"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Samstag, 30. September 2017

Strandgut der Woche

Samstag, 23. September 2017

Strandgut der Woche

Dienstag, 19. September 2017

Willkommen an Bord der "Liberator" – S02/E02: "Shadow"

Ein Blake's 7 - Rewatch
 
Schicken wir's gleich vorweg: "Terra Nostra" ist ein ziemlich doofer Name für eine SciFi-Weltraummafia. Doch davon einmal abgesehen ist Chris Bouchers Einstand als eigenständiger Drehbuchschreiber eine der besten Episoden, die die Serie bisher zu bieten hatte. Der Ton ist düsterer, die Konflikte zwischen den Crewmitgliedern heftiger, und stärker als jemals zuvor tritt das moralisch fragwürdige in Blakes revolutionärem Fanatismus zutage.

Die Episode beginnt mit dem Geschwisterpaar Bek (Karl Howman) und Hanna (Adrienne Burgess), die eine "Audienz" bei Largo (Derek Smith), dem "Paten" der neutralen Raumstation "Space City", haben. Sie bringen ihm Diebesbeute, um im Gegenzug die Droge "Shadow" zu erhalten, der zumindest die Schwester gänzlich verfallen zu sein scheint. Largo macht sich einen Spaß daraus, die beiden "Dreamheads" zu quälen und zu demütigen, bis Bek plötzlich eine Pistole zückt und den Spieß umdreht.
Sein Versuch, Hanna und ihren kleinen Bruder Peety aus den Klauen der Terra Nostra (und ihrer Droge) zu befreien, wird allerdings nicht von dauerndem Erfolg gekrönt sein (den jungen Peety werden wir sogar nur als totes Opfer einer Überdosis kennenlernen).

Diese Eröffnungssequenz lässt keinen Zweifel daran, dass es sich bei den Vertretern der Terra Nostra um menschlichen Abschaum in eleganten Anzügen handelt.  Wenn wir erfahren, dass Blake vor hat, einen Deal mit dem Syndikat abzuschließen, der es ihm erlauben soll, dessen weitreichendes Netztwerk in seinem Kampf gegen die Föderation zu nutzen, wirkt das deshalb von Anfang an äußerst fragwürdig. Kein Wunder, dass kaum einer auf der Liberator mit diesem Plan besonders glücklich ist. Der sonst so unerschütterlich loyale Gan bringt seine Einwände am lautstärksten zum Ausdruck, aber auch Jenna, die den Kontakt zu Largo herstellen soll, verwahrt sich heftigst dagegen, dass der Pate ein "alter Freund" von ihr sei. Ihre letzte Interaktion mit dem Syndikat war alles andere als erfreulich. Avon hat zwar keinerlei moralische Bedenken, hält es jedoch für extrem unwahrscheinlich, dass die Organisation auf Blakes Angebot eingehen wird. Und natürlich kann er es sich nicht verkneifen, einen sarkastischen Kommentar zu dessen etwas schwächlichen Rechtfertigungsversuchen abzugeben: 
Gan: [I]f you can stomach doing business with the Terra Nostra.
Blake: We're going to use them, Gan, not do business with them.
Avon: A subtle distinction that escapes me for the moment.
Doch für Blake ist nur eines wichtig der Kampf gegen das Regime. Wenn die Terra Nostra ihm dabei helfen kann, haben alle übrigen Argumente zurückzustehen.
Wie Vjla zu Bedenken gibt, gehörte Blake ursprünglich zu einer äußerst privilegierten Schicht der Föderationsgesellschaft. Anders als der aus der Arbeiterklasse stammende Dieb, der in einem Milieu aufgewachsen ist, "where the Terra Nostra really operate. Without anesthetic, usually", hat er kein auf eigenen Erfahrungen basierendes Bild von der Weltraummafia und ihren Methoden. Er sieht in ihr einfach eine mächtige Organisation, deren Dienste er kaufen kann.

