"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Montag, 5. März 2012

Der Kindergarten der Diktatoren (I)

Palpatines wirrer Weg zur Macht

Heute noch über die Star Wars - Prequels abzulästern, hat irgendwie etwas abgeschmacktes. Alles üble, was man über diese Filme sagen kann, wurde vermutlich schon etliche Male gesagt. Die einzige Entschuldigung, die ich für diesen Post vorbringen kann, ist darum, dass es mir Spaß gemacht hat, ihn zu schreiben.

George Lucas und die Prequels werden mir wohl auf ewig ein Mysterium bleiben. Die Story, die diese Filme zu erzählen versuchen, ist so prallvoll an Widersprüchen und Ungereimtheiten, dass ich mir nur unter größten Mühen vorstellen kann, was sich in dem Gehirn abgespielt haben mag, das die Drehbücher für diesen Mist zusammengeschludert hat. Die Prequels funktionieren weder auf der erzählerischen, noch auf der filmischen oder der logischen Ebene. Es ist irgendwie faszinierend zu sehen, wie einer der angeblichen Titanen des Kinos wirklich alles falsch machen konnte, was man falsch machen kann.
Vorausschicken sollte ich wohl, dass ich kein ausgemachter Star Wars - Fan bin. Ich halte auch die ursprüngliche Trilogie für maßlos überbewertet. Jedem, der diese Filme ernst nimmt, würde ich erwiedern, dass sie ein kindischer, nach dem Campbell-Rezept angerichteter Mischmasch aus Buck Rogers und pseudomythischen Elementen, Flash Gordon und Dreigroschen-Mystizismus sind. Die alte Star Wars - Trilogie war epischer Trash – aber ich mag so was, wenn’s ordentlich gemacht ist. Und die Leute, die Hope, Empire (Leigh Brackett!) und Jedi gemacht haben, verstanden ihr Handwerk. In der richtigen Stimmung bin ich darum immer wieder gerne bereit, mich mit Han, Leia und Luke in das große Abenteuer zu stürzen.
Von den Spin-off-Büchern habe ich kein einziges gelesen, und nein, auch die Clone Wars - Serie habe ich nicht gesehen und werde das freiwillig sicher nie tun. Die paar Folgen, in die ich reingeguckt habe (die volle Zeit hab’ ich kein einziges Mal durchgehalten), waren so grottenschlecht und langweilig – das hat mir völlig gelangt. Was ich hier schreibe, bezieht sich einzig und allein auf die drei Kinofilme – und die sollten doch wohl für sich allein stehen können.

Ich werde mich hauptsächlich mit einem Thema beschäftigen – der ‘politischen Erzählung’ vom Aufstieg Palpatines zur absoluten Macht.
Es soll tatsächlich Leute geben, die die Prequels für eine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit den Gefahren von Autoritarismus und Diktatur halten. Gut möglich, dass George Lucas dies tatsächlich beabsichtigte. In den Bush-Jahren war es für einen amerikanischen ‘Liberalen’ sehr viel einfacher, sein demokratisches Herz zu entdecken, als in der Ära Barack Obamas. Doch wenn dies tatsächlich sein Ziel gewesen sein sollte, dann ist er auch in dieser Hinsicht auf geradezu epische Weise gescheitert. Lasst mich zwei der Hauptgründe dafür etwas genauer ausführen:
(1) Die Sith: Als Lucas A New Hope drehte, stellte er sich den Imperator noch als den höchsten Vertreter eines bürokratisch-militärischen Staates und nicht als ein SciFi-Äquivalent zu Terry Brooks’ Dämonenlord vor.* In der von Alan Dean Foster geschriebenen Romanversion des ersten Star Wars - Films lesen wir über die Geburt des Imperiums:
"Aided and abetted by restless, power-hungry individuals within the government, and the massive organs of commerce, the ambitious Senator Palpatine caused himself to be elected President of the Republic. He promised to reunite the disaffected among the people and to restore the remembered glory of the Republic. Once secure in office he declared himself Emperor, shutting himself away from the populace. Soon he was controlled by the very assistants and boot-lickers he had appointed to high office, and the cries of the people for justice did not reach his ears."
Natürlich war dieses Szenario weder besonders originell noch komplex, aber es enthielt doch zumindest das Potential für eine einigermaßen intelligente Geschichte über die Entstehung einer autoritären Diktatur. Mit der Verwandlung des obersten Bürokraten in ein satanisches Kapuzen-männchen war es aus damit.
Damit das klar ist, ich finde den Imperator in Return of the Jedi einfach großartig. Nicht weil er eine auch nur ansatzweise glaubwürdige Person wäre, sondern gerade weil es sich bei ihm um eine völlig überzogene Karrikatur handelt – aber um eine verdammt coole. Wer würde diesen hämisch kichernden, fiesen, runzligen alten Sack in seiner schwarzen Robe nicht lieben? Und auch in Revenge of the Sith ist Palpatine mein Held. Wie sich Mike Stoklasa (‘Harry Plinkett’) in seinen grandiosen Star Wars - Reviews so hübsch ausdrückt: „The man seems to find such joy in being pure Evil, you gotta respect that."** Nur ist ein wunderbar übertrieben gezeichneter Dark Lord halt kein guter Ausgangspunkt für eine ernsthafte Auseinandersetzung über politische Fragen.

