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Montag, 13. Mai 2013

Vielen Dank auch, Warner Bros ...

Ein dritter Dungeons & Dragons - Film?* Klingt das nicht ein bisschen so, als würde jemand verkünden, er wolle ein Sequel zu Howard the Duck oder Red Sonya drehen? D.h. wie das Projekt eines Menschen, dem man dringend dazu raten sollte, einen Psychotherapeuten aufzusuchen, bevor er sich und andere ins Unglück stürzt? Und doch haben die Bosse von Warner Bros. genau dies vor, nachdem sie kürzlich die Filmrechte zu D&D erworben haben. Man fragt sich: Warum? Und das nicht nur, weil die ersten beiden Versuche, den Urvater aller Fantasyrollenspiele als Grundlage für einen Film zu verwenden, so spektakuläre Gurken hervorgebracht haben. Ist D&D überhaupt noch ein Name, mit dem man genug Zuschauer & Zuschauerinnen ins Kino locken kann, um die doppelte Investition des Rechtekaufs und der Produktion eines einigermaßen ansehnlichen Fantasystreifens zu rechtfertigen? Bei Warner Bros. ist man offenbar dieser Meinung, und es soll sogar schon ein Script bereit liegen. Der Name des Autors lässt freilich wenig Gutes erwarten: David Leslie Johnson, seines Zeichens Verfasser der Drehbücher zu Clash of the Titans (2010) und Red Riding Hood (2011). Eher witzig mutet es dagegen an, dass einer der Produzenten Courtney Solomon sein wird, Regisseur des legendär miesen ersten Dungeons & Dragons - Flicks aus dem Jahre 2000.
Fast noch ein wenig bizarrer als die Ankündigungen aus Hollywood wirkten auf mich allerdings die Artikel, die in Reaktion darauf bei Tor.com  und Den of Geeks erschienen sind. Mordicai Knode und Liam Macleod versuchen beide, darzulegen, was es ihrer Meinung nach bräuchte, um einen "guten" D&D-Film zu kreieren. Dabei übersehen sie meiner Meinung nach eine Reihe wichtiger Punkte: 1) Warner Bros. hat nicht die Rechte an irgendwelchen Settings oder gar an den zahllosen D&D-Romanen erworben. Schon deshalb ist es ausgeschlossen, dass wir einen Greyhawk-, Ravenloft- oder Spelljammer-Film zu sehen bekommen werden. 2) Es ist naiv, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sich der Streifen als eine intelligente Auseinandersetzung mit dem Phänomen Rollenspiel entpuppen könnte, selbst wenn der Name David Leslie Johnson noch nicht gefallen wäre. Ganz offensichtlich geht es Warner Bros. darum, den dank Peter Jacksons Hobbit und HBOs Game of Thrones nach wie vor anhaltenden Fantasyboom auszubeuten. Ihr Ziel ist es nicht, ein Cabin in the Woods für RPGs zu schaffen. 3) Das Zielpublikum werden nicht in die Jahre gekommene Rollenspiel-Nerds sein. Es macht darum auch wenig Sinn, von einer Fanperspektive aus an diesen Streifen heranzugehen. Wir können froh sein, wenn es sich am Ende um ein einigermaßen unterhaltsames Fantasyabenteuer mit ein paar D&D-Monstern handeln wird, und nicht um ein weiteres "episches" Debakel wie Clash of the Titans.
Die beiden Artikel nebst dazugehörigen Kommentaren sind für mich in erster Linie Ausdruck einer unter Geeks recht verbreiteten Mentalität. Das über die Jahrzehnte zu großer Vielgestaltigkeit und Komplexität herangewachsene D&D - Universum ist für sie persönlich sehr wichtig, und darum erwarten sie, dass ein Dungeons & Dragons - Film dies irgendwie widerspiegeln müsste. Ich kann diesen Wunsch zwar nachvollziehen, halte ihn jedoch zugleich für sehr blauäugig. Natürlich hat Warner Bros. die Rechte an D&D erworben, weil sie hoffen, den Nostalgiewert des Namens ausschlachten zu können. {Das erscheint mir jedenfalls die einzig vernünftige Erklärung zu sein, denn das Filmfranchise ist höchstens für seine unterirdische Qualität berühmt.} Doch die Studiobosse wären schlechte Geschäftsleute, wenn sie einen Streifen produzieren lassen würden, der sich an den Wunschvorstellungen von Rollenspielfans orientiert. So etwas hätte man vermutlich nicht einmal in der Blütezeit von D&D gemacht, noch viel weniger heute. Das Zielpublikum wäre für einen Film, der ohne Zweifel Abermillionen Dollars kosten wird, einfach viel zu klein.

