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Freitag, 4. Januar 2013

"They come with the mist"

An Tagen wie heute, wenn dichter Nebel aus den Wäldern und Hügeln der Umgebung aufsteigt und sich in milchigen Schwaden über die Wiesen und Äcker legt, passiert es mir oft, dass ich an John McTiernans The 13th Warrior denken muss. Und ich bin jedesmal aufs Neue irritiert, denn es gibt so viele Gründe, warum ich diesen Film eigentlich überhaupt nicht leiden kann. Dennoch muss McTiernan irgendetwas richtig gemacht haben. Warum sonst käme mir immer wieder diese Assoziation?


Sehen wir einmal davon ab, dass The 13th Warrior zum x-ten Mal die wenig sympathische Geschichte erzählt, wie durch Kampf und Töten aus einem "Weichling" ein "echter Mann" wird, und konzentrieren wir uns auf all die übrigen Punkte, die gegen diese Adaption eines Schmökers von Michael Crichton (Eaters of the Dead) sprechen.
Zuerst einmal bin ich kein großer Freund davon, wenn sich Drehbuchschreiber & Filmemacher irgendwelche Versatzstücke aus Historie und Heldenepos schnappen, um aus ihnen eine oberflächliche Action-Fantasy-Story zusammenzuschustern. Erst recht nicht, wenn dabei sehr deutlich wird, dass sie keinerlei Gefühl für das von ihnen verwendete Material besitzen.
Okay, ich gebe zu, ein Trupp bärtiger und brüllender Klischeewikinger macht auch mir Spaß. Klischeewikinger sind cool. Aber wozu dem Ganzen ein paar leichte Anklänge an das Beowulf-Epos beimischen? Als Crichton Eaters of the Dead schrieb, wollte er damit angeblich beweisen, dass man den Beowulf-Stoff auf spannende Weise neuerzählen kann. Wenn es erlaubt ist, Rückschlüsse von der Verfilmung (an der Crichton mitgearbeitet hat) auf das Buch zu ziehen, dann kann ich nur sagen, dass mir eine Lektüre des Originals geeigneter erscheint, um dessen bleibende Qualität unter Beweis zu stellen. Das altenglische Gedicht ist sehr viel faszinierender und fantastischer als diese banale "Neuerzählung". Wie der alte Tolkien sehr gut begriffen hatte, ist der Stoff ohne echte Ungeheuer wie Grendel oder den Drachen nur halb soviel wert.
Sehr viel enttäuschender als Buliwyf, Hrothgar und ihre Mannen aber ist die Figur des von Antonio Banderas gespielten Ahmad Ibn Fadlan. Sein historisches Vorbild war ein berühmter arabischer Reisender und Religionsgelehrter, der mit einer Gesandtschaft des Kalifen al-Muqtadir im Jahr 921 zu den Wolgabulgaren zog. Die Aufzeichnungen, die er über diese Reise anfertigte, enthalten u.a. einen Bericht über seine Begegnung mit den Russiyah, in denen viele Historiker die warägischen Rus (also Wikinger) sehen. An diese Episode knüpft Crichton an. Tatsächlich besäße die Begegnung eines Vertreters der islamischen Hochkultur des Mittelalters mit der Welt der heidnischen Nordmänner das Potential für eine wirklich interessante und spannende Erzählung. Doch nichts davon materialisiert sich in The 13th Warrior. Keiner der Beteiligten hat sich offenbar die Mühe gemacht, sich ein Bisschen eingehender mit der Kultur des abbasidischen Kalifats vertraut zu machen. Nicht für einen Moment nimmt man Banderas' Ibn Fadlan ab, dass er ein mittelalterlicher Muslim oder auch nur ein Araber ist. Alles, was sich in dieser Hinsicht findet, sind ein paar Witzchen über gekrümmte Schwerter und das koranische Alkoholverbot.
Bleiben noch die monströsen "Wendols" kannibalistische Höhlenmenschen, die offenbar dem steinzeitlichen Bärenkult anhängen und zugleich einer gigantischen Version der Venus von Willendorf huldigen. Sie erinnern an die degenerierten Überbleibsel vergangener "Rassen", denen wir in den Geschichten von Robert E. Howard oder auch Arthur Machen begegnen. Übergehen wir für den Moment die unappetitlichen sozialdarwinistischen und rassistischen Assoziationen, die sich einem bei diesem Motiv aufdrängen könnten, so sind sie es, die für mich den Reiz von The 13th Warrior ausmachen. Allerdings nur solange ihnen noch etwas Geheimnisvolles anhaftet. Und damit kommen wir zum eigentlichen Problem des Films.
Grob gesprochen lässt sich der Streifen in drei Kapitel aufteilen. Das erste erzählt von der Begegnung Ibn Fadlans mit den zwölf Wikingern und ihrer Reise in den Norden. So weit akzeptabel, wenn auch nicht wirklich fesselnd. Das zweite beginnt mit ihrer Ankunft in Hrothgars Siedlung und erzählt von der Auseinandersetzung mit dem Sohn des Königs und der ersten Begegnung mit den "Wendols". Dieser Abschnitt enthält die positivsten Sequenzen des ganzen Films. Die Szenen, in denen wir den Nebel aus der nordischen Wald- und Heidelandschaft aufsteigen sehen, mit dem die grauslichen "Wendols" kommen, umgibt eine wirklich gespenstische Atmosphäre. Zugleich sorgen die Bemühungen der Wikinger, ihr Dorf gegen die scheinbar übernatürliche Bedrohung zu verteidigen, für echte Spannung. Doch leider wird das Geheimnis um die nächtlichen Angreifer viel zu schnell gelüftet, und es folgt Kapitel 3, dem ich den Titel "Kommandoeinsatz Bärenhöhle" geben will. Von der unheimlichen Atmosphäre bleibt nichts übrig, sobald unsere Helden in die unterirdische Behausung der "Wendols" eindringen, um deren "Mutter" und ihren Kriegshäuptling zu töten. Das Szenario erinnert vielmehr an ein altmodisches D&D - Abenteuer wie den Klassiker Festung im Grenzland.
Filmkritiker Roger Ebert hat im Laufe seiner langen Karriere viel Unsinn von sich gegeben, aber in Bezug auf The 13th Warrior hat er leider recht: Der Film "lumber[s] from one expensive set-piece to the next without taking the time to tell a story that might make us care". McTiernan und Crichton scheinen nicht recht gewusst zu haben, welche Geschichte sie eigentlich erzählen wollten. Das Pacing ist entsprechend fürchterlich.
Und dennoch überkommt mich gerade die Lust, mir den Streifen wieder einmal reinzuziehen. Denn in diesem ganzen banalen und unausgewogenen Mix verbirgt sich der Keim zu einem Film, den ich gern gesehen hätte. Immer dann, wenn die Nebel aufziehen ...

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