Der wirkliche Knackpunkt ist jedoch ohnehin nicht die Figur des Imperators, sondern die ganze vulgärmythische und quasireligiöse Konstruktion von Gut vs. Böse – Jedi vs. Sith. Palpatine hat nur einen einzigen Antrieb: Machtgier. Sein Ziel besteht ausschließlich darin, die absolute Gewalt in seinen Händen zu halten: "Once more the Sith will rule the galaxy." Weder vertrittt er irgendeine politische Ideologie, noch die Interessen irgendeiner Klasse oder gesellschaftlichen Gruppe. Was er tut, tut er, weil er BÖSE ist. Und so kommen wir in den Genuss des bizarren Schauspiels, dass eine jahrhundertealte Demokratie durch den nackten Ehrgeiz eines einzigen Mannes zu Fall gebracht wird, dem ein junger Kerl zur Seite steht, dessen einziges Problem es ist, nicht mit Verlusten umgehen zu können. Eine so lächerliche Story kann nicht einmal auf metaphorische Weise der Illustration der Gefahr eines sich allmählich entfaltenden Autoritarismus dienen.

(2) Die Republik: Ganz gleich wie oft Lucas’ Figuren die Idee der ‘Demokratie’ beschwören, nichts von dem, was wir in den Filmen von der Alten Republik zu sehen bekommen, erweckt den Eindruck einer wirklich demokratischen Gesellschaft. Das Ganze wirkt eher wie eine Oligarchie, in der Aristokraten und Senatoren, die offenbar für Jahrzehnte im Amt bleiben, von palastartigen Gebäudekomplexen aus über eine gesichtslose Masse herrschen. Der äußerst einflussreiche Orden der Jedi, dessen Mitglieder eine Art religiösen Blutadel bilden und über den Gesetzen zu stehen scheinen, bildet zudem so etwas wie einen Staat im Staat. Wenn Lucas tatsächlich eine Geschichte über die Verteidigung der Demokratie erzählen wollte, dann frage ich mich, warum seine Filme ausschließlich von verwöhnten Königinnen, wohlbestallten Senatoren und privilegierten Mönchsrittern handeln? Das ‘einfache’ Volk bleibt völlig ausgeschlossen, wenn wir einmal von dem fetten vieramigen Koch (Dexter Jettster?)*** absehen – und Padmés Zofe, die am Beginn von Clones in die Luft gesprengt wird. Der Konflikt zwischen ‘Demokratie’ und ‘Diktatur’ wird in dem kleinen Kreis einer abgehobenen Elite ausgefochten, während die überwältigende Mehrheit der republikanischen Bevölkerung als bloße Kulisse dient, ganz so wie die Megacity Coruscant. Ich glaube, ich mag Kopfgeldjäger Jango Fett deshalb mehr als jede andere Figur in den Prequels, weil er ein ‘normaler’ Typ zu sein scheint, der nur des Geldes wegen mit von der Partie ist: "I’m just a simple man, trying to make my way in the universe."
Begraben wir also die abwegige Idee, die Prequels würden so etwas wie einen ernsthaften politischen Kommentar darstellen. Betrachten wir sie lieber als das, was sie sind: Teil einer bunten, oberflächlichen Space Opera - Saga. Aber auch von einer solchen erwarte ich ein Mindestmaß an Kohärenz und Glaubwürdigkeit, andernfalls kann ich sie nicht genießen und mein Gehirn fängt an, fürchterlich weh zu tun. Vergeblich versuchen die Filme diesem Anspruch zu entgehen, indem sie mich mit unzähligen computergenerierten Actionsequenzen bombardieren. Doch da diese nicht spannend, sondern bloß chaotisch, bedeutungslos und angeberisch sind, scheitert diese Strategie auf der ganzen Linie. Die ständigen Versuche, das Publikum mit einem Feuerwerk an ‘special effects’ zu betäuben, heben letztenendes nur um so deutlicher hervor, dass die eigentliche Handlung in den allermeisten Fällen absolut keinen Sinn macht.
So stürzen wir uns denn todesmutig in George Lucas’ Universum des Unsinns und versuchen wir nachzuvollziehen, wie das ‘böse Genie’ Palpatine seinen Aufstieg zur absoluten Macht organisiert.

