"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Donnerstag, 31. März 2016

Ein Blick zurück auf Shannara

Es war das Jahr 1965, als The Lord of the Rings seinen Triumphzug auf dem amerikanischen Büchermarkt antrat. Tolkiens Werk war zwar schon seit einem Jahrzehnt in gebundener Form in den USA erhältlich gewesen, doch erst als Ace Books eine erste Taschenbuchausgabe herausbrachte, geriet die Lawine ins Rollen. Bei selbiger handelte es sich freilich um eine Art "Raubkopie", weshalb Ballantine Books rasch mit einer "autorisierten" Fassung nachlegte, die den unter der Piratenflagge operierenden Konkurrenten schon bald aus dem Feld schlug. Vor allem, da Tolkien seine inzwischen ziemlich zahlreichen Kontakte im Fandom nutzte, um das Verhalten von Ace Books anzuprangern und für die Ballantine - Ausgabe zu werben. Ace kapitulierte schließlich und erklärte sich bereit, dem Autor einen Gewinnanteil zu bezahlen und nach dem Ausverkauf ihrer Lagerbestände auf einen Nachdruck zu verzichten.
Ein Vertrag wurde unterzeichnet, und "der Krieg um Mittelerde", wie ein Journalist es getauft hatte, ging zu Ende. Doch die wichtigste Folge kam erst noch: Der Streit hatte beträchtliches Aufsehen erregt, und Tolkiens Name und die Titel seiner Bücher waren dabei in Amerika weithin bekannt geworden. Von der Ace-Ausgabe des Herrn der Ringe waren 1965 annähernd einhunderttausend Taschenbücher verkauft worden, doch diese Zahl wurde von der "autorisierten" Ausgabe, die schnell die Millionengrenze erreichte, bald überholt.*   
Es dauerte nicht lange und der "Tolkien-Kult" trieb in den Vereinigten Staaten vor allem unter Studenten immer wildere Blüten, was "den Professor" übrigens eher irritierte.

Kein Wunder, dass man bei Ballantine schon bald darüber nachdachte, wie man den Erfolg des Lord of the Rings wiederholen könnte. 1967 veröffentlichte man E.R. Eddisons The Worm Ouroboros, 1968 Mervyn Peakes Gormenghast, und 1969 schließlich begann der Verlag seine berühmte Ballantine Adult Fantasy - Serie herauszugeben. Aber auch wenn dem Lesepublikum damit eine ganze Reihe vorzüglicher Werke der Phantastik von so großen Autoren & Autorinnen wie Poul Anderson, Peter S. Beagle, William Beckford, James Branch Cabell, Joy Chant, Lord Dunsany, William Hope Hodgson, David Lindsay, H.P. Lovecraft, George MacDonald, Arthur Machen, Hope Mirrlees, William Morris, Clark Ashton Smith und Evangeline Walton (erneut) zugänglich gemacht wurden, wollte sich das Tolkien-Phänomen einfach nicht wiederholen. Die Serie blieb alles in allem ein Verlustgeschäft und wurde nach der Übernahme durch Random House 1974 eingestellt. 

Trotz des gewaltigen  Erfolgs von The Lord of the Rings gehörte die Vorherrschaft über die amerikanische Fantasy für ein gutes Jahrzehnt nicht den Erben des "Professors", sondern den Vertretern der Sword & Sorcery. 
Die ersten Bücher der post-tolkienschen Ära, die wir heute vielleicht der High Fantasy zuordnen würden, galten zu ihrer Zeit als Kinder- oder Jugendliteratur: Lloyd Alexanders Prydain - Zyklus (1964-68), Ursula K. Le Guins Earthsea - Trilogie (1968-72), und wohl auch Joy Chants bei Ballantine erschienener Roman Red Moon and Black Mountain (1970).** 
Als eines der ersten zaghaften Anzeichen für eine Veränderung dessen könnte man möglicherweise die Veröffentlichung von Patricia A. McKillips The Riddle-Master of Hed durch Atheneum Books im Jahre 1976 ansehen. Die drei Jahre später abgeschlossene Riddle Master - Trilogie stand ohne Zweifel in der tolkienschen Tradition, wurde aber nicht als Lektüre für junge Leser & Leserinnen verkauft. 
Leider jedoch war es nicht McKillips wundervoll poetische, intelligente und sogar leicht subversive Interpretation der High Fantasy, die diesem Subgenre den Weg zum Erfolg ebnen sollte, sondern eines der wohl schamlosesten Tolkien - Rip-offs, das jemals das Licht der Bücherwelt erblickt hat: Terry Brooks' The Sword of Shannara.