Eine ziemlich naive Sichtweise, die schon bald katastrophale Folgen nach sich zieht.
Largo lehnt nicht nur Blakes Angebot einer Zusammenarbeit kategorisch ab, er sorgt auch dafür, dass seine Verhandlungspartner alsbald im improvisierten Lokalkerker der Terra Nostra landen, wo sich bereits Bek und Hanna befinden. Zu glauben, der unabhängig von Jenna, Blake und Avon auf die Station teleportierte Gan reiche als Absicherung aus, erweist sich als eine arrogante Fehleinschätzung.
Während Cally der offiziellen Administration von Space City bereits mit einem Angriff der Liberator droht, wenn die Gefangenen nicht umgehend freigelassen würden, gelingt es diesen mit der eher zufälligen Hilfe von Bek und Hanna, sich selbst zu befreien. Blake weigert sich zuerst, die beiden Junkies mitzunehmen, ändert seine Meinung aber schließlich doch noch.

Man sollte meinen, diese erste reale Konfrontation mit der Terra Nostra hätte Blake von der Fehlerhaftigkeit seines Planes überzeugen sollen, doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Er versteift sich erst recht darauf, die Dienste der Weltraummafia zu nutzen. Und wenn Verhandlungen nicht zum erwünschten Ziel führen, könnte man es ja einmal mit Erpressung versuchen.
"Shadow" ist die Haupteinnahmequelle des Syndikats, also lässt Blake die Zusammensetzung der Droge von Zen anaylsieren, und es stellt sich heraus, dass die wichtigste Komponente ein angeblich ausgestorbener, als "Moon Disc" bekannter Kaktus ist, der nur auf einem einzigen Planeten – Zondar vorkommt. Wenn man den Zugang zu dieser Quelle unterbinden könnte, wäre die Terra Nostra zu Verhandlungen gezwungen. Gan protestiert: "The drug in return for their help? Blake, that would make us pushers." Doch erneut lässt Blake keine moralischen Einwände gelten: "That will make us winners, Gan. That's the only excuse for fighting." Und diesmal erhält er dabei auch die Unterstzützung Jennas: "It's too good a chance to miss, Gan." Eine ganz andere Frage beschäftigt Avon: Die Föderation hat "Shadow" offiziell als "the greatest single threat to the welfare of mankind" gebrandmarkt, und doch soll es den Behörden nicht möglich gewesen sein, die Quelle der Droge ausfindig zu machen, während die Liberator - Crew dafür nicht einmal eine Stunde gebraucht hat?

Währenddessen gehen unheimliche Dinge mit Cally und Orac vor sich. Der Supercomputer verhält sich noch eigenwilliger als gewöhnlich, und als er sich aus irgendwelchen Gründen von der Telepathin bedroht fühlt, versetzt er sie in eine Art katatonischen Zustand, indem er ihr das Gefühl vollständiger Isolation einflößt, was zu einigen wunderschön psychedelisch anmutenden Szenen Anlass gibt. Für ein Mitglied ihrer Spezies gleicht dieser psychische Zustand einer fürchterlichen, letztlich tödlichen Folter, denn als Telepathen sind die Auronar in gewisser Hinsicht nie allein.

Als die bewusstlose Cally von ihren Gefährten entdeckt wird, während die Liberator in den Orbit um Zondar einschwenkt, eskalieren die Konflikte unter der Crew. Jenna wirft Blake, der keine Verzögerung seines Planes in Kauf nehmen will, offen vor, er sei an Callys Wohlergehen nicht interessiert, woraufhin dieser sich gegenüber allen anderen immer aggressiver, ungeduldiger und autoritärer aufführt.
Dennoch folgen ihm Avon und Jenna schließlich auf die Oberfläche.
Derweil die drei recht schnell eine kleine "Moon Disc" - Plantage entdecken {die angeblich telepathisch begabten Kakteen sind übrigens ungeheuer niedlich}, beginnt Orac plötzlich, die Energiereserven der Liberator massiv anzuzapfen. Das Raumschiff ist nicht mehr in der Lage, einen stabilen Orbit zu halten, und droht in der Atmosphäre zu verglühen, wenn der Computer nicht irgendwie gestoppt werden kann. Als Hanna versucht, das Elektronenhirn zu deaktivieren, wird sie durch einen gewaltigen Stromschlag getötet.
Das Überleben unser Helden & Heldinnen hängt nun ganz von Cally ab, die einen telepathischen Kampf gegen eine finstere, interdimensionale Macht ausfechten muss, die Orac als Tor zu unserem Universum zu benutzen versucht. Dabei erhält sie unerwartete Unterstützung von den putzigen "Moon Discs".

