"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Mittwoch, 24. Mai 2017

Cineastischer Vandalismus

Mit dem scheinbar nicht mehr aufzuhaltenden Heraufdämmern des Universal Monsters - Universums, dem von irgendwelchen besonders einfallslosen PR-Typen der aufregende neue Titel Dark Universe verpasst wurde, hat Hollywoods Reboot - Overkill einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Die traurige Saga begann ungefähr vor vier Jahren. Ursprünglich eine Ausgeburt des Hirns von Roberto Orci, wurde die Idee zu dem "Cineastischen Universum" von der Chefetage des Studios gierig aufgegriffen, und im Juli 2014 beauftragte man Orcis alten Kumpel Alex Kurtzman und Fast & Furious - Serientäter Chris Morgan damit, das diabolische Projekt in Angriff zu nehmen. In dem verzweifelten Bemühen, ein Franchise aus dem Boden zu stampfen, das es mit Disneys Marvel Cinematic Universe aufnehmen könnte, schien den Universal-Mächtigen das schamlose Ausplündern des eigenen filmischen Erbes ein brillanter Einfall zu sein. Wie es Studio-Bossin Donna Langley im November 2014 in einem Interview mit dem Hollywood Reporter ausdrückte: "We don't have any capes [in our film library]. But what we do have is an incredible legacy and history with the monster characters." Langleys Ausführungen sprechen Bände sowohl über den respektlosen Umgang der Studios mit den Schätzen ihrer eigenen Vergangenheit, als auch über ihre tiefe Verachtung für das zahlende Publikum: "[W]e took a good, hard look at it, and we settled upon an idea, which is to take it out of the horror genre, put it more in the action-adventure genre and make it present day, bringing these incredibly rich and complex characters into present day and reimagine them and reintroduce them to a contemporary audience." Da das heutige Publikum offenbar unfähig ist, Zugang zu alten Filmen zu finden, muss man diese "neu erfinden", und das bedeutet im Falle der "reichen und komplexen Charaktere" der Universal-Monster, dass man sie zu Actionhelden macht.

Fairerweise sei hier kurz hinzugefügt, dass man etwas ähnliches zehn Jahre zuvor schon einmal mit Stephen Sommers' abgrundtief miesem Van Helsing versucht hatte. Doch waren das noch die friedlichen Zeiten vor der Erfindung der Cineastischen Universen gewesen. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, eine solche Schnapsidee auf die Größe eines Mega-Franchises aufzublähen, dessen künftige Entwicklung man im Stile eines Fünf-Jahres-Plans über eine halbe Dekade im voraus festlegt. Auch war Van Helsing zwar als eine {hust - hust} "Hommage" an den Universal - Horror der 30er Jahre gedacht gewesen, doch hatte man ihn nicht zu einem offiziellen Reboot der alten Klassiker erklärt. Wenn überhaupt,.so konnte man in ihm höchsten eine missglückte Neuauflage der Crossover-Monsterfilme der 40er Jahre sehen, die das Ende der klassischen Ära des Universal-Horrors gebildet hatten.

Wie dem auch sei, nach 2014 wurde es erst einmal wieder etwas ruhiger um das Projekt. Die kurzzeitig erwogene Idee, Gary Shores Dracula Untold (2014) zu einem Teil des Cineastischen Universums zu machen, wurde schnell fallengelassen, und auch wenn es in der Folgezeit immer klarer wurde, dass wir zumindest um ein Reboot des Reboots von The Mummy wohl nicht herumkommen würden, blieb das Projekt als Ganzes doch angenehm vage. Als Ende letzten Jahres bekannt wurde, dass Dr. Jekyll einen Gastauftritt in dem neuen Action-Mumien-Spektakel haben würde, ließ sich das zwar kaum anders als der offizielle Startschuss für das Universal Monsters - Universum interpretieren, doch selbst dann noch blieben Alex Kurtzmanns entsprechende Kommentare in einem Interview mit io9 auffallend vorsichtig.

Aber die Ereignisse dieser Woche haben auch das das letzte Bisschen Hoffnung, dieser Akt cineastischen Vandalismus werde uns vielleicht doch noch erspart bleiben, gründlich zerstört.

 
Dieser erste offizielle Trailer besteht aus nicht mehr als irgendwelchen zusammengeschnippelten Szenen aus Dracula (1931), Frankenstein (1931), The Mummy (1932), The Invisible Man (1933), Bride of Frankenstein (1935), The Wolf Man (1941) und Creature from the Black Lagoon (1954), aber gerade deshalb wirkt er wie eine zynische Verhöhnung der Klassiker. Dem Ganzen ist ein pseudo-epischer Soundtrack von Danny Elfman unterlegt, mit dem wir auf den Action-Blockbuster-Charakter des kommenden Cineastischen Universums eingestimmt werden, derweil aus dem Zusammenhang gerissene Dialogfetzen wie Imhoteps "Thou Shalt Rise Again" zu PR-Slogans für dieses repektlose Unternehmen umfunktioniert werden.

Die folgende Zusammenfassung der Grundidee von Dark Universe sollte auch dem letzten verdeutlichen, dass dieses Projekt nichts anderes ist als der traurige Versuch, einen Konkurrenten zum Marvel Cinematic Universe aufzubauen, wobei man offenbar glaubte, auf originelle Ideen verzichten zu können, wenn man stattdessen ikonische Figuren der Kinogeschichte zu modernen Action-Hampelmännern machen kann:
Led by the enigmatic and brilliant Dr. Henry Jekyll, Prodigium’s mission is to track, study and - when necessary - destroy evil embodied in the form of monsters in our world. Working outside the aegis of any government, and with practices concealed by millennia of secrecy, Prodigium protects the public from knowledge of the evil that exists just beyond the thin membrane of civilized society…and will go to any length to contain it.     
Man könnte natürlich einwenden, Dr. Jekylls "Prodigium" müsse doch nicht notwendigerweise ein Abklatsch von Marvels S.H.I.E.L.D. sein, sondern könne sich ebensogut an Vorbildern wie Alan Moores League of Extraordinary Gentlemen orientieren. Dazu müsste man allerdings schon verdammt naiv sein ...

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