Als Lester del Rey Mitte der 70er Jahre im Auftrag von Random House die Leitung der Phantastik-Abteilung von Ballantine Books übernahm, war es sein erklärtes Ziel, eine Art LotR Lite zu kreieren  ein Buch, das sich eng an der tolkienschen Vorlage orientieren, dabei jedoch leicht zugänglich und "marketable" sein sollte. Den Grundstoff dafür brachte er in Gestalt von Terry Brooks' ursprünglichem Manuskript mit. Um die {leider nicht mehr im Netz abrufbaren} "Author Notes" zu zitieren: 
[I]n November of 1974 a letter arrived from Lester del Rey. Lester was about to be hired as Fantasy Editor at Ballantine and would accept the book if I was willing to do revision work, some of it extensive. 
Brooks war mehr als bereit, auf dieses Angebot einzugehen, und so machten sich Lester und Judy-Lynn del Rey daran, The Sword of Shannara in jenes maßgeschneiderte Fantasybuch zu verwandeln, das ihnen vorschwebte. Nicht nur verliehen sie der Story einen noch stromlinienförmigeren Charakter, die beiden sorgten auch dafür, dass das Design genau darauf abgestimmt wurde, dem angepeilten Zielpublikum den Eindruck zu vermitteln, eine Art zweiten Lord of the Rings angeboten zu bekommen. Dazu engagierten sie die Brüder Greg und Tim Hildebrandt. Wie Greg in einem Interview erzählt hat:
[T]he Del Reys called us because we already had a large fandom with our success with the Lord of the Rings calendars. They knew this would aid the sales of the book. They were the editors on our Lord of the Rings calendars in 1976, 1977 and 1978.
Vieles an der Veröffentlichung von The Sword of Shannara im Jahre 1977 erinnert an die Methoden, die sich zur selben Zeit mit der Entwicklung des Blockbuster - Formats in der amerikanischen Filmindustrie durchzusetzen begannen. Der Erfolg war durchschlagend. Schon im ersten Monat wurden 125.000 Exemplare verkauft, und als erstem Fantasyroman überhaupt gelang dem Buch schließlich der Einzug in die Bestseller - Liste der New York Times.

Zwar erschien parallel zu The Sword of Shannara auch der erste Band von Stephen R. Donaldsons Thomas Covenant, doch kann wohl kaum ein Zweifel daran bestehen, dass es in erster Linie der gewaltige finanzielle Erfolg von Brooks' Roman war, der die wenige Jahre später einsetztende Welle der tolkienesken High Fantasy einleitete, welche für mehr als ein Jahrzehnt das Genre dominieren sollte: ab 1982 Raymond Feists Midkemia & David Eddings' Belgariad; ab 1984 Guy Gavriel Kays Fionavar & Weis-Hickmans Dragonlance; ab 1985 Dennis L. McKiernans Mithgar; ab 1988: Tad Williams' Osten Ard und ab 1990 Robert Jordans Wheel of Time.
Für Terry Brooks selbst war The Sword of Shannara der Startpunkt für eine lange und erfolgreiche Schriftstellerkarriere. 1982 erschien das erste Sequel The Elfstones of Shannara, dem 1985 The Wishsong of Shannara folgte. Die drei Bücher wurden später zur Original Shannara Trilogy erklärt, der ersten von vielen solcher Trilogien. Daneben startete der Autor 1986 mit Magic Kingdom for Sale SOLD seine zweite, in ihrem Umfang sehr viel bescheidenere Fantasyserie – den eher humoristischen {und zumindest am Anfang ein klein wenig autobiographischen} Landover - Zyklus.

Doch beenden wir jetzt unseren kleinen Ausflug in die Geschichte der Fantasyliteratur. 
Vor einigen Wochen kam es zu folgendem, etwas merkwürdigen Ereignis: Aus Gründen, die mir selbst nicht ganz klar sind, kramte ich plötzlich meine alte dreiteilige Goldmann-Ausgabe von Wishsong in der Übersetzung von Sylvia Brecht-Pukallus   bestehend aus Das Zauberlied/Der König/Die Erlösung von Shannara*** hervor und begab mich nach knapp drei Jahrzehnten einmal wieder selbst in die "Vier Länder".**** Vermutlich hatte die von MTV produzierte TV-Serie The Chronicles of Shannara meine Gedanken in diese Richtung wandern lassen. {Obwohl ich bisher noch keine einzige Folge davon gesehen habe}. Dass meine Wahl dabei auf Brooks' dritten Roman fiel, erklärt sich dadurch, dass mir dieser am positivsten in Erinnerung geblieben war. {Was nicht viel bedeuten muss, war ich bei meiner ersten Lektüre doch schätzungsweise vierzehn Jahre alt.}