Wie gesagt halte ich Shadow für eine der bisher stärksten Blake's 7 - Episoden.
Zwar ließe sich argumentieren, dass der Cally & Orac - Plot eine unnötige Zutat darstellt, die vom eigentlichen Kern der Geschichte ablenkt, doch sind die mit ihm verbundenen Szenen einfach zu interessant, als dass ich auf ihn verzichten wollte. Die Serie hat Callys telepathische Fähigkeiten bisher kaum wirklich genutzt, hier stellt sie zum ersten Mal etwas spannendes mit ihnen an. Und über die "Moon Discs" verknüpft das Script die beiden Handlungsstränge am Ende sogar, wenn auch auf etwas willkürliche Weise.
Die letztliche Auflösung des Terra Nostra - Plots ist vielleicht nicht hunderprozentig befriedigend: Blake muss seinen Plan aufgeben, nachdem er entdeckt hat, dass das Syndikat in Wirklichkeit mit der Regierung zusammenarbeitet und von dieser insgeheim unterstützt wird.  Um so stärker ist die sich daran anschließende Schlussszene. Blake erklärt Bek, der von tiefer Trauer um seine beiden so sinnlos gestorbenen Geschwister und von heftigem Verlangen nach Rache erfüllt ist, dass er ihn nach Space City zurückbringen werde."I'll give you three years, then I'll come looking. I expect you to be able to help me." Er lässt ihn den Knopf drücken, der die Sprengladungen zur Detonation bringt, die Blake, Jenna und Avon in der "Moon Disc" - Plantage angebracht haben: "Bek, that button burns the President's garden. It won't hurt him much, but it'll sting a bit." Wir wissen, dass die Föderation eine totalitäre Diktatur und Blakes Kampf ein gerechter ist. Wenn Bek zu einem bewussten Widerstandskämpfer wird, würden wir dies deshalb begrüßen. Und doch wirkt unser Held hier auf unheimliche Weise manipulativ. Man hat nicht das Gefühl, als berühre ihn Beks furchtbarer Verlust emotional. Er scheint in dem Schmerz des jungen Mannes nur eine Gelegenheit zu sehen, wie er einen weiteren Mitkämpfer rekrutieren kann. Prinzipiell ist die Verwandlung von persönlicher Wut in politischen Kampf zwar sicher kein falscher Weg, doch auf einer menschlichen Ebene hinterlässt Blakes Verhalten ein ungutes Gefühl.

Samstag, 16. September 2017

Strandgut der Woche

Samstag, 9. September 2017

Strandgut der Woche

Sonntag, 3. September 2017

Dino-Kino und mehr: "One Million Years B.C."

Mein filmeschauendes Leben hatte schon seit einiger Zeit unter einem besorgniserregenden Mangel an Dinosauriern gelitten. Von einer erneuten Stippvisite in Arthur Conan Doyles, Harry Hoyts & Willis O'Briens grandioser Lost World (1925)* abgesehen, die außerdem auch schon einige Zeit zurücklag, hatten sich die geliebten Urzeitechsen in den letzten Monaten bei mir verdammt rar gemacht. Ein beklagenswerter Zustand, der dringendst einer Änderung bedurfte! Also entschloss ich mich dazu, Hammers erstem Urzeitflick One Million Years B.C. (1966) einen Besuch abzustatten. An den Inhalt konnte ich mich zwar nur noch vage erinnern, aber ich wusste doch, dass seine Dinos Kreationen des unsterblichen Ray Harryhausen sind. Grund genug denke ich   meine Erinnerung an den Flick etwas aufzufrischen!