Episode 1: The Phantom Menace

Palpatine provoziert eine Krise, in der sich die Republik als handlungsunfähig erweist, was ihm die Möglichkeit eröffnet, den amtierenden Kanzler abwählen zu lassen und seinen Posten zu übernehmen, indem er sich selbst als energischer Vorkämpfer gegen Korruption und Bürokratismus präsentiert.
Soweit klingt das alles ja noch ganz einleuchtend, doch es dauert nicht lange, da sind wir auch schon mit einer ganzen Reihe von unbeantwortbaren Fragen konfrontiert:
Palpatine bedient sich zur Durchführung seines Planes einer offenbar sehr mächtigen Organisation von Kaufleuten, die (im Unterschied zur Republik) über eine beeindruckende militärische Streitmacht verfügt. Die Handelsföderation ist unzufrieden über die Besteuerung von Handelsrouten durch den Senat. Gut, kann ich verstehen. Als Reaktion darauf verhängt sie eine Blockade über den Planeten Naboo und startet dort eine Invasion. Häh?! Was ist so verflucht wichtig an diesem Planeten? Warum will die Föderation unbedingt die Kontrolle über ihn haben? Ich dachte es ging um die Steuerpolitik der Regierung! Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Für Palpatine ist es wichtig, dass es bei der Krise um Naboo geht, denn er ist der Delegierte dieser Welt im Senat, und so kann er sich als Verteidiger seines Volkes aufspielen, aber für Nute Gungray und seine Kumpanen? Da der Vizekönig offenbar Befehle von Darth Sidious (aka Palpatine) entgegennimmt, hat dieser ihm vielleicht die Order gegeben, den Planeten anzugreifen? Was sofort die Frage aufwirft, warum die Händler einem holographischen Kapuzenmann gehorchen sollten? Was glauben sie denn, wer der Kerl ist, und was hat er ihnen versprochen, dass sie sich wie seine Lakaien aufführen?****
Eigentlich müsste Palpatine daran interessiert sein, dass Nachricht von der sich zuspitzenden Krise auf Naboo nach Coruscant gelangt, damit er seinen Misstrauensantrag gegen Kanzler Finis Valorum lancieren kann – das ist schließlich der Sinn des Ganzen, oder? Warum setzt er dann Himmel und Hölle in Bewegung, um eben das zu verhindern? Erst befiehlt er dem Vizekönig, die Jedi zu ermorden, später schickt er ihnen sogar seinen Schüler Darth Maul hinterher. Wozu?!? Offenbar will er, dass der Vertrag zwischen der Föderation und Amidala unterzeichnet wird, aber es gibt keinen vernünftigen Grund, warum ihm das so wichtig sein sollte. Würde damit nicht vielmehr die Krise abgeschwächt werden, die er benötigt, um sich den Stuhl des Kanzlers zu krallen? Vielleicht denkt er, dass eine dauerhafte Besetzung Naboos durch seine Verbündeten von Vorteil für ihn wäre. Aber dabei würde es sich doch bestenfalls um einen sehr fragwürdigen Vorteil handeln, schließlich beruht sein politisches Prestige darauf, dass man ihm zutraut, hart durchgreifen zu können. Wie würde es um sein Image bestellt sein, wenn er nicht einmal die Souveränität seiner Heimatwelt verteidigen könnte? Aber selbst wenn er sich davon irgendeinen taktischen Gewinn verspricht, lohnt es sich tatsächlich, dafür Darth Maul in Aktion zu setzen und denn Jedi somit zu verraten, dass die Sith zurückgekehrt sind?
Zuerst erschien mir die Sache mit dem Misstrauensantrag ja noch einigermaßen nachvollziehbar, aber bei genauerem Hinsehen stellten sich auch da ernste Zweifel ein. Wenn Palpatine Amidala zu erklären versucht, warum die Regierung nicht auf die Besetzung Naboos durch die Föderation reagieren wird, sagt er: "The Senate is full of greedy, squabbling delegates." Wenn dem tatsächlich so ist, warum sollte derselbe Senat einen energischeren Kanzler wählen, der mit Korruption und Ineffezienz aufräumen will? Weder in Valorums Sturz, noch in Palpatines Wahl hat die allgemeine Wählerschaft ein Wörtchen mitzureden. Dass sich viele Bürgerinnen und Bürger der Republik einen Kanzler wünschen würden, der den Schweinestall der Politik ausmistet, kann man sich gut vorstellen. Aber die Senatoren selbst werden doch wohl kaum für einen Mann stimmen, der ihren Machenschaften ein Ende bereiten will.