Was mir zuallererst ins Auge stach, war die aus heutiger Sicht geradezu absurd generisch anmutende Art, mit der Brooks seinen Plot ins Rollen bringt: Kaum haben Wil und Eretria Ohmsford {zwei inzwischen glücklich verheiratete Protagonisten aus Elfstones} ihre Kinder Brin () und Jair (♂) zusammen mit deren Freund Rone Leah im heimatlichen Shady Vale zurückgelassen, um eine mehrmonatige Heiler-Tour durch die benachbarten Dörfer zu unternehmen, da taucht auch schon der Druide Allanon – Brooks' Gandalf, der freilich etwas düsterer und verbitterter anmutet als sein Vorbild – in dem kleinen Dorf auf und berichtet von einem erneuten Erwachen der finsteren Mächte, die einzig von der jungen Brin und der ihr eigenen magischen Fähigkeit des "Wünschlieds", welches die Wirklichkeit beliebig zu verändern vermag, niedergerungen werden könnten. 
So weit, so klischeehaft. Recht neckisch fand ich allerdings, dass Brooks sich offenbar bewusst war, wie repetitiv dies auf Leser & Leserinnen seiner Bücher inzwischen wirken musste. So lässt er Rone Leah an einer Stelle sagen:    
Es ist immer das gleiche. Er [Allanon] taucht unerwartet auf, warnt vor einer Gefahr, welche die Rassen bedroht und zu deren Ausräumung nur ein Mitglied der Familie Ohmsford beitragen kann. Denn die Ohmsfords sind die Erben des Elfenhauses von Shannara und der Zauberei, die damit zusammenhängt. Erst das Schwert von Shannara, dann die Elfensteine und jetzt das Wünschlied.*****
Und in gewisser Weise versucht Brooks sogar, diesem klischeehaften Anfang seiner Story einen leicht subversiven Dreh zu verleihen. Schon bald stellt sich nämlich heraus, dass Allanon falsch damit lag, nur Brin und Rone, nicht aber Jair, auf seinen Kreuzzzug gegen das Böse mitzunehmen.
Im Aufbau der Story führt dies freilich bloß dazu, dass wir zwei parallel verlaufende, aber gleicherweise traditionelle Questen erzählt bekommen. Der dummerweise zurückgelassene Jair, der erst von dem eigentlich ganz sympathischen Gnom Spinkser {im Original: Slanter} gefangen genommen, wenig später jedoch von Superkämpfer & Waffenmeister Garet Jax wieder befreit wird, erhält von dem mysteriösen "König vom Silberfluss" den Auftrag, gleichfalls in die von den finsteren "Mordgeistern"****** beherrschten Ostlande aufzubrechen, um seiner Schwester in ihrer finalen Konfrontation mit dem Ildatch, der buchförmigen Quelle aller Schwarzen Magie, beizustehen.
Nicht wirklich innovativ also. Aber auf einer Art "Meta-Ebene" besitzt diese Doppel-Questen-Struktur dennoch ihren Reiz. Als LotR - Rip-off verfügte The Sword of Shannara selbstverständlich auch über die klassische "Heldengruppe", bestehend aus Vertretern aller "guten/freien Völker", die gemeinsam gegen das Böse antreten. In Elfstones of Shannara hingegen sah das ganz anders aus. Dort konzentrierte sich die Story auf zwei, drei Charaktere {Will, Amberle, Eretria}, die nicht länger als die archetypischen Vertreter irgendwelcher Völkerschaften, sondern als echte Individuen dargestellt wurden.{So zumindest mein aus verschwommenen Erinnerungen und der Lektüre irgendwelcher Sekundär - Artikel zusammengesetzter Eindruck}. In Wishsong haben wir beides. Brins Handlungsstrang entspricht eher den Elfstones, denn obwohl auch sie im Laufe ihrer abenteuerlichen Reise einige Gefährten hinzugewinnt, handelt es sich bei diesen doch um recht exzentrische Gestalten. Jair hingegen wird mit einer geradezu archetypischen Heldengruppe, bestehend aus zwei Menschen (Garet Jax & Helt), einem Elf (Edain Elessedil), einem Zwerg (Elb Foraker) und einem Gnom (Spinkser/Slanter), ausgestattet.