Eines vorweg: Man sollte meinen, niemand käme auf die Idee, einen Film wie diesen für seine * ähem * "historischen Ungenauigkeiten" zu kritisieren. Immerhin teilen sich hier Höhlenmenschen und Dinosaurier die Leinwand. Doch dann stolpert man über Artikel wie diesen hier aus dem Guardian. Alex von Tunzelmann ist Historikerin, und es bereitet ihr offenbar großes Vergnügen, ihre Leser & Leserinnen über Details der Vor- und Frühgeschichte zu belehren. Was nicht uninteressant wäre, wenn sie diese nicht als Argumente verwenden würde, um einen phantastischen Abenteuerfilm zu verdammen, der ganz offensichtlich nicht das Ziel verfolgt, ein realistisches Bild prähistorischen Lebens zu zeichnen was auch immer obiger Trailer vollmundig verkünden mag. In diesem Kontext wirkt die Attitüde der Autorin kleinlich, besserwisserisch und ziemlich unsympathisch. Lustig allerdings, dass sie ihren Artikel mit folgendem Satz beschließt: "Harryhausen's dinosaurs are well worth a look, but the rest of One Million Years BC will bore the furry pants off anyone more advanced than a Neanderthal." Apropos wissenschaftliche Korrektheit: "Neandertaler" als Synonym für "dumm" und "primtiv"? Ich dachte, über so was wären wir inzwischen hinaus?

Doch vergessen wir solch miesepetrige Kritiken und stürzen wir uns stattdessen lieber kopfüber in die wunderbare Welt von One Million Years B.C. 


Der unter der Regie von Don Chaffey (Jason and the Argonauts [1963]) gedrehte Film und seine Nachfolger werden gerne unter dem Stichwort "Cavegirl" - Flicks zusammengefasst. Und wie ein Blick auf das berühmte Pin-up - Poster von Raquel Welch in ihrem Fell-Bikini  anschaulich belegt, wurde der Streifen seinerzeit auch in einer entsprechenden Weise von Hammer beworben. Doch meiner Ansicht nach wäre es entschieden zu kurz gegriffen, wollte man in One Million Years B.C. bloß ein Stück "Urzeit-Exploitation" sehen. Und Harryhausens grandiose Kreaturen sind dafür nur ein Grund.

Von der "kosmischen" Eröffnungsszene an besitzt der Film eine faszinierend andersweltliche Atmosphäre. Chaffey und Kameramann Wilkie Cooper, der seit 1958 immer wieder mit Ray Harryhausen zusammengearbeitet hatte (The 7th Voyage of Sinbad [1958], The 3 Worlds of Gulliver [1960], The Mysterious Island [1961], Jason and the Argonauts [1963], First Men in the Moon [1964]), verwandeln die Landschaft von Lanzarote und Teneriffa in ein eigenartig schönes und zugleich in seiner augenscheinlichen Lebensfeindlichkeit bedrohlich wirkendes Universum, dem gegenüber unsere menschlichen Charaktere klein und unbedeutend wirken. Ein Gefühl, das durch Mario Nascimbenes streckenweise ziemlich experimentellen Soundtrack noch verstärkt wird.
Wir lernen den "Rock Tribe" kennen, dessen Leben ganz vom Recht des Stärkeren bestimmt wird. Alte und Schwache lässt man ohne Bedenken sterben oder wirft ihnen bestenfalls abgnenagte Knochen vor. Die Söhne des Häuptlings Tumak (John Richardson) und Sakana (Percy Herbert) verbindet glühender Hass. Vater Akoba (Robert Brown) sind Gefühle familiärer Zuneigung gleichfalls fremd, und als Tumak seinen Zorn erregt, prügelt er seinen Sprössling – den er kurz zuvor noch als seinen Favoriten behandelt hatte – nicht nur aus der Höhlenwohnung des Stammes, sondern gleich über den Rand der Klippe, auf der der "Rock Tribe" seine Heimstatt besitzt.
Tumak überlebt den Sturz und sieht sich nunmehr gezwungen, in jene bedrohlichen Weiten vorzustoßen, die die Mitglieder seines Stammes stets mit Furcht erfüllt haben. Hunger und Durst sind bald schon seine geringsten Sorgen, als er inmitten der steinigen Ödnis einem riesigen Leguan begegnet, der ihn allem Anschein nach als schmackhaftes Häppchen zwischendurch betrachtet.