Episode 2: Attack of the Clones

Zehn Jahre sind seit den Ereignisse von Episode 1 vergangen. Und damit fangen die Probleme auch schon an. Palpatine ist immer noch Kanzler. Gut, Helmut Kohl hat es auf die stolze Amtszeit von zwanzig Jahren gebracht, das allein mag also noch nicht so unglaubwürdig erscheinen. Aber schließlich hatte man Palpatine als einen energischen Reformer gewählt. Hat er in dieser Hinsicht Erfolge zu verzeichnen? Offensichtlich nicht, denn die Republik steht kurz vor dem Ausbruch eines Bürgerkriegs. Sollte dies seinem politischen Ansehen nicht ein klein wenig geschadet haben? Aber nicht doch, scheinbar glaubt immer noch der ganze Senat, dass nur er mit den Problemen fertig werden kann, und die Delegierten verleihen ihm sogar quasidikatorische Vollmachten, kaum dass der Idiot Jar Jar Binks einen entsprechenden Antrag stellt. Muss man in der Alten Republik eigentlich staatlich geprüfter Schwachsinniger sein, um Parlamentarier werden zu können?
Originalität gehört nicht eben zu Palpatines Stärken, und so versucht er den gleichen Trick wie in The Phantom Menace, nur ein paar Nummern größer. Erneut wird eine politisch-militärische Krise heraufbeschworen, die er dazu benutzen kann, um seine Macht auf legalem Weg auszubauen. Und wieder ist das Gelingen des Planes abhängig von der unbeschreiblichen Dummheit seiner vermeintlichen Verbündeten in der Opposition, die sich aus unerklärlichen Gründen wie willenlose Marionetten aufführen. Kann mir irgendjemand diese komische Seperatistenbewegung und das Verhalten ihrer Führer erklären, ohne auf Spinn-off-Bücher, -Comics oder Computerspiele zurückzugreifen? In Revenge of the Sith sehen wir sowohl General Grievous als auch den Rat der Seperatisten Befehle von Darth Sidious entgegennehmen. Warum setzen sie derart blindes Vertrauen in das böse Kapuzenmännchen? Nach den Ereignissen um die gescheiterte Besetzung von Naboo sollte zumindest Nute Gunray ein bisschen misstrauischer sein. Count Dooku erzählt Obiwan, der Vizekönig habe sich von Sidious verraten gefühlt. Das mag eine Lüge sein, klingt aber wie die einzig nachvollziehbare Reaktion Gunrays auf das Desaster. Doch es wird noch besser. Die Seperatisten stecken hinter den Attentaten auf Padmé. Die Senatorin ist die anerkannte Führerin der Opposition gegen das Aufstellen einer republikanischen Armee. Ohne es zu wollen, dient sie damit den Interessen der Seperatisten. Warum sollten diese sie ermorden wollen? Nur um die persönlichen Rachegelüste Gungrays zu befriedigen? Der Kerl steht an der Spitze einer Wirtschaftsorganisation, er ist kein Sektenguru! Warum hat die Föderation ihn nicht längst abgesetzt, wenn er seine persönlichen Wünsche in so krasser Weise über die Interessen der Organisation stellt?