Doch Moment  – so "archetypisch" ist Jairs Heldengruppe vielleicht dann doch nicht. Klar, Helt, Edain und Foreker sind bloße Klischeefiguren, aber zum einen hätten wir da den Waffenmeister Garet Jax, dem der ganze Kampf zwischen Gut und Böse letztlich völlig egal ist, und der Jair nur deshalb begleitetet, weil ihm in einer Vision versprochen wurde, dass er dabei endlich auf einen ihm ebenbürtigen Gegner stoßen werde. Und dann ist da natürlich Spinkser/Slanter.

In The Sword of Shannara spielten die Gnomen die Rolle der tolkienschen Orks. Zwar gab es auch dort schon einige "gute" Gnomen die Heiler von Storlock –, doch bildeten diese eine vom Rest ihres Volkes deutlich abgegrenzte Gemeinschaft. Alle Gnomen, die nicht zu ihr gehörten, waren bloß hirnloses Kanonenfutter für den Dämonen-Lord. Das ändert sich mit Spinkser/Slanter.
In Tolkiens Universum galt ganz unironisch die Parole "Nur ein toter Ork ist ein guter Ork" Gegen diese Regel hatte Brooks zwar schon in The Sword of Shannara mit dem Troll Keltset verstoßen. Doch war dieser, so weit ich das beurteilen kann, letztenendes bloß ein Sidekick für den Glücksritter Panamon Creel gewesen. {Selbst eine recht "untolkiensche" Figur, die auf Brooks' große Liebe zu den klassischen Abenteuergeschichten von Walter Scott, Alexandre Dumas, Arthur Conan Doyle usw. zurückzuführen ist.} Der gnomische Fährtensucher in Wishsong hingegen ist ein völlig eigenständiger Charakter. Und obwohl er immer wieder lauthals erklärt, dass er eigentlich überhaupt nicht an dieser hirnverbrannten Queste teilnehmen will, erscheint er letztenendes doch als derjenige, dessen Zuneigung und Loyalität für Jair am natürlichsten und menschlichsten wirkt. Damit ist er die für mich einnehmendste Figur des Romans {und war das erstaunlicherweise auch schon vor 30 Jahren}
Freilich hat Brooks die Möglichkeiten, die sich mit der Figur von Spinkser eröffnet hätten, nur unzureichend ausgenutzt. Immerhin sieht sich der Fährtensucher gezwungen, gegen sein eigenes Volk zu kämpfen.Wie innerlich zerrissen muss Spinkser sein! Aber leider erfahren wir nichts von seinen Gewissensqualen. Nur in einer Kampfszene, ziemlich gegen Ende des Buches, wird zumindest kurz angedeutet, was sich im Kopf des Gnomen wohl abspielen mag: "Spinkser hielt sich dicht hinter  ihnen allen mit gezückten Langmessern und qualvollem Ausdruck in den schwarzen Augen."******** 
Auch scheint sich Brooks nicht der Problematik bewusst zu sein, die dadurch entstehen muss, dass einerseits einer unserer sympathischsten Charaktere ein Gnom ist, wir andererseits in "den Gnomen" als Volk/Rasse weiterhin  eine gesichtslose Masse von Bösewichtern sehen sollen, die von unseren Helden ohne viel Getue gleich im Dutzend niedergemetzelt werden.

Ein weiteres recht interessantes Element des jair'schen Handlundlungsstrangs ist, dass von der Heldengruppe kaum einer die Queste überlebt. Damit setzte Brooks etwas um, was er eigentlich schon für seinen Erstling geplant hatte. Damals freilich war es ihm nicht möglich gewesen, seine Vorstellungen gegen Lester del Rey durchzusetzen: "Del Rey coached Brooks at this point, advising that readers 'would not put up with having that many characters killed off.'"