Der Hammer - Film ist ein Remake von Hal Roachs One Million B.C. aus dem Jahre 1940. Damals hatten ordinäre Eidechsen in die Rolle der Dinosaurier schlüpfen müssen. Eine Methode, die schon allein aus Kostengründen über Jahrzehnte immer wieder verwendet wurde, bei allen Freundinnen & Freunden des Dino-Kinos aber zurecht verpönt ist, unabhängig davon, ob sie persönlich Stop-Motion-Animationen, Animatronics oder CGIs den Vorzug geben.
Wie man in der entsprechenden Episode des Ray Harryhausen Podcasts erfahren kann, empfand der große SFX-Magier nicht anders. Und einer der Gründe dafür, warum er sich darauf einließ, an der Hammer-Produktion mitzuwirken, obwohl er für Remakes eigentlich nicht viel übrig hatte, bestand darin, dass er den Dinos eine bessere tricktechnische Behandlung widerfahren lassen wollte. Um so erstaunlicher muss es wirken, dass sich das erste echte Monstrum als ordinäre Eidechse entpuppt!
Man könnte das als Hommage an das Original interpretieren, doch Harryhausens eigentliche Absicht bestand darin, dem Publikum den Übergang vom "Natürlichen" zum Phantastischen zu erleichtern. Mit dem Resultat war er selbst nicht recht zufrieden, was verständlich erscheint. Zwar ist die Szene auf ihre Art durchaus reizvoll, doch es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der bald darauf folgende, bloß ein paar Sekunden andauernde Auftritt eines vorbeistampfenden Brontosaurus sehr viel cooler wirkt. 

Wie dem auch sei, auf jedenfall erreicht der zu Tode erschöpfte Tumak schließlich mit mehr Glück als Verstand den Strand des Meeres. Für ihn ein extrem unwirklicher Anblick, wie der Film sehr schön vermittelt. Er bricht zusammen und bleibt ohnmächtig liegen.
Als Loana (Raquel Welch) und ihre Gefährtinnen, die zum hier ansässigen "Shell Tribe" gehören und gerade beim Fischestechen sind, den Bewusstlosen finden, taucht plötzlich eine riesige Schildkröte ein Archelon  über den Dünen auf. Das gewaltige Tier ist nicht wirklich an den umherwuselnden Menschen interessiert. Es ist dabei, ins Meer zurückzukriechen, und diese haben einfach das Pech, ihm dabei im Weg zu sein. Den mit einem Muschelhorn herbeigerufenen Männern des Stammes gelingt es schließlich, die Situation zu entschärfen und die Schildkröte in die Fluten zu treiben. Tumak wird in das Dorf des "Shell Tribe" getragen. Dort beginnt die wirkliche Reise unseres Helden und der vielleicht interessanteste Teil des Filmes.
Der "Shell Tribe" ist deutlich zivilisierter als Tumaks Stamm: Höhlenmalerei, Muschelketten, Speere mit Steinspitzen. All diese für ihn neuen Gegenstände und Phänomene erforscht unser Held mit einer Art unglenken Neugierde. Doch was noch sehr viel erstaunlicher ist: Das Leben dieser Menschen wird von völlig anderen Werten beherrscht, als das seines eigenen Volkes. Nicht nur zeigen sie sich ihrem fremden Gast gegenüber offen und hilfsbereit, unter ihnen selbst herrschen Gefühle von Gemeinschaftlichkeit und Solidarität. Eine strenge Hierarchie scheint nicht zu existieren, und es fällt schwer, auszumachen, ob diese Gesellschaft überhaupt so etwas wie "Häuptlinge" oder "Führer" kennt.