 Und dann ist da natürlich Count Dooku – für mich die irritierendste Figur der Prequels. Ich denke, Lucas wollte mit ihm einen etwas differenzierteren Bösewicht schaffen, indem er ihn als einen politischen Idealisten einführt, der sich desillusioniert von der korrupt gewordenen Republik abgewandt habe. Dann jedoch stellt er ihn an die Spitze einer Bewegung, die sich offenbar hauptsächlich aus Wirtschaftsverbänden zusammensetzt, neben der Trade Federation hören wir von der Commerce Guild, der Corporate Alliance und dem Banking Clan. Klingt das wie eine Gruppe von Idealisten? Aber natürlich ist Dooku inzwischen auch zu einem Sith-Lord gewordenen und macht sich wahrscheinlich nicht mehr viel aus Idealismus. Es bereitet ihm ja auch keinerlei Schwierigkeiten, seine eigenen Anhänger den Plänen von Sidious zu opfern. Damit ist aber auch die Möglichkeit verschwunden, ihn zu einer ambivalenteren Figur zu machen, und die Bemerkungen über seinen früheren Idealismus verlieren jeden Sinn. Er ist ein bewusster Handlanger Palpatines, kein verführter und betrogener Idealist, und die Tatsache, dass er ein paar mehr Zeilen als Darth Maul zu sprechen hat, macht ihn nicht automatisch komplexer als das konturenlose Teufelchen. Ich glaube, was mich an Dooku so verwirrt hat, ist in Wirklichkeit Christopher Lee. Der Mann ist ein intelligenter und gewissenhafter Schauspieler, und er hat versucht, dem Count eine Tiefe zu verleihen, die die Figur, wie Lucas sie geschrieben hat, einfach nicht besitzt. Das lässt ihn noch widersprüchlicher erscheinen, als er es ohnehin schon ist, weil Lees Spiel einen dazu verleitet, in ihm mehr sehen zu wollen als einen Cartoon-Bösewicht. Doch unabhängig davon, habe ich bis heute nicht verstanden, warum Dooku Obiwan von Darth Sidious und seiner Macht über den Senat erzählt. Um Misstrauen unter den Jedi zu säen, wie Yoda vermutet? Aber warum behauptet er dann nicht, der Dark Lord sei selbst ein Mitglied des Ordens? Es kann doch unmöglich in Palpatines Interesse liegen, das Misstrauen der Jedi auf den Senat zu lenken, dem er vorsteht und dem er seine Macht verdankt. Zumal auch ein Blinder mit Krückstock erkennen muss, wer den größten Einfluss auf die Delegierten ausübt. Der Kanzler vielleicht, der sich von ihnen diktatorische Vollmachten übertragen lässt? Hmm ... Über diese schwierige Frage muss der weise Yoda erst noch ein paar Jahre meditieren ...
Schließlich gibt es da auch noch die Sache mit Jango Fett. Der Kopfgeldjäger ist einerseits an der Erschaffung der Klone beteiligt und arbeitet andererseits als Auftragskiller für die Seperatisten. Es ist anzunehmen, dass dieses Arrangement von Dooku eingefädelt wurde, und es zeugt von geradezu unvorstellbarer Dummheit. Der Typ ist ein Söldner, seine Loyalität gehört dem Meistbietenden – und dennoch macht der Count ihn de facto zu einem Mitwisser an Sidious’ Plan, die Republik und die Seperatisten gegeneinander auszuspielen? Warum?! Fett ist kein unersätzlicher Spezialist, er gibt den Mordauftrag sogar an jemanden anderen weiter. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, ihn mit den Seperatisten bekannt zu machen. Aber Lucas musste Obiwan halt irgendwie von Kamino nach Geonosis kriegen, und er wusste, dass Boba Fett eine Art Kultfigur, ein Liebling der Fans ist. Also entschied er sich, Jango zum Verbindungsglied zwischen Clonern und Seperatisten zu machen. Wirklich schlau, George!