Was Brins Teil der Geschichte betrifft, so hat er mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Einerseits ist es natürlich recht sympathisch, dass wir eine weibliche Hauptfigur besitzen. {Freilich ließe sich argumentieren, dass dies schon bei Elfstones mit Amberle der Fall war.} Doch vor allem im ersten Drittel des Buches bleibt sie äußerst blass. Auch bekommt sie mit Rone Leah einen männlichen "Beschützer" an die Seite gestellt, der von Allanon zu genau diesem Zweck auch noch mit einem magischen Schwert ausgestattet wird.
Allerdings muss man Terry Brooks zugestehen, dass er auch diesem Klischee zumindest ansatzweise einen leicht subversiven Dreh zu verleihen versucht. Rone will unbedingt ein Held wie sein berühmter Vorfahr Menion aus The Sword of Shannara sein. Entsprechend begeistert stürzt er sich in seine Rolle als Brins "Beschützer". Als ihm seine Wunderwaffe zwischenzeitlich abhanden kommt, scheint es ihm wichtiger zu sein, diese wieder in die Hände zu bekommen, als ihre gemeinsame Queste fortzuführen. Und auch wenn er im Laufe der Handlung ein paar Mordgeister ins Jenseits befördern darf, bleibt es ihm doch verwehrt, wirklich die Beschützerrolle für Brin zu spielen. Den entscheidenden Teil ihrer Queste tritt diese allein an.
Wie so oft in Wishsong lassen sich auch hier die Ansätze für einige recht interessante Ideen ausmachen, die von Brooks jedoch leider nicht konsequent weiterverfolgt werden.
Auch hinterlässt das große Finale, in dem Brin beinahe ihren wachsenden Allmachtsfantasien erliegt und nur durch ihren Bruder vor der Verwandlung in die nächste Dunkle Herrscherin bewahrt wird, einen zumindest zwiespältigen Eindruck. Im Grunde versucht Brooks hier bloß einmal mehr sein Lieblingsthema zu behandeln: "At the heart of every book I have written is the notion that absolute power corrupts absolutely". Doch leider Gottes existiert nun einmal das alte sexistische Klischee, dass Frauen mit all zu großer Macht nicht vernünftig umzugehen verstehen würden. Und auch wenn das sicher nicht Brooks' Absicht war, schrammt seine Geschichte am Ende doch gefährlich nah an selbigem vorbei.

Was beibt zu sagen? Terry Brooks mag der Initiator des High Fantasy - Booms der 80er Jahre gewesen sein, einer seiner interessantesten Vertreter war er ganz sicher nicht. Andererseits wäre es unfair, wollte man in ihm bloß den Tolkien-Plagiator sehen. Eine regelrechte Empfehlung für The Wishsong of Shannara auszusprechen, käme mir nicht in den Sinn. Doch ebensowenig kann ich das Buch guten Gewissens verdammen. Letztenendes ist es eine passabel geschriebene, streckenweise sogar ganz spannende Abenteuerstory mit der einen oder anderen ganz interessanten Idee. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.




* Humphrey Carpenter: J.R.R. Tolkien. Eine Biographie. S. 261.
** Ich habe vor einigen Jahren einmal einen kurzen Blogpost über Joy Chant veröffentlicht.
*** Ganz stimmt das ehrlich gesagt nicht. Schon vor ein paar Jahren habe ich mich mal an einem Re-read von Das Schwert von Shannara versucht, das Experiment jedoch nach einem Drittel des Buches abgebrochen. Was ich inzwischen fast ein wenig bedauere, scheinen sich die interessanter und orginelleren Bestandteile doch eher im letzten Drittel des Romanes zu befinden.
**** Amüsanterweise kommt kein König oder auch nur künftiger König in dem Buch vor ...
***** Terry Brooks: Das Zauberlied von Shannara. S. 58f.
****** Im englischen Original heißen die bösen Kuttenträger übrigens "Mord Wraiths". Ihr Name hat also nichts mit dem Killen von Leuten, sondern vermutlich eher etwas mit Tolkiens "Ringwraiths" zu tun.
******* Terry Brooks: Die Erlösung von Shannara. S. 110.

1 Kommentar:

  1. »The Sword of Shannara« habe ich als Jugendlicher gelesen, die »Elfstones« dann aber nur angefangen (nur den ersten, der deutschen Splittbände). Bis dahin hatte mir Brooks doch zu dreist bei Tolkien abgekupfert. Als ich die »Elfstones« aber kürzlich ganz gelesen habe, war ich angenehm von Brooks Schreibe überrascht. Vor allem seine stimmungsvollen aber nie übertriebenen Landschaftsbeschreibungen haben es mir angetan. Könnte aber auch daran liegen, dass ich dieses Mal nicht die deutsche Übersetzung gelesen habe. Neulingen würde ich empfehlen, das »Sword of Shannara« auszulassen und direkt mit den »Elfstones« einzusteigen. In Zeiten, in denen »grim and gritty«-Fantasy überwiegt, ist die Reihe von Terry Brooks eine angenehm altmodisch aber nicht zu klischeehafte Abwechslung.

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