Der Umstand, dass die Mitglieder des "Shell Tribe" im Unterschied zu denen des dunkelhaarigen "Rock Tribe" durchgehend blond sind, könnte unangenehme Assiziationen wecken. Doch wie sich sehr schnell herausstellt, sind es nicht irgendwelche "rassischen", angeborenen Eigenschaften, sondern das gesellschaftliche Umfeld, welches die unterschiedlichen Verhaltensweisen erklärt. Auch unter den Mitgliedern des "Rock Tribes" hatten wir verhaltene Anzeichen von Mitgefühl sehen können, die jedoch stets von der alles dominierenden Brutalität im Keim erstickt wurden. Jetzt, da sich Tumak in einem Umfeld befindet, das die Entwicklung solcher Regungen zulässt, erleben wir, wie sie auch in ihm sehr schnell und auf geradezu "natürliche" Weise zum Vorschein kommen. Als er beobachtet, wie sich eine Gruppe von Kindern bemüht, Früchte von einem Baum zu pflücken, eilt er hinzu und schüttelt sie herab. Es bereitet ihm offensichtlich Freude, zu helfen. Er lacht, was wir bei ihm zuvor noch nie gesehen haben.
An dieser Stelle sollte ich vielleicht darauf hinweisen, dass der Film beinah völlig dialogfrei ist. Zwar bekommen wir hin und wieder ein Bröckchen"Urzeitsprache" zu hören, doch in seiner Komplexität geht das nicht über "Ich Tarzan! Du Jane!" hinaus. Alle wirklich wichtigen Interaktionen zwischen den Charakteren sind nonverbal. Und vor allem John Richardson und Raquel Welch liefern da eine wirklich formidable  – und für einen Flick dieser Sorte erstaunlich subtile schauspielerische Darbietung ab.
Aber auch wenn Tumaks Weg hin zu einer größeren Menschlichkeit der wahre Kern des Filmes ist, heißt das natürlich noch lange nicht, dass wir von nun an auf coole Harryhausen-Dino-Action verzichten müssten. Die Attacke des Allosaurus und Tumaks Kampf gegen das Monstrum gehören ganz sicher zu den Höhepunkten des Filmes. 
Ironischerweise ist es gerade dieser mutige und selbstlose Akt, in dessen Folge unser Held aus dem "Shell Tribe" verbannt wird. Der Film ist intelligent genug, das Ausmaß von Tumaks Wandlung nicht zu übertreiben. Er ist nicht urplötzlich ein neuer Mensch geworden, sondern hat bloß die ersten zaghaften Schritte auf einem langen Weg gemacht. In ihm steckt immer noch genug von dem alten "Rock Tribe" - Barbaren. Das zeigt sich zuerst, als er auf das Beerdigungsritual, mit dem der "Shell Tribe" das Opfer der Saurierattacke ehrt, nicht nur mit Unverständnis, sondern mit offener Verachtung reagiert. Zum offenen Bruch kommt es allerdings erst, als er den Speer, mit dem er den Allosaursus getötet hat, für sich beansprucht. Für ihn ist die Waffe vermutlich nicht bloß ein Zeichen seines Sieges, sondern ein Symbol von Macht. Es kommt zu einem Kampf mit Ahot (Jean Wladon) und Tumaks anschließender Verbannung. Selbstredend folgt Loana unserem Helden, und Ahot übergibt ihm zum Abschied sogar den Speer. Ein deutliches Zeichen dafür, dass das gerade erst geknüpfte Band von Freundschaft nicht vollständig zerschnittten ist.