Sowohl bei Tor.com als auch bei Den of Geeks wird mehr als einmal die gute alte Dragonlance - Saga von Margaret Weis und Tracy Hickman als mögliche Vorlage für einen "guten" D&D-Film ins Spiel gebracht. Was mir augenblicklich in Erinnerung rief, dass es doch bereits eine Filmadaption von Dragons of Autumn Twilight gibt, auch wenn ich die bisher noch nicht gesehen hatte. Aber das könnte man ja ändern, und wären die aktuellen Diskussionen dafür nicht ein idealer Anlass? Gesagt, getan!


Jetzt weiß ich zumindest, wie man einen D&D-Film – ach, was sag ich: einen Fantasyfilm nicht machen sollte ...
Der unter der Regie von Will Meugniot (The Real Ghostbuster, Stargate: Infinity) 2008 produzierte Animationsfilm ist unter so gut wie jedem Blickwinkel eine Katastrophe.
Die Qualität der Zeichnungen ist bestenfalls mittelmäßig. Vieles wirkt schludrig gemacht und oft genug gibt es auffällige Unstimmigkeiten in Perspektive und Proportionen. Im Unterschied zum Rest des Films handelt es sich bei den Drakoniern um computergenerierte Figuren, was ausgesprochen irritierend wirkt. Einige Szenen, in denen man weite, offene Flächen zu sehen bekommt (den Dorfplatz von Solace, den Hof von Pax Tharkas), hinterlassen den Eindruck, als habe man nicht genug Geld zur Verfügung gehabt, um einen ausreichend großen Stab an Zeichnern und Zeichnerinnen zu engagieren, die die Leere mit Figuren oder anderen Details hätten ausfüllen können.
Sehr viel schlimmer noch sieht es allerdings auf erzählerischer Ebene aus. Nun sind die Dragonlance-Romane sicher keine literarischen Meisterwerke, aber ich denke doch, dass man aus Dragons of Autumn Twilight das Script für einen, wenn schon nicht originellen, so doch zumindest spannenden und einigermaßen stimmungsvollen Epic Fantasy - Streifen hätte herausdestillieren können. Doch gerade Spannung sucht man in Meugniots Film vergeblich. Man bekommt beinahe den Eindruck, Drehbuchautor George Strayton habe es bewusst darauf angelegt gehabt, bloß keine aufkommen zu lassen. So beginnt der Film nicht etwa mit der Wiedervereinigung der Gefährten im "Inn of the Last Home", sondern mit Szenen von Verminaard und seiner Drachenarmee, was alle späteren Gespräche über Gerüchte von Krieg und Chaos völlig uninteressant erscheinen lässt, da wir die Wahrheit ja bereits kennen. Ebenso bekommen wir unmittelbar vor dem ersten Auftreten der Drakonier den Kartentisch Verminaards zu sehen, auf dem kleine Drakonierfiguren die Position seiner Truppen bezeichnen. Wenn die mysteriösen Mönche kurz darauf ihre Kutten abwerfen und sich als geflügelte Echsenmenschen entpuppen, wird uns das kaum mehr beeindrucken. Aber es wird noch schlimmer. Alle Passagen, die am ehesten geeignet gewesen wären, eine spannende Atmosphäre heraufzubeschwören, sind radikal zusammengestrichen worden. Das gilt vor allem für Xak Tsaroth und Pax Tharkas. Sowohl der Vorstoß in die von Onyx und ihren Drakoniern besetzte Untergegangene Stadt als auch das Eindringen in Verminaards Festung wird in wenigen Minuten abgehandelt. Grund hierfür dürfte es vermutlich gewesen sein, dass die Macher unbedingt etwas bedeutungsvolleres schaffen wollten als einen simplen Fantasystreifen. Statt neckischer Abenteuer mit grausigen Drachenmenschen, verfallenen Metropolen und staubigen Grüften sollten dabei offenbar Tanis' "Seelenqualen" im Zentrum stehen. Was dazu geführt hat, dass viel Zeit mit ebenso langweiligen wie banalen Monologen und Gesprächen verplempert wird.
Kurioserweise tritt damit auch die religiös-konservative Grundidee der Geschichte sehr viel deutlicher hervor, als mir das aus den Büchern in Erinnerung war: Die Welt droht deshalb unter die Herrschaft des Bösen zu geraten, weil sich die Menschen von den "wahren" Göttern abgewandt haben, die sie in ihrer Verblendung auch noch für das Elend, das über sie gekommen ist, verantwortlich machen. Der Weg zu Rettung und Erlösung aber führt über den unerschütterlichen Glauben in die himmlischen Mächte. Klingt das nicht verdächtig nach dem, was Prediger und Fundamentalisten {nicht nur} in den USA tagtäglich verkünden? Man braucht bloß die "Götter des Lichtes" durch "Our Lord Jesus Christ" zu ersetzen.