Womit wir bei dem ganzen Klonkriegerding wären – sicher eine von Lucas’ dümmsten Ideen. Nicht nur steht sie im Widerspruch zur Darstellung der Stormtroopers in der alten Trilogie, sie verhindert auch, dass das Kriegs-szenario irgendeinen emotionalen Eindruck beim Publikum hinterlässt. Eine Schlacht zwischen Robotern und künstlich generierten Soldaten ist ungefähr so dramatisch wie der Democlip für ein neues Computerspiel – und genauso sehen die Szenen auch aus. Doch machen die Klonsoldaten wenigstens innerhalb der Story Sinn? Zur Errichtung einer Militärdiktatur braucht Palpatine loyale Truppen, aber muss er dazu unbedingt im Geheimen Klone produzieren lassen? Wäre es nicht klüger gewesen, in den zehn Jahren seiner Kanzlerschaft eine sich allmählich zuspitzende Konfrontation mit den Seperatisten zu inszinieren (die seinem alter Ego Sidious ja aufs Wort gehorchen), um damit den Vorwand für das Aufstellen einer regulären Armee zu haben? Eine Reihe begrenzter militärischer Übergriffe Dookus und der Föderation sollten die Opposition im Senat schnell zum Verstummen bringen. (Wobei mir einfällt: Warum ist eigentlich gerade Padmé gegen eine solche Armee? Sollte sie nach den Ereignissen von Phantom Menace nicht die erste sein, die den Nutzen einer republikanischen Streitmacht einsehen würde?) Das geheime und illegale Klonprojekt hingegen wirft bei seinem Bekanntwerden einige potentiell gefährliche Fragen auf. Wer hat die Klone in Auftrag gegeben? Und wozu? Die Geschichte über einen unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen Jedi-Meister als Initiator findet ja sogar der nicht eben helle Obiwan verdächtig. Aber vermutlich verlässt sich Palpatine einfach auf die Blödheit seiner Gegner, die ihn auch diesmal nicht enttäuschen. Kaum ist der Krieg ausgebrochen, fragt keiner der Jedi mehr nach der Herkunft der Klone.

* Ich finde es ausgesprochen amüsant, dass ausgerechnet Brooks die Romanversion von The Phantom Menace verfasst hat.
** Teil I (ab 12:48).
*** Eine grausliche Szene, die offenbar den Eindruck vermitteln soll, Obiwan sei nicht nur in strahlenden Palästen, sondern auch in Spelunken und heruntergekommenen Diners zu Hause und pflege Freundschaften mit Typen aus der Halbwelt. Mann, der Kerl muss echt coole Abenteuer erlebt haben – die werden uns halt bloß nicht gezeigt.
**** Mit der Trade Federation wollte Lucas vielleicht ein irgendwie ‘antikapitalistisches’ Element in seine Filme einbauen. Doch dummerweise sehen wie ihre Mitglieder nie wie Kaufleute oder Bankiers agieren. Sie könnten genausogut die Vorsitzenden des Galaktischen Clubs der Bösen Robotiker sein. Die Invasion Naboos soll vermutlich auf kolonialistische Praktiken anspielen (dafür spricht z.B. der Vertrag, der die Besatzung legalisieren soll) und vielleicht trägt Nute Gunray deshalb auch den (für einen Händler doch etwas eigenartigen) Titel ‘Vizekönig’ (Vizekönig von Indien à Ostindische Kompanie). Oder traue ich Lucas da bereits zu viel zu?

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