Auf ihrem Weg zurück in die Domäne des "Rock Tribe" werden Tumak und Loana Zeugen eines wilden Kampfes zwischen einem Ceratosaurus und einem Triceratops. Eine Szene, die Erinnerungen an ähnliche Sequenzen aus The Lost World (1925) und King Kong (1933) wachruft. Eine Hommage Ray Harryhausens an seinen Mentor Willis O'Brien? 
Wie im Falle des Archelon erscheinen unsere menschlichen Protagonisten auch hier als extrem zerbrechliche Kreaturen, die jederzeit von den Riesen der Urzeit zerquetscht werden können, bloß weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren.
Die grandiose Dino-Action steht erneut neben subtileren Momenten: Als Loana vor Angst und Überanstrengung zu weinen beginnt, reagiert Tumak darauf erst verwirrt, so als habe er noch nie menschliche Tränen gesehen, zeigt dann jedoch so etwas wie vorsichtige Zärtlichkeit.

Der Film verliert etwas an Reiz, sobald das Paar den "Rock Tribe" erreicht hat. 
Wie zu erwarten kommt es zu einem Kampf zwischen Tumak und seinem Bruder, der nach einem nur halb geglückten Mordanschlag auf den Vater die Führung an sich gerissen hat. Natürlich siegt unser Held, doch Loana hält ihn davon ab, Sakana zu töten. Das Szenario findet seine Widerspiegelung in einem Kampf zwischen Loana und Tumaks ehemaliger Gefährtin Nupondi (Martine Beswick). – Neben den Fellbikinis und einem erotischen Tanz Nupondis {der aus der amerikanischen Fassung heraiusgeschnitten wurde} sicher der Exploitation - lastigste Teil des Films. Am interessantesten ist hier vielleicht noch, dass Tumak nicht in den Kampf eingreift. Man hat beinah das Gefühl, als stehe er kurz davor, in seine alten Denk- und Verhaltensmuster zurückzufallen, nun da er sich wieder unter seinen Leuten befindet. Sympathischerweise ist es die Gefährtin des alten Häuptlings, die sich als erste zu einer vorsichtig-freundlichen Geste gegenüber der Fremden durchringen kann. Tumak und Loana versuchen einige der kulturellen Errungenschaften des "Shell Tribe" einzuführen. Dazu gehört offenbar auch Baden/Schwimmen, was zu einer sehr netten Szene Anlass gibt, die mit dem Angriff eines Pterodactylus endet. Der Flugsaurier schleppt Loana fort, um sie an seine hungrigen Jungen zu verfüttern. Erstaunlicherweise folgt dem nicht die heroische Rettung der Damsel-in-Distress durch den speerschwingenden Helden. Es ist vielmehr pures Glück, dass die Entführte überlebt.

Eine interessante Wendung nimmt der Film dann noch einmal mit dem Finale. Man würde vielleicht erwarten, dass der große Kampf zwischen Tumaks und Sokanas Anhängern, in den schließlich auch die von Luana herbeigerufenen Männer des "Shell Tribe" verwickelt werden, den Höhepunkt und Abschluss des Filmes bildet. Doch dem ist nicht so. Natürlich findet der böse Bruder den Tod von der Hand unseres Helden, doch der Triumph ist nur von kurzer Dauer, denn plötzlich bricht der Vulkan aus, den wir immer wieder dräuend im Hintergrund der Szenerie haben aufragen sehen. Ströme von Lava und ein fürchterliches Erdbeben, herabstürzende Geröllawinen und sich öffnende Erdspalten raffen einen Großteil der in wilde Panik verfallenden Stammesmitglieder dahin.
Ursprünglich sollte auch noch ein Brontosaurus bei diesem Chaos mitmischen, doch musste dessen Auftritt schließlich gestrichen werden. Mit ₤422,816 war das Budget für einen Hammer-Film zwar außergewöhnlich üppig, doch der Zeitplan war eng, und anders als während Harryhausens langjähriger Partnerschaft mit Produzent Charles H. Schneer nicht auf dessen Arbeitsweise abgestimmt. Ein Grund, warum die Arbeit an One Million Years B.C. für den großen SFX-Künstler eine eher frustrierende Erfahrung war. Hammers Angebot, für das Sequel When Dinosaurs Ruled the Earth (1970) zurückzukehren, lehnte er deshalb ab.
Als das Erdbeben schließlich doch zu Ende geht, verliert der Film urplötzlich seine Farbenen und nimmt einen gelblich-bräunlichen Sepiaton an. Die Überlebenden der beiden Stämme finden sich in einer desolaten Wüstenei wieder. Alle Feindseligkeiten scheinen vergessen. Dennoch hinterlässt die abschließende Szene, in der wir Tumak, Luana und die Überreste des nunmehr vereinigten "Rock" und "Shell Tribe" in die einer Mondlandschaft ähnelnde Ödnis hineinmarschieren sehen, kein besonders hoffnungsfrohes, sondern eher ein bedrückendes Gefühl.
Dieses recht unkonventionelle Finale scheint mir noch einmal eines der Grundmotive des Filmes herauszustreichen. Während die Menschheit sich nur langsam und unter großen Mühen aus der eigenen Barbarei heraufarbeitet, sieht sie sich zugleich von einer unbarmherzigen Natur umgeben, für die alle ihre Anstrengungen ohne Bedeutung sind und deren zerstörerische Gewalt jederzeit alles wieder zunichte machen kann, was diese sich aufgebaut hat.

One Million Years B.C. ist ein Film, der sehr viel mehr zu bieten hat, als man ihm zutrauen würde. Ein Muss, nicht nur für alle Freunde & Freundinnen des Dino-Kinos.