Der Eindruck war so penetrant, dass mir auf einmal auch wieder zu Bewusstsein kam, wie viele spezifisch mormonische Elemente sich in den frühen Dragonlance-Büchern finden. Tracy Hickman ist bekanntermaßen ein frommes Mitglied der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", und das hat deutliche Spuren hinterlassen.
Da wären zuerst einmal die Figuren von Goldmoon und Riverwind. Die "Plainspeople" sind sehr deutlich nach dem Vorbild der amerikanischen Ureinwohner gezeichnet,** doch im Unterschied zum dunkelhäutigen und -haarigen Riverwind ist "Chieftain's Daughter" eine platinblonde Schönheit. Nun basiert die gesamte Geschichtsmythologie der Mormonen auf der absurden Vorstellung, Amerika sei einstmals von Israeliten bevölkert worden. Die Vorfahren der heutigen Indianer aber seien die von Gott verfluchten Lamaniten, von denen es im Buch Mormon heißt: "Und da sie sehr weiß, schön und angenehm gewesen, ließ Gott, der Herr ihre Haut dunkel werden, so daß sie mein Volk nicht mehr verführen konnten" (2 Nephi 5, 21). Wundert es da noch jemanden, dass Goldmoon, die dazu berufen ist, den "wahren" Glauben in die Welt zurückzubringen, milchig weiße Haut und blonde Haare hat?
Dann gäbe es da die "Disks of Mishakal", deren Auffinden und Entschlüsseln im Zentrum von Dragons of Autumn Twilight steht. Hmmm ... Platten aus Edelmetall, in die die "wahre Lehre" eingeschrieben ist. Woran erinnert mich das denn bloß? – Ach ja, hatte Joseph Smith – der Gründer der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" – nicht behauptet, das Buch Mormon in Form geheimnisvoller Goldplatten aus dem Hügel "Cumorah" ausgegraben und anschließend mit Hilfe seiner "Prophetenbrille" übersetzt zu haben? Koinzidenzen ohne Grenzen!
Und schließlich hätten wir noch die Figur des Elistan, der zum religiösen und politischen Führer seines Volkes wird, und dieses aus der Sklaverei in die Freiheit und zum "wahren" Glauben führt. Nicht zufällig nahm sich der große TSR-Illustrator Larry Elmore für dessen Porträt Charlton Hestons Moses aus The Ten Commandments zum Vorbild. Und die Mormonen wiederum haben ihre Wanderung von der Ostküste nach Utah stets in Parallele zur biblischen Wüstenwanderung des Volkes Israel gesehen.

Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht hat Warner Bros.'s Ankündigung jetzt ja doch noch zu einigen interessanten Resultaten geführt ...

* Genau genommen gibt es bereits einen dritten D&D-Film: The Book of Vile Darkness aus dem Jahr 2011, der allerdings nie fürs Kino gedacht war, sondern direkt für den DVD-Markt produziert wurde.
** Vgl. Keith Parkinsons Bild des Paares. 

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