphet Leiber, & wish my own household were able to harbour their counterparts. [...] I am forced to content myself with playing occasional host to varied felidae of the neighbourhood [...] For this purpose I always have a supply of catnip on hand, & many an afternoon as I sit writing I have some black or tiger or grey or black-&-white caller racing around the floor after spools or chewing the papers on my desk or alternately purring & dozing in a neighbourung easy-chair, according to his age and temperament.
Lovecarft erklärte die Katzen von Fritz und Jonquil Leiber allsogleich zu Mitgliedern der weltumspannenden Gesellschaft Kappa Alpha Tau,
an institution whose initials may be interpreted as the words Κομπσον Αιλυρον Ταξις (band of elegant or well-dress'd cats), though low punsters persist in reading a shorter & more phonetic meaning into our corporate initials K.A.T. Of this band, notwithstanding the inapplicability of the adjective to me, I consider myself an honorary member by virtue of my lifelong regard for the feline species. I am sure that Nemo & Murphet are high officials of the Southern California Chapter just as Mother Simaetha, the incredibly aged coal-black witch-cat of Clark Ashton Smith, heads the Ladies' Auxiliary of the Central California Chapter.**
Lovecraft schickte den Leibers {genauer gesagt ihren Katzen} als kleinen Willkommensgruß der K.A.T.s von Providence die Kopie einer seiner Geschichten. ("I trust that its new furry owners will permit you to glance through it at least once or twice").  Dabei handelte es sich wohl um seine Dreamland-Story The Cats of Ulthar, die man sich hier von Sarah Jennings vortragen lassen kann:



Nebenbei bemerkt teilte Fritz Leiber Lovecrafts Liebe zu den "cool, lithe, cynical, and unconquered lord(s) of the housetops". Katzen und katzenartige Kreaturen spielen eine wichtige Rolle in einer ganzen Reihe seiner Werke, wie z.B. The Green Millenium, The Wanderer, The Swords of Lankhmar und natürlich den Stories um den Kater Gummitch (vgl.: Space-Time for Springers & Kreativity for Kats).

Angesichts der tiefen Verehrung, die der alte Gentleman dem felinen Geschlecht entgegenbrachte, ist es wenig erstaunlich, dass nicht er es war, der das hündische Element in die Welt des Cthulhu-Mythos einführte, sondern sein Freund Frank Belknap Long. Die beiden hatten sich 1920 über die Amateur-Schriftsteller-Bewegung kennengelernt, in der Lovecraft seit 1914 aktiv war. Zu Longs frühen Werken, die Lovecraft in seiner selbst verlegten Zeitschrift The Conservative veröffentlichte, gehörte auch Felis: A Prose Poem, welches der Katze seines Freundes gewidmet war. Offenbar gehörte auch Long zu den Katzenmenschen. Während Lovecrafts New Yorker Jahren 1925/26 war Frank Belknap Long der wohl engste Freund des alten Gentleman, doch gelang es auch ihm nicht, diesem das Leben in der kosmopolitischen Metropole am Hudson auf Dauer erträglich zu machen. Longs 1930 in Weird Tales erschienene Story The Hounds of Tindalos gilt als die erste, nicht von Lovecraft selbst verfasste Cthulhu-Mythos-Erzählung, obwohl keine der offensichtlichsten Versatzstücke des Mythos (die Großen Alten, das Necronomicon etc.) in ihr vorkommt. Dafür jedoch besagtes hündische Element, das in späteren Jahrzehnten so unterschiedliche Autoren wie Elizabeth Bear, William S. Burroughs, Ramsey Campbell, Michael Cisco, Brian Lumley, Sarah Monette und Roger Zelazny wieder aufnehmen sollten.
Freilich sind die "Hounds of Tindalos", die dem Mystiker Chalmers bei seiner mit Hilfe einer exotischen Droge initiierten Reise durch die Zeit begegnen, um sich sogleich auf seine "Fährte" zu setzen und schließlich für sein verfrühtes und reichlich unappetitliches Ableben zu sorgen, genaugenommen keine richtigen "Hunde". Chalmers' unzusammenhängendem Bericht ist nur wenig genaues über diese grausigen Kreaturen aus einer Region jenseits von Raum und Zeit zu entnehmen:
I stood on the pale grey shores beyond time and space. In an awful light that was not light, in a silence that shrieked, I saw them.
All the evil in the universe was concentrated in their lean, hungry bodies. Or had they bodies? I saw them only for a moment; I cannot be certain. But I heard them breathe. Indescribably for a moment I felt their breath upon my face. They turned toward me and I fled screaming. In a single moment I fled screaming through time. I fled down quintillions of years.
But they scented me. Men awake in them cosmic hungers.
Dieser kurze Abschnitt lässt bereits erahnen, warum die Story wohl zurecht dem Cthulhu-Mythos zugerechnet wird. Grund hierfür sind nicht die in ihr beschriebenen Ereignisse oder Kreaturen, sondern ihr kosmischer Charakter. Wie Lovecrafts Erzählungen eröffnet auch Longs Geschichte den Blick auf ein unüberschaubares und dem Menschen gänzlich fremdes, wenn nicht gar feindlich gesonnenes Universum. Die "Hounds of Tindalos" aber sind die Inkarnationen all der unmenschlichen, zerstörerischen Kräfte, die es in sich birgt. Wird der Mensch mit ihnen unmittelbar konfrontiert, so kann das Ergebnis nur fürchterlich sein.

Wer The Hounds of Tindalos einmal selbst lesen will, kann sich die Geschichte als PDF bei SFFaudio herunterladen. Und zum Abschluss jetzt rasch noch Childe Rolands von Longs Story inspirierter Song:




* Im Gegenzug ist mir der alte Tolkien schon ein Bisschen verdächtig, wenn er z.B. schreibt, Siamkatzen gehörten für ihn "zur Fauna von Mordor"! (Brief an Allen & Unwin vom 14.10.1959. In: J.R.R. Tolkien: Briefe. Nr. 219. S. 393.) Sollte der "Professor" ein Verächter der edlen Felidae gewesen sein? Immerhin wird in der ersten Fassung der Geschichte von Beren und Lúthien der später Sauron zukommende Part von einer riesigen Katze, Tevildo, gespielt ... 
** H.P. Lovecraft an Fritz Leiber (19. Dezember 1936). In: Ben J.S. Szumskyj & S.T. Joshi (Hg.): Fritz Leiber and H.P. Lovecraft: Writers of the Dark. S. 54.

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